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[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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[11. Vorlesung, 8. Dezember 1827]
Astronomischer Teil
S. 56
welcher sich mit der geballten und ungeballten
Materie des Weltraums beschäftigt.


NB. Wir reden nur von dem was ist, nicht aber von den
Gründen warum und wie es ist, welches einer beson-
deren mathematischen Behandlung überlassen bleibt.

Unsere Lage ist zur Erkenntniß der Gestirne sehr
vortheilhaft, indem wir auf einem nicht selbst leuchtenden
Körper und auf einem mittleren Planeten wohnen. Denn wären wir auf einem selbstleuchtenden
Körper so würden wir nichts von den Gestirnen wissen,
indem diese Licht-Atmosphäre den Durchblick verhindern
ssße, wie man in Peru mehre Monate hindurch nichts von
den Himmelskörpern bemerkt wegen einer Verdichtung der
Luft, durch die nur die Sonne als rothe Scheibe zu dringen
vermag. Der Ideenkreis der Menschen würde aber ohne
Kenntniß des gestirnten Himmels viel beschränkter ge-
blieben sein; sie wären gewiß nicht so früh zu religiöser
Begeisterung gelangt, welche zuerst die große Ordnung der
Gestirne angeregt hat; sie hätten schwerlich die Gestalt und
Form der Erde erkannt, die sie nur durch Pendelschwingungen
hätten construiren können; die Schiffahrt wäre ihreer besten
Stütze beraubt gewesen und die Mathematik würde nim-
mer so ausgebildet worden sein. Auf unserer Erde selbst
ist die beste Lage zur Erkenntniß der Gestirne sowohl als
auch der tellurischen Verhältniße der Aequator; denn hier
übersieht man die nördliche wie die südliche Hälfte des
Himmels. Deshalb will auch Herr Herschel jun: mit den

[11. Vorlesung, 8. Dezember 1827]
Astronomischer Teil
S. 56
welcher sich mit der geballten und ungeballten
Materie des Weltraums beschäftigt.


NB. Wir reden nur von dem was ist, nicht aber von den
Gründen warum und wie es ist, welches einer beson-
deren mathematischen Behandlung überlassen bleibt.

Unsere Lage ist zur Erkenntniß der Gestirne sehr
vortheilhaft, indem wir auf einem nicht selbst leuchtenden
Körper und auf einem mittleren Planeten wohnen. Denn wären wir auf einem selbstleuchtenden
Körper so würden wir nichts von den Gestirnen wissen,
indem diese Licht-Atmosphäre den Durchblick verhindern
ssße, wie man in Peru mehre Monate hindurch nichts von
den Himmelskörpern bemerkt wegen einer Verdichtung der
Luft, durch die nur die Sonne als rothe Scheibe zu dringen
vermag. Der Ideenkreis der Menschen würde aber ohne
Kenntniß des gestirnten Himmels viel beschränkter ge-
blieben sein; sie wären gewiß nicht so früh zu religiöser
Begeisterung gelangt, welche zuerst die große Ordnung der
Gestirne angeregt hat; sie hätten schwerlich die Gestalt und
Form der Erde erkannt, die sie nur durch Pendelschwingungen
hätten construiren können; die Schiffahrt wäre ihreer besten
Stütze beraubt gewesen und die Mathematik würde nim-
mer so ausgebildet worden sein. Auf unserer Erde selbst
ist die beste Lage zur Erkenntniß der Gestirne sowohl als
auch der tellurischen Verhältniße der Aequator; denn hier
übersieht man die nördliche wie die südliche Hälfte des
Himmels. Deshalb will auch Herr Herschel jun: mit den

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[[48]/0054] 11. Vorlesung, 8. Dezember 1827 Astronomischer Teil welcher sich mit der geballten und ungeballten Materie des Weltraums beschäftigt.  Wir reden nur von dem was ist, nicht aber von den Gründen warum und wie es ist, welches einer beson- deren mathematischen Behandlung überlassen bleibt. Unsere Lage ist zur Erkenntniß der Gestirne sehr vortheilhaft, indem wir auf einem nicht selbst leuchtenden Körper und auf einem mittleren Planeten wohnen. Denn wären wir auf __ selbstleuchtenden Körper so würden wir nichts von den Gestirnen wissen, indem diese Licht-Atmosphäre den Durchblick verhindern müssße, wie man in Peru mehre Monate hindurch nichts von den Himmelskörpern bemerkt wegen einer Verdichtung der Luft, durch die nur die Sonne als rothe Scheibe zu dringen vermag. Der Ideenkreis der Menschen würde aber ohne Kenntniß des gestirnten Himmels viel beschränkter ge- blieben sein; sie wären gewiß nicht so früh zu religiöser Begeisterung gelangt, welche zuerst die große Ordnung der Gestirne angeregt hat; sie hätten schwerlich die Gestalt und Form der Erde erkannt, die sie nur durch Pendelschwingungen hätten construiren können; die Schiffahrt wäre ihreer besten Stütze beraubt gewesen und die Mathematik würde nim- mer so ausgebildet worden sein. Auf unserer Erde selbst ist die beste Lage zur Erkenntniß der Gestirne sowohl als auch der tellurischen Verhältniße der Aequator; denn hier übersieht man die nördliche wie die südliche Hälfte des Himmels. Deshalb will auch Herr Herschel jun: mit den

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Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [48]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/54>, abgerufen am 19.04.2024.