Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 69. Köln, 8. August 1848. Beilage.

Bild:
erste Seite
Beilage zu Nr. 69 der Neuen Rh. Zeitg.
Dienstag 8. August 1848.
Uebersicht.

Deutschland. Frankfurt (Die Repräsentationsgelder des "edlen" Gagern. - Ein Antrag Schlöffels). Berlin. (Antrag auf Errichtung von Privatbanken. - Entführungsversuch der Konstabler gegen Rodbertus und v. Berg. - Vorbereitungen zur Feier des 6. August. - Die Buch- und Kattundrucker. - Maueranschläge. - Der 6. August. - Ein Schreiben Schreckensteins). Magdeburg. (Aus der Citadelle. - Die deutschen "satisfaits"). Aus der Provinz Sachsen. (Contrerevolutionäre Wirthschaft). Hannover. (Wie man in Hannover und Braunschweig dem Reichsverweser huldigt). Kassel. (Hessische Zustände). Marburg. (Die Volkssouverainetät in Kurhessen. - Petition an das Ministerium des Innern). Prag (Dr. Brauner. - Graf Buquoi). Wien. (Schwarzgelbe Todtenfeier. - Die Camarilla in Oberöstreich. - Paragraph 34 der Geschäftsordnung. - Eine Erklärung Schwarzers. - Sitzung des konst. Reichstags vom 1. Aug. - Sitzung des konst. Reichstags vom 2. Aug. - Jellachich und Batthiany abgereist). Von der Eider. (Eine russische geheime Note).

Holland. (Truppensendung nach Limburg).

Schweiz. Chur. (Nachrichten aus der Lombardei. - Die Linie des Oglio durchbrochen; die Linie der Adda durchbrochen).

Rußland. Petersburg. (Ein kais. Ukas).

Ungarn. Szaska. (Das Banat bald in den Händen der Insurgenten). N. Becskerek. (Die Csaikisten im Sumpf. - Der Bischof von Temesvar). Weißkirchen. (Lager der Gränzer bei Neudorf. - Rajachich: seine Plünderung der Petrovatzer Kirche). Temesvar. (Uzdin in Brand gesteckt).

Italien. Mailand. (Befestigung - Peschiera gut vertheidigt. - Dekret der prov. Regierung. - Fanti und Griffini. - Dekret des Vertheidigungsausschusses. - "L'Italia del Popolo". - Karl Alberts Hauptquartier in Lodi). Cremona. (Die Privatkorrespondenz der Times über die Kriegsvorfälle). Genua. (Zu den Waffen! Predigen des Freiheitskreuzzuges. - Petition nach Turin). Turin. (Der Gesetzentwurf wegen unumschränkter Vollmacht des Königs. - "La Concordia" über die den Völkern drohenden Gefahren.

Donaufürstenthümer. Bucharest. (Die Pforte in ihrem Verhalten zur Wallachei und Rußland. - Angeblich neueste Nachrichten.

Franz. Republik Paris. (Der Turiner Gesandten Erfolg. - Ferdinand von Neapel entsagt den Invasionsplänen gegen Sizilien. - "La Reforme" über den Gesetzentwurf über die Jury. - Russisches Gold. - Brief von L. Roux. - Vermischtes).

Spanien. Madrid. (Pidal Minister des Auswärtigen, Gonzalez Bravo arretirt. - Ein Finanzplan der Regierung). Von der catalonischen Gränze. (Montemolinisten und Republikaner.

Großbrittannien. London. (Generalprokurator Hervis der Wahlbestechung überführt. - Parlamentsdebatten). Dublin. (Verhaftungen. - Lord Hardinge. - M'Donald nach Thurles. - Gerüchte über die Insurgentenchefs. - Erfolg eines Verhörs).

Westindien. (Mißvergnügen im Westen Jamaika's. - Negeraufstand unterdrückt auf der dänischen Insel St. Croix. - Wirkungen des Emanzipationsdekrets der provisorischen Regierung auf Cuba und Porto-Rico).

Venezuela. (Fortdauer des Kampfes zwischen Monagaz und Paez).

Capstadt. (Aufblüh'n der Kolonie. - Einführung des Pennyporto's. - Abschaffung des Zeitungsstempels).

Aegypten. Alexandrien. (Cholera in Cairo).

[Französische Republik]

[Fortsetzung]

- Auf der Insel Louviers (einer kleinen Insel in der Seine beim Arsenal, hinter der Insel St. Louis) wird ein Militärlager von 4000 Mann errichtet.

- Das große Lager von St. Maur wird abgebrochen und die Regimenter, die dasselbe bilteden, marschiren in Eilmärschen an die Alpen zurück.

- Hr. Goudchaux arbeitet, durch seine gestrige Niederlage gezwungen, an einem neuen Progressivsteuer-Projekte.

- 900 Kilogramm russisches Geld ist in den Junitagen nach Paris geschickt worden. In der Anklageakte findet sich keine Erwähnung von diesem Gelde. Herr Sarrut hat sich deßhalb schriftlich an Herrn Odilon-Barrot gewendet, um Auskunft zu erhalten.

- Das Journal des Debats enthält einen Brief vom Vicarius Le Roux aus dem Faubourg St. Antoine über das Elend der Arbeiterinnen in Paris:

Mehr als 4000 Frauen kommen tagtäglich zu mir, und bitten um Arbeit, und ich muß sie täglich mit der Hoffnung entlassen, daß die Arbeit bald wieder aufkommen werde. Ein großer Theil dieser Arbeiterinnen ertragen die härtesten Entbehrungen durch diese alleinige Hoffnung, die ich täglich neu anregen muß. Aber was vermag ein armer Priester, wie ich, wenn eine Regierung wie die Frankreichs, durch das Organ ihrer Minister offen ihre Ohnmacht bekennt? Mit jedem Tage wird das Elend drückender und hat bereits in unserm Faubourg eine schreckliche Höhe erreicht. Das Geschrei des Aufruhrs ist verstummt. Arbeit, Arbeit, ist der einzige Ruf, der von allen Seiten ertönt. Ich beschwöre alle Republikaner, ob von heute, ob von gestern, einem Elende zu Hülfe zu kommen, das nicht länger mehr warten kann. O, die Gelder, welche einkommen, sollen gewiß nicht zerspittert und verschleudert werden, wie die 3 Millionen, die zur Vertheilung unter die Hausarmen bestimmt waren.

Das Gegenstück zu diesem Briefe bildet die Beschreibung des prächtigen Salons des Herrn Präsidenten Marrast. Alles was Kunst und Luxus zu geben vermag findet sich hier vereinigt. Unmittelbar nach seiner Ernennung hat Herr Marrast, der selbst Kunstkenner ist und vortrefflich die Guitarre spielt, die ersten Künstler zusammenberufen, um seine Präsidentenwohnung auf die eleganteste Weise auszuschmücken.

- Die "Reforme" sagt über den Gesetzentwurf über die Organisation der Jury:

Was uns vor allem in diesem Dekret in die Augen fällt, ist, daß man das allgemeine Wahlrecht im Prinzip anerkennt und hinterher jämmerlich erdrosselt unter einer Reihe von Ausnahmen, die mit der Geschicklichkeit eines Persil kombinirt sind. Z. B. Alle Franzosen v. 30 J., welche die politischen und bürgerlichen Rechte genießen, müssen auf die allgemeinen Geschwornenlisten eingetragen werden. Aber ausgeschlossen sind alle Franzosen, die weder schreiben noch lesen können, d. h. wenigstens 8 Millionen Wähler auf 12. Gleichmäßig sind es die Dienstboten und Lohndiener, ferner alle, selbst zu korrektionellen Strafen Verurtheilten, eingeschlossen die politischen Verbrecher und Journalisten. Letztere werden das Brandmarkungszeichen tragen, das San benito, wie die Spitzbuben, und wenn sie jemals 6 Monate Gefängniß gewonnen haben in irgend einem guten Prozeß gegen die Männer oder die Werke der Regierung, werden sie für unwürdig erklärt sein, im Prätorium anderswo zu sitzen als auf der Barre. Heilige Republik, du wirst von einer charmanten Courtoisie für die Intelligenzen, die dich zum Tageslicht beförderten. Die politischen Verurtheilten und die mit 6 Monat Gefängniß geschlagenen Schriftsteller den Wucherern, den Escrocs u. s. w. assimiliren, das heißt: die Rächer der öffentlichen Meinung, die Soldaten des öffentlichen Geistes degradiren, und öffnete man unsere Gerichtstabellen seit 50 Jahren, so dürfte die Elite der Intelligenz, die Chateaubriand, Lammenais, Beranger, Carrel nicht mehr Platz nehmen neben Notären, Börsenspekulanten und Anwälten auf der Geschwornenbank, nicht einmal der Präsident der jetzigen Nationalversammlung - Herr Marrast.

- [#] Dem "J. des Debats" zufolge ist der mit einer besondern Mission aus Turin angelangte Ricci keineswegs beauftragt, eine direkte und unmittelbare Intervention der Republik nachzusuchen. Seine Unterredungen mit Cavaignac und dem Minister des Auswärtigen sollen, wie Gerüchte besagen, zum Resultat haben, daß die Alpenarmee sofort verstärkt und hart an der Gränze konzentrirt wird. Zugleich soll der Oberbefehl für den Fall des Einschreitens dem General Lamoriciere bestimmt sein.

- [#] Nach den neuesten Berichten aus Neapel soll Ferdinand, wie das "Bien public" wissen will, seinen Invasionsplänen gegen Sizilien, seitdem letzteres in seiner Unabhängigkeit von England und Frankreich förmlich anerkannt worden, nothgedrungen entsagt haben.

- Nationul-Versammlung. Sitzung vom 5. Aug. Der Ausschuß für Algerien beschäftigte sich diesen Morgen mit Prüfung eines Gesetz-Entwurfs, den ihm die "Societe d'Economie Charitable" vorgelegt hat und der darin besteht 20,000 Arbeiter freiwillig für Algerien anzuwerben und 1000 Familien daselbst niederzulassen, um die Kolonisirung jenes Landes endlich mit Nachdruck zu betreiben. Der Ausschuß beschloß, mehrere seiner Glieder und sonstige Sachverständige nach Algerien überzuschiffen, um an Ort und Stelle die ihm vorliegenden zahlreichen Kolonisationspläne zu prüfen und ihm darüber zu berichten. Um 11/4 Uhr eröffnete demnächst Vizepräsident Lacrosse die öffentliche Sitzung. Die Deputirten Fallacieux und Proudhon verlangen Urlaub, der ihnen unter humoristischem Gelächter bewilligt wird An der Tagesordnung liegt ein Stoß von Petitionen. Wir erwähnen darunter folgende:

1) Mehrere Bürger von Paris verlangen die Abschaffung des Gesetzes, das die Familie Napoleons verbannt. Wird an die diesfällige Kommission gewiesen.

2) Viele Träger spanischer Schuldscheine verlangen die Intervention der Nationalversammlung, um die spanische Regierung endlich zur Zahlung ihrer Verbindlichkeiten zu zwingen. Duclerc unterstützt diesen Antrag, der an die Minister des Aeußern und der Finanzen gewiesen wird

3) Pariser Fabrikanten reklamiren gegen die Konkurrenz der Arbeit der Soldaten. Wird dem Kriegsminister zur Berücksichtigung überwiesen.

4) Eishändler verlangen eine Herabsetzung des Eingangszolles auf Gefrornes. Geht an den Finanzminister.

5) Seidenzüchter aus dem Garddepartement verlangen Abschaffung des Ausfuhrzolls auf rohe einheimische Seide, in Erwägung des auffallend niedrig gefallenen Seidepreises. Wird dem Finanzminister empfohlen.

6) Dalgue, Fabrikant in Beyruth trägt auf freie Ausfuhr von Rohstoffen an, die einer ersten Bearbeitung unterworfen werden. An die Industriekommission befördert.

Nach Erledigung dieser Petition theilt der Präsident das Resultat der in den Nebensälen kurz vor der Sitzung vorgenommenen Erneuerungswahlen der sechs Vizepräsidenten mit. Bixio erhielt 577, Lafayette 567, Corbon 512, Beaumont (Somme) 496, Cormenin 368 und Lacrosse 351 Stimmen. Alle sechs werden zu Vizepräsidenten proklamirt und resp. bestätigt. Guinard und Leon v. Maleville erhielten die nächste Mehrzahl der Stimmen.

Lamennais: Ich verlange das Wort. Er erhält dasselbe und stellt den Justizminister Marie zur Rede, rücksichtlich des bekannten Artikels in der letzten Nummer des Peuple Constituant. Er sei, nicht sein Gerant, gerichtlich zu verfolgen - habe er an den Minister geschrieben und nicht einmal Antwort von ihm erhalten.

Marie, Justizminister, behauptet, das Gesetz verfolge den Geranten eines Blattes, nicht die Verfasser einzelner Artikel. Der Prozeß sei also in der Ordnung.

Germain Sarrut hält dem Minister die Worte des Hrn. Decazes vor die Augen, welche der Pairskammer erklärten, daß der Gerant eines Journals, in Redaktions-Angelegenheiten ohnedieß schon eine Null, aber dann völlig zur Fiktion herabsinken, wenn sich der Verfasser eines Artikels nenne. In diesem Fall könne der Gerant höchstens als moralischer Mitschuldige belangt werden.

Flocon sprach in ähnlichem Sinne. Nützte aber Alles nichts. Die Rechte schrie nach Tagesordnung und Hr. v. Lamennais fiel abermals durch.

Senard, Minister des Innern, legt Gesetzentwürfe rücksichtlich eines Anleihens der Stadt Paris bei der Bank und wegen der Mobilgarde zu Pferde vor.

Verninac, Marineminister, verlangt ebenfalls Kredite.

Ledru Rollin verlangt das Wort über die Tagesordnung (Aufsehen). Er trägt darauf an, die Diskussion des berüchtigten Bauchartschen Berichts schon auf Dienstag festzustellen.

Odilon Barrot widersetzt sich, weil der Druck der Aktenstücke, von denen der Bericht nur matte Auszüge gegeben habe, bis dahin schwerlich fertig sein könne.

Caussidiere dringt ebenfalls auf Eile. Ich schritt, sagte er, diesen Morgen durch die Honorestraße und mußte hören, wie mehrere Bürger einander zuriefen: "Schaut! Das ist Caussidiere - der Räuber!" Sie begreifen, daß solch' eine Lage unerträglich wird.

Odilon Barrot und Bauchart versprechen auf ihre Ehre, den Druck möglichst zu beschleunigen.

Die Versammlung nimmt nach fürchterlichem Tumult ihre Tagesordnung wieder auf. (4 Uhr).

- Sitzung vom 5. Aug. (Nach 4 Uhr). An der Tagesordnung befand sich die Fortsetzung der Jury-Debatte. Sie wurde auf Montag verschoben und die Versammlung fuhr in der Erledigung neuer Petitionsstöße fort. Ein Antrag von Pariser Fabrikanten auf Erlassung dee Thorsteuer auf Steinkohle zur Ermuthigung der Privatindustrie sowie eine Petition der Minenarbeiter der Seine- und Oise-Departements riefen einige Diskussion hervor. Beide wurden an die betreffenden Ministerien zur Berücksichtigung überwiesen.

Eine besondere Erwähnung verdient noch der Bericht Babaud Laribieres, eines Stockkonservativen, rücksichtlich der Gründung einer Regierungszeitung oder "Journal Quotidien Politique Litteraire et Agricole". Abonnementspreis für Paris 20 Frs. und in den Departements 28 Frkn. Der Berichterstatter trägt darauf an, dieses Journal allen Gemeinden zuzuschicken und es öffentlich vorlesen zu lassen. (Allgemeines Gelächter).

Für nächsten Montag ist das neue Zeitungsgesetz angesagt.

Um 1/4 vor 6 Uhr wurde die Sitzung geschlossen.

Spanien.
* Madrid, 31. Juli.

Die Gaceta bringt heute das Dekret, das Pidal zum Minister des Auswärtigen an die Stelle Sotomayors ernennt, welchen es zum Gesandten in Paris kreirt.

- Gonzalez Bravo ist arretirt. Man will einer doppelten Verschwörung, einer montemolinistischen und einer republikanischen auf der Spur sein. Die spanischen Fonds fahren fort zu fallen. Die Regierung soll bezwecken, alle Schuldtitel ohne Ausnahme in einem einzigen Fonds zusammenzuwerfen, der nur 2 pCt. trägt.

Von der Catalonischen Grenze, 29. Juli.

Man gibt für gewiß die Nachricht, daß Cabrera an der Spitze von 8 bis 900 auserlesener Catalonier den 22. Juli über den Ebro gegangen ist; es geschah dieser Uebergang bei Mequinenza, einer kleinen Stadt von 1500 Seelen, zwischen Fraga, Caspe und Tortosa. So hätte jetzt wieder die Sache einen ernsten Charakter angenommen. Cabrera befindet sich wieder auf dem Schauplatz seiner alten Kriegsthaten. Seine Anhänger setzen große Hoffnung auf diesen Plan; aber es steht sehr in Frage ob er gelingen wird. Man versichert, daß Aragonien, selbst da wo die Montemolinisten die meisten Anhänger haben, das Bedürfniß nach Ruhe fühlt, wie es überhaupt in ganz Spanien allgemein gefühlt wird; ein Bedürfniß, das selbst die politischen Leidenschaften beherrscht. Dieser Chef wird daher höchstens nur in Maeztrazga eine bedeutende Truppenmacht zusammenziehen können, und er wird wahrscheinlich suchen bis dahin sobald als möglich vorzudringen.

Man erfährt andererseits, daß höhere Offiziere zu der exaltirten Progressiisten gehörend, und die bis jetzt noch nicht wagen, die republikanische Fahne aufzupflanzen, thätig damit beschäftigt sind, Guerillas zu bilden, diese Guerillas bestehen meistens aus Männern, die 1843 in Aragonien unter dem Namen Centralisten bezeichnet wurden; sie sollen den Regierungstruppen den Krieg machen, während die Montemolinisten ihren Angriff auf einen andern Punkt richten sollen. Im Falle eines Zusammenstoßens einer Guerillabande mit einer Bande von Montemolinisten solle von beiden Seiten ein Austausch freundlicher Begrüßung stattfinden: nur auf den gemeinsamen Feind wolle man feuern.

Großbritannien.
* London, 5. August.

Hr. d'Israeli erkundigte sich in der gestrigen Unterhaussitzung bei dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, in Betreff eines neuen Aktes der Aggression von Seiten jener Macht, die man, wie er glaube, aus Höflichkeit das deutsche Reich nenne. Die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt habe nämlich vor Kurzem erklärt, daß sie die wegen Limburg und Luxemburg im Jahre 1839 geschlossenen Verträge nicht sanktioniren könne. Großbritannien habe jene Verträge seiner Zeit mitunterschrieben. Die Nationalversammlung mache aber nichtsdestoweniger Miene, mit dem Herzogthum Limburg gerade so zu verfahren, wie mit Schleswig und Holstein. Der Friede Europa's sei daher aufs Neue durch dieses verderbliche Eroberungssystem des deutschen Reiches gestört und er erkundige sich daher, ob von englischer Seite nicht Schritte gethan werden würden, um geschlossene Verträge aufrecht zu erhalten.

Lord Palmerston erwiederte darauf, daß das Gouvernement bereits einige Mittheilungen in Betreff dieser Angelegenheit erhalten habe, daß man über die Sache indeß noch nicht aburtheilen könne, ehe nicht einige an das holländische Gouvernement gerichteten Anfragen beantwortet worden seien. Dies sei noch nicht geschehen und es bleibe daher unbestimmt, in wie weit sich England in diese Differenz einzumischen habe.

Eine ähnliche Interpellation richtete Hr. Christy wegen Schleswig-Holstein an Lord Palmerston, welcher sich aufs Neue dahin aussprach, daß er die Feindseligkeiten bald beendigt hoffe und den Verzug im Abschluß eines Friedensvertrages mehr einigen Formfehlern als wirklichen Differenzen zuschreibe.

Die übrigen äußerst mannichfachen Verhandlungen des Unterhauses waren ohne Interesse.

* London, 5. August.

Bei den letzten Parlamentswahlen hatte sich der Attorney-General, Sir John Hervis, nicht gescheut, in Horsham die unverschämteste Bestechung auszuüben. Sein Zweck war, die Wahl seines Sohnes durchzusetzen. Der Sohn wurde auch in der That gewählt. Doch bald wurde der Antrag gestellt, die Wahl für ungültig zu erklären. Die vom Unterhaus niedergesetzte Kommission hatte eine lange und schwierige Untersuchung anzustellen. Es zeigte sich schließlich, aus den unwiderleglichsten Zeugenaussagen und Beweisstücken, daß der Hr. General-Prokurator nahe an 20,000 Thlr. preuß. Courant auf Bechungen der Wähler verausgabt. Der Fall sollte heute vor die Assisen kommen. Aber schon den Abend zuvor wurde der Jury mitgetheilt, daß ihre Dienste nicht nöthig sein würden; "der Gegenstand sei fallen gelassen." Mit andern Worten der Herr General-Prokurator hat den Ankläger ebenfalls bestochen und so ist er wieder der honnette, gewichtvolle, brave Mann, der beim nächsten Falle, namentlich wenn es sich um die Verurtheilung von Chartisten handeln sollte, gar nicht genug von Loyalität und unerschütterlicher Treue der Regierungsbeamten wie von der Verdorbenheit und Gottlosigkeit der Arbeiter zu erzahlen wissen würde.

* Dublin, 4. August.

Abends. Gestern arretirte die Polizei 20 in die Affaire von Ballingarry verwickelte Personen. Sie kamen heute früh hier an und sind einstweilen in einer Kaserne untergebracht. Morgen geht Lord Hardinge (der engliche Cavaignac, der aber zu seinem Unglück in den Irländern keine Pariser Juni-Kämpfer vor sich hat und daher nur sehr schlechte Lorbeeren pflücken wird) nach Ballingarry ab. Hier, in Dublin, wurden gestern wiederum 4 Personen in Verhaft genommen; ebenso 2 Mitarbeiter des "Felon" in Loughrea. General M'Donald ist mit seinen Truppen von Ballingarry in der Richtung von Thurles aufgebrochen.

Nach einem andern Bericht sind S. O'Brien, Doheny und Meagher in den Kepper-Bergen, wohin eine starke Polizeimacht abgegangen - man sagt, insgesammt 1,100 Mann. Sie haben den Auftrag, gleichsam einen Cordon zu ziehen, und diesen immer mehr zu verengern, um die Insurgentenchefs ohne weiteres zu fangen. Der Hauptzugang zu den Bergen ist übrigens eine tiefe, düstere Schlucht, mit steilen Anhöhen und überragenden Felsstücken zur Seite. - Die "Kepper- oder Keeper-Berge sind 4 Meilen von Nenagh entfernt. Die Anglesey-Eisenbahn geht am Fuße derselben durch. Wie schwer es den Herrn von der Civil- und Militärpolizei wird, über die gefürchteten Insurgentenchefs Nachricht zu erhalten, geht aus folgendem Falle hervor:

M'Donald hatte erfahren, daß S. O'Brien des Sonnabends zu Nacht im Hause eines gewissen Costigan, Unterförster eines reichen Gutsbesitzers, geschlafen. Costigan wird gleich den nächsten Tag vor den General gefordert und durch einen Kapitän verhört. Er weiß durchaus nichts von O'Brien aus eigener Kenntniß, erzählt dagegen die tausenderlei über ihn umlaufenden Gerüchte und setzt hinzu, daß er keins für wahr halte. Wegen der Personen, welche ihm das Gerücht mitgetheilt, gedrängt erwiedert er, sich ihrer Namen nicht zu erinnern. Mit Absicht verwickelt er sich in eine solche Masse unauflösbarer Widersprüche, daß, wenn er auch endlich den Namen eines Freundes nennen muß, dieser nicht kompromittirt ist. Mehrere andere von den beim General anwesenden Gentlemen suchen durch Kreuz- und Queerfragen, der General durch Einschüchterung, etwas herauszubringen; Costigan läßt sich in keiner Art verblüffen und zieht innerlich vergnügt über seine Verstandesschärfe und richtige Taktik nach Hause. In Clonmel wurde gestern ein Mann wegen angeblicher Beherbergung Doheny's verhaftet; die Strafe ist der Tod.

Westindien
*

In Kingston liefen unangenehme Gerüchte über den Zustand Jamaicas auf der Westseite um. Wie es hieß, hatte sich unter der arbeitenden Bevölkerung offene Unzufriedenheit an den Tag gelegt. Die Polizeimacht ist in den unruhigen Distrikten schnell vermehrt worden. Auf der Insel St. Croix ist eine Revolution ausgebrochen. Am 2. Juli forderte ein Haufe Sklaven vom Gouverneur sofortige Emanzipation; geschähe das nicht, so wollten sie Alles mit Feuer und Schwert verwüsten. Der Gouver-

Beilage zu Nr. 69 der Neuen Rh. Zeitg.
Dienstag 8. August 1848.
Uebersicht.

Deutschland. Frankfurt (Die Repräsentationsgelder des „edlen“ Gagern. ‒ Ein Antrag Schlöffels). Berlin. (Antrag auf Errichtung von Privatbanken. ‒ Entführungsversuch der Konstabler gegen Rodbertus und v. Berg. ‒ Vorbereitungen zur Feier des 6. August. ‒ Die Buch- und Kattundrucker. ‒ Maueranschläge. ‒ Der 6. August. ‒ Ein Schreiben Schreckensteins). Magdeburg. (Aus der Citadelle. ‒ Die deutschen „satisfaits“). Aus der Provinz Sachsen. (Contrerevolutionäre Wirthschaft). Hannover. (Wie man in Hannover und Braunschweig dem Reichsverweser huldigt). Kassel. (Hessische Zustände). Marburg. (Die Volkssouverainetät in Kurhessen. ‒ Petition an das Ministerium des Innern). Prag (Dr. Brauner. ‒ Graf Buquoi). Wien. (Schwarzgelbe Todtenfeier. ‒ Die Camarilla in Oberöstreich. ‒ Paragraph 34 der Geschäftsordnung. ‒ Eine Erklärung Schwarzers. ‒ Sitzung des konst. Reichstags vom 1. Aug. ‒ Sitzung des konst. Reichstags vom 2. Aug. ‒ Jellachich und Batthiany abgereist). Von der Eider. (Eine russische geheime Note).

Holland. (Truppensendung nach Limburg).

Schweiz. Chur. (Nachrichten aus der Lombardei. ‒ Die Linie des Oglio durchbrochen; die Linie der Adda durchbrochen).

Rußland. Petersburg. (Ein kais. Ukas).

Ungarn. Szaska. (Das Banat bald in den Händen der Insurgenten). N. Becskerek. (Die Csaikisten im Sumpf. ‒ Der Bischof von Temesvar). Weißkirchen. (Lager der Gränzer bei Neudorf. ‒ Rajachich: seine Plünderung der Petrovatzer Kirche). Temesvar. (Uzdin in Brand gesteckt).

Italien. Mailand. (Befestigung ‒ Peschiera gut vertheidigt. ‒ Dekret der prov. Regierung. ‒ Fanti und Griffini. ‒ Dekret des Vertheidigungsausschusses. ‒ „L'Italia del Popolo“. ‒ Karl Alberts Hauptquartier in Lodi). Cremona. (Die Privatkorrespondenz der Times über die Kriegsvorfälle). Genua. (Zu den Waffen! Predigen des Freiheitskreuzzuges. ‒ Petition nach Turin). Turin. (Der Gesetzentwurf wegen unumschränkter Vollmacht des Königs. ‒ „La Concordia“ über die den Völkern drohenden Gefahren.

Donaufürstenthümer. Bucharest. (Die Pforte in ihrem Verhalten zur Wallachei und Rußland. ‒ Angeblich neueste Nachrichten.

Franz. Republik Paris. (Der Turiner Gesandten Erfolg. ‒ Ferdinand von Neapel entsagt den Invasionsplänen gegen Sizilien. ‒ „La Reforme“ über den Gesetzentwurf über die Jury. ‒ Russisches Gold. ‒ Brief von L. Roux. ‒ Vermischtes).

Spanien. Madrid. (Pidal Minister des Auswärtigen, Gonzalez Bravo arretirt. ‒ Ein Finanzplan der Regierung). Von der catalonischen Gränze. (Montemolinisten und Republikaner.

Großbrittannien. London. (Generalprokurator Hervis der Wahlbestechung überführt. ‒ Parlamentsdebatten). Dublin. (Verhaftungen. ‒ Lord Hardinge. ‒ M'Donald nach Thurles. ‒ Gerüchte über die Insurgentenchefs. ‒ Erfolg eines Verhörs).

Westindien. (Mißvergnügen im Westen Jamaika's. ‒ Negeraufstand unterdrückt auf der dänischen Insel St. Croix. ‒ Wirkungen des Emanzipationsdekrets der provisorischen Regierung auf Cuba und Porto-Rico).

Venezuela. (Fortdauer des Kampfes zwischen Monagaz und Paez).

Capstadt. (Aufblüh'n der Kolonie. ‒ Einführung des Pennyporto's. ‒ Abschaffung des Zeitungsstempels).

Aegypten. Alexandrien. (Cholera in Cairo).

[Französische Republik]

[Fortsetzung]

‒ Auf der Insel Louviers (einer kleinen Insel in der Seine beim Arsenal, hinter der Insel St. Louis) wird ein Militärlager von 4000 Mann errichtet.

‒ Das große Lager von St. Maur wird abgebrochen und die Regimenter, die dasselbe bilteden, marschiren in Eilmärschen an die Alpen zurück.

‒ Hr. Goudchaux arbeitet, durch seine gestrige Niederlage gezwungen, an einem neuen Progressivsteuer-Projekte.

‒ 900 Kilogramm russisches Geld ist in den Junitagen nach Paris geschickt worden. In der Anklageakte findet sich keine Erwähnung von diesem Gelde. Herr Sarrut hat sich deßhalb schriftlich an Herrn Odilon-Barrot gewendet, um Auskunft zu erhalten.

‒ Das Journal des Debats enthält einen Brief vom Vicarius Le Roux aus dem Faubourg St. Antoine über das Elend der Arbeiterinnen in Paris:

Mehr als 4000 Frauen kommen tagtäglich zu mir, und bitten um Arbeit, und ich muß sie täglich mit der Hoffnung entlassen, daß die Arbeit bald wieder aufkommen werde. Ein großer Theil dieser Arbeiterinnen ertragen die härtesten Entbehrungen durch diese alleinige Hoffnung, die ich täglich neu anregen muß. Aber was vermag ein armer Priester, wie ich, wenn eine Regierung wie die Frankreichs, durch das Organ ihrer Minister offen ihre Ohnmacht bekennt? Mit jedem Tage wird das Elend drückender und hat bereits in unserm Faubourg eine schreckliche Höhe erreicht. Das Geschrei des Aufruhrs ist verstummt. Arbeit, Arbeit, ist der einzige Ruf, der von allen Seiten ertönt. Ich beschwöre alle Republikaner, ob von heute, ob von gestern, einem Elende zu Hülfe zu kommen, das nicht länger mehr warten kann. O, die Gelder, welche einkommen, sollen gewiß nicht zerspittert und verschleudert werden, wie die 3 Millionen, die zur Vertheilung unter die Hausarmen bestimmt waren.

Das Gegenstück zu diesem Briefe bildet die Beschreibung des prächtigen Salons des Herrn Präsidenten Marrast. Alles was Kunst und Luxus zu geben vermag findet sich hier vereinigt. Unmittelbar nach seiner Ernennung hat Herr Marrast, der selbst Kunstkenner ist und vortrefflich die Guitarre spielt, die ersten Künstler zusammenberufen, um seine Präsidentenwohnung auf die eleganteste Weise auszuschmücken.

‒ Die „Réforme“ sagt über den Gesetzentwurf über die Organisation der Jury:

Was uns vor allem in diesem Dekret in die Augen fällt, ist, daß man das allgemeine Wahlrecht im Prinzip anerkennt und hinterher jämmerlich erdrosselt unter einer Reihe von Ausnahmen, die mit der Geschicklichkeit eines Persil kombinirt sind. Z. B. Alle Franzosen v. 30 J., welche die politischen und bürgerlichen Rechte genießen, müssen auf die allgemeinen Geschwornenlisten eingetragen werden. Aber ausgeschlossen sind alle Franzosen, die weder schreiben noch lesen können, d. h. wenigstens 8 Millionen Wähler auf 12. Gleichmäßig sind es die Dienstboten und Lohndiener, ferner alle, selbst zu korrektionellen Strafen Verurtheilten, eingeschlossen die politischen Verbrecher und Journalisten. Letztere werden das Brandmarkungszeichen tragen, das San benito, wie die Spitzbuben, und wenn sie jemals 6 Monate Gefängniß gewonnen haben in irgend einem guten Prozeß gegen die Männer oder die Werke der Regierung, werden sie für unwürdig erklärt sein, im Prätorium anderswo zu sitzen als auf der Barre. Heilige Republik, du wirst von einer charmanten Courtoisie für die Intelligenzen, die dich zum Tageslicht beförderten. Die politischen Verurtheilten und die mit 6 Monat Gefängniß geschlagenen Schriftsteller den Wucherern, den Escrocs u. s. w. assimiliren, das heißt: die Rächer der öffentlichen Meinung, die Soldaten des öffentlichen Geistes degradiren, und öffnete man unsere Gerichtstabellen seit 50 Jahren, so dürfte die Elite der Intelligenz, die Chateaubriand, Lammenais, Beranger, Carrel nicht mehr Platz nehmen neben Notären, Börsenspekulanten und Anwälten auf der Geschwornenbank, nicht einmal der Präsident der jetzigen Nationalversammlung ‒ Herr Marrast.

‒ [#] Dem „J. des Debats“ zufolge ist der mit einer besondern Mission aus Turin angelangte Ricci keineswegs beauftragt, eine direkte und unmittelbare Intervention der Republik nachzusuchen. Seine Unterredungen mit Cavaignac und dem Minister des Auswärtigen sollen, wie Gerüchte besagen, zum Resultat haben, daß die Alpenarmee sofort verstärkt und hart an der Gränze konzentrirt wird. Zugleich soll der Oberbefehl für den Fall des Einschreitens dem General Lamoricière bestimmt sein.

‒ [#] Nach den neuesten Berichten aus Neapel soll Ferdinand, wie das „Bien public“ wissen will, seinen Invasionsplänen gegen Sizilien, seitdem letzteres in seiner Unabhängigkeit von England und Frankreich förmlich anerkannt worden, nothgedrungen entsagt haben.

Nationul-Versammlung. Sitzung vom 5. Aug. Der Ausschuß für Algerien beschäftigte sich diesen Morgen mit Prüfung eines Gesetz-Entwurfs, den ihm die „Société d'Economie Charitable“ vorgelegt hat und der darin besteht 20,000 Arbeiter freiwillig für Algerien anzuwerben und 1000 Familien daselbst niederzulassen, um die Kolonisirung jenes Landes endlich mit Nachdruck zu betreiben. Der Ausschuß beschloß, mehrere seiner Glieder und sonstige Sachverständige nach Algerien überzuschiffen, um an Ort und Stelle die ihm vorliegenden zahlreichen Kolonisationspläne zu prüfen und ihm darüber zu berichten. Um 11/4 Uhr eröffnete demnächst Vizepräsident Lacrosse die öffentliche Sitzung. Die Deputirten Fallacieux und Proudhon verlangen Urlaub, der ihnen unter humoristischem Gelächter bewilligt wird An der Tagesordnung liegt ein Stoß von Petitionen. Wir erwähnen darunter folgende:

1) Mehrere Bürger von Paris verlangen die Abschaffung des Gesetzes, das die Familie Napoleons verbannt. Wird an die diesfällige Kommission gewiesen.

2) Viele Träger spanischer Schuldscheine verlangen die Intervention der Nationalversammlung, um die spanische Regierung endlich zur Zahlung ihrer Verbindlichkeiten zu zwingen. Duclerc unterstützt diesen Antrag, der an die Minister des Aeußern und der Finanzen gewiesen wird

3) Pariser Fabrikanten reklamiren gegen die Konkurrenz der Arbeit der Soldaten. Wird dem Kriegsminister zur Berücksichtigung überwiesen.

4) Eishändler verlangen eine Herabsetzung des Eingangszolles auf Gefrornes. Geht an den Finanzminister.

5) Seidenzüchter aus dem Garddepartement verlangen Abschaffung des Ausfuhrzolls auf rohe einheimische Seide, in Erwägung des auffallend niedrig gefallenen Seidepreises. Wird dem Finanzminister empfohlen.

6) Dalgue, Fabrikant in Beyruth trägt auf freie Ausfuhr von Rohstoffen an, die einer ersten Bearbeitung unterworfen werden. An die Industriekommission befördert.

Nach Erledigung dieser Petition theilt der Präsident das Resultat der in den Nebensälen kurz vor der Sitzung vorgenommenen Erneuerungswahlen der sechs Vizepräsidenten mit. Bixio erhielt 577, Lafayette 567, Corbon 512, Beaumont (Somme) 496, Cormenin 368 und Lacrosse 351 Stimmen. Alle sechs werden zu Vizepräsidenten proklamirt und resp. bestätigt. Guinard und Leon v. Maleville erhielten die nächste Mehrzahl der Stimmen.

Lamennais: Ich verlange das Wort. Er erhält dasselbe und stellt den Justizminister Marie zur Rede, rücksichtlich des bekannten Artikels in der letzten Nummer des Peuple Constituant. Er sei, nicht sein Gerant, gerichtlich zu verfolgen ‒ habe er an den Minister geschrieben und nicht einmal Antwort von ihm erhalten.

Marie, Justizminister, behauptet, das Gesetz verfolge den Geranten eines Blattes, nicht die Verfasser einzelner Artikel. Der Prozeß sei also in der Ordnung.

Germain Sarrut hält dem Minister die Worte des Hrn. Decazes vor die Augen, welche der Pairskammer erklärten, daß der Gerant eines Journals, in Redaktions-Angelegenheiten ohnedieß schon eine Null, aber dann völlig zur Fiktion herabsinken, wenn sich der Verfasser eines Artikels nenne. In diesem Fall könne der Gerant höchstens als moralischer Mitschuldige belangt werden.

Flocon sprach in ähnlichem Sinne. Nützte aber Alles nichts. Die Rechte schrie nach Tagesordnung und Hr. v. Lamennais fiel abermals durch.

Senard, Minister des Innern, legt Gesetzentwürfe rücksichtlich eines Anleihens der Stadt Paris bei der Bank und wegen der Mobilgarde zu Pferde vor.

Verninac, Marineminister, verlangt ebenfalls Kredite.

Ledru Rollin verlangt das Wort über die Tagesordnung (Aufsehen). Er trägt darauf an, die Diskussion des berüchtigten Bauchartschen Berichts schon auf Dienstag festzustellen.

Odilon Barrot widersetzt sich, weil der Druck der Aktenstücke, von denen der Bericht nur matte Auszüge gegeben habe, bis dahin schwerlich fertig sein könne.

Caussidiere dringt ebenfalls auf Eile. Ich schritt, sagte er, diesen Morgen durch die Honoréstraße und mußte hören, wie mehrere Bürger einander zuriefen: „Schaut! Das ist Caussidiere ‒ der Räuber!“ Sie begreifen, daß solch' eine Lage unerträglich wird.

Odilon Barrot und Bauchart versprechen auf ihre Ehre, den Druck möglichst zu beschleunigen.

Die Versammlung nimmt nach fürchterlichem Tumult ihre Tagesordnung wieder auf. (4 Uhr).

‒ Sitzung vom 5. Aug. (Nach 4 Uhr). An der Tagesordnung befand sich die Fortsetzung der Jury-Debatte. Sie wurde auf Montag verschoben und die Versammlung fuhr in der Erledigung neuer Petitionsstöße fort. Ein Antrag von Pariser Fabrikanten auf Erlassung dee Thorsteuer auf Steinkohle zur Ermuthigung der Privatindustrie sowie eine Petition der Minenarbeiter der Seine- und Oise-Departements riefen einige Diskussion hervor. Beide wurden an die betreffenden Ministerien zur Berücksichtigung überwiesen.

Eine besondere Erwähnung verdient noch der Bericht Babaud Laribieres, eines Stockkonservativen, rücksichtlich der Gründung einer Regierungszeitung oder „Journal Quotidien Politique Litteraire et Agricole“. Abonnementspreis für Paris 20 Frs. und in den Departements 28 Frkn. Der Berichterstatter trägt darauf an, dieses Journal allen Gemeinden zuzuschicken und es öffentlich vorlesen zu lassen. (Allgemeines Gelächter).

Für nächsten Montag ist das neue Zeitungsgesetz angesagt.

Um 1/4 vor 6 Uhr wurde die Sitzung geschlossen.

Spanien.
* Madrid, 31. Juli.

Die Gaceta bringt heute das Dekret, das Pidal zum Minister des Auswärtigen an die Stelle Sotomayors ernennt, welchen es zum Gesandten in Paris kreirt.

‒ Gonzalez Bravo ist arretirt. Man will einer doppelten Verschwörung, einer montemolinistischen und einer republikanischen auf der Spur sein. Die spanischen Fonds fahren fort zu fallen. Die Regierung soll bezwecken, alle Schuldtitel ohne Ausnahme in einem einzigen Fonds zusammenzuwerfen, der nur 2 pCt. trägt.

Von der Catalonischen Grenze, 29. Juli.

Man gibt für gewiß die Nachricht, daß Cabrera an der Spitze von 8 bis 900 auserlesener Catalonier den 22. Juli über den Ebro gegangen ist; es geschah dieser Uebergang bei Mequinenza, einer kleinen Stadt von 1500 Seelen, zwischen Fraga, Caspe und Tortosa. So hätte jetzt wieder die Sache einen ernsten Charakter angenommen. Cabrera befindet sich wieder auf dem Schauplatz seiner alten Kriegsthaten. Seine Anhänger setzen große Hoffnung auf diesen Plan; aber es steht sehr in Frage ob er gelingen wird. Man versichert, daß Aragonien, selbst da wo die Montemolinisten die meisten Anhänger haben, das Bedürfniß nach Ruhe fühlt, wie es überhaupt in ganz Spanien allgemein gefühlt wird; ein Bedürfniß, das selbst die politischen Leidenschaften beherrscht. Dieser Chef wird daher höchstens nur in Maeztrazga eine bedeutende Truppenmacht zusammenziehen können, und er wird wahrscheinlich suchen bis dahin sobald als möglich vorzudringen.

Man erfährt andererseits, daß höhere Offiziere zu der exaltirten Progressiisten gehörend, und die bis jetzt noch nicht wagen, die republikanische Fahne aufzupflanzen, thätig damit beschäftigt sind, Guerillas zu bilden, diese Guerillas bestehen meistens aus Männern, die 1843 in Aragonien unter dem Namen Centralisten bezeichnet wurden; sie sollen den Regierungstruppen den Krieg machen, während die Montemolinisten ihren Angriff auf einen andern Punkt richten sollen. Im Falle eines Zusammenstoßens einer Guerillabande mit einer Bande von Montemolinisten solle von beiden Seiten ein Austausch freundlicher Begrüßung stattfinden: nur auf den gemeinsamen Feind wolle man feuern.

Großbritannien.
* London, 5. August.

Hr. d'Israeli erkundigte sich in der gestrigen Unterhaussitzung bei dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, in Betreff eines neuen Aktes der Aggression von Seiten jener Macht, die man, wie er glaube, aus Höflichkeit das deutsche Reich nenne. Die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt habe nämlich vor Kurzem erklärt, daß sie die wegen Limburg und Luxemburg im Jahre 1839 geschlossenen Verträge nicht sanktioniren könne. Großbritannien habe jene Verträge seiner Zeit mitunterschrieben. Die Nationalversammlung mache aber nichtsdestoweniger Miene, mit dem Herzogthum Limburg gerade so zu verfahren, wie mit Schleswig und Holstein. Der Friede Europa's sei daher aufs Neue durch dieses verderbliche Eroberungssystem des deutschen Reiches gestört und er erkundige sich daher, ob von englischer Seite nicht Schritte gethan werden würden, um geschlossene Verträge aufrecht zu erhalten.

Lord Palmerston erwiederte darauf, daß das Gouvernement bereits einige Mittheilungen in Betreff dieser Angelegenheit erhalten habe, daß man über die Sache indeß noch nicht aburtheilen könne, ehe nicht einige an das holländische Gouvernement gerichteten Anfragen beantwortet worden seien. Dies sei noch nicht geschehen und es bleibe daher unbestimmt, in wie weit sich England in diese Differenz einzumischen habe.

Eine ähnliche Interpellation richtete Hr. Christy wegen Schleswig-Holstein an Lord Palmerston, welcher sich aufs Neue dahin aussprach, daß er die Feindseligkeiten bald beendigt hoffe und den Verzug im Abschluß eines Friedensvertrages mehr einigen Formfehlern als wirklichen Differenzen zuschreibe.

Die übrigen äußerst mannichfachen Verhandlungen des Unterhauses waren ohne Interesse.

* London, 5. August.

Bei den letzten Parlamentswahlen hatte sich der Attorney-General, Sir John Hervis, nicht gescheut, in Horsham die unverschämteste Bestechung auszuüben. Sein Zweck war, die Wahl seines Sohnes durchzusetzen. Der Sohn wurde auch in der That gewählt. Doch bald wurde der Antrag gestellt, die Wahl für ungültig zu erklären. Die vom Unterhaus niedergesetzte Kommission hatte eine lange und schwierige Untersuchung anzustellen. Es zeigte sich schließlich, aus den unwiderleglichsten Zeugenaussagen und Beweisstücken, daß der Hr. General-Prokurator nahe an 20,000 Thlr. preuß. Courant auf Bechungen der Wähler verausgabt. Der Fall sollte heute vor die Assisen kommen. Aber schon den Abend zuvor wurde der Jury mitgetheilt, daß ihre Dienste nicht nöthig sein würden; „der Gegenstand sei fallen gelassen.“ Mit andern Worten der Herr General-Prokurator hat den Ankläger ebenfalls bestochen und so ist er wieder der honnette, gewichtvolle, brave Mann, der beim nächsten Falle, namentlich wenn es sich um die Verurtheilung von Chartisten handeln sollte, gar nicht genug von Loyalität und unerschütterlicher Treue der Regierungsbeamten wie von der Verdorbenheit und Gottlosigkeit der Arbeiter zu erzahlen wissen würde.

* Dublin, 4. August.

Abends. Gestern arretirte die Polizei 20 in die Affaire von Ballingarry verwickelte Personen. Sie kamen heute früh hier an und sind einstweilen in einer Kaserne untergebracht. Morgen geht Lord Hardinge (der engliche Cavaignac, der aber zu seinem Unglück in den Irländern keine Pariser Juni-Kämpfer vor sich hat und daher nur sehr schlechte Lorbeeren pflücken wird) nach Ballingarry ab. Hier, in Dublin, wurden gestern wiederum 4 Personen in Verhaft genommen; ebenso 2 Mitarbeiter des „Felon“ in Loughrea. General M'Donald ist mit seinen Truppen von Ballingarry in der Richtung von Thurles aufgebrochen.

Nach einem andern Bericht sind S. O'Brien, Doheny und Meagher in den Kepper-Bergen, wohin eine starke Polizeimacht abgegangen ‒ man sagt, insgesammt 1,100 Mann. Sie haben den Auftrag, gleichsam einen Cordon zu ziehen, und diesen immer mehr zu verengern, um die Insurgentenchefs ohne weiteres zu fangen. Der Hauptzugang zu den Bergen ist übrigens eine tiefe, düstere Schlucht, mit steilen Anhöhen und überragenden Felsstücken zur Seite. ‒ Die „Kepper- oder Keeper-Berge sind 4 Meilen von Nenagh entfernt. Die Anglesey-Eisenbahn geht am Fuße derselben durch. Wie schwer es den Herrn von der Civil- und Militärpolizei wird, über die gefürchteten Insurgentenchefs Nachricht zu erhalten, geht aus folgendem Falle hervor:

M'Donald hatte erfahren, daß S. O'Brien des Sonnabends zu Nacht im Hause eines gewissen Costigan, Unterförster eines reichen Gutsbesitzers, geschlafen. Costigan wird gleich den nächsten Tag vor den General gefordert und durch einen Kapitän verhört. Er weiß durchaus nichts von O'Brien aus eigener Kenntniß, erzählt dagegen die tausenderlei über ihn umlaufenden Gerüchte und setzt hinzu, daß er keins für wahr halte. Wegen der Personen, welche ihm das Gerücht mitgetheilt, gedrängt erwiedert er, sich ihrer Namen nicht zu erinnern. Mit Absicht verwickelt er sich in eine solche Masse unauflösbarer Widersprüche, daß, wenn er auch endlich den Namen eines Freundes nennen muß, dieser nicht kompromittirt ist. Mehrere andere von den beim General anwesenden Gentlemen suchen durch Kreuz- und Queerfragen, der General durch Einschüchterung, etwas herauszubringen; Costigan läßt sich in keiner Art verblüffen und zieht innerlich vergnügt über seine Verstandesschärfe und richtige Taktik nach Hause. In Clonmel wurde gestern ein Mann wegen angeblicher Beherbergung Doheny's verhaftet; die Strafe ist der Tod.

Westindien
*

In Kingston liefen unangenehme Gerüchte über den Zustand Jamaicas auf der Westseite um. Wie es hieß, hatte sich unter der arbeitenden Bevölkerung offene Unzufriedenheit an den Tag gelegt. Die Polizeimacht ist in den unruhigen Distrikten schnell vermehrt worden. Auf der Insel St. Croix ist eine Revolution ausgebrochen. Am 2. Juli forderte ein Haufe Sklaven vom Gouverneur sofortige Emanzipation; geschähe das nicht, so wollten sie Alles mit Feuer und Schwert verwüsten. Der Gouver-

<TEI>
  <text>
    <pb facs="#f0001" n="0349"/>
    <front>
      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 69 der Neuen Rh. Zeitg. </titlePart>
        <docImprint>
          <docDate>Dienstag 8. August 1848.</docDate>
        </docImprint>
      </titlePage>
    </front>
    <body>
      <div type="contents" n="1">
        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Frankfurt (Die Repräsentationsgelder des                     &#x201E;edlen&#x201C; Gagern. &#x2012; Ein Antrag Schlöffels). Berlin. (Antrag auf Errichtung von                     Privatbanken. &#x2012; Entführungsversuch der Konstabler gegen Rodbertus und v. Berg. &#x2012;                     Vorbereitungen zur Feier des 6. August. &#x2012; Die Buch- und Kattundrucker. &#x2012;                     Maueranschläge. &#x2012; Der 6. August. &#x2012; Ein Schreiben Schreckensteins). Magdeburg.                     (Aus der Citadelle. &#x2012; Die deutschen &#x201E;satisfaits&#x201C;). Aus der Provinz Sachsen.                     (Contrerevolutionäre Wirthschaft). Hannover. (Wie man in Hannover und                     Braunschweig dem Reichsverweser huldigt). Kassel. (Hessische Zustände). Marburg.                     (Die Volkssouverainetät in Kurhessen. &#x2012; Petition an das Ministerium des Innern).                     Prag (Dr. Brauner. &#x2012; Graf Buquoi). Wien. (Schwarzgelbe Todtenfeier. &#x2012; Die                     Camarilla in Oberöstreich. &#x2012; Paragraph 34 der Geschäftsordnung. &#x2012; Eine Erklärung                     Schwarzers. &#x2012; Sitzung des konst. Reichstags vom 1. Aug. &#x2012; Sitzung des konst.                     Reichstags vom 2. Aug. &#x2012; Jellachich und Batthiany abgereist). Von der Eider.                     (Eine russische geheime Note).</p>
        <p><hi rendition="#g">Holland.</hi> (Truppensendung nach Limburg).</p>
        <p><hi rendition="#g">Schweiz.</hi> Chur. (Nachrichten aus der Lombardei. &#x2012; Die                     Linie des Oglio durchbrochen; die Linie der Adda durchbrochen).</p>
        <p><hi rendition="#g">Rußland.</hi> Petersburg. (Ein kais. Ukas).</p>
        <p><hi rendition="#g">Ungarn.</hi> Szaska. (Das Banat bald in den Händen der                     Insurgenten). N. Becskerek. (Die Csaikisten im Sumpf. &#x2012; Der Bischof von                     Temesvar). Weißkirchen. (Lager der Gränzer bei Neudorf. &#x2012; Rajachich: seine                     Plünderung der Petrovatzer Kirche). Temesvar. (Uzdin in Brand gesteckt).</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien.</hi> Mailand. (Befestigung &#x2012; Peschiera gut                     vertheidigt. &#x2012; Dekret der prov. Regierung. &#x2012; Fanti und Griffini. &#x2012; Dekret des                     Vertheidigungsausschusses. &#x2012; &#x201E;L'Italia del Popolo&#x201C;. &#x2012; Karl Alberts Hauptquartier                     in Lodi). Cremona. (Die Privatkorrespondenz der Times über die Kriegsvorfälle).                     Genua. (Zu den Waffen! Predigen des Freiheitskreuzzuges. &#x2012; Petition nach Turin).                     Turin. (Der Gesetzentwurf wegen unumschränkter Vollmacht des Königs. &#x2012; &#x201E;La                     Concordia&#x201C; über die den Völkern drohenden Gefahren.</p>
        <p><hi rendition="#g">Donaufürstenthümer.</hi> Bucharest. (Die Pforte in ihrem                     Verhalten zur Wallachei und Rußland. &#x2012; Angeblich neueste Nachrichten.</p>
        <p><hi rendition="#g">Franz. Republik</hi> Paris. (Der Turiner Gesandten Erfolg. &#x2012;                     Ferdinand von Neapel entsagt den Invasionsplänen gegen Sizilien. &#x2012; &#x201E;La Reforme&#x201C;                     über den Gesetzentwurf über die Jury. &#x2012; Russisches Gold. &#x2012; Brief von L. Roux. &#x2012;                     Vermischtes).</p>
        <p><hi rendition="#g">Spanien.</hi> Madrid. (Pidal Minister des Auswärtigen,                     Gonzalez Bravo arretirt. &#x2012; Ein Finanzplan der Regierung). Von der catalonischen                     Gränze. (Montemolinisten und Republikaner.</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbrittannien.</hi> London. (Generalprokurator Hervis der                     Wahlbestechung überführt. &#x2012; Parlamentsdebatten). Dublin. (Verhaftungen. &#x2012; Lord                     Hardinge. &#x2012; M'Donald nach Thurles. &#x2012; Gerüchte über die Insurgentenchefs. &#x2012;                     Erfolg eines Verhörs).</p>
        <p><hi rendition="#g">Westindien.</hi> (Mißvergnügen im Westen Jamaika's. &#x2012;                     Negeraufstand unterdrückt auf der dänischen Insel St. Croix. &#x2012; Wirkungen des                     Emanzipationsdekrets der provisorischen Regierung auf Cuba und Porto-Rico).</p>
        <p><hi rendition="#g">Venezuela.</hi> (Fortdauer des Kampfes zwischen Monagaz und                     Paez).</p>
        <p><hi rendition="#g">Capstadt.</hi> (Aufblüh'n der Kolonie. &#x2012; Einführung des                     Pennyporto's. &#x2012; Abschaffung des Zeitungsstempels).</p>
        <p><hi rendition="#g">Aegypten.</hi> Alexandrien. (Cholera in Cairo).</p>
      </div>
      <div n="1">
        <head>[Französische Republik]</head>
        <div xml:id="ar069b_001" type="jArticle">
          <p>
            <ref type="link">[Fortsetzung]</ref>
          </p>
          <p>&#x2012; Auf der Insel Louviers (einer kleinen Insel in der Seine beim Arsenal,                         hinter der Insel St. Louis) wird ein Militärlager von 4000 Mann                         errichtet.</p>
          <p>&#x2012; Das große Lager von St. Maur wird abgebrochen und die Regimenter, die                         dasselbe bilteden, marschiren in Eilmärschen an die Alpen zurück.</p>
          <p>&#x2012; Hr. Goudchaux arbeitet, durch seine gestrige Niederlage gezwungen, an einem                         neuen Progressivsteuer-Projekte.</p>
          <p>&#x2012; 900 Kilogramm russisches Geld ist in den Junitagen nach Paris geschickt                         worden. In der Anklageakte findet sich keine Erwähnung von diesem Gelde.                         Herr Sarrut hat sich deßhalb schriftlich an Herrn Odilon-Barrot gewendet, um                         Auskunft zu erhalten.</p>
          <p>&#x2012; Das Journal des Debats enthält einen Brief vom Vicarius Le Roux aus dem                         Faubourg St. Antoine über das Elend der Arbeiterinnen in Paris:</p>
          <p>Mehr als 4000 Frauen kommen tagtäglich zu mir, und bitten um Arbeit, und ich                         muß sie täglich mit der Hoffnung entlassen, daß die Arbeit bald wieder                         aufkommen werde. Ein großer Theil dieser Arbeiterinnen ertragen die                         härtesten Entbehrungen durch diese alleinige Hoffnung, die ich täglich neu                         anregen muß. Aber was vermag ein armer Priester, wie ich, wenn eine                         Regierung wie die Frankreichs, durch das Organ ihrer Minister offen ihre                         Ohnmacht bekennt? Mit jedem Tage wird das Elend drückender und hat bereits                         in unserm Faubourg eine schreckliche Höhe erreicht. Das Geschrei des                         Aufruhrs ist verstummt. Arbeit, Arbeit, ist der einzige Ruf, der von allen                         Seiten ertönt. Ich beschwöre alle Republikaner, ob von heute, ob von                         gestern, einem Elende zu Hülfe zu kommen, das nicht länger mehr warten kann.                         O, die Gelder, welche einkommen, sollen gewiß nicht zerspittert und                         verschleudert werden, wie die 3 Millionen, die zur Vertheilung unter die                         Hausarmen bestimmt waren.</p>
          <p>Das Gegenstück zu diesem Briefe bildet die Beschreibung des prächtigen Salons                         des Herrn Präsidenten Marrast. Alles was Kunst und Luxus zu geben vermag                         findet sich hier vereinigt. Unmittelbar nach seiner Ernennung hat Herr                         Marrast, der selbst Kunstkenner ist und vortrefflich die Guitarre spielt,                         die ersten Künstler zusammenberufen, um seine Präsidentenwohnung auf die                         eleganteste Weise auszuschmücken.</p>
          <p>&#x2012; Die &#x201E;Réforme&#x201C; sagt über den Gesetzentwurf über die Organisation der                         Jury:</p>
          <p>Was uns vor allem in diesem Dekret in die Augen fällt, ist, daß man das                         allgemeine Wahlrecht im Prinzip anerkennt und hinterher jämmerlich                         erdrosselt unter einer Reihe von Ausnahmen, die mit der Geschicklichkeit                         eines Persil kombinirt sind. Z. B. Alle Franzosen v. 30 J., welche die                         politischen und bürgerlichen Rechte genießen, müssen auf die allgemeinen                         Geschwornenlisten eingetragen werden. Aber ausgeschlossen sind alle                         Franzosen, die weder schreiben noch lesen können, d. h. wenigstens 8                         Millionen Wähler auf 12. Gleichmäßig sind es die Dienstboten und Lohndiener,                         ferner alle, selbst zu korrektionellen Strafen Verurtheilten, eingeschlossen                         die politischen Verbrecher und Journalisten. Letztere werden das                         Brandmarkungszeichen tragen, das San benito, wie die Spitzbuben, und wenn                         sie jemals 6 Monate Gefängniß gewonnen haben in irgend einem guten Prozeß                         gegen die Männer oder die Werke der Regierung, werden sie für unwürdig                         erklärt sein, im Prätorium anderswo zu sitzen als auf der Barre. Heilige                         Republik, du wirst von einer charmanten Courtoisie für die Intelligenzen,                         die dich zum Tageslicht beförderten. Die politischen Verurtheilten und die                         mit 6 Monat Gefängniß geschlagenen Schriftsteller den Wucherern, den Escrocs                         u. s. w. assimiliren, das heißt: die Rächer der öffentlichen Meinung, die                         Soldaten des öffentlichen Geistes degradiren, und öffnete man unsere                         Gerichtstabellen seit 50 Jahren, so dürfte die Elite der Intelligenz, die                         Chateaubriand, Lammenais, Beranger, Carrel nicht mehr Platz nehmen neben                         Notären, Börsenspekulanten und Anwälten auf der Geschwornenbank, nicht                         einmal der Präsident der jetzigen Nationalversammlung &#x2012; Herr Marrast.</p>
          <p>&#x2012; [#] Dem &#x201E;J. des Debats&#x201C; zufolge ist der mit einer besondern Mission aus                         Turin angelangte Ricci keineswegs beauftragt, eine direkte und unmittelbare                         Intervention der Republik nachzusuchen. Seine Unterredungen mit Cavaignac                         und dem Minister des Auswärtigen sollen, wie Gerüchte besagen, zum Resultat                         haben, daß die Alpenarmee sofort verstärkt und hart an der Gränze                         konzentrirt wird. Zugleich soll der Oberbefehl für den Fall des                         Einschreitens dem General Lamoricière bestimmt sein.</p>
          <p>&#x2012; [#] Nach den neuesten Berichten aus Neapel soll Ferdinand, wie das &#x201E;Bien                         public&#x201C; wissen will, seinen Invasionsplänen gegen Sizilien, seitdem                         letzteres in seiner Unabhängigkeit von England und Frankreich förmlich                         anerkannt worden, nothgedrungen entsagt haben.</p>
          <p>&#x2012; <hi rendition="#g">Nationul-Versammlung.</hi> Sitzung vom 5. Aug. Der                         Ausschuß für Algerien beschäftigte sich diesen Morgen mit Prüfung eines                         Gesetz-Entwurfs, den ihm die &#x201E;Société d'Economie Charitable&#x201C; vorgelegt hat                         und der darin besteht 20,000 Arbeiter freiwillig für Algerien anzuwerben und                         1000 Familien daselbst niederzulassen, um die Kolonisirung jenes Landes                         endlich mit Nachdruck zu betreiben. Der Ausschuß beschloß, mehrere seiner                         Glieder und sonstige Sachverständige nach Algerien überzuschiffen, um an Ort                         und Stelle die ihm vorliegenden zahlreichen Kolonisationspläne zu prüfen und                         ihm darüber zu berichten. Um 11/4 Uhr eröffnete demnächst Vizepräsident                         Lacrosse die öffentliche Sitzung. Die Deputirten Fallacieux und Proudhon                         verlangen Urlaub, der ihnen unter humoristischem Gelächter bewilligt wird An                         der Tagesordnung liegt ein Stoß von Petitionen. Wir erwähnen darunter                         folgende:</p>
          <p>1) Mehrere Bürger von Paris verlangen die Abschaffung des Gesetzes, das die                         Familie Napoleons verbannt. Wird an die diesfällige Kommission gewiesen.</p>
          <p>2) Viele Träger spanischer Schuldscheine verlangen die Intervention der                         Nationalversammlung, um die spanische Regierung endlich zur Zahlung ihrer                         Verbindlichkeiten zu zwingen. Duclerc unterstützt diesen Antrag, der an die                         Minister des Aeußern und der Finanzen gewiesen wird</p>
          <p>3) Pariser Fabrikanten reklamiren gegen die Konkurrenz der Arbeit der                         Soldaten. Wird dem Kriegsminister zur Berücksichtigung überwiesen.</p>
          <p>4) Eishändler verlangen eine Herabsetzung des Eingangszolles auf Gefrornes.                         Geht an den Finanzminister.</p>
          <p>5) Seidenzüchter aus dem Garddepartement verlangen Abschaffung des                         Ausfuhrzolls auf rohe einheimische Seide, in Erwägung des auffallend niedrig                         gefallenen Seidepreises. Wird dem Finanzminister empfohlen.</p>
          <p>6) Dalgue, Fabrikant in Beyruth trägt auf freie Ausfuhr von Rohstoffen an,                         die einer ersten Bearbeitung unterworfen werden. An die Industriekommission                         befördert.</p>
          <p>Nach Erledigung dieser Petition theilt der Präsident das Resultat der in den                         Nebensälen kurz vor der Sitzung vorgenommenen Erneuerungswahlen der sechs                         Vizepräsidenten mit. Bixio erhielt 577, Lafayette 567, Corbon 512, Beaumont                         (Somme) 496, Cormenin 368 und Lacrosse 351 Stimmen. Alle sechs werden zu                         Vizepräsidenten proklamirt und resp. bestätigt. Guinard und Leon v.                         Maleville erhielten die nächste Mehrzahl der Stimmen.</p>
          <p>Lamennais: Ich verlange das Wort. Er erhält dasselbe und stellt den                         Justizminister Marie zur Rede, rücksichtlich des bekannten Artikels in der                         letzten Nummer des Peuple Constituant. Er sei, nicht sein Gerant,                         gerichtlich zu verfolgen &#x2012; habe er an den Minister geschrieben und nicht                         einmal Antwort von ihm erhalten.</p>
          <p>Marie, Justizminister, behauptet, das Gesetz verfolge den Geranten eines                         Blattes, nicht die Verfasser einzelner Artikel. Der Prozeß sei also in der                         Ordnung.</p>
          <p>Germain Sarrut hält dem Minister die Worte des Hrn. Decazes vor die Augen,                         welche der Pairskammer erklärten, daß der Gerant eines Journals, in                         Redaktions-Angelegenheiten ohnedieß schon eine Null, aber dann völlig zur                         Fiktion herabsinken, wenn sich der Verfasser eines Artikels nenne. In diesem                         Fall könne der Gerant höchstens als moralischer Mitschuldige belangt                         werden.</p>
          <p>Flocon sprach in ähnlichem Sinne. Nützte aber Alles nichts. Die Rechte schrie                         nach Tagesordnung und Hr. v. Lamennais fiel abermals durch.</p>
          <p>Senard, Minister des Innern, legt Gesetzentwürfe rücksichtlich eines                         Anleihens der Stadt Paris bei der Bank und wegen der Mobilgarde zu Pferde                         vor.</p>
          <p>Verninac, Marineminister, verlangt ebenfalls Kredite.</p>
          <p>Ledru Rollin verlangt das Wort über die Tagesordnung (Aufsehen). Er trägt                         darauf an, die Diskussion des berüchtigten Bauchartschen Berichts schon auf                         Dienstag festzustellen.</p>
          <p>Odilon Barrot widersetzt sich, weil der Druck der Aktenstücke, von denen der                         Bericht nur matte Auszüge gegeben habe, bis dahin schwerlich fertig sein                         könne.</p>
          <p>Caussidiere dringt ebenfalls auf Eile. Ich schritt, sagte er, diesen Morgen                         durch die Honoréstraße und mußte hören, wie mehrere Bürger einander                         zuriefen: &#x201E;Schaut! Das ist Caussidiere &#x2012; der Räuber!&#x201C; Sie begreifen, daß                         solch' eine Lage unerträglich wird.</p>
          <p>Odilon Barrot und Bauchart versprechen auf ihre Ehre, den Druck möglichst zu                         beschleunigen.</p>
          <p>Die Versammlung nimmt nach fürchterlichem Tumult ihre Tagesordnung wieder                         auf. (4 Uhr).</p>
          <p>&#x2012; Sitzung vom 5. Aug. (Nach 4 Uhr). An der Tagesordnung befand sich die                         Fortsetzung der Jury-Debatte. Sie wurde auf Montag verschoben und die                         Versammlung fuhr in der Erledigung neuer Petitionsstöße fort. Ein Antrag von                         Pariser Fabrikanten auf Erlassung dee Thorsteuer auf Steinkohle zur                         Ermuthigung der Privatindustrie sowie eine Petition der Minenarbeiter der                         Seine- und Oise-Departements riefen einige Diskussion hervor. Beide wurden                         an die betreffenden Ministerien zur Berücksichtigung überwiesen.</p>
          <p>Eine besondere Erwähnung verdient noch der Bericht Babaud Laribieres, eines                         Stockkonservativen, rücksichtlich der Gründung einer Regierungszeitung oder                         &#x201E;Journal Quotidien Politique Litteraire et Agricole&#x201C;. Abonnementspreis für                         Paris 20 Frs. und in den Departements 28 Frkn. Der Berichterstatter trägt                         darauf an, dieses Journal allen Gemeinden zuzuschicken und es öffentlich                         vorlesen zu lassen. (Allgemeines Gelächter).</p>
          <p>Für nächsten Montag ist das neue Zeitungsgesetz angesagt.</p>
          <p>Um 1/4 vor 6 Uhr wurde die Sitzung geschlossen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Spanien.</head>
        <div xml:id="ar069b_002" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Madrid, 31. Juli.</head>
          <p>Die Gaceta bringt heute das Dekret, das Pidal zum Minister des Auswärtigen an                         die Stelle Sotomayors ernennt, welchen es zum Gesandten in Paris kreirt.</p>
          <p>&#x2012; Gonzalez Bravo ist arretirt. Man will einer doppelten Verschwörung, einer                         montemolinistischen und einer republikanischen auf der Spur sein. Die                         spanischen Fonds fahren fort zu fallen. Die Regierung soll bezwecken, alle                         Schuldtitel ohne Ausnahme in einem einzigen Fonds zusammenzuwerfen, der nur                         2 pCt. trägt.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar069b_003" type="jArticle">
          <head>Von der Catalonischen Grenze, 29. Juli.</head>
          <p>Man gibt für gewiß die Nachricht, daß Cabrera an der Spitze von 8 bis 900                         auserlesener Catalonier den 22. Juli über den Ebro gegangen ist; es geschah                         dieser Uebergang bei Mequinenza, einer kleinen Stadt von 1500 Seelen,                         zwischen Fraga, Caspe und Tortosa. So hätte jetzt wieder die Sache einen                         ernsten Charakter angenommen. Cabrera befindet sich wieder auf dem                         Schauplatz seiner alten Kriegsthaten. Seine Anhänger setzen große Hoffnung                         auf diesen Plan; aber es steht sehr in Frage ob er gelingen wird. Man                         versichert, daß Aragonien, selbst da wo die Montemolinisten die meisten                         Anhänger haben, das Bedürfniß nach Ruhe fühlt, wie es überhaupt in ganz                         Spanien allgemein gefühlt wird; ein Bedürfniß, das selbst die politischen                         Leidenschaften beherrscht. Dieser Chef wird daher höchstens nur in                         Maeztrazga eine bedeutende Truppenmacht zusammenziehen können, und er wird                         wahrscheinlich suchen bis dahin sobald als möglich vorzudringen.</p>
          <p>Man erfährt andererseits, daß höhere Offiziere zu der exaltirten                         Progressiisten gehörend, und die bis jetzt noch nicht wagen, die                         republikanische Fahne aufzupflanzen, thätig damit beschäftigt sind,                         Guerillas zu bilden, diese Guerillas bestehen meistens aus Männern, die 1843                         in Aragonien unter dem Namen Centralisten bezeichnet wurden; sie sollen den                         Regierungstruppen den Krieg machen, während die Montemolinisten ihren                         Angriff auf einen andern Punkt richten sollen. Im Falle eines                         Zusammenstoßens einer Guerillabande mit einer Bande von Montemolinisten                         solle von beiden Seiten ein Austausch freundlicher Begrüßung stattfinden:                         nur auf den gemeinsamen Feind wolle man feuern.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Großbritannien.</head>
        <div xml:id="ar069b_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 5. August.</head>
          <p>Hr. d'Israeli erkundigte sich in der gestrigen Unterhaussitzung bei dem                         Minister der auswärtigen Angelegenheiten, in Betreff eines neuen Aktes der                         Aggression von Seiten jener Macht, die man, wie er glaube, aus Höflichkeit                         das deutsche Reich nenne. Die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt habe                         nämlich vor Kurzem erklärt, daß sie die wegen Limburg und Luxemburg im Jahre                         1839 geschlossenen Verträge nicht sanktioniren könne. Großbritannien habe                         jene Verträge seiner Zeit mitunterschrieben. Die Nationalversammlung mache                         aber nichtsdestoweniger Miene, mit dem Herzogthum Limburg gerade so zu                         verfahren, wie mit Schleswig und Holstein. Der Friede Europa's sei daher                         aufs Neue durch dieses verderbliche Eroberungssystem des deutschen Reiches                         gestört und er erkundige sich daher, ob von englischer Seite nicht Schritte                         gethan werden würden, um geschlossene Verträge aufrecht zu erhalten.</p>
          <p>Lord Palmerston erwiederte darauf, daß das Gouvernement bereits einige                         Mittheilungen in Betreff dieser Angelegenheit erhalten habe, daß man über                         die Sache indeß noch nicht aburtheilen könne, ehe nicht einige an das                         holländische Gouvernement gerichteten Anfragen beantwortet worden seien.                         Dies sei noch nicht geschehen und es bleibe daher unbestimmt, in wie weit                         sich England in diese Differenz einzumischen habe.</p>
          <p>Eine ähnliche Interpellation richtete Hr. Christy wegen Schleswig-Holstein an                         Lord Palmerston, welcher sich aufs Neue dahin aussprach, daß er die                         Feindseligkeiten bald beendigt hoffe und den Verzug im Abschluß eines                         Friedensvertrages mehr einigen Formfehlern als wirklichen Differenzen                         zuschreibe.</p>
          <p>Die übrigen äußerst mannichfachen Verhandlungen des Unterhauses waren ohne                         Interesse.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar069b_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 5. August.</head>
          <p>Bei den letzten Parlamentswahlen hatte sich der Attorney-General, Sir John                         Hervis, nicht gescheut, in Horsham die unverschämteste Bestechung auszuüben.                         Sein Zweck war, die Wahl seines Sohnes durchzusetzen. Der Sohn wurde auch in                         der That gewählt. Doch bald wurde der Antrag gestellt, die Wahl für ungültig                         zu erklären. Die vom Unterhaus niedergesetzte Kommission hatte eine lange                         und schwierige Untersuchung anzustellen. Es zeigte sich schließlich, aus den                         unwiderleglichsten Zeugenaussagen und Beweisstücken, daß der Hr.                         General-Prokurator nahe an 20,000 Thlr. preuß. Courant auf Bechungen der                         Wähler verausgabt. Der Fall sollte heute vor die Assisen kommen. Aber schon                         den Abend zuvor wurde der Jury mitgetheilt, daß ihre Dienste nicht nöthig                         sein würden; &#x201E;der Gegenstand sei fallen gelassen.&#x201C; Mit andern Worten der                         Herr General-Prokurator hat den Ankläger ebenfalls bestochen und so ist er                         wieder der honnette, gewichtvolle, brave Mann, der beim nächsten Falle,                         namentlich wenn es sich um die Verurtheilung von Chartisten handeln sollte,                         gar nicht genug von Loyalität und unerschütterlicher Treue der                         Regierungsbeamten wie von der Verdorbenheit und Gottlosigkeit der Arbeiter                         zu erzahlen wissen würde.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar069b_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Dublin, 4. August.</head>
          <p>Abends. Gestern arretirte die Polizei 20 in die Affaire von Ballingarry                         verwickelte Personen. Sie kamen heute früh hier an und sind einstweilen in                         einer Kaserne untergebracht. Morgen geht Lord Hardinge (der engliche                         Cavaignac, der aber zu seinem Unglück in den Irländern keine Pariser                         Juni-Kämpfer vor sich hat und daher nur sehr schlechte Lorbeeren pflücken                         wird) nach Ballingarry ab. Hier, in Dublin, wurden gestern wiederum 4                         Personen in Verhaft genommen; ebenso 2 Mitarbeiter des &#x201E;Felon&#x201C; in Loughrea.                         General M'Donald ist mit seinen Truppen von Ballingarry in der Richtung von                         Thurles aufgebrochen.</p>
          <p>Nach einem andern Bericht sind S. O'Brien, Doheny und Meagher in den                         Kepper-Bergen, wohin eine starke Polizeimacht abgegangen &#x2012; man sagt,                         insgesammt 1,100 Mann. Sie haben den Auftrag, gleichsam einen Cordon zu                         ziehen, und diesen immer mehr zu verengern, um die Insurgentenchefs ohne                         weiteres zu fangen. Der Hauptzugang zu den Bergen ist übrigens eine tiefe,                         düstere Schlucht, mit steilen Anhöhen und überragenden Felsstücken zur                         Seite. &#x2012; Die &#x201E;Kepper- oder Keeper-Berge sind 4 Meilen von Nenagh entfernt.                         Die Anglesey-Eisenbahn geht am Fuße derselben durch. Wie schwer es den Herrn                         von der Civil- und Militärpolizei wird, über die gefürchteten                         Insurgentenchefs Nachricht zu erhalten, geht aus folgendem Falle hervor:</p>
          <p>M'Donald hatte erfahren, daß S. O'Brien des Sonnabends zu Nacht im Hause                         eines gewissen Costigan, Unterförster eines reichen Gutsbesitzers,                         geschlafen. Costigan wird gleich den nächsten Tag vor den General gefordert                         und durch einen Kapitän verhört. Er weiß durchaus nichts von O'Brien aus                         eigener Kenntniß, erzählt dagegen die tausenderlei über ihn umlaufenden                         Gerüchte und setzt hinzu, daß er keins für wahr halte. Wegen der Personen,                         welche ihm das Gerücht mitgetheilt, gedrängt erwiedert er, sich ihrer Namen                         nicht zu erinnern. Mit Absicht verwickelt er sich in eine solche Masse                         unauflösbarer Widersprüche, daß, wenn er auch endlich den Namen eines                         Freundes nennen muß, dieser nicht kompromittirt ist. Mehrere andere von den                         beim General anwesenden Gentlemen suchen durch Kreuz- und Queerfragen, der                         General durch Einschüchterung, etwas herauszubringen; Costigan läßt sich in                         keiner Art verblüffen und zieht innerlich vergnügt über seine                         Verstandesschärfe und richtige Taktik nach Hause. In Clonmel wurde gestern                         ein Mann wegen angeblicher Beherbergung Doheny's verhaftet; die Strafe ist                         der Tod.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Westindien</head>
        <div xml:id="ar069b_007" type="jArticle">
          <head>
            <bibl>
              <author>*</author>
            </bibl>
          </head>
          <p>In Kingston liefen unangenehme Gerüchte über den Zustand Jamaicas auf der                         Westseite um. Wie es hieß, hatte sich unter der arbeitenden Bevölkerung                         offene Unzufriedenheit an den Tag gelegt. Die Polizeimacht ist in den                         unruhigen Distrikten schnell vermehrt worden. Auf der Insel St. Croix ist                         eine Revolution ausgebrochen. Am 2. Juli forderte ein Haufe Sklaven vom                         Gouverneur sofortige Emanzipation; geschähe das nicht, so wollten sie Alles                         mit Feuer und Schwert verwüsten. Der Gouver-
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0349/0001] Beilage zu Nr. 69 der Neuen Rh. Zeitg. Dienstag 8. August 1848. Uebersicht. Deutschland. Frankfurt (Die Repräsentationsgelder des „edlen“ Gagern. ‒ Ein Antrag Schlöffels). Berlin. (Antrag auf Errichtung von Privatbanken. ‒ Entführungsversuch der Konstabler gegen Rodbertus und v. Berg. ‒ Vorbereitungen zur Feier des 6. August. ‒ Die Buch- und Kattundrucker. ‒ Maueranschläge. ‒ Der 6. August. ‒ Ein Schreiben Schreckensteins). Magdeburg. (Aus der Citadelle. ‒ Die deutschen „satisfaits“). Aus der Provinz Sachsen. (Contrerevolutionäre Wirthschaft). Hannover. (Wie man in Hannover und Braunschweig dem Reichsverweser huldigt). Kassel. (Hessische Zustände). Marburg. (Die Volkssouverainetät in Kurhessen. ‒ Petition an das Ministerium des Innern). Prag (Dr. Brauner. ‒ Graf Buquoi). Wien. (Schwarzgelbe Todtenfeier. ‒ Die Camarilla in Oberöstreich. ‒ Paragraph 34 der Geschäftsordnung. ‒ Eine Erklärung Schwarzers. ‒ Sitzung des konst. Reichstags vom 1. Aug. ‒ Sitzung des konst. Reichstags vom 2. Aug. ‒ Jellachich und Batthiany abgereist). Von der Eider. (Eine russische geheime Note). Holland. (Truppensendung nach Limburg). Schweiz. Chur. (Nachrichten aus der Lombardei. ‒ Die Linie des Oglio durchbrochen; die Linie der Adda durchbrochen). Rußland. Petersburg. (Ein kais. Ukas). Ungarn. Szaska. (Das Banat bald in den Händen der Insurgenten). N. Becskerek. (Die Csaikisten im Sumpf. ‒ Der Bischof von Temesvar). Weißkirchen. (Lager der Gränzer bei Neudorf. ‒ Rajachich: seine Plünderung der Petrovatzer Kirche). Temesvar. (Uzdin in Brand gesteckt). Italien. Mailand. (Befestigung ‒ Peschiera gut vertheidigt. ‒ Dekret der prov. Regierung. ‒ Fanti und Griffini. ‒ Dekret des Vertheidigungsausschusses. ‒ „L'Italia del Popolo“. ‒ Karl Alberts Hauptquartier in Lodi). Cremona. (Die Privatkorrespondenz der Times über die Kriegsvorfälle). Genua. (Zu den Waffen! Predigen des Freiheitskreuzzuges. ‒ Petition nach Turin). Turin. (Der Gesetzentwurf wegen unumschränkter Vollmacht des Königs. ‒ „La Concordia“ über die den Völkern drohenden Gefahren. Donaufürstenthümer. Bucharest. (Die Pforte in ihrem Verhalten zur Wallachei und Rußland. ‒ Angeblich neueste Nachrichten. Franz. Republik Paris. (Der Turiner Gesandten Erfolg. ‒ Ferdinand von Neapel entsagt den Invasionsplänen gegen Sizilien. ‒ „La Reforme“ über den Gesetzentwurf über die Jury. ‒ Russisches Gold. ‒ Brief von L. Roux. ‒ Vermischtes). Spanien. Madrid. (Pidal Minister des Auswärtigen, Gonzalez Bravo arretirt. ‒ Ein Finanzplan der Regierung). Von der catalonischen Gränze. (Montemolinisten und Republikaner. Großbrittannien. London. (Generalprokurator Hervis der Wahlbestechung überführt. ‒ Parlamentsdebatten). Dublin. (Verhaftungen. ‒ Lord Hardinge. ‒ M'Donald nach Thurles. ‒ Gerüchte über die Insurgentenchefs. ‒ Erfolg eines Verhörs). Westindien. (Mißvergnügen im Westen Jamaika's. ‒ Negeraufstand unterdrückt auf der dänischen Insel St. Croix. ‒ Wirkungen des Emanzipationsdekrets der provisorischen Regierung auf Cuba und Porto-Rico). Venezuela. (Fortdauer des Kampfes zwischen Monagaz und Paez). Capstadt. (Aufblüh'n der Kolonie. ‒ Einführung des Pennyporto's. ‒ Abschaffung des Zeitungsstempels). Aegypten. Alexandrien. (Cholera in Cairo). [Französische Republik] [Fortsetzung] ‒ Auf der Insel Louviers (einer kleinen Insel in der Seine beim Arsenal, hinter der Insel St. Louis) wird ein Militärlager von 4000 Mann errichtet. ‒ Das große Lager von St. Maur wird abgebrochen und die Regimenter, die dasselbe bilteden, marschiren in Eilmärschen an die Alpen zurück. ‒ Hr. Goudchaux arbeitet, durch seine gestrige Niederlage gezwungen, an einem neuen Progressivsteuer-Projekte. ‒ 900 Kilogramm russisches Geld ist in den Junitagen nach Paris geschickt worden. In der Anklageakte findet sich keine Erwähnung von diesem Gelde. Herr Sarrut hat sich deßhalb schriftlich an Herrn Odilon-Barrot gewendet, um Auskunft zu erhalten. ‒ Das Journal des Debats enthält einen Brief vom Vicarius Le Roux aus dem Faubourg St. Antoine über das Elend der Arbeiterinnen in Paris: Mehr als 4000 Frauen kommen tagtäglich zu mir, und bitten um Arbeit, und ich muß sie täglich mit der Hoffnung entlassen, daß die Arbeit bald wieder aufkommen werde. Ein großer Theil dieser Arbeiterinnen ertragen die härtesten Entbehrungen durch diese alleinige Hoffnung, die ich täglich neu anregen muß. Aber was vermag ein armer Priester, wie ich, wenn eine Regierung wie die Frankreichs, durch das Organ ihrer Minister offen ihre Ohnmacht bekennt? Mit jedem Tage wird das Elend drückender und hat bereits in unserm Faubourg eine schreckliche Höhe erreicht. Das Geschrei des Aufruhrs ist verstummt. Arbeit, Arbeit, ist der einzige Ruf, der von allen Seiten ertönt. Ich beschwöre alle Republikaner, ob von heute, ob von gestern, einem Elende zu Hülfe zu kommen, das nicht länger mehr warten kann. O, die Gelder, welche einkommen, sollen gewiß nicht zerspittert und verschleudert werden, wie die 3 Millionen, die zur Vertheilung unter die Hausarmen bestimmt waren. Das Gegenstück zu diesem Briefe bildet die Beschreibung des prächtigen Salons des Herrn Präsidenten Marrast. Alles was Kunst und Luxus zu geben vermag findet sich hier vereinigt. Unmittelbar nach seiner Ernennung hat Herr Marrast, der selbst Kunstkenner ist und vortrefflich die Guitarre spielt, die ersten Künstler zusammenberufen, um seine Präsidentenwohnung auf die eleganteste Weise auszuschmücken. ‒ Die „Réforme“ sagt über den Gesetzentwurf über die Organisation der Jury: Was uns vor allem in diesem Dekret in die Augen fällt, ist, daß man das allgemeine Wahlrecht im Prinzip anerkennt und hinterher jämmerlich erdrosselt unter einer Reihe von Ausnahmen, die mit der Geschicklichkeit eines Persil kombinirt sind. Z. B. Alle Franzosen v. 30 J., welche die politischen und bürgerlichen Rechte genießen, müssen auf die allgemeinen Geschwornenlisten eingetragen werden. Aber ausgeschlossen sind alle Franzosen, die weder schreiben noch lesen können, d. h. wenigstens 8 Millionen Wähler auf 12. Gleichmäßig sind es die Dienstboten und Lohndiener, ferner alle, selbst zu korrektionellen Strafen Verurtheilten, eingeschlossen die politischen Verbrecher und Journalisten. Letztere werden das Brandmarkungszeichen tragen, das San benito, wie die Spitzbuben, und wenn sie jemals 6 Monate Gefängniß gewonnen haben in irgend einem guten Prozeß gegen die Männer oder die Werke der Regierung, werden sie für unwürdig erklärt sein, im Prätorium anderswo zu sitzen als auf der Barre. Heilige Republik, du wirst von einer charmanten Courtoisie für die Intelligenzen, die dich zum Tageslicht beförderten. Die politischen Verurtheilten und die mit 6 Monat Gefängniß geschlagenen Schriftsteller den Wucherern, den Escrocs u. s. w. assimiliren, das heißt: die Rächer der öffentlichen Meinung, die Soldaten des öffentlichen Geistes degradiren, und öffnete man unsere Gerichtstabellen seit 50 Jahren, so dürfte die Elite der Intelligenz, die Chateaubriand, Lammenais, Beranger, Carrel nicht mehr Platz nehmen neben Notären, Börsenspekulanten und Anwälten auf der Geschwornenbank, nicht einmal der Präsident der jetzigen Nationalversammlung ‒ Herr Marrast. ‒ [#] Dem „J. des Debats“ zufolge ist der mit einer besondern Mission aus Turin angelangte Ricci keineswegs beauftragt, eine direkte und unmittelbare Intervention der Republik nachzusuchen. Seine Unterredungen mit Cavaignac und dem Minister des Auswärtigen sollen, wie Gerüchte besagen, zum Resultat haben, daß die Alpenarmee sofort verstärkt und hart an der Gränze konzentrirt wird. Zugleich soll der Oberbefehl für den Fall des Einschreitens dem General Lamoricière bestimmt sein. ‒ [#] Nach den neuesten Berichten aus Neapel soll Ferdinand, wie das „Bien public“ wissen will, seinen Invasionsplänen gegen Sizilien, seitdem letzteres in seiner Unabhängigkeit von England und Frankreich förmlich anerkannt worden, nothgedrungen entsagt haben. ‒ Nationul-Versammlung. Sitzung vom 5. Aug. Der Ausschuß für Algerien beschäftigte sich diesen Morgen mit Prüfung eines Gesetz-Entwurfs, den ihm die „Société d'Economie Charitable“ vorgelegt hat und der darin besteht 20,000 Arbeiter freiwillig für Algerien anzuwerben und 1000 Familien daselbst niederzulassen, um die Kolonisirung jenes Landes endlich mit Nachdruck zu betreiben. Der Ausschuß beschloß, mehrere seiner Glieder und sonstige Sachverständige nach Algerien überzuschiffen, um an Ort und Stelle die ihm vorliegenden zahlreichen Kolonisationspläne zu prüfen und ihm darüber zu berichten. Um 11/4 Uhr eröffnete demnächst Vizepräsident Lacrosse die öffentliche Sitzung. Die Deputirten Fallacieux und Proudhon verlangen Urlaub, der ihnen unter humoristischem Gelächter bewilligt wird An der Tagesordnung liegt ein Stoß von Petitionen. Wir erwähnen darunter folgende: 1) Mehrere Bürger von Paris verlangen die Abschaffung des Gesetzes, das die Familie Napoleons verbannt. Wird an die diesfällige Kommission gewiesen. 2) Viele Träger spanischer Schuldscheine verlangen die Intervention der Nationalversammlung, um die spanische Regierung endlich zur Zahlung ihrer Verbindlichkeiten zu zwingen. Duclerc unterstützt diesen Antrag, der an die Minister des Aeußern und der Finanzen gewiesen wird 3) Pariser Fabrikanten reklamiren gegen die Konkurrenz der Arbeit der Soldaten. Wird dem Kriegsminister zur Berücksichtigung überwiesen. 4) Eishändler verlangen eine Herabsetzung des Eingangszolles auf Gefrornes. Geht an den Finanzminister. 5) Seidenzüchter aus dem Garddepartement verlangen Abschaffung des Ausfuhrzolls auf rohe einheimische Seide, in Erwägung des auffallend niedrig gefallenen Seidepreises. Wird dem Finanzminister empfohlen. 6) Dalgue, Fabrikant in Beyruth trägt auf freie Ausfuhr von Rohstoffen an, die einer ersten Bearbeitung unterworfen werden. An die Industriekommission befördert. Nach Erledigung dieser Petition theilt der Präsident das Resultat der in den Nebensälen kurz vor der Sitzung vorgenommenen Erneuerungswahlen der sechs Vizepräsidenten mit. Bixio erhielt 577, Lafayette 567, Corbon 512, Beaumont (Somme) 496, Cormenin 368 und Lacrosse 351 Stimmen. Alle sechs werden zu Vizepräsidenten proklamirt und resp. bestätigt. Guinard und Leon v. Maleville erhielten die nächste Mehrzahl der Stimmen. Lamennais: Ich verlange das Wort. Er erhält dasselbe und stellt den Justizminister Marie zur Rede, rücksichtlich des bekannten Artikels in der letzten Nummer des Peuple Constituant. Er sei, nicht sein Gerant, gerichtlich zu verfolgen ‒ habe er an den Minister geschrieben und nicht einmal Antwort von ihm erhalten. Marie, Justizminister, behauptet, das Gesetz verfolge den Geranten eines Blattes, nicht die Verfasser einzelner Artikel. Der Prozeß sei also in der Ordnung. Germain Sarrut hält dem Minister die Worte des Hrn. Decazes vor die Augen, welche der Pairskammer erklärten, daß der Gerant eines Journals, in Redaktions-Angelegenheiten ohnedieß schon eine Null, aber dann völlig zur Fiktion herabsinken, wenn sich der Verfasser eines Artikels nenne. In diesem Fall könne der Gerant höchstens als moralischer Mitschuldige belangt werden. Flocon sprach in ähnlichem Sinne. Nützte aber Alles nichts. Die Rechte schrie nach Tagesordnung und Hr. v. Lamennais fiel abermals durch. Senard, Minister des Innern, legt Gesetzentwürfe rücksichtlich eines Anleihens der Stadt Paris bei der Bank und wegen der Mobilgarde zu Pferde vor. Verninac, Marineminister, verlangt ebenfalls Kredite. Ledru Rollin verlangt das Wort über die Tagesordnung (Aufsehen). Er trägt darauf an, die Diskussion des berüchtigten Bauchartschen Berichts schon auf Dienstag festzustellen. Odilon Barrot widersetzt sich, weil der Druck der Aktenstücke, von denen der Bericht nur matte Auszüge gegeben habe, bis dahin schwerlich fertig sein könne. Caussidiere dringt ebenfalls auf Eile. Ich schritt, sagte er, diesen Morgen durch die Honoréstraße und mußte hören, wie mehrere Bürger einander zuriefen: „Schaut! Das ist Caussidiere ‒ der Räuber!“ Sie begreifen, daß solch' eine Lage unerträglich wird. Odilon Barrot und Bauchart versprechen auf ihre Ehre, den Druck möglichst zu beschleunigen. Die Versammlung nimmt nach fürchterlichem Tumult ihre Tagesordnung wieder auf. (4 Uhr). ‒ Sitzung vom 5. Aug. (Nach 4 Uhr). An der Tagesordnung befand sich die Fortsetzung der Jury-Debatte. Sie wurde auf Montag verschoben und die Versammlung fuhr in der Erledigung neuer Petitionsstöße fort. Ein Antrag von Pariser Fabrikanten auf Erlassung dee Thorsteuer auf Steinkohle zur Ermuthigung der Privatindustrie sowie eine Petition der Minenarbeiter der Seine- und Oise-Departements riefen einige Diskussion hervor. Beide wurden an die betreffenden Ministerien zur Berücksichtigung überwiesen. Eine besondere Erwähnung verdient noch der Bericht Babaud Laribieres, eines Stockkonservativen, rücksichtlich der Gründung einer Regierungszeitung oder „Journal Quotidien Politique Litteraire et Agricole“. Abonnementspreis für Paris 20 Frs. und in den Departements 28 Frkn. Der Berichterstatter trägt darauf an, dieses Journal allen Gemeinden zuzuschicken und es öffentlich vorlesen zu lassen. (Allgemeines Gelächter). Für nächsten Montag ist das neue Zeitungsgesetz angesagt. Um 1/4 vor 6 Uhr wurde die Sitzung geschlossen. Spanien. * Madrid, 31. Juli. Die Gaceta bringt heute das Dekret, das Pidal zum Minister des Auswärtigen an die Stelle Sotomayors ernennt, welchen es zum Gesandten in Paris kreirt. ‒ Gonzalez Bravo ist arretirt. Man will einer doppelten Verschwörung, einer montemolinistischen und einer republikanischen auf der Spur sein. Die spanischen Fonds fahren fort zu fallen. Die Regierung soll bezwecken, alle Schuldtitel ohne Ausnahme in einem einzigen Fonds zusammenzuwerfen, der nur 2 pCt. trägt. Von der Catalonischen Grenze, 29. Juli. Man gibt für gewiß die Nachricht, daß Cabrera an der Spitze von 8 bis 900 auserlesener Catalonier den 22. Juli über den Ebro gegangen ist; es geschah dieser Uebergang bei Mequinenza, einer kleinen Stadt von 1500 Seelen, zwischen Fraga, Caspe und Tortosa. So hätte jetzt wieder die Sache einen ernsten Charakter angenommen. Cabrera befindet sich wieder auf dem Schauplatz seiner alten Kriegsthaten. Seine Anhänger setzen große Hoffnung auf diesen Plan; aber es steht sehr in Frage ob er gelingen wird. Man versichert, daß Aragonien, selbst da wo die Montemolinisten die meisten Anhänger haben, das Bedürfniß nach Ruhe fühlt, wie es überhaupt in ganz Spanien allgemein gefühlt wird; ein Bedürfniß, das selbst die politischen Leidenschaften beherrscht. Dieser Chef wird daher höchstens nur in Maeztrazga eine bedeutende Truppenmacht zusammenziehen können, und er wird wahrscheinlich suchen bis dahin sobald als möglich vorzudringen. Man erfährt andererseits, daß höhere Offiziere zu der exaltirten Progressiisten gehörend, und die bis jetzt noch nicht wagen, die republikanische Fahne aufzupflanzen, thätig damit beschäftigt sind, Guerillas zu bilden, diese Guerillas bestehen meistens aus Männern, die 1843 in Aragonien unter dem Namen Centralisten bezeichnet wurden; sie sollen den Regierungstruppen den Krieg machen, während die Montemolinisten ihren Angriff auf einen andern Punkt richten sollen. Im Falle eines Zusammenstoßens einer Guerillabande mit einer Bande von Montemolinisten solle von beiden Seiten ein Austausch freundlicher Begrüßung stattfinden: nur auf den gemeinsamen Feind wolle man feuern. Großbritannien. * London, 5. August. Hr. d'Israeli erkundigte sich in der gestrigen Unterhaussitzung bei dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, in Betreff eines neuen Aktes der Aggression von Seiten jener Macht, die man, wie er glaube, aus Höflichkeit das deutsche Reich nenne. Die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt habe nämlich vor Kurzem erklärt, daß sie die wegen Limburg und Luxemburg im Jahre 1839 geschlossenen Verträge nicht sanktioniren könne. Großbritannien habe jene Verträge seiner Zeit mitunterschrieben. Die Nationalversammlung mache aber nichtsdestoweniger Miene, mit dem Herzogthum Limburg gerade so zu verfahren, wie mit Schleswig und Holstein. Der Friede Europa's sei daher aufs Neue durch dieses verderbliche Eroberungssystem des deutschen Reiches gestört und er erkundige sich daher, ob von englischer Seite nicht Schritte gethan werden würden, um geschlossene Verträge aufrecht zu erhalten. Lord Palmerston erwiederte darauf, daß das Gouvernement bereits einige Mittheilungen in Betreff dieser Angelegenheit erhalten habe, daß man über die Sache indeß noch nicht aburtheilen könne, ehe nicht einige an das holländische Gouvernement gerichteten Anfragen beantwortet worden seien. Dies sei noch nicht geschehen und es bleibe daher unbestimmt, in wie weit sich England in diese Differenz einzumischen habe. Eine ähnliche Interpellation richtete Hr. Christy wegen Schleswig-Holstein an Lord Palmerston, welcher sich aufs Neue dahin aussprach, daß er die Feindseligkeiten bald beendigt hoffe und den Verzug im Abschluß eines Friedensvertrages mehr einigen Formfehlern als wirklichen Differenzen zuschreibe. Die übrigen äußerst mannichfachen Verhandlungen des Unterhauses waren ohne Interesse. * London, 5. August. Bei den letzten Parlamentswahlen hatte sich der Attorney-General, Sir John Hervis, nicht gescheut, in Horsham die unverschämteste Bestechung auszuüben. Sein Zweck war, die Wahl seines Sohnes durchzusetzen. Der Sohn wurde auch in der That gewählt. Doch bald wurde der Antrag gestellt, die Wahl für ungültig zu erklären. Die vom Unterhaus niedergesetzte Kommission hatte eine lange und schwierige Untersuchung anzustellen. Es zeigte sich schließlich, aus den unwiderleglichsten Zeugenaussagen und Beweisstücken, daß der Hr. General-Prokurator nahe an 20,000 Thlr. preuß. Courant auf Bechungen der Wähler verausgabt. Der Fall sollte heute vor die Assisen kommen. Aber schon den Abend zuvor wurde der Jury mitgetheilt, daß ihre Dienste nicht nöthig sein würden; „der Gegenstand sei fallen gelassen.“ Mit andern Worten der Herr General-Prokurator hat den Ankläger ebenfalls bestochen und so ist er wieder der honnette, gewichtvolle, brave Mann, der beim nächsten Falle, namentlich wenn es sich um die Verurtheilung von Chartisten handeln sollte, gar nicht genug von Loyalität und unerschütterlicher Treue der Regierungsbeamten wie von der Verdorbenheit und Gottlosigkeit der Arbeiter zu erzahlen wissen würde. * Dublin, 4. August. Abends. Gestern arretirte die Polizei 20 in die Affaire von Ballingarry verwickelte Personen. Sie kamen heute früh hier an und sind einstweilen in einer Kaserne untergebracht. Morgen geht Lord Hardinge (der engliche Cavaignac, der aber zu seinem Unglück in den Irländern keine Pariser Juni-Kämpfer vor sich hat und daher nur sehr schlechte Lorbeeren pflücken wird) nach Ballingarry ab. Hier, in Dublin, wurden gestern wiederum 4 Personen in Verhaft genommen; ebenso 2 Mitarbeiter des „Felon“ in Loughrea. General M'Donald ist mit seinen Truppen von Ballingarry in der Richtung von Thurles aufgebrochen. Nach einem andern Bericht sind S. O'Brien, Doheny und Meagher in den Kepper-Bergen, wohin eine starke Polizeimacht abgegangen ‒ man sagt, insgesammt 1,100 Mann. Sie haben den Auftrag, gleichsam einen Cordon zu ziehen, und diesen immer mehr zu verengern, um die Insurgentenchefs ohne weiteres zu fangen. Der Hauptzugang zu den Bergen ist übrigens eine tiefe, düstere Schlucht, mit steilen Anhöhen und überragenden Felsstücken zur Seite. ‒ Die „Kepper- oder Keeper-Berge sind 4 Meilen von Nenagh entfernt. Die Anglesey-Eisenbahn geht am Fuße derselben durch. Wie schwer es den Herrn von der Civil- und Militärpolizei wird, über die gefürchteten Insurgentenchefs Nachricht zu erhalten, geht aus folgendem Falle hervor: M'Donald hatte erfahren, daß S. O'Brien des Sonnabends zu Nacht im Hause eines gewissen Costigan, Unterförster eines reichen Gutsbesitzers, geschlafen. Costigan wird gleich den nächsten Tag vor den General gefordert und durch einen Kapitän verhört. Er weiß durchaus nichts von O'Brien aus eigener Kenntniß, erzählt dagegen die tausenderlei über ihn umlaufenden Gerüchte und setzt hinzu, daß er keins für wahr halte. Wegen der Personen, welche ihm das Gerücht mitgetheilt, gedrängt erwiedert er, sich ihrer Namen nicht zu erinnern. Mit Absicht verwickelt er sich in eine solche Masse unauflösbarer Widersprüche, daß, wenn er auch endlich den Namen eines Freundes nennen muß, dieser nicht kompromittirt ist. Mehrere andere von den beim General anwesenden Gentlemen suchen durch Kreuz- und Queerfragen, der General durch Einschüchterung, etwas herauszubringen; Costigan läßt sich in keiner Art verblüffen und zieht innerlich vergnügt über seine Verstandesschärfe und richtige Taktik nach Hause. In Clonmel wurde gestern ein Mann wegen angeblicher Beherbergung Doheny's verhaftet; die Strafe ist der Tod. Westindien * In Kingston liefen unangenehme Gerüchte über den Zustand Jamaicas auf der Westseite um. Wie es hieß, hatte sich unter der arbeitenden Bevölkerung offene Unzufriedenheit an den Tag gelegt. Die Polizeimacht ist in den unruhigen Distrikten schnell vermehrt worden. Auf der Insel St. Croix ist eine Revolution ausgebrochen. Am 2. Juli forderte ein Haufe Sklaven vom Gouverneur sofortige Emanzipation; geschähe das nicht, so wollten sie Alles mit Feuer und Schwert verwüsten. Der Gouver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz069b_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz069b_1848/1
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 69. Köln, 8. August 1848. Beilage, S. 0349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz069b_1848/1>, abgerufen am 19.04.2024.