Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 118. Köln, 17. Oktober 1848. Zweite Beilage.

Bild:
erste Seite
Extra-Beilage zu Nr. 118 der Neuen Rheinischen Zeitung. Dienstag 17. Oktober 1848.
Organ der Demokratie.
Dienstag 17. Oktober 1848.
[Deutschland]
** Köln, 16. Oktober.

10 Uhr Abends. Der "Politische Privattelegraph" aus Wien bringt uns nachfolgenden Bericht, dem wir Auszüge aus andern Briefen hinzufügen. Unser 109 u. 15 Korrespondent haben nicht geschrieben. Sie nehmen zu unmitelbaren Theil am Kampf, um in diesem Augenblicke die gewöhnlichen Berichte abstatten zu können:

Wien, 13. Oktober.

Auf den Antrag des Ministers Kraus wurde die Verzehrungssteuer für Wien aufgehoben. - Die Adresse von Borrosch, höchst fervil abgefaßt und die nach Gouvernements gewählten Deputirten sind bereits an den Kaiser abgegangen. - Von dem ungarischen Reichstag wurden zwei Deputirte an den hiesigen geschickt mit einer Adresse, welche die Vereinigung Ungarns mit Wien so befestigt, daß sie kaum ein Ereigniß wird zu zerstören im Stande sein. In der Adresse ist zugleich die Angabe enthalten, daß mit den Gesandten auch ein Heer aufgebrochen ist zur Vernichtung des Banus und auch, ohne daß es nöthig den herrlichen Wienern zur Hülfe. - In dem Reichstage wurde abermals ein Manifestes, abermals ohne Contrasignatur, in demselben absolutistischen Sinne, wie das letzte abgefaßt, vorgelesen, welches den Zweck bekundet, dem österreichischen Volke die Wiener Bewegung in einem schiefen Lichte darzustellen. Der Eindruck dieses Manifestes auf das Haus war ein höchst ungünstiger; dasselbe ist von Herzogenburg datirt. Der an den Kaiser gesendete Reichsabgeordnete Löhner fand am Hofe eine unfreundliche Aufnahme und konnte zu keiner Audienz beim Kaiser gelangen; es steht ihm jedoch, wie er berichtet, eine beim Erzherzog Franz Karl bevor.

Die Demission der Minister Doblhoff und Bach ist vom Kaiser angenommen.

Der Kaiser wird in Olmütz erwartet, wohin sich der Fürst Windischgrätz begeben hat; auch Truppen aus Galizien und Böhmen sind dahin beordert. - Die von hier feig entronnenen czechischen Deputirten haben in Prag die Wiener Verhältnisse völlig lügenhaft dargestellt und ihr altes Spiel aufs Neue begonnen; sie verläumden den Wiener Reichstag und beabsichtigen nichts weniger als den Kaiser Ferdinand zum Kaiser der Slaven auszurufen. Sie haben dem Windischgrätz zu Ehren vor seiner Abreise die Stadt illuminiren lassen und ihm 12 Geiseln zugesagt, damit er mit der Prager Garnison gegen Wien ziehen könne. - Auf eine gleich schamlose Weise wie die czechischen Deputirten hat der gewesene Abgeordnete Cajetan Meyer die Wiener Bewegung in Brünn entstellt, freilich ganz ohne Erfolg, weil in die nah' gelegene Stadt die Wahrheit schnell zu dringen vermochte.

Viermal wurde gestern das Ober-Kommando der Nationalgarde gewechselt; das Volk will einen Mann von echter Farbe an der Spitze seiner Bewaffnung; in diesem Augenblicke ist der von dem Studentenkomite vorgeschlagene Messenhauser provisorisch Ober-Kommandant; an seiner Seite fungiren der schon erwähnte Generalstab und aus jedem Korps und jedem Bezirk gewählte Vertrauensmänner. Der Legionskommandant Aigner, der sich in den letzten Tagen durch eine unermüdliche Thätigkeit ausgezeichnet, ist der Vertheidigungskommission beigegeben, seine Stelle übernahm provisorisch der Kommandant der Techniker, Bauer. - Der Reichstag hat beschlossen, dem Kaiser den Wunsch auszusprechen, daß er nach Wien einen Völkerkongreß berufe, welcher die Ordnung der Wirren und Zerwürfnisse zu übernehmen habe.

Die akademische Legion hat sich in den letzten Tagen durch Thaten über jede Anklage, über jeden Vorwurf ruhmvoll erhoben und das Studentencomite bietet gewissermaßen die Vermittelung zwischen dem Volke und dem Reichstage. Die Thätigkeit desselben dauert ununterbrochen Tag und Nacht und ist fast ohne Beispiel. Heute Vormittag wurde ihm angezeigt, daß der Landsturm bereits gebildet sei und nur des Aufrufs und des Führers harre. Auch kam die wiederholte Anzeige durch Deputirte aus dem ungarischen Lager, daß die ungarischen Truppen die östreichische Gränze überschritten haben und bereit sind, der Freiheit gegenüber ihre Schuldigkeit zu thun. Das Comite hat wieder seine Deputation in das ungarische Lager geschickt. Der Reichstag hat durch den Gemeinderath die Bewaffnung aller Wehrfähigen befohlen und diesem das jetzt nationale Zeughaus zur Verfügung gestellt. Der Gemeinderath entwickelt eine heilsame Thätigkeit; in allen Bezirken sind Lazarethe mit allen nöthigen Vorkehrungen eingerichtet; die Stadt ist auf das Vollkommenste in Vertheidigungsstand gesetzt und verproviantirt. Auf dem Stephansthurm ist vom Studentencomite aus eine eigene Wache bestellt, die alle Viertelstunden Tag und Nacht über den Stand der feindlichen Truppen zu berichten hat.

Auersperg hat seine Truppen, unter welchen Zwiespalt ausgebrochen war, dem Jellachich zugeführt. Die wiener Bevölkerung ist der Art zum Kampfe entschlossen, daß sie nur durch den strengen Befehl des Reichstags von einem Angriff auf die Croaten zurückzuhalten ist. - Viele Feiglinge, die nur im Ueberfluß zu schwelgen als ihre Pflicht erkennen, haben die Stadt, ihre Brüder verlassen; sie sind geächtet. In der Stadt herrscht die vollkommenste Ordnung und Gesetzlichkeit; das Volk beweis't auf's Unwiderleglichste, daß es frei zu sein verdient.

* Wien, 13. October.

Wir tragen hiermit die wichtigsten Thatsachen vom 12. October nach. Ein aus Lemberg angekommener Courier brachte die Botschaft, daß die Nationalgarde Lembergs bereit stehe, den Wienern gegen jeden Feind der Freiheit zu Hülfe zu eilen.

Eben verbreitet sich das Gerücht, daß Windisch-Grätz Truppenverstärkungen von Wien verlange, weil die deutschen Gegenden in Böhmen in vollem Aufstande sind.

Auersperg hat sich mit den Truppen Jellachich's vereinigt und sein neues Lager in der Nähe des Dorfes Jägersdorf außer den Wiener Linien aufgeschlagen. In einer Note an den Reichstag erklärt er, ehe er in die Kasernen einrücken könne, müsse das ungesetzlich bewaffnete Proletariat entwaffnet werden. Der Sicherheitsausschuß des Reichstags antwortete dem General, daß von einer Entwaffnung des Proletariats, wenn dieser Ausdruck für das freie Volk Wiens passe, keine Rede sein könne, daß er aber zur Herstellung der Ruhe beitragen könne, wenn er dem Jellachich mit Nachdruck befehle, den österreichischen Boden zu verlassen, wozu ihm als kommandirenden General in Niederöstreich die Befugniß zustehe, um so mehr als Jellachich selbst erkläre, östreichischer General zu sein.

Die Nationalgarde hat die verlassene Stellung der Auersperg'schen Truppen sogleich besetzt und die vorgefundenen Effekten in das Gemeindehaus zur Aufbewahrung überbracht.

Vom Stephansthurme wird gemeldet, daß die ungarischen Vorposten bei Schwedorf im Plänklergefecht mit den Vorposten der Croaten begriffen sind. Die Ungarn sollen unter Anführung des Generals Chanyi stehen.

Um halb 12 Uhr Mittags griffen die Kroaten an der Stilendorfer Linie die Vorposten der Nationalgarden an, um halb 4 Uhr war der Kampf vollständig entbrannt. Die Kroaten schossen mit Kartätschen. Die Nationalgarde eilte mit Kanonen den Garden und der Legion am Stulenthore zu Hülfe. Der Kaiser hatte Windisch-Grätz mit Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt.

Wien zeigt unerhörten Kampfesmuth. Auf den Straßen brennen Wachtfeuer. Kinder und Greise beschäftigen sich mit Kugelgießen und Patronenmachen, mit Munition ist das Volk hinlänglich versehen. Die Bastei ist mit Kanonen vollständig besetzt. Ebenso ist die Stadt mit Lebensmitteln versehen. Die Kroaten ziehen sich sämmtlich aus Ungarn zurück, doch nicht auf Wien zu, sondern seitwärts von da auf das östreichische Gebiet. Die Truppen, die aus Preßburg entfernt sind, scheinen sämmtlich auf Wien dirigirt zu sein. Die Ungarn ziehen den Kroaten unaufhaltbar nach.

Abends nach 6 Uhr wurden auf eine Bewegung der Arbeiter hin am Marxer Thor 2 Kanonenschüsse von den Croaten in die Vorstadt gefeuert. Man schickte ihnen 4 Schüsse dahingegen hinaus, von welchen 2 die Bedienung der feindlichen Stücke so gut trafen, daß ein Theil auf dem Platze blieb, der andere mit dem Geschütze eiligst die Flucht ergriff.

Extra-Beilage zu Nr. 118 der Neuen Rheinischen Zeitung. Dienstag 17. Oktober 1848.
Organ der Demokratie.
Dienstag 17. Oktober 1848.
[Deutschland]
** Köln, 16. Oktober.

10 Uhr Abends. Der „Politische Privattelegraph“ aus Wien bringt uns nachfolgenden Bericht, dem wir Auszüge aus andern Briefen hinzufügen. Unser 109 u. 15 Korrespondent haben nicht geschrieben. Sie nehmen zu unmitelbaren Theil am Kampf, um in diesem Augenblicke die gewöhnlichen Berichte abstatten zu können:

Wien, 13. Oktober.

Auf den Antrag des Ministers Kraus wurde die Verzehrungssteuer für Wien aufgehoben. ‒ Die Adresse von Borrosch, höchst fervil abgefaßt und die nach Gouvernements gewählten Deputirten sind bereits an den Kaiser abgegangen. ‒ Von dem ungarischen Reichstag wurden zwei Deputirte an den hiesigen geschickt mit einer Adresse, welche die Vereinigung Ungarns mit Wien so befestigt, daß sie kaum ein Ereigniß wird zu zerstören im Stande sein. In der Adresse ist zugleich die Angabe enthalten, daß mit den Gesandten auch ein Heer aufgebrochen ist zur Vernichtung des Banus und auch, ohne daß es nöthig den herrlichen Wienern zur Hülfe. ‒ In dem Reichstage wurde abermals ein Manifestes, abermals ohne Contrasignatur, in demselben absolutistischen Sinne, wie das letzte abgefaßt, vorgelesen, welches den Zweck bekundet, dem österreichischen Volke die Wiener Bewegung in einem schiefen Lichte darzustellen. Der Eindruck dieses Manifestes auf das Haus war ein höchst ungünstiger; dasselbe ist von Herzogenburg datirt. Der an den Kaiser gesendete Reichsabgeordnete Löhner fand am Hofe eine unfreundliche Aufnahme und konnte zu keiner Audienz beim Kaiser gelangen; es steht ihm jedoch, wie er berichtet, eine beim Erzherzog Franz Karl bevor.

Die Demission der Minister Doblhoff und Bach ist vom Kaiser angenommen.

Der Kaiser wird in Olmütz erwartet, wohin sich der Fürst Windischgrätz begeben hat; auch Truppen aus Galizien und Böhmen sind dahin beordert. ‒ Die von hier feig entronnenen czechischen Deputirten haben in Prag die Wiener Verhältnisse völlig lügenhaft dargestellt und ihr altes Spiel aufs Neue begonnen; sie verläumden den Wiener Reichstag und beabsichtigen nichts weniger als den Kaiser Ferdinand zum Kaiser der Slaven auszurufen. Sie haben dem Windischgrätz zu Ehren vor seiner Abreise die Stadt illuminiren lassen und ihm 12 Geiseln zugesagt, damit er mit der Prager Garnison gegen Wien ziehen könne. ‒ Auf eine gleich schamlose Weise wie die czechischen Deputirten hat der gewesene Abgeordnete Cajetan Meyer die Wiener Bewegung in Brünn entstellt, freilich ganz ohne Erfolg, weil in die nah' gelegene Stadt die Wahrheit schnell zu dringen vermochte.

Viermal wurde gestern das Ober-Kommando der Nationalgarde gewechselt; das Volk will einen Mann von echter Farbe an der Spitze seiner Bewaffnung; in diesem Augenblicke ist der von dem Studentenkomite vorgeschlagene Messenhauser provisorisch Ober-Kommandant; an seiner Seite fungiren der schon erwähnte Generalstab und aus jedem Korps und jedem Bezirk gewählte Vertrauensmänner. Der Legionskommandant Aigner, der sich in den letzten Tagen durch eine unermüdliche Thätigkeit ausgezeichnet, ist der Vertheidigungskommission beigegeben, seine Stelle übernahm provisorisch der Kommandant der Techniker, Bauer. ‒ Der Reichstag hat beschlossen, dem Kaiser den Wunsch auszusprechen, daß er nach Wien einen Völkerkongreß berufe, welcher die Ordnung der Wirren und Zerwürfnisse zu übernehmen habe.

Die akademische Legion hat sich in den letzten Tagen durch Thaten über jede Anklage, über jeden Vorwurf ruhmvoll erhoben und das Studentencomite bietet gewissermaßen die Vermittelung zwischen dem Volke und dem Reichstage. Die Thätigkeit desselben dauert ununterbrochen Tag und Nacht und ist fast ohne Beispiel. Heute Vormittag wurde ihm angezeigt, daß der Landsturm bereits gebildet sei und nur des Aufrufs und des Führers harre. Auch kam die wiederholte Anzeige durch Deputirte aus dem ungarischen Lager, daß die ungarischen Truppen die östreichische Gränze überschritten haben und bereit sind, der Freiheit gegenüber ihre Schuldigkeit zu thun. Das Comite hat wieder seine Deputation in das ungarische Lager geschickt. Der Reichstag hat durch den Gemeinderath die Bewaffnung aller Wehrfähigen befohlen und diesem das jetzt nationale Zeughaus zur Verfügung gestellt. Der Gemeinderath entwickelt eine heilsame Thätigkeit; in allen Bezirken sind Lazarethe mit allen nöthigen Vorkehrungen eingerichtet; die Stadt ist auf das Vollkommenste in Vertheidigungsstand gesetzt und verproviantirt. Auf dem Stephansthurm ist vom Studentencomite aus eine eigene Wache bestellt, die alle Viertelstunden Tag und Nacht über den Stand der feindlichen Truppen zu berichten hat.

Auersperg hat seine Truppen, unter welchen Zwiespalt ausgebrochen war, dem Jellachich zugeführt. Die wiener Bevölkerung ist der Art zum Kampfe entschlossen, daß sie nur durch den strengen Befehl des Reichstags von einem Angriff auf die Croaten zurückzuhalten ist. ‒ Viele Feiglinge, die nur im Ueberfluß zu schwelgen als ihre Pflicht erkennen, haben die Stadt, ihre Brüder verlassen; sie sind geächtet. In der Stadt herrscht die vollkommenste Ordnung und Gesetzlichkeit; das Volk beweis't auf's Unwiderleglichste, daß es frei zu sein verdient.

* Wien, 13. October.

Wir tragen hiermit die wichtigsten Thatsachen vom 12. October nach. Ein aus Lemberg angekommener Courier brachte die Botschaft, daß die Nationalgarde Lembergs bereit stehe, den Wienern gegen jeden Feind der Freiheit zu Hülfe zu eilen.

Eben verbreitet sich das Gerücht, daß Windisch-Grätz Truppenverstärkungen von Wien verlange, weil die deutschen Gegenden in Böhmen in vollem Aufstande sind.

Auersperg hat sich mit den Truppen Jellachich's vereinigt und sein neues Lager in der Nähe des Dorfes Jägersdorf außer den Wiener Linien aufgeschlagen. In einer Note an den Reichstag erklärt er, ehe er in die Kasernen einrücken könne, müsse das ungesetzlich bewaffnete Proletariat entwaffnet werden. Der Sicherheitsausschuß des Reichstags antwortete dem General, daß von einer Entwaffnung des Proletariats, wenn dieser Ausdruck für das freie Volk Wiens passe, keine Rede sein könne, daß er aber zur Herstellung der Ruhe beitragen könne, wenn er dem Jellachich mit Nachdruck befehle, den österreichischen Boden zu verlassen, wozu ihm als kommandirenden General in Niederöstreich die Befugniß zustehe, um so mehr als Jellachich selbst erkläre, östreichischer General zu sein.

Die Nationalgarde hat die verlassene Stellung der Auersperg'schen Truppen sogleich besetzt und die vorgefundenen Effekten in das Gemeindehaus zur Aufbewahrung überbracht.

Vom Stephansthurme wird gemeldet, daß die ungarischen Vorposten bei Schwedorf im Plänklergefecht mit den Vorposten der Croaten begriffen sind. Die Ungarn sollen unter Anführung des Generals Chanyi stehen.

Um halb 12 Uhr Mittags griffen die Kroaten an der Stilendorfer Linie die Vorposten der Nationalgarden an, um halb 4 Uhr war der Kampf vollständig entbrannt. Die Kroaten schossen mit Kartätschen. Die Nationalgarde eilte mit Kanonen den Garden und der Legion am Stulenthore zu Hülfe. Der Kaiser hatte Windisch-Grätz mit Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt.

Wien zeigt unerhörten Kampfesmuth. Auf den Straßen brennen Wachtfeuer. Kinder und Greise beschäftigen sich mit Kugelgießen und Patronenmachen, mit Munition ist das Volk hinlänglich versehen. Die Bastei ist mit Kanonen vollständig besetzt. Ebenso ist die Stadt mit Lebensmitteln versehen. Die Kroaten ziehen sich sämmtlich aus Ungarn zurück, doch nicht auf Wien zu, sondern seitwärts von da auf das östreichische Gebiet. Die Truppen, die aus Preßburg entfernt sind, scheinen sämmtlich auf Wien dirigirt zu sein. Die Ungarn ziehen den Kroaten unaufhaltbar nach.

Abends nach 6 Uhr wurden auf eine Bewegung der Arbeiter hin am Marxer Thor 2 Kanonenschüsse von den Croaten in die Vorstadt gefeuert. Man schickte ihnen 4 Schüsse dahingegen hinaus, von welchen 2 die Bedienung der feindlichen Stücke so gut trafen, daß ein Theil auf dem Platze blieb, der andere mit dem Geschütze eiligst die Flucht ergriff.

<TEI>
  <text>
    <pb facs="#f0001" n="0595"/>
    <front>
      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Extra-Beilage zu Nr. 118 der Neuen Rheinischen Zeitung. Dienstag 17. Oktober 1848.</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
        <docImprint>
          <docDate>Dienstag 17. Oktober 1848.</docDate>
        </docImprint>
      </titlePage>
    </front>
    <body>
      <div n="1">
        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar118b2_001" type="jArticle">
          <head><bibl><author>**</author></bibl> Köln, 16. Oktober.</head>
          <p>10 Uhr Abends. Der &#x201E;<hi rendition="#g">Politische Privattelegraph</hi>&#x201C; aus Wien bringt uns nachfolgenden Bericht, dem wir Auszüge aus andern Briefen hinzufügen. Unser <bibl><author>109</author></bibl> u. <bibl><author>15</author></bibl> Korrespondent haben nicht geschrieben. Sie nehmen zu unmitelbaren Theil am Kampf, um in diesem Augenblicke die gewöhnlichen Berichte abstatten zu können:</p>
        </div>
        <div xml:id="ar118b2_002" type="jArticle">
          <head>Wien, 13. Oktober.</head>
          <p>Auf den Antrag des Ministers Kraus wurde die Verzehrungssteuer für Wien aufgehoben. &#x2012; Die Adresse von Borrosch, höchst fervil abgefaßt und die nach Gouvernements gewählten Deputirten sind bereits an den Kaiser abgegangen. &#x2012; Von dem ungarischen Reichstag wurden zwei Deputirte an den hiesigen geschickt mit einer Adresse, welche die Vereinigung Ungarns mit Wien so befestigt, daß sie kaum ein Ereigniß wird zu zerstören im Stande sein. In der Adresse ist zugleich die Angabe enthalten, daß mit den Gesandten auch ein Heer aufgebrochen ist zur Vernichtung des Banus und auch, ohne daß es nöthig den herrlichen Wienern zur Hülfe. &#x2012; In dem Reichstage wurde abermals ein Manifestes, abermals ohne Contrasignatur, in demselben absolutistischen Sinne, wie das letzte abgefaßt, vorgelesen, welches den Zweck bekundet, dem österreichischen Volke die Wiener Bewegung in einem schiefen Lichte darzustellen. Der Eindruck dieses Manifestes auf das Haus war ein höchst ungünstiger; dasselbe ist von Herzogenburg datirt. Der an den Kaiser gesendete Reichsabgeordnete Löhner fand am Hofe eine unfreundliche Aufnahme und konnte zu keiner Audienz beim Kaiser gelangen; es steht ihm jedoch, wie er berichtet, eine beim Erzherzog Franz Karl bevor.</p>
          <p>Die Demission der Minister Doblhoff und Bach ist vom Kaiser angenommen.</p>
          <p>Der Kaiser wird in Olmütz erwartet, wohin sich der Fürst Windischgrätz begeben hat; auch Truppen aus Galizien und Böhmen sind dahin beordert. &#x2012; Die von hier feig entronnenen czechischen Deputirten haben in Prag die Wiener Verhältnisse völlig lügenhaft dargestellt und ihr altes Spiel aufs Neue begonnen; sie verläumden den Wiener Reichstag und beabsichtigen nichts weniger als den Kaiser Ferdinand zum Kaiser der Slaven auszurufen. Sie haben dem Windischgrätz zu Ehren vor seiner Abreise die Stadt illuminiren lassen und ihm 12 Geiseln zugesagt, damit er mit der Prager Garnison gegen Wien ziehen könne. &#x2012; Auf eine gleich schamlose Weise wie die czechischen Deputirten hat der gewesene Abgeordnete Cajetan Meyer die Wiener Bewegung in Brünn entstellt, freilich ganz ohne Erfolg, weil in die nah' gelegene Stadt die Wahrheit schnell zu dringen vermochte.</p>
          <p>Viermal wurde gestern das Ober-Kommando der Nationalgarde gewechselt; das Volk will einen Mann von echter Farbe an der Spitze seiner Bewaffnung; in diesem Augenblicke ist der von dem Studentenkomite vorgeschlagene Messenhauser provisorisch Ober-Kommandant; an seiner Seite fungiren der schon erwähnte Generalstab und aus jedem Korps und jedem Bezirk gewählte Vertrauensmänner. Der Legionskommandant Aigner, der sich in den letzten Tagen durch eine unermüdliche Thätigkeit ausgezeichnet, ist der Vertheidigungskommission beigegeben, seine Stelle übernahm provisorisch der Kommandant der Techniker, Bauer. &#x2012; Der Reichstag hat beschlossen, dem Kaiser den Wunsch auszusprechen, daß er nach Wien einen Völkerkongreß berufe, welcher die Ordnung der Wirren und Zerwürfnisse zu übernehmen habe.</p>
          <p>Die akademische Legion hat sich in den letzten Tagen durch Thaten über jede Anklage, über jeden Vorwurf ruhmvoll erhoben und das Studentencomite bietet gewissermaßen die Vermittelung zwischen dem Volke und dem Reichstage. Die Thätigkeit desselben dauert ununterbrochen Tag und Nacht und ist fast ohne Beispiel. Heute Vormittag wurde ihm angezeigt, daß der Landsturm bereits gebildet sei und nur des Aufrufs und des Führers harre. Auch kam die wiederholte Anzeige durch Deputirte aus dem ungarischen Lager, daß die ungarischen Truppen die östreichische Gränze überschritten haben und bereit sind, der Freiheit gegenüber ihre Schuldigkeit zu thun. Das Comite hat wieder seine Deputation in das ungarische Lager geschickt. Der Reichstag hat durch den Gemeinderath die Bewaffnung aller Wehrfähigen befohlen und diesem das jetzt nationale Zeughaus zur Verfügung gestellt. Der Gemeinderath entwickelt eine heilsame Thätigkeit; in allen Bezirken sind Lazarethe mit allen nöthigen Vorkehrungen eingerichtet; die Stadt ist auf das Vollkommenste in Vertheidigungsstand gesetzt und verproviantirt. Auf dem Stephansthurm ist vom Studentencomite aus eine eigene Wache bestellt, die alle Viertelstunden Tag und Nacht über den Stand der feindlichen Truppen zu berichten hat.</p>
          <p>Auersperg hat seine Truppen, unter welchen Zwiespalt ausgebrochen war, dem Jellachich zugeführt. Die wiener Bevölkerung ist der Art zum Kampfe entschlossen, daß sie nur durch den strengen Befehl des Reichstags von einem Angriff auf die Croaten zurückzuhalten ist. &#x2012; Viele Feiglinge, die nur im Ueberfluß zu schwelgen als ihre Pflicht erkennen, haben die Stadt, ihre Brüder verlassen; sie sind geächtet. In der Stadt herrscht die vollkommenste Ordnung und Gesetzlichkeit; das Volk beweis't auf's Unwiderleglichste, daß es frei zu sein verdient.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar118b2_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 13. October.</head>
          <p>Wir tragen hiermit die wichtigsten Thatsachen vom 12. October nach. Ein aus <hi rendition="#g">Lemberg</hi> angekommener Courier brachte die Botschaft, daß <hi rendition="#g">die Nationalgarde Lembergs bereit stehe, den Wienern gegen jeden Feind der Freiheit zu Hülfe zu eilen.</hi> </p>
          <p>Eben verbreitet sich das Gerücht, daß <hi rendition="#g">Windisch-Grätz Truppenverstärkungen von Wien verlange,</hi> weil die <hi rendition="#g">deutschen Gegenden in Böhmen in vollem Aufstande</hi> sind.</p>
          <p><hi rendition="#g">Auersperg hat sich mit den Truppen Jellachich's vereinigt</hi> und sein neues Lager in der Nähe des Dorfes Jägersdorf außer den Wiener Linien aufgeschlagen. In einer Note an den Reichstag erklärt er, ehe er in die Kasernen einrücken könne, müsse das ungesetzlich bewaffnete Proletariat entwaffnet werden. <hi rendition="#g">Der Sicherheitsausschuß</hi> des Reichstags antwortete dem General, daß von einer Entwaffnung des Proletariats, wenn dieser Ausdruck für das freie Volk Wiens passe, <hi rendition="#g">keine Rede sein könne,</hi> daß er aber zur Herstellung der Ruhe beitragen könne, wenn er dem Jellachich mit Nachdruck befehle, den österreichischen Boden zu verlassen, wozu ihm als kommandirenden General in Niederöstreich die Befugniß zustehe, um so mehr als Jellachich selbst erkläre, östreichischer General zu sein.</p>
          <p>Die Nationalgarde hat die verlassene Stellung der Auersperg'schen Truppen sogleich besetzt und die vorgefundenen Effekten in das Gemeindehaus zur Aufbewahrung überbracht.</p>
          <p>Vom Stephansthurme wird gemeldet, daß die <hi rendition="#g">ungarischen</hi> Vorposten bei Schwedorf im Plänklergefecht mit den Vorposten der Croaten begriffen sind. Die Ungarn sollen unter Anführung des Generals Chanyi stehen.</p>
          <p>Um halb 12 Uhr Mittags griffen die Kroaten an der Stilendorfer Linie die Vorposten der Nationalgarden an, um halb 4 Uhr war der Kampf vollständig entbrannt. <hi rendition="#g">Die Kroaten schossen mit Kartätschen.</hi> Die Nationalgarde eilte mit Kanonen den Garden und der <hi rendition="#g">Legion</hi> am Stulenthore zu Hülfe. Der Kaiser hatte <hi rendition="#g">Windisch-Grätz</hi> mit Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt.</p>
          <p>Wien zeigt unerhörten Kampfesmuth. Auf den Straßen brennen Wachtfeuer. Kinder und Greise beschäftigen sich mit Kugelgießen und Patronenmachen, mit Munition ist das Volk <hi rendition="#g">hinlänglich versehen.</hi> Die Bastei ist mit Kanonen vollständig besetzt. Ebenso ist die Stadt mit Lebensmitteln versehen. Die <hi rendition="#g">Kroaten</hi> ziehen sich sämmtlich aus Ungarn zurück, <hi rendition="#g">doch nicht auf Wien zu,</hi> sondern seitwärts von da auf das östreichische Gebiet. Die Truppen, die aus Preßburg entfernt sind, scheinen sämmtlich auf Wien dirigirt zu sein. Die Ungarn ziehen den Kroaten unaufhaltbar nach.</p>
          <p>Abends nach 6 Uhr wurden auf eine Bewegung der Arbeiter hin am <hi rendition="#g">Marxer Thor 2</hi> Kanonenschüsse von den Croaten in die Vorstadt gefeuert. Man schickte ihnen 4 Schüsse dahingegen hinaus, von welchen 2 die Bedienung der feindlichen Stücke so gut trafen, daß ein Theil auf dem Platze blieb, der andere mit dem Geschütze eiligst die Flucht ergriff.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0595/0001] Extra-Beilage zu Nr. 118 der Neuen Rheinischen Zeitung. Dienstag 17. Oktober 1848. Organ der Demokratie. Dienstag 17. Oktober 1848. [Deutschland] ** Köln, 16. Oktober. 10 Uhr Abends. Der „Politische Privattelegraph“ aus Wien bringt uns nachfolgenden Bericht, dem wir Auszüge aus andern Briefen hinzufügen. Unser 109 u. 15 Korrespondent haben nicht geschrieben. Sie nehmen zu unmitelbaren Theil am Kampf, um in diesem Augenblicke die gewöhnlichen Berichte abstatten zu können: Wien, 13. Oktober. Auf den Antrag des Ministers Kraus wurde die Verzehrungssteuer für Wien aufgehoben. ‒ Die Adresse von Borrosch, höchst fervil abgefaßt und die nach Gouvernements gewählten Deputirten sind bereits an den Kaiser abgegangen. ‒ Von dem ungarischen Reichstag wurden zwei Deputirte an den hiesigen geschickt mit einer Adresse, welche die Vereinigung Ungarns mit Wien so befestigt, daß sie kaum ein Ereigniß wird zu zerstören im Stande sein. In der Adresse ist zugleich die Angabe enthalten, daß mit den Gesandten auch ein Heer aufgebrochen ist zur Vernichtung des Banus und auch, ohne daß es nöthig den herrlichen Wienern zur Hülfe. ‒ In dem Reichstage wurde abermals ein Manifestes, abermals ohne Contrasignatur, in demselben absolutistischen Sinne, wie das letzte abgefaßt, vorgelesen, welches den Zweck bekundet, dem österreichischen Volke die Wiener Bewegung in einem schiefen Lichte darzustellen. Der Eindruck dieses Manifestes auf das Haus war ein höchst ungünstiger; dasselbe ist von Herzogenburg datirt. Der an den Kaiser gesendete Reichsabgeordnete Löhner fand am Hofe eine unfreundliche Aufnahme und konnte zu keiner Audienz beim Kaiser gelangen; es steht ihm jedoch, wie er berichtet, eine beim Erzherzog Franz Karl bevor. Die Demission der Minister Doblhoff und Bach ist vom Kaiser angenommen. Der Kaiser wird in Olmütz erwartet, wohin sich der Fürst Windischgrätz begeben hat; auch Truppen aus Galizien und Böhmen sind dahin beordert. ‒ Die von hier feig entronnenen czechischen Deputirten haben in Prag die Wiener Verhältnisse völlig lügenhaft dargestellt und ihr altes Spiel aufs Neue begonnen; sie verläumden den Wiener Reichstag und beabsichtigen nichts weniger als den Kaiser Ferdinand zum Kaiser der Slaven auszurufen. Sie haben dem Windischgrätz zu Ehren vor seiner Abreise die Stadt illuminiren lassen und ihm 12 Geiseln zugesagt, damit er mit der Prager Garnison gegen Wien ziehen könne. ‒ Auf eine gleich schamlose Weise wie die czechischen Deputirten hat der gewesene Abgeordnete Cajetan Meyer die Wiener Bewegung in Brünn entstellt, freilich ganz ohne Erfolg, weil in die nah' gelegene Stadt die Wahrheit schnell zu dringen vermochte. Viermal wurde gestern das Ober-Kommando der Nationalgarde gewechselt; das Volk will einen Mann von echter Farbe an der Spitze seiner Bewaffnung; in diesem Augenblicke ist der von dem Studentenkomite vorgeschlagene Messenhauser provisorisch Ober-Kommandant; an seiner Seite fungiren der schon erwähnte Generalstab und aus jedem Korps und jedem Bezirk gewählte Vertrauensmänner. Der Legionskommandant Aigner, der sich in den letzten Tagen durch eine unermüdliche Thätigkeit ausgezeichnet, ist der Vertheidigungskommission beigegeben, seine Stelle übernahm provisorisch der Kommandant der Techniker, Bauer. ‒ Der Reichstag hat beschlossen, dem Kaiser den Wunsch auszusprechen, daß er nach Wien einen Völkerkongreß berufe, welcher die Ordnung der Wirren und Zerwürfnisse zu übernehmen habe. Die akademische Legion hat sich in den letzten Tagen durch Thaten über jede Anklage, über jeden Vorwurf ruhmvoll erhoben und das Studentencomite bietet gewissermaßen die Vermittelung zwischen dem Volke und dem Reichstage. Die Thätigkeit desselben dauert ununterbrochen Tag und Nacht und ist fast ohne Beispiel. Heute Vormittag wurde ihm angezeigt, daß der Landsturm bereits gebildet sei und nur des Aufrufs und des Führers harre. Auch kam die wiederholte Anzeige durch Deputirte aus dem ungarischen Lager, daß die ungarischen Truppen die östreichische Gränze überschritten haben und bereit sind, der Freiheit gegenüber ihre Schuldigkeit zu thun. Das Comite hat wieder seine Deputation in das ungarische Lager geschickt. Der Reichstag hat durch den Gemeinderath die Bewaffnung aller Wehrfähigen befohlen und diesem das jetzt nationale Zeughaus zur Verfügung gestellt. Der Gemeinderath entwickelt eine heilsame Thätigkeit; in allen Bezirken sind Lazarethe mit allen nöthigen Vorkehrungen eingerichtet; die Stadt ist auf das Vollkommenste in Vertheidigungsstand gesetzt und verproviantirt. Auf dem Stephansthurm ist vom Studentencomite aus eine eigene Wache bestellt, die alle Viertelstunden Tag und Nacht über den Stand der feindlichen Truppen zu berichten hat. Auersperg hat seine Truppen, unter welchen Zwiespalt ausgebrochen war, dem Jellachich zugeführt. Die wiener Bevölkerung ist der Art zum Kampfe entschlossen, daß sie nur durch den strengen Befehl des Reichstags von einem Angriff auf die Croaten zurückzuhalten ist. ‒ Viele Feiglinge, die nur im Ueberfluß zu schwelgen als ihre Pflicht erkennen, haben die Stadt, ihre Brüder verlassen; sie sind geächtet. In der Stadt herrscht die vollkommenste Ordnung und Gesetzlichkeit; das Volk beweis't auf's Unwiderleglichste, daß es frei zu sein verdient. * Wien, 13. October. Wir tragen hiermit die wichtigsten Thatsachen vom 12. October nach. Ein aus Lemberg angekommener Courier brachte die Botschaft, daß die Nationalgarde Lembergs bereit stehe, den Wienern gegen jeden Feind der Freiheit zu Hülfe zu eilen. Eben verbreitet sich das Gerücht, daß Windisch-Grätz Truppenverstärkungen von Wien verlange, weil die deutschen Gegenden in Böhmen in vollem Aufstande sind. Auersperg hat sich mit den Truppen Jellachich's vereinigt und sein neues Lager in der Nähe des Dorfes Jägersdorf außer den Wiener Linien aufgeschlagen. In einer Note an den Reichstag erklärt er, ehe er in die Kasernen einrücken könne, müsse das ungesetzlich bewaffnete Proletariat entwaffnet werden. Der Sicherheitsausschuß des Reichstags antwortete dem General, daß von einer Entwaffnung des Proletariats, wenn dieser Ausdruck für das freie Volk Wiens passe, keine Rede sein könne, daß er aber zur Herstellung der Ruhe beitragen könne, wenn er dem Jellachich mit Nachdruck befehle, den österreichischen Boden zu verlassen, wozu ihm als kommandirenden General in Niederöstreich die Befugniß zustehe, um so mehr als Jellachich selbst erkläre, östreichischer General zu sein. Die Nationalgarde hat die verlassene Stellung der Auersperg'schen Truppen sogleich besetzt und die vorgefundenen Effekten in das Gemeindehaus zur Aufbewahrung überbracht. Vom Stephansthurme wird gemeldet, daß die ungarischen Vorposten bei Schwedorf im Plänklergefecht mit den Vorposten der Croaten begriffen sind. Die Ungarn sollen unter Anführung des Generals Chanyi stehen. Um halb 12 Uhr Mittags griffen die Kroaten an der Stilendorfer Linie die Vorposten der Nationalgarden an, um halb 4 Uhr war der Kampf vollständig entbrannt. Die Kroaten schossen mit Kartätschen. Die Nationalgarde eilte mit Kanonen den Garden und der Legion am Stulenthore zu Hülfe. Der Kaiser hatte Windisch-Grätz mit Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt. Wien zeigt unerhörten Kampfesmuth. Auf den Straßen brennen Wachtfeuer. Kinder und Greise beschäftigen sich mit Kugelgießen und Patronenmachen, mit Munition ist das Volk hinlänglich versehen. Die Bastei ist mit Kanonen vollständig besetzt. Ebenso ist die Stadt mit Lebensmitteln versehen. Die Kroaten ziehen sich sämmtlich aus Ungarn zurück, doch nicht auf Wien zu, sondern seitwärts von da auf das östreichische Gebiet. Die Truppen, die aus Preßburg entfernt sind, scheinen sämmtlich auf Wien dirigirt zu sein. Die Ungarn ziehen den Kroaten unaufhaltbar nach. Abends nach 6 Uhr wurden auf eine Bewegung der Arbeiter hin am Marxer Thor 2 Kanonenschüsse von den Croaten in die Vorstadt gefeuert. Man schickte ihnen 4 Schüsse dahingegen hinaus, von welchen 2 die Bedienung der feindlichen Stücke so gut trafen, daß ein Theil auf dem Platze blieb, der andere mit dem Geschütze eiligst die Flucht ergriff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz118b2_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz118b2_1848/1
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 118. Köln, 17. Oktober 1848. Zweite Beilage, S. 0595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz118b2_1848/1>, abgerufen am 28.03.2024.