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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 207. Köln, 28. Januar 1849. Zweite Ausgabe.

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Hrn. Marx, als ihren Kandidaten hinstellten. Allein der Jude siegte über den frommen, geistlichen Herren und der Himmel wollte durchaus mit keinem Mirakel zu Hülfe springen. In dem heiligen Trier ist Aehnliches noch nicht erhört worrden! -- Aber die Herren Pfaffen, haben es diesmal erfahren müssen, daß sie das Volk nicht mehr vor sich haben, das vor 4 Jahren noch zu ihren Lappen wallfahrtete, mit den Worten: "o, heil'ger Rock, du elfenbeinerner Thurm, bitt' für uns!"

Auf dem Lande sind die Wahlen auch größtentheils im demokratischen Sinne ausgefallen, und ich glaube deshalb Ihnen bereits heute mit Bestimmtheit die Wahl der Herren Otto und Ludwig Simon für die zweite Kammer bezeichnen zu können. -- Zum Schlusse kann ich nicht ermangeln, der hiesigen Turngemeinde besonders belobend zu erwähnen. Die Mitglieder derselben haben sich bei Gelegenheit der Wahlen ganz vorzugsweise durch rastlosen Eifer für die Sache der Demokratie ausgezeichnet, was denselben auf das dankendste anzuerkennen ist.

133 Aus Westphalen, 25. März.

In einer Mittheilung der Hauptverwaltung der Darlehnskassen d. d. Berlin, den 28. November 1848, an die Regierungspräsidien heißt es unter andern, wie folgt:

"Zur Richtschnur für die Kassenbeamten bemerken wir noch, daß die Darlehns-Kassenscheine a 5 Thlr. in 11 Serien unter 8000 Nummern in jeder Serie und von jeder Nummer 10 Exemplare, die Darlehns-Kassen-Scheine a 1 Thlr. aber in 13 Serien unter 10,000 Nummern in jeder Serie und von jeder Nummer 10 Exemplare ausgefertigt worden sind."

Hieraus ergiebt sich, daß 880,000 Stück Darlehns-Kassen-Scheine a 5 Thlr. und 6,300,000 Stück a 1 Thlr. ausgefertigtworden sind, welche zusammen die Summe von 10,700,000 Thlr. repräsentiren.

Im § 2 des Gesetzes vom 15. April 1848 heißt es dagegen wörtlich:

"Der Gesammtbetrag der Darlehns-Kassen-Scheine soll zehn Millionen Thaler nicht überschreiten."

Nach den seitherigen amtlichen Bekanntmachungen sind zwar bis jetzt nur pp. 7 Millionen Thaler Darlehns-Kassen-Scheine ausgegeben worden. Es wirft sich aber die Frage auf, weshalb sind für 700,000 Thlr. Darlehns-Kassen-Scheine mehr ausgefertigt worden, als nach dem oben allegirten Gesetze ausgegeben werden dürfen?

Und wenn auch bei der Ausgabe der Darlehns-Kassen-Scheine die Summe von 10 Millionen Thalern nicht überschritten werden sollte, so ist es doch -- namentlich auch, um die Aechtheit der circulirenden Darlehns-Kassen-Scheine prüfen zu können -- durchaus erforderlich, daß man diejenigen Nummern bekannt macht, welche nicht ausgegeben, sondern vernichtet werden.

* Berlin, 25. Jan.

Es ist gut, an der Quelle zu schöpfen. Was die christlich-germanische Regierung des Königs von Preußen bis jetzt gethan, wissen wir; was sie fernerhin vor hat -- da sie nicht auf einmal Alles vernichten kann --: Wer könnte besser darüber Aufschluß geben, als grade das bei Hof so angesehene Blatt: die "Galgenzeitung", als das Organ eben jener Regierung? Es lohnt sich deshalb der Mühe, von Zeit zu Zeit jenes Blatt selbstredend einzuführen. Diesmal genüge folgende ihm wörtlich entlehnte Stelle:

"Der erste Punkt nun, den ich erwähnen wollte, ist in den letzten Jahren schon vielfach pro und contra besprochen worden: die Vereidung des Militärs auf die Verfassung. Die Forderung dieser Vereidigung ist offenbar in einer Zeit des Ringens vom Mißtrauen gefordert, von demselben Mißtrauen, das die Bürgerwehr ins Leben rief, von demselben Mißtrauen, das bis auf die Wurzel verschwunden sein muß, wenn wir anders einer erklecklichen Zukunft entgegen gehen wollen.

Von dem Einfluß der Vereidigung auf die Disziplin will ich nicht reden, da ich hier, wie gesagt, diesen Punkt nur in Anregung bringen möchte: jedenfalls wird durch eine solche Vereidigung ohne allen Zweck der Wühlerei eine neue Handhabe geboten...... Deshalb geht unsere Ansicht dahin, daß die Volksvertreter, daß das ganze Land in Betracht, daß an der bewährten Militärverfassung nicht gerüttelt werden darf, die Eidesleistung ablehnen, und daß die Regierung in Betracht der veränderten Zeitverhältnisse auf diesen Antrag eingehen möge."

München, 24. Januar.

In Folge der Thronrede und des partikularistischen Geistes, der in den Erklärungen der Regierung sich ausprägt, ist eine merkliche Verstärkung der Linken eingetreten. Schon gleich nach der Eröffnung gingen zehn Mitglieder des Centrums zur entschiedenen Opposition über, und gestern Nachmittag erfocht bei der Wahl der Adreß-Kommission die Linke einen vollkommenen Sieg.

!!! Frankfurt, 26. Jan.

National-Versammlung. Tagesordnung: Berathung über den "Reichsrath". -- Simson präsidirt.

Wurm stellt im Namen des Petitions-Ausschusses den dringlichen Antrag, daß (besonders mit Rücksicht auf die Oberhauptsfrage) alle Ausschüsse der Versammlung Bericht erstatten, über die an sie gelangten Petitionen.

Die Versammlung erkennt die Dringlichkeit.

Waiz (Präsident des Verfassungs-Ausschusses) spricht gegen den Antrag. Es seien die vorliegenden Berathungen wichtiger als die Petitionen. Soll heißen:

Die Stimme des Volks (durch die Petitionen) ist unwichtig gegen den vorliegenden Professorenquatsch.

(Dem Verfassungs-Ausschuß sind über 3000 Petitionen zugegangen.)

Eisenstuck, Goltz aus Brieg und Lette sprechen für den Antrag.

Der Antrag des Petitions-Ausschusses wird angenommen. Rechte und rechtes Centrum blieben sitzen.

Diskussion über den "Reichsrath."

Schütz aus Mainz: Dies neue Institut sei nur geschaffen, um das monarchische Prinzip an die Stelle des demokratischen in die Verfassung zu bringen. Schon durch den angenommenen Artikel vom Reichsoberhaupt, sei demselben wahrhaftig Stärke genug gegeben, man brauche nicht noch einen "Reichsrath" beizufügen, der zwar im Entwurf sehr unschuldig aussieht, aber doch nur dazu dasein kann, ein Collegium für fürstliche Interessen und Zwecke zu werden, als Wall gegen die Demokratie, die doch jetzt augenscheinlich unaufhaltsam Deutschland durchströmt. (Die neuen preußischen Wahlen sind allerdings ein exemplum ad oculos.) Sie werden durch Ihr Oktroyiren des monarchischen Prinzips in Deutschland denselben Kampf hervorrufen, der auch in andern Ländern durchgekämpft wurde. Brutus-Bassermann habe Frankreich im Vergleich zu den konstitutionellen Ländern deshalb tiefer gestellt, weil es seit 1789 an 23 Regierungen gehabt hat -- aber er habe ganz vergessen zu sagen, daß eben des Constitutionalismus wegen, Frankreich so viele und doch noch keine genügende Verfassung gehabt. Dagegen lobposaune Herr Bassermann für England! -- England sei gar keine konstitutionelle Monarchie; es sei die freiste Entwickelung der Aristokratie. Wenn die Chartisten im Unterhaus festen Boden gefaßt haben werden, dann erst wird die Demokratie die Verfassung Englands durchdringen und es mit Deutschland zu vergleichen sein. (Rechts zur Sache! Links: Ruhe!)

Die Partei des edlen Brutus will sich nicht überzeugen, daß Schütz bei der Sache ist. -- "Nur die breiteste Entfaltung des demokratischen Prinzips in der Verfassung könne den gewaltsamen Zusammenstoß in Deutschland verhüten", damit schließt Schütz. (Beifall.)

Jahn spricht Unsinn für den "Reichsrath" ("Der Maaßmann hat sich jüngst gekämmt, wie deutsche Blätter melden.")

Buß (Ultramontan) für Beseitigung des ganzen Artikels "vom Reichsrath." Er macht heut keine Späße, folglich ist er sehr langweilig.

Welker für den Reichsrath Er sieht darin eine Rettung seines Abgotts des fast einstimmig verworfenen Direktoriums. -- Heute ist er wieder ganz der alte Welker. -- Er poltert für die Fürsten.

Die allgemeine Debatte wird geschlossen und der langweilige

Beseler empfiehlt noch zum Ueberfluß den Reichsrath. Schüler von Jena (für die Minorität) spricht kräftig und scharf gegen das Institut. Die Minorität des Verfassungsausschusses: H. Simon, Wigard, Reh, Schüler etc. stellen den präjudiziellen Antrag: "Die N.-V. möge beschließen, den von der Majorität des Verfassungsausschusses in 6 Paragraphen vorgeschlagenen Entwurf vom "Reichsrath" in die Verfassung nicht aufzunehmen." Wird in namentlicher Abstimmung mit 211 Stimmen gegen 200 verworfen. (Also 11 Stimmen Majorität für den Reichsrath!!!) Nach diesem glorreichen Siege der Kaiserlichen geht man zu dem Dahlmann-Beseler'schen Reichsrath selbst. (Also für Deutschland ein Kaiser, ein Reichsrath, ein Staatenhaus, ein Volkshaus, -- es fehlt nur noch ein Reichsabtritt. --)

Der Reichsrath.
Artikel I. §. 1.
Der Reichsrath besteht aus Bevollmächtigten der deutschen Staaten (sehr zweifelhaft angenommen.) Jeder im Staatenhaus vertretene Staat oder Staatenverband ernennt dazu ein Mitglied (mit 220 gegen 175 Stimmen verworfen. Links Beifall!) Das Minor.-Erachten an Stelle des verworfenen Satzes: "Preußen, Oestreich, Baiern, Sachsen, Hannover, Würtemberg und Baden ernennen je ein Mitglied, das achte die drei Hessen, das neunte Nassau, Luxemburg, Limburg und Braunschweig, das zehnte Schleswig-Holstein, Lauenburg, beide Meklenburg und Oldenburg, das eilfte die Thüringschen Fürstenthümer, Anhalt, die beiden Lippe, Waldek, Hohenzollern, Lichtenstein, das zwölfte die vier freien Städte -- (wird mit 206 Stimmen gegen 204 verworfen. Links Gelächter und Bravo!) --

"Die Ernennung der Mitglieder des Reichsraths geschieht durch die Regierungen der betreffenden Staaten und Staatenverbände." (Dieser Satz war offenbar verworfen. -- Simson, in gewohnter Parteilichkeit, erklärt ohne Umstände den Satz für angenommen. Links heftiger Tumult und Unwillen. Statt post festum Skandal zu machen, sollten die ganz matten und gleichgültigen Mitglieder der Linken bei so zweifelhaften Majoritäten als der jetzigen stets auf namentliche Abstimmung dringen).

§. 2.
Der Reichsrath bildet ein begutachtendes Collegium. Derselbe tritt am Sitz der Reichsregierung zusammen. Den Vorsitz im Reichsrathe führt der Bevollmächtigte des größten deutschen Staates, dessen Regent nicht das Reichsoberhaupt ist.
§. 3.
Die Beschlüsse des Reichsraths werden durch Stimmenmehrheit gefaßt. --
§. 4.
Die Reichsminister sind berechtigt den Sitzungen des Reichsrathes beizuwohnen oder sich in denselben durch Commissarien vertreten zu lassen. --
§. 5.
Dem Reichsrath sind die Gesetzentwürfe, welche die Reichsregierung bei dem Reichstage einbringen will, zur Begutachtung vorzulegen. -- Der Reichsrath hat sein Gutachten binnen einer jedesmal von der Reichsregierung zu bestimmenden Frist zu erstatten. Wird diese Frist nicht eingehalten, so ist die Reichsregierung hierdurch an dem Einbringen des Gesetzentwurfs bei dem Reichstag nicht behindert.
§. 6.
Die Reichsregierung ist befugt in allen Fällen, in welchen es ihr angemessen erscheint, das Gutachten des Reichsrathes einzuziehen. -- (Somit ist der Reichsrath zusammengearbeitet. Alle 6 §§. wurden so zweifelhaft angenommen, daß man sagen kann. Hr. Simson hat den Reichsrath oktroyirt.)

Simon von Trier stellt den dringlichen Antrag: die Nationalversammlung verfügt die Aufhebung der Haft gegen Temme und beauftragt das Reichsministerium mit der schleunigen Ausführung dieses Beschlusses. --

Die Dringlichkeit des Antrags wird zur Noth anerkannt. Die ganze Rechte und das rechte Centrum blieben sitzen. Simon spricht für seinen Antrag. Bassermann dagegen. Beseler beantragt Tagesordnung. Vogt für den Simon'schen Antrag. Mohl (Justizminister) dagegen, schlägt vor, "eine dringende Aufforderung zur Einsendung der Wahlakten des p. Temme an die preuß. Regierung ergehen zu lassen." Beseler's Tagesordnung wird verworfen, eben so Ludwig Simon's Antrag. Des Justizministers Qualm wird angenommen. -- Schluß 3 Uhr. Nächste Sitzung Montag.

Prag, 23. Jan.

Die hiesige Nationalgarde hatte vor den Oktobertagen Wiens 6000 Stück Aerarialgewehre zur Bewaffnung erhalten; jetzt verlangt das Generalkommando in höherm Auftrage die Bezahlung von 36,000 Fl. C.-M. dafür, oder die sogleich zu erfolgende Rückerstattung derselben in die Zeughäuser. Man weiß recht gut, daß die Finanzen der Stadt so zerrüttet sind, daß an eine Zahlung nicht zu denken ist; muß nun die Rückgabe der Gewehre erfolgen, so ist unsere Garde entwaffnet, ohne Grund zum Protest zu haben.

Italien.
Rom, 19. Jan.

Obristlieutenant D. Sforza Cesarini ist von der Bürgerwehr zu ihrem General gewählt worden. Die provisorische Regierung hat eine Proklamation erlassen, worin sie allen Völkern Italiens die Zusammenberufung einer römischen Nationalversammlung ankündet. Dieses Aktenstück ruft gleichen Enthusiasmus auch außerhalb Rom's hervor.

068

Die Oestreicher fangen an unruhig über ihre Stellung in der Lombardei zu werden. Welden soll, nach der Concordia, an Radetzki geschrieben haben: er möge sich Venedigs um jeden Preis bemächtigen, da sonst kein Ende der unlösbarsten Verwicklungen abzusehen sei. Radetzki ist von Mailand abgereist um am Oglio, Andere sagen bei Piacenza, ein verschanztes Lager aufzuwerfen.

Dasselbe Blatt theilt mit: Radetzki, der wieder ohne Geld sei, stehe im Begriff eine neue Brandschatzung von 8 Mill. Franken auszuschreiben, was die von der Lombardei seit August bezahlt, außerordentliche Steuern auf 58 Mill. bringen würde.

Inzwischen fürchten die Oesterreicher jeden Tag einen Ausbruch. In Padua, wo man vor einem Ausfall der Venetianer in Angst ist, sind telegraphische Signale, von Soldaten bewacht, längs der Eisenbahn angebracht. Am 8. hat man die Truppen den Eid erneuern lassen. Die 400 Ungarn, die in der Garnison sind, werden ununterbrochen bewacht.

In Bassano hat zwischen den k. k. Truppen und den Konstribirten ein blutiger Kampf stattgefunden, den erst neue Verstärkungen unterdrücken konnten. Zur Strafe wurden dem Bezirk 30,000 Fr. Buße auferlegt. Werden sie nicht zur bestimmten Zeit gezahlt, so kommen für jede Stunde noch 200 Fr. Zinsen dazu.

** Neapel, 16. Jan.

Die Regierung hat zwar die Unterdrückung mehrerer Journale, namentlich des "Independente" und des "Telegrafo", durchzusetzen gewußt, kann aber immer noch nicht das Erscheinen neuer, in dem nämlichen, ja in einem schärferen Oppositionsgeiste geschriebenen Blätter verhindern. So ist an die Stelle der obengedachten Journale "La Giovine Italia" getreten, deren Titel allein schon der Regierungspartei Kolikanfälle verursacht haben würde und der Inhalt noch mehr. Auf diese Weise zieht sich der Krieg gegen die Presse in die Länge. Das Kriminalgericht hat den Muth und die Ehrenhaftigkeit bewiesen -- warum läßt der Scharfrichter Ferdinand nicht gewisse preußische Gerichte kommen, die, wie die neuesten Vorfälle zeigen, vortrefflich zu ihm passen würden? --, das gerichtliche Verfahren gegen den "Independente" entschieden abzulehnen. In Betreff des "Telegrafo" schwebt die Untersuchung noch, wird aber wahrscheinlich eben so ausfallen. Zur Eröffnung der Kammern am 1. Februar werden schon jetzt Vorbereitungen getroffen.

Französische Republik.
068 Paris, 25. Jan.

Der "Revue des deux Mondes" wird aus guter Quelle mitgetheilt, daß Metternich auf die Nachricht vom Gelingen der Februarrevolution den Franzosen das linke Rheinufer angeboten hatte, um sie dadurch von der Intervention zu Gunsten der Lombardei abzuhalten.

Paris, 26. Jan.

Im Lot-Departement sind Bauernaufstände ausgebrochen. Das dortige Echo berichtet darüber:

"Seit einigen Tagen gibt sich in den Dörfern, welche um Gourdon liegen, eine große Gährung kund; die Bauern wollen die 45 Centimensteuer nicht zahlen; andere wollen überhaupt keine Steuern mehr zahlen und der Präfekt jenes Departements schickte zur Unterstützung der Steuereinnehmer ein Bataillon dahin ab. Er glaubte dadurch einer Revolte vorzubeugen. Aber das Gegentheil ist eingetroffen. In Nozac, Rouffillac, Payrac und Lamothe Fenelon wurde in der Nacht vom 19. Sturm geläutet und etwa fünftausend Bauern, mit Sensen, Hacken, Flinten, Mistgabeln und Stöcken bewaffnet, zogen nach Gourdon, wo der Sitz der Unter-Präfektur ist. Trotzdem das Militär und sieben gegen sie anrückende Gensd'armerie-Abtheilungen sie am Einzuge in die Stadt hindern wollten, waren die Bauern doch bald Herren derselben. Ohne zu rauben und zu plündern, wie es die Stadtbewohner befürchtet, begab sich ein Ausschuß der empörten Bauern in das Präfekturgebäude, wo er den Unterpräfekten, Bürger Martine, vorfand. Sie erklärten ihm, daß sie die Steuer verweigerten und übergaben ihm einen Bogen Papier, worauf diese Erklärung in Form einer Petition an die Nationalversammlung gerichtet war. Er solle zuerst unterschreiben, riefen die Bauern auf dem Platze vor dem Präfekturgebäude und da Martine mehrere Gründe vorschob, so verloren einige der Untenstehenden die Geduld und warfen einige Steine in die Fenster; auch ein Schuß fiel aus der Menge gegen die Truppen, doch hatte ihr Oberoffizier Verstand genug, das Feuer nicht zu erwidern. Bis zum 21. lief daher die Sache ohne Schlacht ab, weil die Bauern die Antwort von der obersten Behörde abwarten wollen. Aber, setzt das "Echo" hinzu, der Unterpräfekt erhielt einen Hieb auf den Kopf, ferner wurden zwei Soldaten und mehrere Gensdarmen verwundet."

-- Der Minister des Innern, Hr. Leon Faucher, hat heute der Nationalversammlung das Gesetz gegen die Klubs vorgelegt. Alle Klubs sollen geschlossen werden. (!)

-- Das Kabinet hält den Ausbruch eines Volkssturms in Paris so nahe, daß es alle Truppen in den Casernen consigntrt und starhe Patronenvorräthe organisirt. Auch mag folgendes Rundschreiben im Moniteur als Beweis dienen:

"Paris, 25. Januar. Mehrere Präfekte haben geglaubt, ihren Posten verlassen und sich nach Paris begeben zu dürfen ohne vorher beim Minister anzufragen. Ich kann ein solches Desertiren in einem Augenblick umsoweniger dulden, wo die Erfüllung der amtlichen Pflichten dringender ist als sonst. Ich benachrichtige daher, daß jeder Präfekt und Unterpräfekt welcher seinen Posten ohne vorherigen Urlaub verläßt, als Demissionär betrachtet wird. Empfangen Sie den Ausdruck meiner Hochachtung

(gez.) Leon Faucher, Minister des Innern.

-- Aus Toulon vom 21. Januar erfährt man, daß 1500 Mann auf dem Christoph Columbus -- nach Afrika (Algier) eingeschifft worden sind. Vom Papst ist keine Rede.

-- Die Mitglieder des Berges, unterrichtet von der Absicht der Minister, alle Klubs zu schließen, sollen den Plan haben in allen volkreichen Vierteln von Paris Klubs zu eröffnen und sie mit ihrer Unverletzlichkeit zu decken.

-- Im Correge-Departement cirkulirt eine Petition um Wiedereintreibung der den Emigrirten unter der Restauration bewilligten Milliarde. Dieser sehr gescheute Einfall findet viel Anklang.

-- Nationalversammlung. Sitzung v. 26. Jan. Anfang 2 1/2 Uhr. Präsident Marrast.

Nach Ueberreichung von Petitionen für und gegen Auflösung der Nat.-Vers. und andern interesselosen Geschäften, besteigt Leon Faucher, Minister des Innern, die Bühne und verliest einen Gesetzentwurf gegen die Klubs. Darin heißt es:

1) Die Klubs sind untersagt.
2) In Contraventionsfällen trifft die Zuwiderhandelnden eine Strafe von 100 bis 500 Fr.
3) Jeden, der sein Lokal leiht, trifft dieselbe Strafe.
4) Das Gesetz vom 28. Juli 1848 ist abgeschafft.

Der Minister verlangt Dringlichkeit.

Man begreift, daß der Minister hauptsächtlich in Bezug auf die Lage von Paris die Dringlichkeit verlangte. Sobald der Minister ausgesprochen, eilt Gent auf die Bühne und protestirt mit großer Heftigkeit gegen diesen Vorschlag eines Verfassungsbruchs. Marrast ruft ihn zur Ordnung und die Versammlung spricht die Dringlichkeit aus. Auf Marrast's Vorschlag wird Berichterstattung und Debatte auf morgen festgesetzt.

Die Versammlung kehrt hierauf zum 5. Titel der Staatsrathsorganisation zurück.

Die Artikel 30 bis 50 (von den Prozedurformen handelnd) gehen durch.

Die Debatte wird beim Artikel 50 des Entwurfs abgebrochen und die Sitzung um 6 1/4 Uhr geschlossen.

068 Perpignan, 18. Jan.

Concha ist krank; Villalonga wird ihn ersetzen. Herrlicher Stellvertreter! Die Diligence von Perpignan ist seit drei Tagen genöthigt, in Perthus zu halten, welches an den äußersten Gränzen liegt. Figueras ist blokirt von den Truppen Cabreras; die Blokade besteht darin, daß die "Matines" Patrouillen machen um die Stadt, und die Einwohner bis unter den Kanonen des Platzes wegrauben. Die "Matines" haben zur Bedingung gestellt, daß Figueras und Gerona Contributionen zahlen.

Schweiz.
Neuenburg, 23. Jan.

Ueber die gestern gemeldete Royalisten-Demonstration wird der "Berner Ztg." Nachstehendes berichtet: In Ausführung des freisinnigen neuen Gesetzes über die Wahl der Geistlichen hat der Staatsrath die Wiederbesetzung sämmtlicher Pfarrstellen angeordnet. In der Stadt siegten die Konservativen, resp. die Royalisten. Mit Sang und Klang, geschaart um ihre Fahnen, durchzogen sie gestern die Stadt, und unter dem wiederholten Rufe: "Es lebe der König von Preußen! Nieder mit der Schweiz!" gelangten sie vor das Schloß, welches Regierungslokal ist. Was sie da wollten, bewies der Inhalt ihres Gebrülls, der in Verbindung gesetzt werden muß mit bereits längst umlaufenden Gerüchten von Putschversuchen, von denen die Regierung Kenntniß hatte. Hr. Staatsrath Steck trat vor die preußischen Ruhestörer hin und forderte sie auf, auseinander zu gehen. Die Antwort waren schwere Mißhandlungen dieses geachteten Magistraten. Inzwischen war die Bürgerwache aufgeboten worden, und ihrem Sinn für Ordnung und ihrer Energie gelang es bald, in Gemeinschaft mit dem von allen Seiten massenhaft herbeieilenden Zuzug, die Wühler zu zerstreuen. In Folge dieses frechen Attentats auf die jetzige freisinnige Ordnung der Dinge sind mehrere der unverbesserlichsten Royalisten, wie Chambrier und Calame, an den Schatten gebracht worden.

Großbritannien.
* London, 26. Jan.

Der beste Beweis, daß uns bald wieder eine europäische Revolution bevorsteht, liegt in der gränzenlosen Sicherheit und dem steigenden Uebermuth der hohen Finanz. Das Vertrauen kehrt allmählig wieder, namentlich in England.

Die Consols standen im Januar und Februar 89-89 1/2; nach der Februarrevolution 84; Ende März 80. Jetzt stehen sie 91, also höher als vor dem Februar. So sicher glaubt sich die engl. hohe Bourgeoisie. Aber je sicherer steist, desto näher ihr Sturz!

Hrn. Marx, als ihren Kandidaten hinstellten. Allein der Jude siegte über den frommen, geistlichen Herren und der Himmel wollte durchaus mit keinem Mirakel zu Hülfe springen. In dem heiligen Trier ist Aehnliches noch nicht erhört worrden! — Aber die Herren Pfaffen, haben es diesmal erfahren müssen, daß sie das Volk nicht mehr vor sich haben, das vor 4 Jahren noch zu ihren Lappen wallfahrtete, mit den Worten: „o, heil'ger Rock, du elfenbeinerner Thurm, bitt' für uns!“

Auf dem Lande sind die Wahlen auch größtentheils im demokratischen Sinne ausgefallen, und ich glaube deshalb Ihnen bereits heute mit Bestimmtheit die Wahl der Herren Otto und Ludwig Simon für die zweite Kammer bezeichnen zu können. — Zum Schlusse kann ich nicht ermangeln, der hiesigen Turngemeinde besonders belobend zu erwähnen. Die Mitglieder derselben haben sich bei Gelegenheit der Wahlen ganz vorzugsweise durch rastlosen Eifer für die Sache der Demokratie ausgezeichnet, was denselben auf das dankendste anzuerkennen ist.

133 Aus Westphalen, 25. März.

In einer Mittheilung der Hauptverwaltung der Darlehnskassen d. d. Berlin, den 28. November 1848, an die Regierungspräsidien heißt es unter andern, wie folgt:

„Zur Richtschnur für die Kassenbeamten bemerken wir noch, daß die Darlehns-Kassenscheine à 5 Thlr. in 11 Serien unter 8000 Nummern in jeder Serie und von jeder Nummer 10 Exemplare, die Darlehns-Kassen-Scheine à 1 Thlr. aber in 13 Serien unter 10,000 Nummern in jeder Serie und von jeder Nummer 10 Exemplare ausgefertigt worden sind.“

Hieraus ergiebt sich, daß 880,000 Stück Darlehns-Kassen-Scheine à 5 Thlr. und 6,300,000 Stück à 1 Thlr. ausgefertigtworden sind, welche zusammen die Summe von 10,700,000 Thlr. repräsentiren.

Im § 2 des Gesetzes vom 15. April 1848 heißt es dagegen wörtlich:

„Der Gesammtbetrag der Darlehns-Kassen-Scheine soll zehn Millionen Thaler nicht überschreiten.“

Nach den seitherigen amtlichen Bekanntmachungen sind zwar bis jetzt nur pp. 7 Millionen Thaler Darlehns-Kassen-Scheine ausgegeben worden. Es wirft sich aber die Frage auf, weshalb sind für 700,000 Thlr. Darlehns-Kassen-Scheine mehr ausgefertigt worden, als nach dem oben allegirten Gesetze ausgegeben werden dürfen?

Und wenn auch bei der Ausgabe der Darlehns-Kassen-Scheine die Summe von 10 Millionen Thalern nicht überschritten werden sollte, so ist es doch — namentlich auch, um die Aechtheit der circulirenden Darlehns-Kassen-Scheine prüfen zu können — durchaus erforderlich, daß man diejenigen Nummern bekannt macht, welche nicht ausgegeben, sondern vernichtet werden.

* Berlin, 25. Jan.

Es ist gut, an der Quelle zu schöpfen. Was die christlich-germanische Regierung des Königs von Preußen bis jetzt gethan, wissen wir; was sie fernerhin vor hat — da sie nicht auf einmal Alles vernichten kann —: Wer könnte besser darüber Aufschluß geben, als grade das bei Hof so angesehene Blatt: die „Galgenzeitung“, als das Organ eben jener Regierung? Es lohnt sich deshalb der Mühe, von Zeit zu Zeit jenes Blatt selbstredend einzuführen. Diesmal genüge folgende ihm wörtlich entlehnte Stelle:

„Der erste Punkt nun, den ich erwähnen wollte, ist in den letzten Jahren schon vielfach pro und contra besprochen worden: die Vereidung des Militärs auf die Verfassung. Die Forderung dieser Vereidigung ist offenbar in einer Zeit des Ringens vom Mißtrauen gefordert, von demselben Mißtrauen, das die Bürgerwehr ins Leben rief, von demselben Mißtrauen, das bis auf die Wurzel verschwunden sein muß, wenn wir anders einer erklecklichen Zukunft entgegen gehen wollen.

Von dem Einfluß der Vereidigung auf die Disziplin will ich nicht reden, da ich hier, wie gesagt, diesen Punkt nur in Anregung bringen möchte: jedenfalls wird durch eine solche Vereidigung ohne allen Zweck der Wühlerei eine neue Handhabe geboten.‥… Deshalb geht unsere Ansicht dahin, daß die Volksvertreter, daß das ganze Land in Betracht, daß an der bewährten Militärverfassung nicht gerüttelt werden darf, die Eidesleistung ablehnen, und daß die Regierung in Betracht der veränderten Zeitverhältnisse auf diesen Antrag eingehen möge.“

München, 24. Januar.

In Folge der Thronrede und des partikularistischen Geistes, der in den Erklärungen der Regierung sich ausprägt, ist eine merkliche Verstärkung der Linken eingetreten. Schon gleich nach der Eröffnung gingen zehn Mitglieder des Centrums zur entschiedenen Opposition über, und gestern Nachmittag erfocht bei der Wahl der Adreß-Kommission die Linke einen vollkommenen Sieg.

!!! Frankfurt, 26. Jan.

National-Versammlung. Tagesordnung: Berathung über den „Reichsrath“. — Simson präsidirt.

Wurm stellt im Namen des Petitions-Ausschusses den dringlichen Antrag, daß (besonders mit Rücksicht auf die Oberhauptsfrage) alle Ausschüsse der Versammlung Bericht erstatten, über die an sie gelangten Petitionen.

Die Versammlung erkennt die Dringlichkeit.

Waiz (Präsident des Verfassungs-Ausschusses) spricht gegen den Antrag. Es seien die vorliegenden Berathungen wichtiger als die Petitionen. Soll heißen:

Die Stimme des Volks (durch die Petitionen) ist unwichtig gegen den vorliegenden Professorenquatsch.

(Dem Verfassungs-Ausschuß sind über 3000 Petitionen zugegangen.)

Eisenstuck, Goltz aus Brieg und Lette sprechen für den Antrag.

Der Antrag des Petitions-Ausschusses wird angenommen. Rechte und rechtes Centrum blieben sitzen.

Diskussion über den „Reichsrath.“

Schütz aus Mainz: Dies neue Institut sei nur geschaffen, um das monarchische Prinzip an die Stelle des demokratischen in die Verfassung zu bringen. Schon durch den angenommenen Artikel vom Reichsoberhaupt, sei demselben wahrhaftig Stärke genug gegeben, man brauche nicht noch einen „Reichsrath“ beizufügen, der zwar im Entwurf sehr unschuldig aussieht, aber doch nur dazu dasein kann, ein Collegium für fürstliche Interessen und Zwecke zu werden, als Wall gegen die Demokratie, die doch jetzt augenscheinlich unaufhaltsam Deutschland durchströmt. (Die neuen preußischen Wahlen sind allerdings ein exemplum ad oculos.) Sie werden durch Ihr Oktroyiren des monarchischen Prinzips in Deutschland denselben Kampf hervorrufen, der auch in andern Ländern durchgekämpft wurde. Brutus-Bassermann habe Frankreich im Vergleich zu den konstitutionellen Ländern deshalb tiefer gestellt, weil es seit 1789 an 23 Regierungen gehabt hat — aber er habe ganz vergessen zu sagen, daß eben des Constitutionalismus wegen, Frankreich so viele und doch noch keine genügende Verfassung gehabt. Dagegen lobposaune Herr Bassermann für England! — England sei gar keine konstitutionelle Monarchie; es sei die freiste Entwickelung der Aristokratie. Wenn die Chartisten im Unterhaus festen Boden gefaßt haben werden, dann erst wird die Demokratie die Verfassung Englands durchdringen und es mit Deutschland zu vergleichen sein. (Rechts zur Sache! Links: Ruhe!)

Die Partei des edlen Brutus will sich nicht überzeugen, daß Schütz bei der Sache ist. — „Nur die breiteste Entfaltung des demokratischen Prinzips in der Verfassung könne den gewaltsamen Zusammenstoß in Deutschland verhüten“, damit schließt Schütz. (Beifall.)

Jahn spricht Unsinn für den „Reichsrath“ („Der Maaßmann hat sich jüngst gekämmt, wie deutsche Blätter melden.“)

Buß (Ultramontan) für Beseitigung des ganzen Artikels „vom Reichsrath.“ Er macht heut keine Späße, folglich ist er sehr langweilig.

Welker für den Reichsrath Er sieht darin eine Rettung seines Abgotts des fast einstimmig verworfenen Direktoriums. — Heute ist er wieder ganz der alte Welker. — Er poltert für die Fürsten.

Die allgemeine Debatte wird geschlossen und der langweilige

Beseler empfiehlt noch zum Ueberfluß den Reichsrath. Schüler von Jena (für die Minorität) spricht kräftig und scharf gegen das Institut. Die Minorität des Verfassungsausschusses: H. Simon, Wigard, Reh, Schüler etc. stellen den präjudiziellen Antrag: „Die N.-V. möge beschließen, den von der Majorität des Verfassungsausschusses in 6 Paragraphen vorgeschlagenen Entwurf vom „Reichsrath“ in die Verfassung nicht aufzunehmen.“ Wird in namentlicher Abstimmung mit 211 Stimmen gegen 200 verworfen. (Also 11 Stimmen Majorität für den Reichsrath!!!) Nach diesem glorreichen Siege der Kaiserlichen geht man zu dem Dahlmann-Beseler'schen Reichsrath selbst. (Also für Deutschland ein Kaiser, ein Reichsrath, ein Staatenhaus, ein Volkshaus, — es fehlt nur noch ein Reichsabtritt. —)

Der Reichsrath.
Artikel I. §. 1.
Der Reichsrath besteht aus Bevollmächtigten der deutschen Staaten (sehr zweifelhaft angenommen.) Jeder im Staatenhaus vertretene Staat oder Staatenverband ernennt dazu ein Mitglied (mit 220 gegen 175 Stimmen verworfen. Links Beifall!) Das Minor.-Erachten an Stelle des verworfenen Satzes: „Preußen, Oestreich, Baiern, Sachsen, Hannover, Würtemberg und Baden ernennen je ein Mitglied, das achte die drei Hessen, das neunte Nassau, Luxemburg, Limburg und Braunschweig, das zehnte Schleswig-Holstein, Lauenburg, beide Meklenburg und Oldenburg, das eilfte die Thüringschen Fürstenthümer, Anhalt, die beiden Lippe, Waldek, Hohenzollern, Lichtenstein, das zwölfte die vier freien Städte — (wird mit 206 Stimmen gegen 204 verworfen. Links Gelächter und Bravo!) —

„Die Ernennung der Mitglieder des Reichsraths geschieht durch die Regierungen der betreffenden Staaten und Staatenverbände.“ (Dieser Satz war offenbar verworfen. — Simson, in gewohnter Parteilichkeit, erklärt ohne Umstände den Satz für angenommen. Links heftiger Tumult und Unwillen. Statt post festum Skandal zu machen, sollten die ganz matten und gleichgültigen Mitglieder der Linken bei so zweifelhaften Majoritäten als der jetzigen stets auf namentliche Abstimmung dringen).

§. 2.
Der Reichsrath bildet ein begutachtendes Collegium. Derselbe tritt am Sitz der Reichsregierung zusammen. Den Vorsitz im Reichsrathe führt der Bevollmächtigte des größten deutschen Staates, dessen Regent nicht das Reichsoberhaupt ist.
§. 3.
Die Beschlüsse des Reichsraths werden durch Stimmenmehrheit gefaßt. —
§. 4.
Die Reichsminister sind berechtigt den Sitzungen des Reichsrathes beizuwohnen oder sich in denselben durch Commissarien vertreten zu lassen. —
§. 5.
Dem Reichsrath sind die Gesetzentwürfe, welche die Reichsregierung bei dem Reichstage einbringen will, zur Begutachtung vorzulegen. — Der Reichsrath hat sein Gutachten binnen einer jedesmal von der Reichsregierung zu bestimmenden Frist zu erstatten. Wird diese Frist nicht eingehalten, so ist die Reichsregierung hierdurch an dem Einbringen des Gesetzentwurfs bei dem Reichstag nicht behindert.
§. 6.
Die Reichsregierung ist befugt in allen Fällen, in welchen es ihr angemessen erscheint, das Gutachten des Reichsrathes einzuziehen. — (Somit ist der Reichsrath zusammengearbeitet. Alle 6 §§. wurden so zweifelhaft angenommen, daß man sagen kann. Hr. Simson hat den Reichsrath oktroyirt.)

Simon von Trier stellt den dringlichen Antrag: die Nationalversammlung verfügt die Aufhebung der Haft gegen Temme und beauftragt das Reichsministerium mit der schleunigen Ausführung dieses Beschlusses. —

Die Dringlichkeit des Antrags wird zur Noth anerkannt. Die ganze Rechte und das rechte Centrum blieben sitzen. Simon spricht für seinen Antrag. Bassermann dagegen. Beseler beantragt Tagesordnung. Vogt für den Simon'schen Antrag. Mohl (Justizminister) dagegen, schlägt vor, „eine dringende Aufforderung zur Einsendung der Wahlakten des p. Temme an die preuß. Regierung ergehen zu lassen.“ Beseler's Tagesordnung wird verworfen, eben so Ludwig Simon's Antrag. Des Justizministers Qualm wird angenommen. — Schluß 3 Uhr. Nächste Sitzung Montag.

Prag, 23. Jan.

Die hiesige Nationalgarde hatte vor den Oktobertagen Wiens 6000 Stück Aerarialgewehre zur Bewaffnung erhalten; jetzt verlangt das Generalkommando in höherm Auftrage die Bezahlung von 36,000 Fl. C.-M. dafür, oder die sogleich zu erfolgende Rückerstattung derselben in die Zeughäuser. Man weiß recht gut, daß die Finanzen der Stadt so zerrüttet sind, daß an eine Zahlung nicht zu denken ist; muß nun die Rückgabe der Gewehre erfolgen, so ist unsere Garde entwaffnet, ohne Grund zum Protest zu haben.

Italien.
Rom, 19. Jan.

Obristlieutenant D. Sforza Cesarini ist von der Bürgerwehr zu ihrem General gewählt worden. Die provisorische Regierung hat eine Proklamation erlassen, worin sie allen Völkern Italiens die Zusammenberufung einer römischen Nationalversammlung ankündet. Dieses Aktenstück ruft gleichen Enthusiasmus auch außerhalb Rom's hervor.

068

Die Oestreicher fangen an unruhig über ihre Stellung in der Lombardei zu werden. Welden soll, nach der Concordia, an Radetzki geschrieben haben: er möge sich Venedigs um jeden Preis bemächtigen, da sonst kein Ende der unlösbarsten Verwicklungen abzusehen sei. Radetzki ist von Mailand abgereist um am Oglio, Andere sagen bei Piacenza, ein verschanztes Lager aufzuwerfen.

Dasselbe Blatt theilt mit: Radetzki, der wieder ohne Geld sei, stehe im Begriff eine neue Brandschatzung von 8 Mill. Franken auszuschreiben, was die von der Lombardei seit August bezahlt, außerordentliche Steuern auf 58 Mill. bringen würde.

Inzwischen fürchten die Oesterreicher jeden Tag einen Ausbruch. In Padua, wo man vor einem Ausfall der Venetianer in Angst ist, sind telegraphische Signale, von Soldaten bewacht, längs der Eisenbahn angebracht. Am 8. hat man die Truppen den Eid erneuern lassen. Die 400 Ungarn, die in der Garnison sind, werden ununterbrochen bewacht.

In Bassano hat zwischen den k. k. Truppen und den Konstribirten ein blutiger Kampf stattgefunden, den erst neue Verstärkungen unterdrücken konnten. Zur Strafe wurden dem Bezirk 30,000 Fr. Buße auferlegt. Werden sie nicht zur bestimmten Zeit gezahlt, so kommen für jede Stunde noch 200 Fr. Zinsen dazu.

** Neapel, 16. Jan.

Die Regierung hat zwar die Unterdrückung mehrerer Journale, namentlich des „Independente“ und des „Telegrafo“, durchzusetzen gewußt, kann aber immer noch nicht das Erscheinen neuer, in dem nämlichen, ja in einem schärferen Oppositionsgeiste geschriebenen Blätter verhindern. So ist an die Stelle der obengedachten Journale „La Giovine Italia“ getreten, deren Titel allein schon der Regierungspartei Kolikanfälle verursacht haben würde und der Inhalt noch mehr. Auf diese Weise zieht sich der Krieg gegen die Presse in die Länge. Das Kriminalgericht hat den Muth und die Ehrenhaftigkeit bewiesen — warum läßt der Scharfrichter Ferdinand nicht gewisse preußische Gerichte kommen, die, wie die neuesten Vorfälle zeigen, vortrefflich zu ihm passen würden? —, das gerichtliche Verfahren gegen den „Independente“ entschieden abzulehnen. In Betreff des „Telegrafo“ schwebt die Untersuchung noch, wird aber wahrscheinlich eben so ausfallen. Zur Eröffnung der Kammern am 1. Februar werden schon jetzt Vorbereitungen getroffen.

Französische Republik.
068 Paris, 25. Jan.

Der „Revue des deux Mondes“ wird aus guter Quelle mitgetheilt, daß Metternich auf die Nachricht vom Gelingen der Februarrevolution den Franzosen das linke Rheinufer angeboten hatte, um sie dadurch von der Intervention zu Gunsten der Lombardei abzuhalten.

Paris, 26. Jan.

Im Lot-Departement sind Bauernaufstände ausgebrochen. Das dortige Echo berichtet darüber:

„Seit einigen Tagen gibt sich in den Dörfern, welche um Gourdon liegen, eine große Gährung kund; die Bauern wollen die 45 Centimensteuer nicht zahlen; andere wollen überhaupt keine Steuern mehr zahlen und der Präfekt jenes Departements schickte zur Unterstützung der Steuereinnehmer ein Bataillon dahin ab. Er glaubte dadurch einer Revolte vorzubeugen. Aber das Gegentheil ist eingetroffen. In Nozac, Rouffillac, Payrac und Lamothe Fénelon wurde in der Nacht vom 19. Sturm geläutet und etwa fünftausend Bauern, mit Sensen, Hacken, Flinten, Mistgabeln und Stöcken bewaffnet, zogen nach Gourdon, wo der Sitz der Unter-Präfektur ist. Trotzdem das Militär und sieben gegen sie anrückende Gensd'armerie-Abtheilungen sie am Einzuge in die Stadt hindern wollten, waren die Bauern doch bald Herren derselben. Ohne zu rauben und zu plündern, wie es die Stadtbewohner befürchtet, begab sich ein Ausschuß der empörten Bauern in das Präfekturgebäude, wo er den Unterpräfekten, Bürger Martine, vorfand. Sie erklärten ihm, daß sie die Steuer verweigerten und übergaben ihm einen Bogen Papier, worauf diese Erklärung in Form einer Petition an die Nationalversammlung gerichtet war. Er solle zuerst unterschreiben, riefen die Bauern auf dem Platze vor dem Präfekturgebäude und da Martine mehrere Gründe vorschob, so verloren einige der Untenstehenden die Geduld und warfen einige Steine in die Fenster; auch ein Schuß fiel aus der Menge gegen die Truppen, doch hatte ihr Oberoffizier Verstand genug, das Feuer nicht zu erwidern. Bis zum 21. lief daher die Sache ohne Schlacht ab, weil die Bauern die Antwort von der obersten Behörde abwarten wollen. Aber, setzt das „Echo“ hinzu, der Unterpräfekt erhielt einen Hieb auf den Kopf, ferner wurden zwei Soldaten und mehrere Gensdarmen verwundet.“

— Der Minister des Innern, Hr. Leon Faucher, hat heute der Nationalversammlung das Gesetz gegen die Klubs vorgelegt. Alle Klubs sollen geschlossen werden. (!)

— Das Kabinet hält den Ausbruch eines Volkssturms in Paris so nahe, daß es alle Truppen in den Casernen consigntrt und starhe Patronenvorräthe organisirt. Auch mag folgendes Rundschreiben im Moniteur als Beweis dienen:

„Paris, 25. Januar. Mehrere Präfekte haben geglaubt, ihren Posten verlassen und sich nach Paris begeben zu dürfen ohne vorher beim Minister anzufragen. Ich kann ein solches Desertiren in einem Augenblick umsoweniger dulden, wo die Erfüllung der amtlichen Pflichten dringender ist als sonst. Ich benachrichtige daher, daß jeder Präfekt und Unterpräfekt welcher seinen Posten ohne vorherigen Urlaub verläßt, als Demissionär betrachtet wird. Empfangen Sie den Ausdruck meiner Hochachtung

(gez.) Leon Faucher, Minister des Innern.

— Aus Toulon vom 21. Januar erfährt man, daß 1500 Mann auf dem Christoph Columbus — nach Afrika (Algier) eingeschifft worden sind. Vom Papst ist keine Rede.

— Die Mitglieder des Berges, unterrichtet von der Absicht der Minister, alle Klubs zu schließen, sollen den Plan haben in allen volkreichen Vierteln von Paris Klubs zu eröffnen und sie mit ihrer Unverletzlichkeit zu decken.

— Im Corrège-Departement cirkulirt eine Petition um Wiedereintreibung der den Emigrirten unter der Restauration bewilligten Milliarde. Dieser sehr gescheute Einfall findet viel Anklang.

— Nationalversammlung. Sitzung v. 26. Jan. Anfang 2 1/2 Uhr. Präsident Marrast.

Nach Ueberreichung von Petitionen für und gegen Auflösung der Nat.-Vers. und andern interesselosen Geschäften, besteigt Leon Faucher, Minister des Innern, die Bühne und verliest einen Gesetzentwurf gegen die Klubs. Darin heißt es:

1) Die Klubs sind untersagt.
2) In Contraventionsfällen trifft die Zuwiderhandelnden eine Strafe von 100 bis 500 Fr.
3) Jeden, der sein Lokal leiht, trifft dieselbe Strafe.
4) Das Gesetz vom 28. Juli 1848 ist abgeschafft.

Der Minister verlangt Dringlichkeit.

Man begreift, daß der Minister hauptsächtlich in Bezug auf die Lage von Paris die Dringlichkeit verlangte. Sobald der Minister ausgesprochen, eilt Gent auf die Bühne und protestirt mit großer Heftigkeit gegen diesen Vorschlag eines Verfassungsbruchs. Marrast ruft ihn zur Ordnung und die Versammlung spricht die Dringlichkeit aus. Auf Marrast's Vorschlag wird Berichterstattung und Debatte auf morgen festgesetzt.

Die Versammlung kehrt hierauf zum 5. Titel der Staatsrathsorganisation zurück.

Die Artikel 30 bis 50 (von den Prozedurformen handelnd) gehen durch.

Die Debatte wird beim Artikel 50 des Entwurfs abgebrochen und die Sitzung um 6 1/4 Uhr geschlossen.

068 Perpignan, 18. Jan.

Concha ist krank; Villalonga wird ihn ersetzen. Herrlicher Stellvertreter! Die Diligence von Perpignan ist seit drei Tagen genöthigt, in Perthus zu halten, welches an den äußersten Gränzen liegt. Figueras ist blokirt von den Truppen Cabreras; die Blokade besteht darin, daß die „Matines“ Patrouillen machen um die Stadt, und die Einwohner bis unter den Kanonen des Platzes wegrauben. Die „Matines“ haben zur Bedingung gestellt, daß Figueras und Gerona Contributionen zahlen.

Schweiz.
Neuenburg, 23. Jan.

Ueber die gestern gemeldete Royalisten-Demonstration wird der „Berner Ztg.“ Nachstehendes berichtet: In Ausführung des freisinnigen neuen Gesetzes über die Wahl der Geistlichen hat der Staatsrath die Wiederbesetzung sämmtlicher Pfarrstellen angeordnet. In der Stadt siegten die Konservativen, resp. die Royalisten. Mit Sang und Klang, geschaart um ihre Fahnen, durchzogen sie gestern die Stadt, und unter dem wiederholten Rufe: „Es lebe der König von Preußen! Nieder mit der Schweiz!“ gelangten sie vor das Schloß, welches Regierungslokal ist. Was sie da wollten, bewies der Inhalt ihres Gebrülls, der in Verbindung gesetzt werden muß mit bereits längst umlaufenden Gerüchten von Putschversuchen, von denen die Regierung Kenntniß hatte. Hr. Staatsrath Steck trat vor die preußischen Ruhestörer hin und forderte sie auf, auseinander zu gehen. Die Antwort waren schwere Mißhandlungen dieses geachteten Magistraten. Inzwischen war die Bürgerwache aufgeboten worden, und ihrem Sinn für Ordnung und ihrer Energie gelang es bald, in Gemeinschaft mit dem von allen Seiten massenhaft herbeieilenden Zuzug, die Wühler zu zerstreuen. In Folge dieses frechen Attentats auf die jetzige freisinnige Ordnung der Dinge sind mehrere der unverbesserlichsten Royalisten, wie Chambrier und Calame, an den Schatten gebracht worden.

Großbritannien.
* London, 26. Jan.

Der beste Beweis, daß uns bald wieder eine europäische Revolution bevorsteht, liegt in der gränzenlosen Sicherheit und dem steigenden Uebermuth der hohen Finanz. Das Vertrauen kehrt allmählig wieder, namentlich in England.

Die Consols standen im Januar und Februar 89-89 1/2; nach der Februarrevolution 84; Ende März 80. Jetzt stehen sie 91, also höher als vor dem Februar. So sicher glaubt sich die engl. hohe Bourgeoisie. Aber je sicherer steist, desto näher ihr Sturz!

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          <p><pb facs="#f0002" n="1136"/>
Hrn. Marx, als ihren Kandidaten hinstellten. Allein der Jude siegte über den frommen, geistlichen Herren und der Himmel wollte durchaus mit keinem Mirakel zu Hülfe springen. In dem heiligen Trier ist Aehnliches noch nicht erhört worrden! &#x2014; Aber die Herren Pfaffen, haben es diesmal erfahren müssen, daß sie <hi rendition="#g">das</hi> Volk nicht mehr vor sich haben, das vor 4 Jahren noch zu ihren Lappen wallfahrtete, mit den Worten: &#x201E;o, heil'ger Rock, du elfenbeinerner Thurm, bitt' für uns!&#x201C;</p>
          <p>Auf dem Lande sind die Wahlen auch größtentheils im demokratischen Sinne ausgefallen, und ich glaube deshalb Ihnen bereits heute mit Bestimmtheit die Wahl der Herren <hi rendition="#g">Otto</hi> und <hi rendition="#g">Ludwig Simon</hi> für die zweite Kammer bezeichnen zu können. &#x2014; Zum Schlusse kann ich nicht ermangeln, der hiesigen Turngemeinde besonders belobend zu erwähnen. Die Mitglieder derselben haben sich bei Gelegenheit der Wahlen ganz vorzugsweise durch rastlosen Eifer für die Sache der Demokratie ausgezeichnet, was denselben auf das dankendste anzuerkennen ist.</p>
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          <head><bibl><author>133</author></bibl> Aus Westphalen, 25. März.</head>
          <p>In einer Mittheilung der Hauptverwaltung der Darlehnskassen d. d. Berlin, den 28. November 1848, an die Regierungspräsidien heißt es unter andern, wie folgt:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Zur Richtschnur für die Kassenbeamten bemerken wir noch, daß die Darlehns-Kassenscheine à 5 Thlr. in 11 Serien unter 8000 Nummern in jeder Serie und von jeder Nummer 10 Exemplare, die Darlehns-Kassen-Scheine à 1 Thlr. aber in 13 Serien unter 10,000 Nummern in jeder Serie und von jeder Nummer 10 Exemplare ausgefertigt worden sind.&#x201C;</p>
          <p>Hieraus ergiebt sich, daß 880,000 Stück Darlehns-Kassen-Scheine à 5 Thlr. und 6,300,000 Stück à 1 Thlr. ausgefertigtworden sind, welche zusammen die Summe von 10,700,000 Thlr. repräsentiren.</p>
          <p>Im § 2 des Gesetzes vom 15. April 1848 heißt es dagegen wörtlich:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Der Gesammtbetrag der Darlehns-Kassen-Scheine soll zehn Millionen Thaler nicht überschreiten.&#x201C;</p>
          <p>Nach den seitherigen amtlichen Bekanntmachungen sind zwar bis jetzt nur pp. 7 Millionen Thaler Darlehns-Kassen-Scheine ausgegeben worden. Es wirft sich aber die Frage auf, weshalb sind für 700,000 Thlr. Darlehns-Kassen-Scheine mehr ausgefertigt worden, als nach dem oben allegirten Gesetze ausgegeben werden dürfen?</p>
          <p>Und wenn auch bei der Ausgabe der Darlehns-Kassen-Scheine die Summe von 10 Millionen Thalern nicht überschritten werden sollte, so ist es doch &#x2014; namentlich auch, um die Aechtheit der circulirenden Darlehns-Kassen-Scheine prüfen zu können &#x2014; durchaus erforderlich, daß man diejenigen Nummern bekannt macht, welche nicht ausgegeben, sondern vernichtet werden.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 25. Jan.</head>
          <p>Es ist gut, an der Quelle zu schöpfen. Was die christlich-germanische Regierung des Königs von Preußen bis jetzt gethan, wissen wir; was sie fernerhin vor hat &#x2014; da sie nicht auf einmal Alles vernichten kann &#x2014;: Wer könnte besser darüber Aufschluß geben, als grade das bei Hof so angesehene Blatt: die &#x201E;Galgenzeitung&#x201C;, als das Organ eben jener Regierung? Es lohnt sich deshalb der Mühe, von Zeit zu Zeit jenes Blatt selbstredend einzuführen. Diesmal genüge folgende ihm wörtlich entlehnte Stelle:</p>
          <p>&#x201E;Der erste Punkt nun, den ich erwähnen wollte, ist in den letzten Jahren schon vielfach pro und contra besprochen worden: die Vereidung des Militärs auf die Verfassung. Die Forderung dieser Vereidigung ist offenbar in einer Zeit des Ringens vom Mißtrauen gefordert, von demselben Mißtrauen, das die Bürgerwehr ins Leben rief, von demselben Mißtrauen, das bis auf die Wurzel verschwunden sein muß, wenn wir anders einer erklecklichen Zukunft entgegen gehen wollen.</p>
          <p>Von dem Einfluß der Vereidigung auf die Disziplin will ich nicht reden, da ich hier, wie gesagt, diesen Punkt nur in Anregung bringen möchte: jedenfalls wird durch eine solche Vereidigung ohne allen Zweck der Wühlerei eine neue Handhabe geboten.&#x2025;&#x2026; Deshalb geht unsere Ansicht dahin, daß die Volksvertreter, daß das ganze Land in Betracht, daß an der bewährten Militärverfassung nicht gerüttelt werden darf, die Eidesleistung ablehnen, und daß die Regierung in Betracht der veränderten Zeitverhältnisse auf diesen Antrag eingehen möge.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar207-2_011" type="jArticle">
          <head>München, 24. Januar.</head>
          <p>In Folge der Thronrede und des partikularistischen Geistes, der in den Erklärungen der Regierung sich ausprägt, ist eine merkliche Verstärkung der Linken eingetreten. Schon gleich nach der Eröffnung gingen zehn Mitglieder des Centrums zur entschiedenen Opposition über, und gestern Nachmittag erfocht bei der Wahl der Adreß-Kommission die Linke einen vollkommenen Sieg.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 26. Jan.</head>
          <p>National-Versammlung. Tagesordnung: Berathung über den &#x201E;Reichsrath&#x201C;. &#x2014; Simson präsidirt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Wurm</hi> stellt im Namen des Petitions-Ausschusses den dringlichen Antrag, daß (besonders mit Rücksicht auf die Oberhauptsfrage) alle Ausschüsse der Versammlung Bericht erstatten, über die an sie gelangten Petitionen.</p>
          <p>Die Versammlung erkennt die Dringlichkeit.</p>
          <p><hi rendition="#g">Waiz</hi> (Präsident des Verfassungs-Ausschusses) spricht gegen den Antrag. Es seien die vorliegenden Berathungen wichtiger als die Petitionen. Soll heißen:</p>
          <p rendition="#et">Die Stimme des Volks (durch die Petitionen) ist unwichtig gegen den vorliegenden Professorenquatsch.</p>
          <p>(Dem Verfassungs-Ausschuß sind über 3000 Petitionen zugegangen.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Eisenstuck, Goltz</hi> aus Brieg und Lette sprechen für den Antrag.</p>
          <p>Der Antrag des Petitions-Ausschusses wird angenommen. Rechte und rechtes Centrum blieben sitzen.</p>
          <p>Diskussion über den &#x201E;Reichsrath.&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Schütz</hi> aus Mainz: Dies neue Institut sei nur geschaffen, um das monarchische Prinzip an die Stelle des demokratischen in die Verfassung zu bringen. Schon durch den angenommenen Artikel vom Reichsoberhaupt, sei demselben wahrhaftig Stärke genug gegeben, man brauche nicht noch einen &#x201E;Reichsrath&#x201C; beizufügen, der zwar im Entwurf sehr unschuldig aussieht, aber doch nur dazu dasein kann, ein Collegium für fürstliche Interessen und Zwecke zu werden, als Wall gegen die Demokratie, die doch jetzt augenscheinlich unaufhaltsam Deutschland durchströmt. (Die neuen preußischen Wahlen sind allerdings ein exemplum ad oculos.) Sie werden durch Ihr Oktroyiren des monarchischen Prinzips in Deutschland denselben Kampf hervorrufen, der auch in andern Ländern durchgekämpft wurde. Brutus-Bassermann habe Frankreich im Vergleich zu den konstitutionellen Ländern deshalb tiefer gestellt, weil es seit 1789 an 23 Regierungen gehabt hat &#x2014; aber er habe ganz vergessen zu sagen, daß eben des Constitutionalismus wegen, Frankreich so viele und doch noch keine genügende Verfassung gehabt. Dagegen lobposaune Herr Bassermann für England! &#x2014; England sei gar keine konstitutionelle Monarchie; es sei die freiste Entwickelung der Aristokratie. Wenn die Chartisten im Unterhaus festen Boden gefaßt haben werden, dann erst wird die Demokratie die Verfassung Englands durchdringen und es mit Deutschland zu vergleichen sein. (Rechts zur Sache! Links: Ruhe!)</p>
          <p>Die Partei des edlen Brutus will sich nicht überzeugen, daß Schütz bei der Sache ist. &#x2014; &#x201E;Nur die breiteste Entfaltung des demokratischen Prinzips in der Verfassung könne den gewaltsamen Zusammenstoß in Deutschland verhüten&#x201C;, damit schließt Schütz. (Beifall.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Jahn</hi> spricht Unsinn für den &#x201E;Reichsrath&#x201C; (&#x201E;Der Maaßmann hat sich jüngst gekämmt, wie deutsche Blätter melden.&#x201C;)</p>
          <p><hi rendition="#g">Buß</hi> (Ultramontan) für Beseitigung des ganzen Artikels &#x201E;vom Reichsrath.&#x201C; Er macht heut keine Späße, folglich ist er sehr langweilig.</p>
          <p><hi rendition="#g">Welker</hi> für den Reichsrath Er sieht darin eine Rettung seines Abgotts des fast einstimmig verworfenen Direktoriums. &#x2014; Heute ist er wieder ganz der alte Welker. &#x2014; Er poltert für die Fürsten.</p>
          <p>Die allgemeine Debatte wird geschlossen und der langweilige</p>
          <p><hi rendition="#g">Beseler</hi> empfiehlt noch zum Ueberfluß den Reichsrath. <hi rendition="#g">Schüler</hi> von Jena (für die Minorität) spricht kräftig und scharf gegen das Institut. Die Minorität des Verfassungsausschusses: H. <hi rendition="#g">Simon, Wigard, Reh, Schüler etc.</hi> stellen den präjudiziellen Antrag: &#x201E;Die N.-V. möge beschließen, den von der Majorität des Verfassungsausschusses in 6 Paragraphen vorgeschlagenen Entwurf vom &#x201E;<hi rendition="#g">Reichsrath</hi>&#x201C; in die Verfassung <hi rendition="#g">nicht</hi> aufzunehmen.&#x201C; Wird in namentlicher Abstimmung mit 211 Stimmen gegen 200 <hi rendition="#g">verworfen</hi>. (Also 11 Stimmen Majorität für den Reichsrath!!!) Nach diesem glorreichen Siege der Kaiserlichen geht man zu dem Dahlmann-Beseler'schen Reichsrath selbst. (Also für Deutschland ein Kaiser, ein Reichsrath, ein Staatenhaus, ein Volkshaus, &#x2014; es fehlt nur noch ein Reichsabtritt. &#x2014;)</p>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#g">Der Reichsrath</hi>.<lb/><hi rendition="#g">Artikel I. §. 1.</hi><lb/>
Der Reichsrath besteht aus Bevollmächtigten der deutschen Staaten (sehr zweifelhaft <hi rendition="#g">angenommen</hi>.) Jeder im Staatenhaus vertretene Staat oder Staatenverband ernennt dazu ein Mitglied (mit 220 gegen 175 Stimmen verworfen. Links Beifall!) Das Minor.-Erachten an Stelle des verworfenen Satzes: &#x201E;Preußen, Oestreich, Baiern, Sachsen, Hannover, Würtemberg und Baden ernennen je ein Mitglied, das achte die drei Hessen, das neunte Nassau, Luxemburg, Limburg und Braunschweig, das zehnte Schleswig-Holstein, Lauenburg, beide Meklenburg und Oldenburg, das eilfte die Thüringschen Fürstenthümer, Anhalt, die beiden Lippe, Waldek, Hohenzollern, Lichtenstein, das zwölfte die vier freien Städte &#x2014; (wird mit 206 Stimmen gegen 204 <hi rendition="#g">verworfen</hi>. Links Gelächter und Bravo!) &#x2014;</p>
          <p>&#x201E;Die Ernennung der Mitglieder des Reichsraths geschieht durch die Regierungen der betreffenden Staaten und Staatenverbände.&#x201C; (Dieser Satz war offenbar verworfen. &#x2014; <hi rendition="#g">Simson,</hi> in gewohnter Parteilichkeit, erklärt ohne Umstände den Satz für angenommen. Links heftiger Tumult und Unwillen. Statt post festum Skandal zu machen, sollten die ganz matten und gleichgültigen Mitglieder der Linken bei so zweifelhaften Majoritäten als der jetzigen stets auf namentliche Abstimmung dringen).</p>
          <p rendition="#et">§. 2.<lb/>
Der Reichsrath bildet ein begutachtendes Collegium. Derselbe tritt am Sitz der Reichsregierung zusammen. Den Vorsitz im Reichsrathe führt der Bevollmächtigte des größten deutschen Staates, dessen Regent nicht das Reichsoberhaupt ist.<lb/>
§. 3.<lb/>
Die Beschlüsse des Reichsraths werden durch Stimmenmehrheit gefaßt. &#x2014;<lb/>
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Die Reichsminister sind berechtigt den Sitzungen des Reichsrathes beizuwohnen oder sich in denselben durch Commissarien vertreten zu lassen. &#x2014;<lb/>
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Dem Reichsrath sind die Gesetzentwürfe, welche die Reichsregierung bei dem Reichstage einbringen will, zur Begutachtung vorzulegen. &#x2014; Der Reichsrath hat sein Gutachten binnen einer jedesmal von der Reichsregierung zu bestimmenden Frist zu erstatten. Wird diese Frist nicht eingehalten, so ist die Reichsregierung hierdurch an dem Einbringen des Gesetzentwurfs bei dem Reichstag nicht behindert.<lb/>
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Die Reichsregierung ist befugt in allen Fällen, in welchen es ihr angemessen erscheint, das Gutachten des Reichsrathes einzuziehen. &#x2014; (Somit ist der Reichsrath zusammengearbeitet. Alle 6 §§. wurden so zweifelhaft <hi rendition="#g">angenommen,</hi> daß man sagen kann. Hr. Simson hat den Reichsrath oktroyirt.)</p>
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          <p>Dasselbe Blatt theilt mit: Radetzki, der wieder ohne Geld sei, stehe im Begriff eine neue Brandschatzung von 8 Mill. Franken auszuschreiben, was die von der Lombardei seit August bezahlt, außerordentliche Steuern auf 58 Mill. bringen würde.</p>
          <p>Inzwischen fürchten die Oesterreicher jeden Tag einen Ausbruch. In Padua, wo man vor einem Ausfall der Venetianer in Angst ist, sind telegraphische Signale, von Soldaten bewacht, längs der Eisenbahn angebracht. Am 8. hat man die Truppen den Eid erneuern lassen. Die 400 Ungarn, die in der Garnison sind, werden ununterbrochen bewacht.</p>
          <p>In Bassano hat zwischen den k. k. Truppen und den Konstribirten ein blutiger Kampf stattgefunden, den erst neue Verstärkungen unterdrücken konnten. Zur Strafe wurden dem Bezirk 30,000 Fr. Buße auferlegt. Werden sie nicht zur bestimmten Zeit gezahlt, so kommen für jede Stunde noch 200 Fr. Zinsen dazu.</p>
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        <div xml:id="ar207-2_016" type="jArticle">
          <head><bibl><author>**</author></bibl> Neapel, 16. Jan.</head>
          <p>Die Regierung hat zwar die Unterdrückung mehrerer Journale, namentlich des &#x201E;Independente&#x201C; und des &#x201E;Telegrafo&#x201C;, durchzusetzen gewußt, kann aber immer noch nicht das Erscheinen neuer, in dem nämlichen, ja in einem schärferen Oppositionsgeiste geschriebenen Blätter verhindern. So ist an die Stelle der obengedachten Journale &#x201E;La Giovine Italia&#x201C; getreten, deren Titel allein schon der Regierungspartei Kolikanfälle verursacht haben würde und der Inhalt noch mehr. Auf diese Weise zieht sich der Krieg gegen die Presse in die Länge. Das Kriminalgericht hat den Muth und die Ehrenhaftigkeit bewiesen &#x2014; warum läßt der Scharfrichter Ferdinand nicht gewisse preußische Gerichte kommen, die, wie die neuesten Vorfälle zeigen, vortrefflich zu ihm passen würden? &#x2014;, das gerichtliche Verfahren gegen den &#x201E;Independente&#x201C; entschieden abzulehnen. In Betreff des &#x201E;Telegrafo&#x201C; schwebt die Untersuchung noch, wird aber wahrscheinlich eben so ausfallen. Zur Eröffnung der Kammern am 1. Februar werden schon jetzt Vorbereitungen getroffen.</p>
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      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar207-2_017" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Paris, 25. Jan.</head>
          <p>Der &#x201E;Revue des deux Mondes&#x201C; wird aus guter Quelle mitgetheilt, daß Metternich auf die Nachricht vom Gelingen der Februarrevolution den Franzosen das linke Rheinufer angeboten hatte, um sie dadurch von der Intervention zu Gunsten der Lombardei abzuhalten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar207-2_018" type="jArticle">
          <head>Paris, 26. Jan.</head>
          <p>Im Lot-Departement sind Bauernaufstände ausgebrochen. Das dortige Echo berichtet darüber:</p>
          <p>&#x201E;Seit einigen Tagen gibt sich in den Dörfern, welche um Gourdon liegen, eine große Gährung kund; die Bauern wollen die 45 Centimensteuer nicht zahlen; andere wollen überhaupt keine Steuern mehr zahlen und der Präfekt jenes Departements schickte zur Unterstützung der Steuereinnehmer ein Bataillon dahin ab. Er glaubte dadurch einer Revolte vorzubeugen. Aber das Gegentheil ist eingetroffen. In Nozac, Rouffillac, Payrac und Lamothe Fénelon wurde in der Nacht vom 19. Sturm geläutet und etwa fünftausend Bauern, mit Sensen, Hacken, Flinten, Mistgabeln und Stöcken bewaffnet, zogen nach Gourdon, wo der Sitz der Unter-Präfektur ist. Trotzdem das Militär und sieben gegen sie anrückende Gensd'armerie-Abtheilungen sie am Einzuge in die Stadt hindern wollten, waren die Bauern doch bald Herren derselben. Ohne zu rauben und zu plündern, wie es die Stadtbewohner befürchtet, begab sich ein Ausschuß der empörten Bauern in das Präfekturgebäude, wo er den Unterpräfekten, Bürger Martine, vorfand. Sie erklärten ihm, daß sie die Steuer verweigerten und übergaben ihm einen Bogen Papier, worauf diese Erklärung in Form einer Petition an die Nationalversammlung gerichtet war. Er solle zuerst unterschreiben, riefen die Bauern auf dem Platze vor dem Präfekturgebäude und da Martine mehrere Gründe vorschob, so verloren einige der Untenstehenden die Geduld und warfen einige Steine in die Fenster; auch ein Schuß fiel aus der Menge gegen die Truppen, doch hatte ihr Oberoffizier Verstand genug, das Feuer nicht zu erwidern. Bis zum 21. lief daher die Sache ohne Schlacht ab, weil die Bauern die Antwort von der obersten Behörde abwarten wollen. Aber, setzt das &#x201E;Echo&#x201C; hinzu, der Unterpräfekt erhielt einen Hieb auf den Kopf, ferner wurden zwei Soldaten und mehrere Gensdarmen verwundet.&#x201C;</p>
          <p>&#x2014; Der Minister des Innern, Hr. Leon Faucher, hat heute der Nationalversammlung das <hi rendition="#g">Gesetz gegen die Klubs</hi> vorgelegt. Alle Klubs sollen geschlossen werden. (!)</p>
          <p>&#x2014; Das Kabinet hält den Ausbruch eines Volkssturms in Paris so nahe, daß es alle Truppen in den Casernen consigntrt und starhe Patronenvorräthe organisirt. Auch mag folgendes Rundschreiben im Moniteur als Beweis dienen:</p>
          <p>&#x201E;Paris, 25. Januar. Mehrere Präfekte haben geglaubt, ihren Posten verlassen und sich nach Paris begeben zu dürfen ohne vorher beim Minister anzufragen. Ich kann ein solches Desertiren in einem Augenblick umsoweniger dulden, wo die Erfüllung der amtlichen Pflichten dringender ist als sonst. Ich benachrichtige daher, daß jeder Präfekt und Unterpräfekt welcher seinen Posten ohne vorherigen Urlaub verläßt, als Demissionär betrachtet wird. Empfangen Sie den Ausdruck meiner Hochachtung</p>
          <p>(gez.) <hi rendition="#g">Leon Faucher,</hi> Minister des Innern.</p>
          <p>&#x2014; Aus Toulon vom 21. Januar erfährt man, daß 1500 Mann auf dem Christoph Columbus &#x2014; nach Afrika (Algier) eingeschifft worden sind. Vom Papst ist keine Rede.</p>
          <p>&#x2014; Die Mitglieder des Berges, unterrichtet von der Absicht der Minister, alle Klubs zu schließen, sollen den Plan haben in allen volkreichen Vierteln von Paris Klubs zu eröffnen und sie mit ihrer Unverletzlichkeit zu decken.</p>
          <p>&#x2014; Im Corrège-Departement cirkulirt eine Petition um Wiedereintreibung der den Emigrirten unter der Restauration bewilligten Milliarde. Dieser sehr gescheute Einfall findet viel Anklang.</p>
          <p>&#x2014; Nationalversammlung. Sitzung v. 26. Jan. Anfang 2 1/2 Uhr. Präsident Marrast.</p>
          <p>Nach Ueberreichung von Petitionen für und gegen Auflösung der Nat.-Vers. und andern interesselosen Geschäften, besteigt Leon Faucher, Minister des Innern, die Bühne und verliest einen Gesetzentwurf gegen die Klubs. Darin heißt es:</p>
          <p rendition="#et">1) Die Klubs sind untersagt.<lb/>
2) In Contraventionsfällen trifft die Zuwiderhandelnden eine Strafe von 100 bis 500 Fr.<lb/>
3) Jeden, der sein Lokal leiht, trifft dieselbe Strafe.<lb/>
4) Das Gesetz vom 28. Juli 1848 ist abgeschafft.</p>
          <p>Der Minister verlangt Dringlichkeit.</p>
          <p>Man begreift, daß der Minister hauptsächtlich in Bezug auf die Lage von Paris die Dringlichkeit verlangte. Sobald der Minister ausgesprochen, eilt Gent auf die Bühne und protestirt mit großer Heftigkeit gegen diesen Vorschlag eines Verfassungsbruchs. Marrast ruft ihn zur Ordnung und die Versammlung spricht die Dringlichkeit aus. Auf Marrast's Vorschlag wird Berichterstattung und Debatte auf morgen festgesetzt.</p>
          <p>Die Versammlung kehrt hierauf zum 5. Titel der Staatsrathsorganisation zurück.</p>
          <p>Die Artikel 30 bis 50 (von den Prozedurformen handelnd) gehen durch.</p>
          <p>Die Debatte wird beim Artikel 50 des Entwurfs abgebrochen und die Sitzung um 6 1/4 Uhr geschlossen.</p>
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        <div xml:id="ar207-2_019" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Perpignan, 18. Jan.</head>
          <p>Concha ist krank; Villalonga wird ihn ersetzen. Herrlicher Stellvertreter! Die Diligence von Perpignan ist seit drei Tagen genöthigt, in Perthus zu halten, welches an den äußersten Gränzen liegt. Figueras ist blokirt von den Truppen Cabreras; die Blokade besteht darin, daß die &#x201E;Matines&#x201C; Patrouillen machen um die Stadt, und die Einwohner bis unter den Kanonen des Platzes wegrauben. Die &#x201E;Matines&#x201C; haben zur Bedingung gestellt, daß Figueras und Gerona Contributionen zahlen.</p>
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        <head>Schweiz.</head>
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          <head>Neuenburg, 23. Jan.</head>
          <p>Ueber die gestern gemeldete Royalisten-Demonstration wird der &#x201E;Berner Ztg.&#x201C; Nachstehendes berichtet: In Ausführung des freisinnigen neuen Gesetzes über die Wahl der Geistlichen hat der Staatsrath die Wiederbesetzung sämmtlicher Pfarrstellen angeordnet. In der Stadt siegten die Konservativen, resp. die Royalisten. Mit Sang und Klang, geschaart um ihre Fahnen, durchzogen sie gestern die Stadt, und unter dem wiederholten Rufe: &#x201E;Es lebe der König von Preußen! Nieder mit der Schweiz!&#x201C; gelangten sie vor das Schloß, welches Regierungslokal ist. Was sie da wollten, bewies der Inhalt ihres Gebrülls, der in Verbindung gesetzt werden muß mit bereits längst umlaufenden Gerüchten von Putschversuchen, von denen die Regierung Kenntniß hatte. Hr. Staatsrath Steck trat vor die preußischen Ruhestörer hin und forderte sie auf, auseinander zu gehen. Die Antwort waren schwere Mißhandlungen dieses geachteten Magistraten. Inzwischen war die Bürgerwache aufgeboten worden, und ihrem Sinn für Ordnung und ihrer Energie gelang es bald, in Gemeinschaft mit dem von allen Seiten massenhaft herbeieilenden Zuzug, die Wühler zu zerstreuen. In Folge dieses frechen Attentats auf die jetzige freisinnige Ordnung der Dinge sind mehrere der unverbesserlichsten Royalisten, wie Chambrier und Calame, an den Schatten gebracht worden.</p>
        </div>
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        <head>Großbritannien.</head>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 26. Jan.</head>
          <p>Der beste Beweis, daß uns bald wieder eine europäische Revolution bevorsteht, liegt in der gränzenlosen Sicherheit und dem steigenden Uebermuth der hohen Finanz. Das Vertrauen kehrt allmählig wieder, namentlich in England.</p>
          <p>Die Consols standen im Januar und Februar 89-89 1/2; nach der Februarrevolution 84; Ende März 80. Jetzt stehen sie 91, also höher als vor dem Februar. So sicher glaubt sich die engl. hohe Bourgeoisie. Aber je sicherer steist, desto näher ihr Sturz!</p>
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</TEI>
[1136/0002] Hrn. Marx, als ihren Kandidaten hinstellten. Allein der Jude siegte über den frommen, geistlichen Herren und der Himmel wollte durchaus mit keinem Mirakel zu Hülfe springen. In dem heiligen Trier ist Aehnliches noch nicht erhört worrden! — Aber die Herren Pfaffen, haben es diesmal erfahren müssen, daß sie das Volk nicht mehr vor sich haben, das vor 4 Jahren noch zu ihren Lappen wallfahrtete, mit den Worten: „o, heil'ger Rock, du elfenbeinerner Thurm, bitt' für uns!“ Auf dem Lande sind die Wahlen auch größtentheils im demokratischen Sinne ausgefallen, und ich glaube deshalb Ihnen bereits heute mit Bestimmtheit die Wahl der Herren Otto und Ludwig Simon für die zweite Kammer bezeichnen zu können. — Zum Schlusse kann ich nicht ermangeln, der hiesigen Turngemeinde besonders belobend zu erwähnen. Die Mitglieder derselben haben sich bei Gelegenheit der Wahlen ganz vorzugsweise durch rastlosen Eifer für die Sache der Demokratie ausgezeichnet, was denselben auf das dankendste anzuerkennen ist. 133 Aus Westphalen, 25. März. In einer Mittheilung der Hauptverwaltung der Darlehnskassen d. d. Berlin, den 28. November 1848, an die Regierungspräsidien heißt es unter andern, wie folgt: „Zur Richtschnur für die Kassenbeamten bemerken wir noch, daß die Darlehns-Kassenscheine à 5 Thlr. in 11 Serien unter 8000 Nummern in jeder Serie und von jeder Nummer 10 Exemplare, die Darlehns-Kassen-Scheine à 1 Thlr. aber in 13 Serien unter 10,000 Nummern in jeder Serie und von jeder Nummer 10 Exemplare ausgefertigt worden sind.“ Hieraus ergiebt sich, daß 880,000 Stück Darlehns-Kassen-Scheine à 5 Thlr. und 6,300,000 Stück à 1 Thlr. ausgefertigtworden sind, welche zusammen die Summe von 10,700,000 Thlr. repräsentiren. Im § 2 des Gesetzes vom 15. April 1848 heißt es dagegen wörtlich: „Der Gesammtbetrag der Darlehns-Kassen-Scheine soll zehn Millionen Thaler nicht überschreiten.“ Nach den seitherigen amtlichen Bekanntmachungen sind zwar bis jetzt nur pp. 7 Millionen Thaler Darlehns-Kassen-Scheine ausgegeben worden. Es wirft sich aber die Frage auf, weshalb sind für 700,000 Thlr. Darlehns-Kassen-Scheine mehr ausgefertigt worden, als nach dem oben allegirten Gesetze ausgegeben werden dürfen? Und wenn auch bei der Ausgabe der Darlehns-Kassen-Scheine die Summe von 10 Millionen Thalern nicht überschritten werden sollte, so ist es doch — namentlich auch, um die Aechtheit der circulirenden Darlehns-Kassen-Scheine prüfen zu können — durchaus erforderlich, daß man diejenigen Nummern bekannt macht, welche nicht ausgegeben, sondern vernichtet werden. * Berlin, 25. Jan. Es ist gut, an der Quelle zu schöpfen. Was die christlich-germanische Regierung des Königs von Preußen bis jetzt gethan, wissen wir; was sie fernerhin vor hat — da sie nicht auf einmal Alles vernichten kann —: Wer könnte besser darüber Aufschluß geben, als grade das bei Hof so angesehene Blatt: die „Galgenzeitung“, als das Organ eben jener Regierung? Es lohnt sich deshalb der Mühe, von Zeit zu Zeit jenes Blatt selbstredend einzuführen. Diesmal genüge folgende ihm wörtlich entlehnte Stelle: „Der erste Punkt nun, den ich erwähnen wollte, ist in den letzten Jahren schon vielfach pro und contra besprochen worden: die Vereidung des Militärs auf die Verfassung. Die Forderung dieser Vereidigung ist offenbar in einer Zeit des Ringens vom Mißtrauen gefordert, von demselben Mißtrauen, das die Bürgerwehr ins Leben rief, von demselben Mißtrauen, das bis auf die Wurzel verschwunden sein muß, wenn wir anders einer erklecklichen Zukunft entgegen gehen wollen. Von dem Einfluß der Vereidigung auf die Disziplin will ich nicht reden, da ich hier, wie gesagt, diesen Punkt nur in Anregung bringen möchte: jedenfalls wird durch eine solche Vereidigung ohne allen Zweck der Wühlerei eine neue Handhabe geboten.‥… Deshalb geht unsere Ansicht dahin, daß die Volksvertreter, daß das ganze Land in Betracht, daß an der bewährten Militärverfassung nicht gerüttelt werden darf, die Eidesleistung ablehnen, und daß die Regierung in Betracht der veränderten Zeitverhältnisse auf diesen Antrag eingehen möge.“ München, 24. Januar. In Folge der Thronrede und des partikularistischen Geistes, der in den Erklärungen der Regierung sich ausprägt, ist eine merkliche Verstärkung der Linken eingetreten. Schon gleich nach der Eröffnung gingen zehn Mitglieder des Centrums zur entschiedenen Opposition über, und gestern Nachmittag erfocht bei der Wahl der Adreß-Kommission die Linke einen vollkommenen Sieg. !!! Frankfurt, 26. Jan. National-Versammlung. Tagesordnung: Berathung über den „Reichsrath“. — Simson präsidirt. Wurm stellt im Namen des Petitions-Ausschusses den dringlichen Antrag, daß (besonders mit Rücksicht auf die Oberhauptsfrage) alle Ausschüsse der Versammlung Bericht erstatten, über die an sie gelangten Petitionen. Die Versammlung erkennt die Dringlichkeit. Waiz (Präsident des Verfassungs-Ausschusses) spricht gegen den Antrag. Es seien die vorliegenden Berathungen wichtiger als die Petitionen. Soll heißen: Die Stimme des Volks (durch die Petitionen) ist unwichtig gegen den vorliegenden Professorenquatsch. (Dem Verfassungs-Ausschuß sind über 3000 Petitionen zugegangen.) Eisenstuck, Goltz aus Brieg und Lette sprechen für den Antrag. Der Antrag des Petitions-Ausschusses wird angenommen. Rechte und rechtes Centrum blieben sitzen. Diskussion über den „Reichsrath.“ Schütz aus Mainz: Dies neue Institut sei nur geschaffen, um das monarchische Prinzip an die Stelle des demokratischen in die Verfassung zu bringen. Schon durch den angenommenen Artikel vom Reichsoberhaupt, sei demselben wahrhaftig Stärke genug gegeben, man brauche nicht noch einen „Reichsrath“ beizufügen, der zwar im Entwurf sehr unschuldig aussieht, aber doch nur dazu dasein kann, ein Collegium für fürstliche Interessen und Zwecke zu werden, als Wall gegen die Demokratie, die doch jetzt augenscheinlich unaufhaltsam Deutschland durchströmt. (Die neuen preußischen Wahlen sind allerdings ein exemplum ad oculos.) Sie werden durch Ihr Oktroyiren des monarchischen Prinzips in Deutschland denselben Kampf hervorrufen, der auch in andern Ländern durchgekämpft wurde. Brutus-Bassermann habe Frankreich im Vergleich zu den konstitutionellen Ländern deshalb tiefer gestellt, weil es seit 1789 an 23 Regierungen gehabt hat — aber er habe ganz vergessen zu sagen, daß eben des Constitutionalismus wegen, Frankreich so viele und doch noch keine genügende Verfassung gehabt. Dagegen lobposaune Herr Bassermann für England! — England sei gar keine konstitutionelle Monarchie; es sei die freiste Entwickelung der Aristokratie. Wenn die Chartisten im Unterhaus festen Boden gefaßt haben werden, dann erst wird die Demokratie die Verfassung Englands durchdringen und es mit Deutschland zu vergleichen sein. (Rechts zur Sache! Links: Ruhe!) Die Partei des edlen Brutus will sich nicht überzeugen, daß Schütz bei der Sache ist. — „Nur die breiteste Entfaltung des demokratischen Prinzips in der Verfassung könne den gewaltsamen Zusammenstoß in Deutschland verhüten“, damit schließt Schütz. (Beifall.) Jahn spricht Unsinn für den „Reichsrath“ („Der Maaßmann hat sich jüngst gekämmt, wie deutsche Blätter melden.“) Buß (Ultramontan) für Beseitigung des ganzen Artikels „vom Reichsrath.“ Er macht heut keine Späße, folglich ist er sehr langweilig. Welker für den Reichsrath Er sieht darin eine Rettung seines Abgotts des fast einstimmig verworfenen Direktoriums. — Heute ist er wieder ganz der alte Welker. — Er poltert für die Fürsten. Die allgemeine Debatte wird geschlossen und der langweilige Beseler empfiehlt noch zum Ueberfluß den Reichsrath. Schüler von Jena (für die Minorität) spricht kräftig und scharf gegen das Institut. Die Minorität des Verfassungsausschusses: H. Simon, Wigard, Reh, Schüler etc. stellen den präjudiziellen Antrag: „Die N.-V. möge beschließen, den von der Majorität des Verfassungsausschusses in 6 Paragraphen vorgeschlagenen Entwurf vom „Reichsrath“ in die Verfassung nicht aufzunehmen.“ Wird in namentlicher Abstimmung mit 211 Stimmen gegen 200 verworfen. (Also 11 Stimmen Majorität für den Reichsrath!!!) Nach diesem glorreichen Siege der Kaiserlichen geht man zu dem Dahlmann-Beseler'schen Reichsrath selbst. (Also für Deutschland ein Kaiser, ein Reichsrath, ein Staatenhaus, ein Volkshaus, — es fehlt nur noch ein Reichsabtritt. —) Der Reichsrath. Artikel I. §. 1. Der Reichsrath besteht aus Bevollmächtigten der deutschen Staaten (sehr zweifelhaft angenommen.) Jeder im Staatenhaus vertretene Staat oder Staatenverband ernennt dazu ein Mitglied (mit 220 gegen 175 Stimmen verworfen. Links Beifall!) Das Minor.-Erachten an Stelle des verworfenen Satzes: „Preußen, Oestreich, Baiern, Sachsen, Hannover, Würtemberg und Baden ernennen je ein Mitglied, das achte die drei Hessen, das neunte Nassau, Luxemburg, Limburg und Braunschweig, das zehnte Schleswig-Holstein, Lauenburg, beide Meklenburg und Oldenburg, das eilfte die Thüringschen Fürstenthümer, Anhalt, die beiden Lippe, Waldek, Hohenzollern, Lichtenstein, das zwölfte die vier freien Städte — (wird mit 206 Stimmen gegen 204 verworfen. Links Gelächter und Bravo!) — „Die Ernennung der Mitglieder des Reichsraths geschieht durch die Regierungen der betreffenden Staaten und Staatenverbände.“ (Dieser Satz war offenbar verworfen. — Simson, in gewohnter Parteilichkeit, erklärt ohne Umstände den Satz für angenommen. Links heftiger Tumult und Unwillen. Statt post festum Skandal zu machen, sollten die ganz matten und gleichgültigen Mitglieder der Linken bei so zweifelhaften Majoritäten als der jetzigen stets auf namentliche Abstimmung dringen). §. 2. Der Reichsrath bildet ein begutachtendes Collegium. Derselbe tritt am Sitz der Reichsregierung zusammen. Den Vorsitz im Reichsrathe führt der Bevollmächtigte des größten deutschen Staates, dessen Regent nicht das Reichsoberhaupt ist. §. 3. Die Beschlüsse des Reichsraths werden durch Stimmenmehrheit gefaßt. — §. 4. Die Reichsminister sind berechtigt den Sitzungen des Reichsrathes beizuwohnen oder sich in denselben durch Commissarien vertreten zu lassen. — §. 5. Dem Reichsrath sind die Gesetzentwürfe, welche die Reichsregierung bei dem Reichstage einbringen will, zur Begutachtung vorzulegen. — Der Reichsrath hat sein Gutachten binnen einer jedesmal von der Reichsregierung zu bestimmenden Frist zu erstatten. Wird diese Frist nicht eingehalten, so ist die Reichsregierung hierdurch an dem Einbringen des Gesetzentwurfs bei dem Reichstag nicht behindert. §. 6. Die Reichsregierung ist befugt in allen Fällen, in welchen es ihr angemessen erscheint, das Gutachten des Reichsrathes einzuziehen. — (Somit ist der Reichsrath zusammengearbeitet. Alle 6 §§. wurden so zweifelhaft angenommen, daß man sagen kann. Hr. Simson hat den Reichsrath oktroyirt.) Simon von Trier stellt den dringlichen Antrag: die Nationalversammlung verfügt die Aufhebung der Haft gegen Temme und beauftragt das Reichsministerium mit der schleunigen Ausführung dieses Beschlusses. — Die Dringlichkeit des Antrags wird zur Noth anerkannt. Die ganze Rechte und das rechte Centrum blieben sitzen. Simon spricht für seinen Antrag. Bassermann dagegen. Beseler beantragt Tagesordnung. Vogt für den Simon'schen Antrag. Mohl (Justizminister) dagegen, schlägt vor, „eine dringende Aufforderung zur Einsendung der Wahlakten des p. Temme an die preuß. Regierung ergehen zu lassen.“ Beseler's Tagesordnung wird verworfen, eben so Ludwig Simon's Antrag. Des Justizministers Qualm wird angenommen. — Schluß 3 Uhr. Nächste Sitzung Montag. Prag, 23. Jan. Die hiesige Nationalgarde hatte vor den Oktobertagen Wiens 6000 Stück Aerarialgewehre zur Bewaffnung erhalten; jetzt verlangt das Generalkommando in höherm Auftrage die Bezahlung von 36,000 Fl. C.-M. dafür, oder die sogleich zu erfolgende Rückerstattung derselben in die Zeughäuser. Man weiß recht gut, daß die Finanzen der Stadt so zerrüttet sind, daß an eine Zahlung nicht zu denken ist; muß nun die Rückgabe der Gewehre erfolgen, so ist unsere Garde entwaffnet, ohne Grund zum Protest zu haben. Italien. Rom, 19. Jan. Obristlieutenant D. Sforza Cesarini ist von der Bürgerwehr zu ihrem General gewählt worden. Die provisorische Regierung hat eine Proklamation erlassen, worin sie allen Völkern Italiens die Zusammenberufung einer römischen Nationalversammlung ankündet. Dieses Aktenstück ruft gleichen Enthusiasmus auch außerhalb Rom's hervor. 068 Die Oestreicher fangen an unruhig über ihre Stellung in der Lombardei zu werden. Welden soll, nach der Concordia, an Radetzki geschrieben haben: er möge sich Venedigs um jeden Preis bemächtigen, da sonst kein Ende der unlösbarsten Verwicklungen abzusehen sei. Radetzki ist von Mailand abgereist um am Oglio, Andere sagen bei Piacenza, ein verschanztes Lager aufzuwerfen. Dasselbe Blatt theilt mit: Radetzki, der wieder ohne Geld sei, stehe im Begriff eine neue Brandschatzung von 8 Mill. Franken auszuschreiben, was die von der Lombardei seit August bezahlt, außerordentliche Steuern auf 58 Mill. bringen würde. Inzwischen fürchten die Oesterreicher jeden Tag einen Ausbruch. In Padua, wo man vor einem Ausfall der Venetianer in Angst ist, sind telegraphische Signale, von Soldaten bewacht, längs der Eisenbahn angebracht. Am 8. hat man die Truppen den Eid erneuern lassen. Die 400 Ungarn, die in der Garnison sind, werden ununterbrochen bewacht. In Bassano hat zwischen den k. k. Truppen und den Konstribirten ein blutiger Kampf stattgefunden, den erst neue Verstärkungen unterdrücken konnten. Zur Strafe wurden dem Bezirk 30,000 Fr. Buße auferlegt. Werden sie nicht zur bestimmten Zeit gezahlt, so kommen für jede Stunde noch 200 Fr. Zinsen dazu. ** Neapel, 16. Jan. Die Regierung hat zwar die Unterdrückung mehrerer Journale, namentlich des „Independente“ und des „Telegrafo“, durchzusetzen gewußt, kann aber immer noch nicht das Erscheinen neuer, in dem nämlichen, ja in einem schärferen Oppositionsgeiste geschriebenen Blätter verhindern. So ist an die Stelle der obengedachten Journale „La Giovine Italia“ getreten, deren Titel allein schon der Regierungspartei Kolikanfälle verursacht haben würde und der Inhalt noch mehr. Auf diese Weise zieht sich der Krieg gegen die Presse in die Länge. Das Kriminalgericht hat den Muth und die Ehrenhaftigkeit bewiesen — warum läßt der Scharfrichter Ferdinand nicht gewisse preußische Gerichte kommen, die, wie die neuesten Vorfälle zeigen, vortrefflich zu ihm passen würden? —, das gerichtliche Verfahren gegen den „Independente“ entschieden abzulehnen. In Betreff des „Telegrafo“ schwebt die Untersuchung noch, wird aber wahrscheinlich eben so ausfallen. Zur Eröffnung der Kammern am 1. Februar werden schon jetzt Vorbereitungen getroffen. Französische Republik. 068 Paris, 25. Jan. Der „Revue des deux Mondes“ wird aus guter Quelle mitgetheilt, daß Metternich auf die Nachricht vom Gelingen der Februarrevolution den Franzosen das linke Rheinufer angeboten hatte, um sie dadurch von der Intervention zu Gunsten der Lombardei abzuhalten. Paris, 26. Jan. Im Lot-Departement sind Bauernaufstände ausgebrochen. Das dortige Echo berichtet darüber: „Seit einigen Tagen gibt sich in den Dörfern, welche um Gourdon liegen, eine große Gährung kund; die Bauern wollen die 45 Centimensteuer nicht zahlen; andere wollen überhaupt keine Steuern mehr zahlen und der Präfekt jenes Departements schickte zur Unterstützung der Steuereinnehmer ein Bataillon dahin ab. Er glaubte dadurch einer Revolte vorzubeugen. Aber das Gegentheil ist eingetroffen. In Nozac, Rouffillac, Payrac und Lamothe Fénelon wurde in der Nacht vom 19. Sturm geläutet und etwa fünftausend Bauern, mit Sensen, Hacken, Flinten, Mistgabeln und Stöcken bewaffnet, zogen nach Gourdon, wo der Sitz der Unter-Präfektur ist. Trotzdem das Militär und sieben gegen sie anrückende Gensd'armerie-Abtheilungen sie am Einzuge in die Stadt hindern wollten, waren die Bauern doch bald Herren derselben. Ohne zu rauben und zu plündern, wie es die Stadtbewohner befürchtet, begab sich ein Ausschuß der empörten Bauern in das Präfekturgebäude, wo er den Unterpräfekten, Bürger Martine, vorfand. Sie erklärten ihm, daß sie die Steuer verweigerten und übergaben ihm einen Bogen Papier, worauf diese Erklärung in Form einer Petition an die Nationalversammlung gerichtet war. Er solle zuerst unterschreiben, riefen die Bauern auf dem Platze vor dem Präfekturgebäude und da Martine mehrere Gründe vorschob, so verloren einige der Untenstehenden die Geduld und warfen einige Steine in die Fenster; auch ein Schuß fiel aus der Menge gegen die Truppen, doch hatte ihr Oberoffizier Verstand genug, das Feuer nicht zu erwidern. Bis zum 21. lief daher die Sache ohne Schlacht ab, weil die Bauern die Antwort von der obersten Behörde abwarten wollen. Aber, setzt das „Echo“ hinzu, der Unterpräfekt erhielt einen Hieb auf den Kopf, ferner wurden zwei Soldaten und mehrere Gensdarmen verwundet.“ — Der Minister des Innern, Hr. Leon Faucher, hat heute der Nationalversammlung das Gesetz gegen die Klubs vorgelegt. Alle Klubs sollen geschlossen werden. (!) — Das Kabinet hält den Ausbruch eines Volkssturms in Paris so nahe, daß es alle Truppen in den Casernen consigntrt und starhe Patronenvorräthe organisirt. Auch mag folgendes Rundschreiben im Moniteur als Beweis dienen: „Paris, 25. Januar. Mehrere Präfekte haben geglaubt, ihren Posten verlassen und sich nach Paris begeben zu dürfen ohne vorher beim Minister anzufragen. Ich kann ein solches Desertiren in einem Augenblick umsoweniger dulden, wo die Erfüllung der amtlichen Pflichten dringender ist als sonst. Ich benachrichtige daher, daß jeder Präfekt und Unterpräfekt welcher seinen Posten ohne vorherigen Urlaub verläßt, als Demissionär betrachtet wird. Empfangen Sie den Ausdruck meiner Hochachtung (gez.) Leon Faucher, Minister des Innern. — Aus Toulon vom 21. Januar erfährt man, daß 1500 Mann auf dem Christoph Columbus — nach Afrika (Algier) eingeschifft worden sind. Vom Papst ist keine Rede. — Die Mitglieder des Berges, unterrichtet von der Absicht der Minister, alle Klubs zu schließen, sollen den Plan haben in allen volkreichen Vierteln von Paris Klubs zu eröffnen und sie mit ihrer Unverletzlichkeit zu decken. — Im Corrège-Departement cirkulirt eine Petition um Wiedereintreibung der den Emigrirten unter der Restauration bewilligten Milliarde. Dieser sehr gescheute Einfall findet viel Anklang. — Nationalversammlung. Sitzung v. 26. Jan. Anfang 2 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Nach Ueberreichung von Petitionen für und gegen Auflösung der Nat.-Vers. und andern interesselosen Geschäften, besteigt Leon Faucher, Minister des Innern, die Bühne und verliest einen Gesetzentwurf gegen die Klubs. Darin heißt es: 1) Die Klubs sind untersagt. 2) In Contraventionsfällen trifft die Zuwiderhandelnden eine Strafe von 100 bis 500 Fr. 3) Jeden, der sein Lokal leiht, trifft dieselbe Strafe. 4) Das Gesetz vom 28. Juli 1848 ist abgeschafft. Der Minister verlangt Dringlichkeit. Man begreift, daß der Minister hauptsächtlich in Bezug auf die Lage von Paris die Dringlichkeit verlangte. Sobald der Minister ausgesprochen, eilt Gent auf die Bühne und protestirt mit großer Heftigkeit gegen diesen Vorschlag eines Verfassungsbruchs. Marrast ruft ihn zur Ordnung und die Versammlung spricht die Dringlichkeit aus. Auf Marrast's Vorschlag wird Berichterstattung und Debatte auf morgen festgesetzt. Die Versammlung kehrt hierauf zum 5. Titel der Staatsrathsorganisation zurück. Die Artikel 30 bis 50 (von den Prozedurformen handelnd) gehen durch. Die Debatte wird beim Artikel 50 des Entwurfs abgebrochen und die Sitzung um 6 1/4 Uhr geschlossen. 068 Perpignan, 18. Jan. Concha ist krank; Villalonga wird ihn ersetzen. Herrlicher Stellvertreter! Die Diligence von Perpignan ist seit drei Tagen genöthigt, in Perthus zu halten, welches an den äußersten Gränzen liegt. Figueras ist blokirt von den Truppen Cabreras; die Blokade besteht darin, daß die „Matines“ Patrouillen machen um die Stadt, und die Einwohner bis unter den Kanonen des Platzes wegrauben. Die „Matines“ haben zur Bedingung gestellt, daß Figueras und Gerona Contributionen zahlen. Schweiz. Neuenburg, 23. Jan. Ueber die gestern gemeldete Royalisten-Demonstration wird der „Berner Ztg.“ Nachstehendes berichtet: In Ausführung des freisinnigen neuen Gesetzes über die Wahl der Geistlichen hat der Staatsrath die Wiederbesetzung sämmtlicher Pfarrstellen angeordnet. In der Stadt siegten die Konservativen, resp. die Royalisten. Mit Sang und Klang, geschaart um ihre Fahnen, durchzogen sie gestern die Stadt, und unter dem wiederholten Rufe: „Es lebe der König von Preußen! Nieder mit der Schweiz!“ gelangten sie vor das Schloß, welches Regierungslokal ist. Was sie da wollten, bewies der Inhalt ihres Gebrülls, der in Verbindung gesetzt werden muß mit bereits längst umlaufenden Gerüchten von Putschversuchen, von denen die Regierung Kenntniß hatte. Hr. Staatsrath Steck trat vor die preußischen Ruhestörer hin und forderte sie auf, auseinander zu gehen. Die Antwort waren schwere Mißhandlungen dieses geachteten Magistraten. Inzwischen war die Bürgerwache aufgeboten worden, und ihrem Sinn für Ordnung und ihrer Energie gelang es bald, in Gemeinschaft mit dem von allen Seiten massenhaft herbeieilenden Zuzug, die Wühler zu zerstreuen. In Folge dieses frechen Attentats auf die jetzige freisinnige Ordnung der Dinge sind mehrere der unverbesserlichsten Royalisten, wie Chambrier und Calame, an den Schatten gebracht worden. Großbritannien. * London, 26. Jan. Der beste Beweis, daß uns bald wieder eine europäische Revolution bevorsteht, liegt in der gränzenlosen Sicherheit und dem steigenden Uebermuth der hohen Finanz. Das Vertrauen kehrt allmählig wieder, namentlich in England. Die Consols standen im Januar und Februar 89-89 1/2; nach der Februarrevolution 84; Ende März 80. Jetzt stehen sie 91, also höher als vor dem Februar. So sicher glaubt sich die engl. hohe Bourgeoisie. Aber je sicherer steist, desto näher ihr Sturz!

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 207. Köln, 28. Januar 1849. Zweite Ausgabe, S. 1136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz207ii_1849/2>, abgerufen am 25.04.2024.