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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 246. Köln, 15. März 1849.

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Angelegenheiten, welche die Reichsverfassung oder die Reichsgesetze als Landesangelegenheiten erklären, von den Landtagen vertreten.

§. 71. Die Verfassung des Königsreichs Ungarn wird insoweit aufrecht erhalten, daß die Bestimmungen, welche mit dieser Reichsverfassung nicht im Einklange stehen, außer Wirksamkeit treten, und daß die Gleichberechtigung aller Nationalitäten und landesüblichen Sprachen in allen Verhältnissen des öffentlichen und bürgerlichen Lebens durch geeignete Institutionen gewährleistet wird. Ein besonderes Statut wird diese Verhältnisse regeln.

§. 72. Der Woiwodschaft Serbien werden solche Einrichtungen zugesichert, welche sich zur Wahrung ihrer Kirchengemeinschaft und Nationalität auf ältere Freiheitsbriefe und Kaiserliche Erklärungen der neuesten Zeit stützen. Die Vereinigung der Woiwodschaft mit einem anderen Kronlande wird, nach Einvernehmung von Abgeordneten derselben, durch eine besondere Verfügung festgestellt werden.

§. 73. In den Königreichen Croatien und Slavonien, mit Einschluß des dazu gehörigen Küstenlandes, dann der Stadt Fiume und dem dazu gehörigen Gebiete, werden deren eigenthümliche Institutionen, innerhalb des durch diese Reichsverfassung festgestellten Verbandes dieser Länder mit dem Reiche, in völliger Unabhängigkeit derselben von dem Königreiche Ungarn, aufrecht erhalten. Abgeordnete aus Dalmatien werden mit der Landes-Congregation dieser Königreiche, unter Vermittlung der vollziehenden Reichsgewalt, über den Anschluß und die Bedingungen desselben verhandeln und das Ergebniß der Sanktion des Kaisers unterziehen.

§. 74. Die innere Gestaltung und Verfassung des Großfürstenthums Siebenbürgen wird nach dem Grundsatze der völligen Unabhängigkeit von dem Königreiche Ungarn und der Gleichberechtigung aller das Land bewohnenden Nationen, im Einklange mit dieser Reichsverfassung, durch ein neues Landesstatut festgestellt werden. Die Rechte der sächsischen Nation werden innerhalb dieser Reichsverfassung aufrecht erhalten.

§. 75. Das zum Schutze der Integrität des Reiches bestehende Institut der Militärgränze wird in seiner militärischen Organisation aufrecht erhalten und bleibt als ein integrirender Bestandtheil des Reichsheeres der vollziehenden Reichsgewalt unterstellt. Ein eigenes Statut wird den Bewohnern der Militärgränze in Bezug auf ihre Besitzverhältnisse dieselben Erleichterungen gewährleisten, welche den Angehörigen der übrigen Kronländer ertheilt wurden.

§. 76. Ein besonderes Statut wird die Verfassung des lombardisch-venetianischen Königreichs und das Verhältniß dieses Kronlandes zum Reiche feststellen.

§. 77. Alle übrigen Kronländer erhalten eigene Landesverfassungen. Die ständischen Verfassungen treten außer Wirksamkeit.

§. 78. Die Zusammensetzung der Landtage hat mit Beachtung aller Landesinteressen zu geschehen. Die Abgeordneten zu denselben werden durch direkte Wahlen berufen.

§. 79. Die zum Wirkungskreise der Landesvertretung gehörigen Befugnisse werden entweder durch die Landtage selbst oder durch die von ihnen gewählten Landesausschüsse geübt.

§. 80. Jedem Landtage wird das Recht der Theilnahme an der Gesetzgebung in Landesangelegenheiten und des Gesetzvorschlages, so wie das Recht, die Ausführung der Landesgesetze zu überwachen, gewährleistet. Die Uebereinstimmung des Kaisers und des Landtags ist zu jedem Landesgesetze erforderlich.

§. 81. Abänderungen der Landesverfassungen sollen in den Landtagen, welche zuerst werden berufen werden, im gewöhnlichen Wege der Gesetzgebung beantragt werden können. In den folgenden Landtagen soll zu einem Beschlusse über solche Abänderungen die Gegenwart von mindestens drei Viertheilen aller Abgeordneten und die Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden erforderlich sein.

§. 82. Die näheren Bestimmungen über die Bildung und den Wirkungskreis der Landtage und Landesausschüsse werden die Landesverfassungen und Wahlgesetze dieser Kronländer feststellen.

§. 83. Alle Verfassungen der einzelnen Kronländer, welche das Reich bilden, sollen im Laufe des Jahres 1849 in Wirksamkeit treten und müssen dem ersten allgemeinen östreichischen Reichstage vorgelegt werden, welcher nach deren Einführung sofort berufen wird.

X. Abschnitt.

Von der vollziehenden Gewalt.

§. 84. Die vollziehende Gewalt im ganzen Reiche und in allen Kronländern ist Eine und untheilbar. Sie steht ausschließend dem Kaiser zu, der sie durch verantwortliche Minister und die denselben untergeordneten Beamten und Bestellten ausübt.

§. 85. Wird einer Körperschaft, oder wem immer, ein Theil der vollziehenden Gewalt übertragen, so kann dieses nur widerruflich stattfinden, und die Krone ist stets berechtigt, für die Ausübung des übertragenen Theiles der vollziehenden Gewalt eine andere Vorkehrung zu treffen.

§. 81. Die Vollziehung und Handhabung der Landesgesetze, so wie die Ausführung der von den Landtagsausschüssen innerhalb ihres verfassungsmäßigen Wirkungskreises erlassenen Entscheidungen, steht der vollziehenden Gewalt zu.

§. 87. Wenn der Reichstag oder der Landtag nicht versammelt ist und dringende, in den Gesetzen nicht vorgesehene Maßregeln mit Gefahr auf dem Verzuge für das Reich oder für ein Kronland erforderlich sind, so ist der Kaiser berechtigt, die nöthigen Verfügungen, unter Verantwortlichkeit des Ministeriums, mit provisorischer Gesetzeskraft zu treffen, jedoch mit der Verpflichtung, darüber dem Reichs- oder beziehungsweise Landtage die Gründe und Erfolge darzulegen.

§. 88. Die Minister haben die Verwaltung im Reiche und in den einzelnen Kronländern zu leiten, die bezüglichen Verordnungen zu erlassen und die Handhabung der Reichs- und Landesgesetze zu überwachen.

§. 89. Den Ministern steht es zu, unter ihrer Verantwortung, in jenen Angelegenheiten, welche den Gemeinden oder den Landtagen und deren Organen zur selbstständigen Entscheidung überlassen sind, die Ausführung von Verwaltungsmaßregeln, welche den Gesetzen und dem Gesammtwohle entgegen sind, einzustellen oder zu untersagen.

§. 90. Die Minister haben das Recht, im Reichstage zu erscheinen und jederzeit das Wort zu nehmen; sie können auch für bestimmte Verhandlungen sich durch abgeordnete Kommissäre vertreten lassen. An den Abstimmungen des Reichstages nehmen sie nur Theil, wenn sie Mitglieder desselben sind.

§. 91. Ueber die Verantwortlichkeit der Minister, über das gerichtliche Verfahren gegen dieselben, dann über deren Bestrafung im Falle der Verurtheilung, wird ein besonderes Gesetz bestimmen.

§. 92. Für die einzelnen Kronländer ernennt der Kaiser Statthalter, welche als Organe der vollziehenden Gewalt die Handhabung der Reichs- und Landesgesetze zu überwachen und die Leitung der inneren Angelegenheiten in dem Umfange ihres amtlichen Gebietes zu besorgen berufen und verpflichtet sind.

§. 93. Die Statthalter haben das Recht, in den Landtagen selbst oder durch ihre abgeordneten Kommissäre zu erscheinen und jederzeit das Wort zu nehmen. An den Abstimmungen der Landtage nehmen sie nur Theil, wenn sie Mitglieder derselben sind.

§. 94. Die Statthalter sind in ihrer Geschäftsführung dafür verantwortlich, daß die Reichsgesetze und die Gesetze des betreffenden Kronlandes genau beobachtet und gehandhabt werden.

§. 95. Die vollziehende Reichsgewalt kann die Statthalter und alle Behörden der einzelnen Kronländer auch mit der Besorgung der Reichsangelegenheiten beauftragen oder solche durch andere Organe in allen Theilen des Reiches verwalten lassen.

XI. Abschnitt.

Von dem Reichsrathe.

§. 96. An die Seite der Krone und der vollziehenden Reichsgewalt wird ein Reichsrath eingesetzt, dessen Bestimmung ein berathender Einfluß auf alle jene Angelegenheiten sein soll, worüber er von der vollziehenden Reichsgewalt um sein Gutachten angegangen wird.

§. 97. Die Mitglieder des Reichsrathes werden von dem Kaiser ernannt; bei deren Ernennung ist auf die verschiedenen Theile des Reiches mögliche Rücksicht zu nehmen.

§. 98. Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtung und den Wirkungskreis des Reichsrathes regeln.

XII. Abschnitt.

Von der richterlichen Gewalt.

§. 99. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten geübt.

§. 100. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Reiche aus. Es sollen in Zukunft keine Patrimonialgerichte bestehen.

§. 101. Kein vom Staate bestellter Richter darf nach seiner definitiven Bestellung, außer durch richterlichen Spruch, von seinem Amte zeitweilig entfernt oder entlassen, noch auch ohne sein Ansuchen an einen anderen Dienstort überwiesen oder in den Ruhestand versetzt werden. Diese letztere Bestimmung findet jedoch auf Versetzungen in den Ruhestand, welche wegen eingetretener Dienstesuntauglichkeit nach den Vorschriften des Gesetzes erfolgen, so wie auf jene Veränderungen im Richterpersonale, welche durch Aenderungen in der Einrichtung der Gerichte nothwendig werden, keine Anwendung.

§. 102. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig gestellt werden. Ueber Competenz-Conflikte zwischen den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden entscheidet die durch das Gesetz zu bestimmende Behörde.

§. 103. Das Gerichtsverfahren soll in der Regel öffentlich und mündlich sein. Die Ausnahmen von der Oeffentlichkeit bestimmt, im Interesse der Ordnung und Sittlichkeit, das Gesetz. In Strafsachen soll der Anklageprozeß gelten, Schwurgerichte sollen in allen schweren Verbrechen, welche das Gesetz näher bezeichnen wird, dann bei politischen und Preßvergehen erkennen.

§. 104. Die Durchführung der vorgedachten allgemeinen Grundsätze, nach welchen in Zukunft die Rechtspflege eingerichtet und das Richteramt ausgeübt werden soll, so wie deren Einführung in den einzelnen Kronländern unter Beachtung der eigenthümlichen Verhältnisse derselben, bleibt besonderen Reichs- und beziehungsweise (§. 68) Landesgesetzen vorbehalten.

§. 105. Die Bestimmungen der Hausgesetze über den Gerichtsstand der Glieder des Kaiserlichen Hauses bleiben aufrecht.

XIII. Abschnitt.

Von dem Reichsgerichte.

§. 106. Es soll ein oberstes Reichsgericht eingesetzt werden, welches von Amts wegen oder auf geführte Klage in folgenden Fällen einzuschreiten haben wird: I. Als Schiedsgericht: bei Streitfragen zwischen dem Reiche und den einzelnen Kronländern oder zwischen einzelnen Kronländern unter sich, insofern der Gegenstand nicht in den Bereich der gesetzgebenden Reichsgewalt gehört. II. Als oberste Instanz: bei Verletzungen der politischen Rechte. III. Als untersuchende und oberste richtende Behörde: a) bei Anklagen gegen die Minister und Stadthalter, dann b) bei Verschwörungen und Attentaten gegen den Monarchen oder Regenten und in Fällen von Hoch- oder Landerverrath.

§. 107. Der Sitz des Reichsgerichtes ist in Wien, und es wird durch ein besonderes Gesetz bestimmt, wie die Bestellung der Richter mit Rücksicht auf die einzelnen Kronländer stattfinden, wie groß die Zahl derselben und wie das Verfahren des Gerichtes sein soll.

XIV. Abschnitt.

Von dem Reichshaushalte.

§. 108. Alle Steuern und Abgaben für Reichs- und Landeszwecke werden durch Gesetze bestimmt.

§. 109. Alle Einnahmen und Ausgaben des Reiches müssen jährlich in einem Voranschlage ersichtlich gemacht werden, welcher durch ein Gesetz festgestellt wird. Allfällige Ueberschreitungen des Voranschlages sind der nachträglichen Anerkennung von Seiten des Reichstages zu unterziehen.

§. 110. Die Staatsschuld ist vom Reiche gewährleistet.

§. 111. Die allgemeine Rechnung über den Reichshaushalt jeden Jahres wird nebst einer Uebersicht der Staatsschulden von dem obersten Rechnungshofe dem Reichstage vorgelegt.

§. 112. Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtungen und Befugnisse des obersten Rechnungshofes feststellen.

XV. Abschnitt.

Von der bewaffneten Macht.

§. 113. Die bewaffnete Macht ist bestimmt, das Reich gegen äußere Feinde zu vertheidigen und im Innern die Aufrechthaltung der Ordnung und die Ausführung der Gesetze zu sichern.

§. 114. Im Innern kann zu diesen Zwecken die bewaffnete Macht nur über Aufforderung der Civil-Behörden und in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen einschreiten.

§. 115. Die bewaffnete Macht ist wesentlich gehorchend. Kein Theil derselben darf gemeinsam berathen.

§. 116. Das Gesetz bestimmt den Umfang und die Art der allgemeinen Wehrpflicht zum Landheere und zum Dienste auf der See.

§. 117. Das Gesetz steht unter der Militärgerichtsbarkeit und dem Militärgesetze. Die Disziplinarvorschriften für das Land- und Seeheer bleiben in voller Anwendung.

§. 118. Der Eid des Heeres auf die Reichsverfassung wird in den Fahneneid aufgenommen.

§. 119. Die Einrichtung der Bürgerwehr wird durch ein besonderes Gesetz geleitet.

XVI. Abschnitt.

Allgemeine Bestimmungen.

§. 120. Insolange die durch diese Reichsverfassung bedingten organischen Gesetze nicht im verfassungsmäßigen Wege zu Stande gekommen sind, werden die entsprechenden Verfügungen im Verordnungswege erlassen.

§. 121. Bis die neuen Gesetze und Verordnungen in Wirksamkeit treten, bleiben die bestehenden in Kraft. Die bestehenden Steuern und Abgaben werden forterhoben, bis neue Gesetze abweichend bestimmen und zur Anwendung kommen.

§. 122. Die Behörden bleiben bis zur Ausführung der sie betreffenden neuen organischen Gesetze und Verordnungen in ihrer Wirksamkeit.

§. 123. Aenderungen dieser Reichsverfassung können im ersten Reichstage im gewöhnlichen Wege der Gesetzgebung beantragt werden. In den folgenden Reichstagen ist zu einem Beschlusse über solche Abänderungen in beiden Häusern die Gegenwart von mindestens drei Viertheilen aller Mitglieder und die Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden erforderlich.

So gegeben in Unserer Königlichen Hauptstadt Olmütz, den 4. März im Jahre des Heils Eintausend Achthundert Neun und Vierzig, Unserer Reiche im Ersten.

(L. S.) Franz Joseph.
Schwarzenberg. Stadion. Krauß. Bach. Cordon.
Bruck. Thinnfeld. Kulmer.

Hullein, 8. März.

Der ungeräumige Bahnhof von Hullein ist voll von Leuten. Infanterie hält den Zugang zu demselben besetzt, und jeder Fußgänger sowie jeder Wagen, der von Kremsier kommt, wird angehalten, und ein Polizeikommissar verlangt Legitimationen. Jeden Augenblick kommen Deputirte an, die noch mit dem heutigen Nachttrain abreisen wollen, und erzählen Details über die Ereignisse des verflossenen Tages. Die Abgeordneten, da sie keine Abschiedsversammlung mehr abhalten können, stehen in den Straßen und auf dem Hauptplatze herum, Verscheuchten gleich, denen man das eigne Haus vor der Thüre zugeschlagen, und geben einander ihre Autographen zum Angedenken. Nachmittags hielt der slawische Club eine Versammlung, um zu beschließen, wie man sich der octroyirten Verfassung und den Committenten gegenüber zu benehmen habe. Man kam dahin überein, sich jedes Raisonnements zu enthalten und den Committenten eine getreue Darstellung der Ereignisse vom 6. auf den 7. März bekannt zu geben. Spät Abends wurden die Wohnungen Fischhof's und Prato's militärisch besetzt. Die Abgg. Goldmark und Füster sollen sich zu Fuß durch den erzbischöflichen Park geflüchtet haben. Auch Violand und Kudlich entkamen. Unter den Proscribirten wird auch Marcher aus Steiermark genannt. (C. Bl. v. B.)

Prag, 10. März.

Der Empfang, der den gestern von Kremsier angelangten Deputirten zu Theil wurde, zeigte, daß der Reichstag in Prag noch einige Sympathien hatte. Eine große Anzahl Bewohner Prags, darunter sehr viele Studenten, deutsche und czechische, füllten den Bahnhof. Als der Zug ankam und die Deputirten die Wagen verließen, wurde der deutschen Linken am Reichstage ein donnerndes Hoch und am Schluße dem Minister Stadion ein Pereat gebracht. --

Leipzig, 10. März.

Zwanzigtausend Baiern sollen einem Gerücht zufolge, im Königreich Sachsen die nach Schleswig-Holstein marschirenden k. sächsischen Truppen ersetzen. Dies veranlaßte gestern Abend eine Volksversammlung, berufen von den demokratischen und republikanischen Vereinen, in welcher eine Adresse an die Regierung beschlossen wurde, die Baiern nicht in das Land kommen zu lassen.

* Gera, 9. März.

Die "Konstituante" der Reußischen Reichs-Nation ist durch ihren trefflichen Landesvater wegen mißliebiger Beschlüsse und Unwillfährigkeit gegen die Wünsche von Adel und Ritterschaft nach Hause octroyirt, oder mit andern Worten vertagt worden.

* Lübeck, 10. März.

Nach Berichten aus Kopenhagen ist dänischerseits die offizielle Anzeige gemacht worden, daß am 27. März die Blokade der schleswig-holstein'schen Küsten aufs Neue beginnt, und daß die dänischen Kriegsschiffe ihre vor dem 26. August 1848 innegehabten Stationen wieder einnehmen werden.

Ungarn.
*
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Schweiz.
300 Bern, 10. März.

Wie Belgien der "Musterstaat" der konstitutionellen, so ist die Schweiz bekanntlich das Ideal der republikanischen Bourgeois und Ideologen. In der Schweiz herrscht kein König, existirt kein Adel, die Steuern sind mäßig, das Land erfreut sich der größten Ruhe; -- das Einzige, was man zu tadeln findet, sind abgethane Geschichten, Jesuiten und Sonderbündeleien. Hat doch noch selbst in neuester Zeit eine radikale Zeitung, die "Neue deutsche" die Schweiz um ihre Ruhe und Zufriedenheit beneidet. Es schmerzt uns, daß wir diese idyllische Anschauung von dem Glücke und der Behaglichkeit der Schweizerbürger stören, daß wir "in dem treusten Spiegel, der die Freiheit wiederstrahlt", häßliche Flecken nachweisen müssen. Wir wollen zuerst einige Volksversammlungen Revue passiren lassen. Am 5. März war in Schönbühl, Kantoa Bern, eine sogenannte Kommunistenversammlung, welche vom Proletariate sehr stark besucht war. Das Armenwesen und die Auswanderungsfrage waren Gegenstand der Verhandlungen. Die Schilderungen, welche die Redner von dem Zustande der arbeitenden Bevölkerung in der Schweiz machten, bewiesen die Nothwendigkeit schleuniger und durchgreifender Abhülfe; die Art und Weise aber, wie über diese diskutirt wurde, verrieth eine große Unbehülflichkeit und zeigte, daß trotz aller republikanischen Einrichtungen das Proletariat noch sehr wenig über seine eigne Stellung und die Mittel zur Rettung im Klaren ist. Es gelang den Konservativen, die soziale Bewegung für sich zu exploitiren. Die heftigsten Vorwürfe wurden gegen das radikale Gouvernement von Bern und namentlich gegen die Finanzdirektion geschleudert, und es gelang den Vertheidigern der bestehenden Regierung die Rechtfertigung nur theilweise. Als Mittel der Abhülfe wurde eine Verfassungsrevision beschlossen, doch erklärten mehrere Redner, daß man nur vorläufig und versuchsweise den gesetzlichen Weg betreten wolle. Da die Verfassungsrevision der Hebel ist, mit welchem die Konservativen und besonders die Patrizier von Bern die bestehende Regierung verdrängen wollen, so ist also der Plan derselben, das Proletariat gegen die Regierung aufzuhetzen, vorläufig gelungen. Noch deutlicher zeigte sich diese echtjesuitische Tendenz in der Sitzung des Zentralkomite's für die Auswanderungsgesellschaft des Kantons Bern, welche letzthin im Klösterli zu Bern abgehalten wurde. Deputirte von 25 Oberämtern, an der Zahl von circa 1000 waren versammelt, um auf jede Art und Weise zu suchen, wie die Auswanderungsfrage zur Rettung vieler tausend verdienstloser und hungernder Staatsbürger geregelt werden könne. Da der große Rath auf den Bericht des Regierungsrathes Schneider sich dieser Frage nicht mit der nöthigen Energie und Aufopferung angenommen hatte, so wurde auch hier eine Verfassungsrevision in Aussicht gestellt ohne zu bedenken, daß eine Verdrängung der jetzigen radikalen Regierung nur die Leute des alten Systems wieder möglich machen würde.

Für diesen Zweck soll in allen Aemtern eine Petition herumgeboten werden, und sobald die verfassungsmäßige Anzahl von 8000 Unterschriften zu Stande gekommen ist, werden die gehörigen Anstalten zur Lösung dieser Aufgabe getroffen werden. Da die Auswanderungsfrage wegen der täglich zunehmenden Erwerbs- und Nahrungslosigkeit, namentlich im Berner Oberland überall verhandelt und besprochen wird, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß die gesuchten Unterschriften zu Stande kommen, und der jetzigen Regierung ist dann ein großer Stein in den Weg geworfen.

Auch in St. Gallen macht die Arbeiterbewegung Fortschritte. "Während der "Arbeiter," erzählt der "Wächter", theoretische Versuche im Socialkommunismus macht, haben sie es im Gasterlande unter der Präsidentschaft Hofstitters praktisch angefangen; sie wollen Herabsetzung des Zinsfußes auf 2 pCt. u. s. w."

In der That, die Radikalen mögen sich da, wo sie jetzt regieren, hüten, die Arbeiter durch Gleichgültigkeit von sich abzustoßen. Das schweizerische Proletariat ist zum großen Theile noch sogenanntes Lumpenproletariat, das sich Jedem verkauft, der ihm goldene Berge verspricht. Die Pfaffen und Aristokraten erinnern das hungernde Volk natürlich nicht an die Zeiten, wo der Bauer der Pfarrei und dem Gutsherrn zehnten mußte; sie fragen nur, was thut die bestehende Regierung für Euch? Und da können die getreusten Anhänger derselben nichts antworten. Wenn das Proletariat in der Schweiz stark und gebildet genug wäre, eine selbstständige Partei zu sein, so wäre die Opposition gegen den gegenwärtigen Radikalismus gewiß gerechtfertigt; unter den bestehenden Verhältnissen aber ist jedes Ankämpfen gegen die radikalen Politiker eine Concession, welche man den Konservativen macht.

Die Radikalen sollten überhaupt etwas rühriger und thätiger auftreten. Es ist nicht genug, reaktionäre Persönlichkeiten anzugreifen und über Religion unpassende Witze zu machen; die Auslandspartei sollte gegen die Neutralitätspolitiker dieselbe Energie anwenden, welche die Herren Ochsenbein und Comp. den Jesuiten und Sonderbündlern zeigten. Es liegt jetzt mehr Gefahr im Verzuge, wie ehedem. Die Kapitulationsfrage, welche von neun Zehnteln des Schweizervolkes gegen die doktrinär-feige Interpretation des Bundesraths entschieden wird, gibt den Radikalen eine genügende Waffe in die Hand, um der bestehenden Misere ein baldiges Ende zu machen. Der Bericht des politischen Departements (Furrer's) an den schweizerischen Bundesrath in Sachen der Kapitulationen, welcher von den meisten Zeitungen und namentlich von der "Neuen Züricher Zeitung" als das non plus ultra politischer Weisheit gepriesen wird, läßt uns einen tiefen Blick in die Krämerwirthschaft des Bundesraths werfen, welcher die auswärtige Politik nach einigen Batzen und den Grundsätzen des Civilrechts regelt: "Woher," fragt Furrer, "soll das Entschädigungsgeld bezahlt werden? Es ist absolut unmöglich, diese Summe zu einem irgend erheblichen Theile aus der Bundeskasse zu beziehen. -- -- -- Diese Summe müßte also von den Kantonen getragen werden. Wenn man aber die Verhältnisse ruhig und unbefangen würdigt, und nicht blindlings von einer Begeisterung sich hinreißen läßt, so wird man sich überzeugen, daß die Beitreibung dieser Summe ebenfalls zu den Unmöglichkeiten gehört, namentlich für die Zukunft, selbst wenn man der Gegenwart einen so begeisternden Einfluß zuerkennen sollte." -- An einer andern Stelle: "Eine ganze große Nation, welche nicht einmal einige Regimenter bemeistern kann, wird schwerlich im Stande sein, sich auf die Dauer Unabhängigkeit und politische Freiheit zu sichern." Die italienischen Republiken werden gewiß der schweizerischen Nachbarrepublik für diese offizielle Erklärung des ersten Beamten derselben einst gebührenden Dank zollen. Die "Neue Züricher Zeitung", das halboffizielle Organ des Bundespräsidenten, hatte erklärt, der Beschluß, daß die Aufhebung der bestehenden Kapitulationen in den Bereich der Kantonalsouveränetät gehört, sei vom Bundesrathe einstimmig gefaßt. Dies ist unrichtig. Der Italiener Franscini war nicht zugegen und der Mann der "permanenten Revolution", Druey hat Vorschläge an die Bundesversammlung in der Absicht machen wollen, "die Kapitulationen aufzuheben, wenn die Lage Italiens und der Schweiz es erheische." Ferner beantragte er, die Werbungen für die neapolitanischen Regimenter bis nach Entscheidung der Sache einzustellen, und dies ist die Hauptsache.

Herr Ochsenbein, der Napoleon der Sonderbundskriege, will nicht nur den preußischen Lohbauer, sondern auch den preußischen Waffenrock einführen. Das löbliche Vorhaben scheitert aber am Kostenpunkt.

Das Anerbieten einiger Franzosen, in der Schweiz eine Spielbank zu errichten, hat die biedern Republikaner in große sittliche Entrüstung versetzt. Die Spielpächter in Deutschland müssen doch wohl durch den Beschluß der ehrwürdigen Nationalversammlung in Frankfurt in Angst gesetzt worden sein, sonst würden sie nicht die regierenden Herren der Sonderbundskantone in die schwierige Lage versetzen, zwischen großen Geldvortheilen und angestammter Moral wählen zu müssen. In Luzern hat der große Rath mit 79 gegen 67 Stimmen das desfallsige Anerbieten eines Herrn Bias abgewiesen; auch richtete die Volksvereinssektion daselbst eine in demselben Sinne abgefaßte Petition an die Bundesbehörden; darauf wandten sich die Unternehmer nach Schwyz (Stanz) und St. Gallen (Rapperschwyl), ohne jedoch ihre Wünsche befriedigt zu sehen. Die Herren werden sich jetzt wohl zu der Energie des Homburger Spielpächters verstehen müssen, der erklärte, seine Spielbank würde länger, als alle Frankfurter Parlamente, bestehen.

Der große Rath, welcher seit einigen Tagen wieder zusammen ist, und der sich nach, wie vor, von Herrn von Tillier präsidiren läßt, obgleich auf ihm der Verdacht des Landesverraths haftet, beschäftigt sich mit der artikelweisen Berathung des Gewerbegesetzes, aus welcher wir hier nichts zu bemerken finden, als die Bestimmung, daß politische Flüchtlinge ohne weitern Nachweis des Gegenrechts Gewerbe treiben dürfen. Auch hat das Departement des Innern beantragt, eine Summe von 8000 Franken für Wissenschaft, Künste u. s. w. auszuwerfen.

147 Luzern, 9. März.

Vor einigen Tagen wurden aargauische Bürger vom hiesigen Markte zurückgewiesen, weil sie -- Israeliten waren. Die Aargauer Regierung hat sich derselben angenommen. Ein schöner Beitrag zum Bundesrecht und zur religiösen Toleranz! --

303 Waadt, 8. März.

Die Integraterneuerungswahlen für den großen Rath, welcher seinerseits wieder den Staatsrath und das Kantonsgericht ernennen muß, haben am 4. März statt gefunden und beachten einen glorreichen Sieg der Radikalen. Die Konservative-Partei, bestehend aus Methodisten, Aristokraten u. s. w. ist vollständig geschlagen. Die allerentschiedensten Radikalen sind in Ifferten, Milden, Peterlingen, Wifflisburg gewählt. In Lausanne sind von 14 Deputirten 10 Sozialdemokraten gewählt, was von Bedeutung ist, da diese Stadt das Hauptquartier der Pfaffen, Doktrinäre und Justemilianer ist.

148 Schaffhausen.

Die hiesige Zeitung meldet wieder von einem Skandal der Reichstruppen. 8-10 würtembergische Soldaten besoffen sich in Schleitheim und betrugen sich gegen die schweizerischen Republikaner, wie es ihnen gegen deutsche "Unterthanen" befohlen ist. Zwei dieser Tapfern sind gefangen und müssen von der Reichsgewalt wieder eingelöst werden. Diese hat in der Schweiz, beiläufig gesagt, nur noch einen einzigen Vertreter, den Herrn Wülfingh, da alle andern sich von der Last der vielen Geschäfte, welche ihnen hier oblagen, zurückgezogen haben.

Italien.
*

Die Times veröffentlichen zwei östreichische Depeschen, die beide das Datum des 17. Januars tragen und über die in Italien verfolgte kroatische Unterdrückungs-Politik erbauliche Aufschlüsse geben.

Die erste Depesche, nach Paris adressirt, schlägt dem Herrn Drouin de L'Huys, französischen Minister des Auswärtigen, eine Intervention in Rom vor: während östreichische Truppen von Norden, neapolitanische von Süden gegen Rom vorrücken, soll sich eine französische Flotte vor Civita-Vecchia legen. Die drei Expeditionen sollen einander unterstützen und nach den Umständen handeln, jedoch nicht länger im Ex-Kirchenstaat bleiben, als der Pabst dies für nöthig hält. Hr. Drouin de L'Huys hatte aber damals nicht den Muth, auf diesen wohlmeinenden Vorschlag einzugehen.

Die zweite Depesche ist für die Höfe von Berlin und Petersburg bestimmt und setzt auseinander, wie das englisch-französische Vermittlungsprojekt, von Lord Palmerston ausgegangen, von Oestreich nur nothgedrungen acceptirt worden sei; wie der Grundgedanke der Mediation (die Addalinie als Gränze Oestreichs) seit der Wiedereroberung der Lombardei durch die Kaiserlichen unzulässig sei; wie der vorgeschlagene Brüsseler Kongreß zur Besprechung von allerlei sonstigen italienischen Fragen benutzt werden solle, zu deren Entscheidung der Kongreß nicht kompetent sei; und wie der Kongreß höchstens den Beruf haben könne, die Verträge von 1815 in Italien zu bestätigen. Was die andern italien. Angelegenheiten angehe, so könnten sie höchstens durch einen Kongreß aller der Mächte, die die betreffenden Wiener Verträge von 1815 unterzeichnet, gelöst werden -- und zu einem solchen Kongresse sei Oestreich (natürlich!) bereit.

Das sind die Pläne, die die östreichische Camarilla für die Durchführung der Contrerevolution in Italien ausgesonnen hat. Inzwischen ist die Revolution Italiens ihren Gang gegangen und schreitet täglich weiter vor.

Man vergleiche nun mit diesen kroatischen Aktenstücken eine andere diplomatische Depesche, die der Minister des Auswärtigen der römischen Republik d. d. 1. März, an den französischen, englischen, schwedischen und dänischen Gesandten in Florenz abgesandt hat:

*Mein Herr! Der gute Wille und die Würde, mit denen Sie am 8. August v. J. und im Verein mit Ihren Kollegen vom diplomatischen Korps in Florenz sich beeilt haben, Ihre wohlwollenden Bemühungen anzuwenden, um die Geißel abzuwenden, welche der unvorsichtige Marschall Welden über Bologna verhängte, veranlassen mich, Sie aufs lebhafteste anzugehen, aufs Neue uns Ihren Beistand gegen einen nicht minder verabscheuten und unloyalen Feind zu bewilligen.

"Ein gewisser Haynau, der sich, wir wissen nicht, Marschall oder General titulirt, hat, nachdem er zu Ferrara 200,000 Scudi gestohlen, noch sechs vortreffliche Bürger bei seiner Abreise mitgeschleppt, die, wie die er sagt, für die der Stadt auferlegten Bedingungen haften. Ich lasse mich nicht so tief herab, mein Herr, daß ich einen Kommentar zu dieser Thatsache gebe. Wer stiehlt, stellt sich außerhalb aller der Regeln, nach denen man die Handlungen in dieser Welt abmißt. Aber die Wegführung von sechs Bürgern aus Ferrara kann zu grausamen Repressalien Veranlassung geben, und um sie zu vermeiden, um unsere Revolution rein und unbefleckt erhalten, ersuche ich Sie diese Opfer einer unerhörten Barbarei loszukaufen.

"Italien, mein Herr, führt einen ehrlichen Krieg, den Krieg der Unterdrückten gegen die Tyrannen. Es verwüstet keine Felder, plündert keine friedlichen Bürger, ermordet keine Frauen; dergleichen Handlungen überläßt es dem Kroaten; sie sind seiner würdig und der Sache die er vertritt. Europa aber muß solche Schändlichkeiten mit dem Stempel der Infamie brandmarken ...

"Daher bitte ich Sie dahin zu wirken, daß die sechs ferraresischen Geisseln ihrem Vaterlande wiedergegeben werden. Was ich von Ihnen fordere, fordere ich im Namen der Humanität. Nachher wird das Gefühl der tausend erlittnen Beleidigungen das Verhalten diktiren, das wir annehmen werden, um Italien von den unaufhörlichen Niederträchtigkeiten zu befreien mit der ein ehrloser Feind es überhäuft."

Die französische Regierung scheint indeß allmählig die ihr von Schwarzenberg zugemuthete Courage bekommen zu haben. Während die neapolitanischen und östreichischen Truppen von zwei Seiten das römisch-toskanische Gebiet bedrohen, rüstet sich in Toulon abermals eine französische Flotte zur Aufnahme der Brigade Molliere, die bereits einmal im Interesse des Pabstes nach Civita Vecchia abgehen sollte. Täglich gehen Dampfschiffe mit Depeschen nach Gaeta. Fünf Dämpfer bereiten sich vor zur Aufnahme von Truppen und Pferden. Es ist offenbar, die Republik will denselben Verrath an Italien begehn, den Louis Philipp und seine Minister 1831 schon einmal zur Schande Frankreichs begingen.

Rom stellt indeß den Rüstungen Rüstungen entgegen. Die Constituante beschäftigt sich nur noch mit der Landesvertheidigung. In allen Städten und Flecken sind Bureaux zur Einschreibung für den Kriegsdienst eröffnet; die Jugend strömt in Masse herbei und schon ist die Armee bedeutend gewachsen. Sie zählt jetzt 41,670 Mann, von denen 2/3 schon bei Cornuda, Vicenza, Treviso, Mestre und Venedig ihren Muth im Feuer bewährt haben. Außerdem sind 54 Feldgeschütze da, nebst Zelten, Wagen und Ambulancen. Dazu bestehen in Rom 12 Bataillone (12,000 Mann) mobilisirte Nationalgarde, ein Bataillon (700 Mann) Schützen, aus Studenten gebildet, und die sich bildenden Corps der lombardischen und neapolitanischen Emigration.

In Turin ist eine doppelte Ministerveränderung vor sich gegangen. Sineo hat das Justizministerium an Cabella abgetreten und ist Generaladvokat geworden; Colli, der Gioberti im Ministerium des Auswärtigen ersetzt hatte, soll in Folge einer Differenz mit seinen Collegen über die Kriegsfrage ausgetreten sein, und seine Stelle wäre durch Deferraris übernommen. Uebrigens soll Colli vor seinem Abtreten zahlreiche diplomatische Agenten aus der absolutistischen Zeit zurückberufen haben.

Aus Neapel erfahren wir endlich den Inhalt des am 28. Februar nach Palermo abgegangenen neapolitanischen, von Frankreich und England unterstützten Ultimatums. Folgendes sind seine Hauptsätze:

"Ferdinand II., König beider Sizilien;

"Allgemeine Amneste, mit Ausnahme von 30 Chefs der Revolution, welche Pässe in's Ausland erhalten;

"Die Constitution von 1812, modifizirt;

"Eine Armee für beide Länder mit sizilischem Contingent;

"Parlament, Finanzen, Städteordnung, Richterstand in Sizilien unabhängig;

"Ein vom König ernannter Statthalter, entweder ein königlicher Prinz oder ein Sizilianer;

"Königliches Haus, Auswärtiges, Krieg und Flotte vom König abhängig;

"Bezahlung von 4 Millionen rückständiger Steuern und einer Million Kriegskosten durch die Sizilianer."

Wir zweifeln keinen Augenblick, daß die Nachricht, Sizilien habe dies infame Ultimatum verworfen, sich vollständig bestätigen wird. Dann bricht der Krieg los, der diesmal nicht ein vereinzelter Kampf, sondern eine Episode in dem an allen Ecken Italiens gleichzeitig losbrechenden Revolutionskrieg sein und daher ganz andere Chancen haben wird. Krieg in Sizilien, Krieg in der Romagna, Krieg am Tessin; Aufstand in Calabrien, Apulien, den Abruzzen und endlich in Neapel selbst; endlich europäische Verwickelungen hervorgehend aus dem italienischen Befreiungskampf -- das werden die ersten Entwickelungsphasen dieses neuen Drama's sein, dessen Ende Niemand absehen kann.

Mailand, 2. März.

Abermals fanden hier zwei Hinrichtungen Statt. Joseph Zaccheo, ein Piemonteser, und Lukas Piacentini, ein Mailänder, wurden heute früh erschossen, weil sie angeblich durch Geldversprechungen zwei Soldaten zu verführen versuchten, ihre Fahnen zu verlassen und in die sardinische Armee einzutreten.

Französische Republik.
Paris, 12. März.

Heute sollen der monarchischen Union zufolge zwölf Dampffregatten aus Toulon in See stechen und sich nach Marseille begeben, um dort 3000 Mann aufzunehmen, die zu einem Observations-Corps bestimmt wären, das längs den Küsten der römischen und toskanischen Republiken streiche.

Wir halten diese Nachricht für voreilig.

-- Aus dem Ministerium des Innern ist der Befehl an sämmtliche Präfekten gegangen: unverzüglich eine genaue Liste aller "mobilisabeln Citoyens" anzulegen und einzusenden. So soll denn wirklich der alte Plan von den dreihundert Bataillonen mobiler Bürgerwehr von der honnetten Republik ausgebeteutet werden?

-- Man liest im "Moniteur du Soir":

"Ein Journal zeigte gestern an, daß unser Gesandter in Neapel, Herr De Reyneval, während der Unterhandlungen zwischen Sizilien und Neapel auf heftigen Widerstand von Seiten Lord Palmerstons gestoßen sei. Diese Behauptung ist falsch. Die Mediation Englands und der französischen Republik wurde nicht durch die geringste Mißhelligkeit des Pariser und Londoner Kabinets gestört. Im Gegentheile können wir versichern, daß beide Admiräle (der englische und französische) im besten Einvernehmen am 4. März von Neapel nach Palermo abfuhren, um dem sizilianischen Volke die Uebereinkunft zu überbringen, welche zwischen den mediatisirenden Mächten zu Stande gekommen."

Ein Brief aus Civita-Vecchia meldete bereits gestern, daß man in Palermo diese herrliche Uebereinkunft verworfen habe. Die Inhaber italienischer Blätter machen wir außerdem auf einen Artikel des Tempo, in Bezug auf diesen Gegenstand, aufmerksam, in welchem das neapolitanische Kabinet seine ganze Galle gegen die sizilianischen und römischen Demokraten ausschüttet. Das Kabinet rechnet mit Bestimmtheit auf die Unüberwindlichkeit des alttend Oestreich, und führt offenbar nur deshalb eine so kühne Sprache.

-- Im großen Moniteur herrscht komplette Windstille. Er füllt seinen dicken Bauch mit dem Ferdinand Barrot'schen Bericht über die Mittel, durch welche man die Araber französisch und die Franzosen arabisch lehren könne, um sich Algeriens ganz zu vergewissern.

-- Aus Brüssel erfahren wir nichts, als daß die Herren Chagrenee u. Comp. fleißig tafeln; allein von einer Eröffnung der Conferenzen hört man noch nichts. Die italienische Frage wird jedenfalls nicht in dem belgischen Gaunerlande, sondern auf dem Schlachtfelde entschieden.

-- Der Telegraph, erzählt man sich eben im Saale der Pas-Perdus, hat gestern wirklich dem Dampfgeschwader in Toulon den Befehl übermacht, die Moliere'sche Brigade in Marseille für Italien einzuschiffen ... Auch ist General Fabvier nach Dänemark mit Depeschen abgereist.

-- Im Ministerium des Auswärtigen ist heute Vormittag eine Depesche aus London eingelaufen, in welcher Lord Palmerston erklärt: daß England zu Gunsten des Pabstes nicht intervenire, weil er sich nicht direkt an dasselbe um Hilfe gewandt habe. Hr. Barrot und Fallour werden daher allein die Ehre haben auf dem Kampfplatze zu erscheinen.

-- De Tracy, Marineminister, hat den vielen Bitten der Juniangehörigen endlich nachgegeben und für die Junideportirten in den Bagnos spezielle Behandlung und spezielle Beschäftigung angeordnet.

Hierzu eine Beilage.

Angelegenheiten, welche die Reichsverfassung oder die Reichsgesetze als Landesangelegenheiten erklären, von den Landtagen vertreten.

§. 71. Die Verfassung des Königsreichs Ungarn wird insoweit aufrecht erhalten, daß die Bestimmungen, welche mit dieser Reichsverfassung nicht im Einklange stehen, außer Wirksamkeit treten, und daß die Gleichberechtigung aller Nationalitäten und landesüblichen Sprachen in allen Verhältnissen des öffentlichen und bürgerlichen Lebens durch geeignete Institutionen gewährleistet wird. Ein besonderes Statut wird diese Verhältnisse regeln.

§. 72. Der Woiwodschaft Serbien werden solche Einrichtungen zugesichert, welche sich zur Wahrung ihrer Kirchengemeinschaft und Nationalität auf ältere Freiheitsbriefe und Kaiserliche Erklärungen der neuesten Zeit stützen. Die Vereinigung der Woiwodschaft mit einem anderen Kronlande wird, nach Einvernehmung von Abgeordneten derselben, durch eine besondere Verfügung festgestellt werden.

§. 73. In den Königreichen Croatien und Slavonien, mit Einschluß des dazu gehörigen Küstenlandes, dann der Stadt Fiume und dem dazu gehörigen Gebiete, werden deren eigenthümliche Institutionen, innerhalb des durch diese Reichsverfassung festgestellten Verbandes dieser Länder mit dem Reiche, in völliger Unabhängigkeit derselben von dem Königreiche Ungarn, aufrecht erhalten. Abgeordnete aus Dalmatien werden mit der Landes-Congregation dieser Königreiche, unter Vermittlung der vollziehenden Reichsgewalt, über den Anschluß und die Bedingungen desselben verhandeln und das Ergebniß der Sanktion des Kaisers unterziehen.

§. 74. Die innere Gestaltung und Verfassung des Großfürstenthums Siebenbürgen wird nach dem Grundsatze der völligen Unabhängigkeit von dem Königreiche Ungarn und der Gleichberechtigung aller das Land bewohnenden Nationen, im Einklange mit dieser Reichsverfassung, durch ein neues Landesstatut festgestellt werden. Die Rechte der sächsischen Nation werden innerhalb dieser Reichsverfassung aufrecht erhalten.

§. 75. Das zum Schutze der Integrität des Reiches bestehende Institut der Militärgränze wird in seiner militärischen Organisation aufrecht erhalten und bleibt als ein integrirender Bestandtheil des Reichsheeres der vollziehenden Reichsgewalt unterstellt. Ein eigenes Statut wird den Bewohnern der Militärgränze in Bezug auf ihre Besitzverhältnisse dieselben Erleichterungen gewährleisten, welche den Angehörigen der übrigen Kronländer ertheilt wurden.

§. 76. Ein besonderes Statut wird die Verfassung des lombardisch-venetianischen Königreichs und das Verhältniß dieses Kronlandes zum Reiche feststellen.

§. 77. Alle übrigen Kronländer erhalten eigene Landesverfassungen. Die ständischen Verfassungen treten außer Wirksamkeit.

§. 78. Die Zusammensetzung der Landtage hat mit Beachtung aller Landesinteressen zu geschehen. Die Abgeordneten zu denselben werden durch direkte Wahlen berufen.

§. 79. Die zum Wirkungskreise der Landesvertretung gehörigen Befugnisse werden entweder durch die Landtage selbst oder durch die von ihnen gewählten Landesausschüsse geübt.

§. 80. Jedem Landtage wird das Recht der Theilnahme an der Gesetzgebung in Landesangelegenheiten und des Gesetzvorschlages, so wie das Recht, die Ausführung der Landesgesetze zu überwachen, gewährleistet. Die Uebereinstimmung des Kaisers und des Landtags ist zu jedem Landesgesetze erforderlich.

§. 81. Abänderungen der Landesverfassungen sollen in den Landtagen, welche zuerst werden berufen werden, im gewöhnlichen Wege der Gesetzgebung beantragt werden können. In den folgenden Landtagen soll zu einem Beschlusse über solche Abänderungen die Gegenwart von mindestens drei Viertheilen aller Abgeordneten und die Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden erforderlich sein.

§. 82. Die näheren Bestimmungen über die Bildung und den Wirkungskreis der Landtage und Landesausschüsse werden die Landesverfassungen und Wahlgesetze dieser Kronländer feststellen.

§. 83. Alle Verfassungen der einzelnen Kronländer, welche das Reich bilden, sollen im Laufe des Jahres 1849 in Wirksamkeit treten und müssen dem ersten allgemeinen östreichischen Reichstage vorgelegt werden, welcher nach deren Einführung sofort berufen wird.

X. Abschnitt.

Von der vollziehenden Gewalt.

§. 84. Die vollziehende Gewalt im ganzen Reiche und in allen Kronländern ist Eine und untheilbar. Sie steht ausschließend dem Kaiser zu, der sie durch verantwortliche Minister und die denselben untergeordneten Beamten und Bestellten ausübt.

§. 85. Wird einer Körperschaft, oder wem immer, ein Theil der vollziehenden Gewalt übertragen, so kann dieses nur widerruflich stattfinden, und die Krone ist stets berechtigt, für die Ausübung des übertragenen Theiles der vollziehenden Gewalt eine andere Vorkehrung zu treffen.

§. 81. Die Vollziehung und Handhabung der Landesgesetze, so wie die Ausführung der von den Landtagsausschüssen innerhalb ihres verfassungsmäßigen Wirkungskreises erlassenen Entscheidungen, steht der vollziehenden Gewalt zu.

§. 87. Wenn der Reichstag oder der Landtag nicht versammelt ist und dringende, in den Gesetzen nicht vorgesehene Maßregeln mit Gefahr auf dem Verzuge für das Reich oder für ein Kronland erforderlich sind, so ist der Kaiser berechtigt, die nöthigen Verfügungen, unter Verantwortlichkeit des Ministeriums, mit provisorischer Gesetzeskraft zu treffen, jedoch mit der Verpflichtung, darüber dem Reichs- oder beziehungsweise Landtage die Gründe und Erfolge darzulegen.

§. 88. Die Minister haben die Verwaltung im Reiche und in den einzelnen Kronländern zu leiten, die bezüglichen Verordnungen zu erlassen und die Handhabung der Reichs- und Landesgesetze zu überwachen.

§. 89. Den Ministern steht es zu, unter ihrer Verantwortung, in jenen Angelegenheiten, welche den Gemeinden oder den Landtagen und deren Organen zur selbstständigen Entscheidung überlassen sind, die Ausführung von Verwaltungsmaßregeln, welche den Gesetzen und dem Gesammtwohle entgegen sind, einzustellen oder zu untersagen.

§. 90. Die Minister haben das Recht, im Reichstage zu erscheinen und jederzeit das Wort zu nehmen; sie können auch für bestimmte Verhandlungen sich durch abgeordnete Kommissäre vertreten lassen. An den Abstimmungen des Reichstages nehmen sie nur Theil, wenn sie Mitglieder desselben sind.

§. 91. Ueber die Verantwortlichkeit der Minister, über das gerichtliche Verfahren gegen dieselben, dann über deren Bestrafung im Falle der Verurtheilung, wird ein besonderes Gesetz bestimmen.

§. 92. Für die einzelnen Kronländer ernennt der Kaiser Statthalter, welche als Organe der vollziehenden Gewalt die Handhabung der Reichs- und Landesgesetze zu überwachen und die Leitung der inneren Angelegenheiten in dem Umfange ihres amtlichen Gebietes zu besorgen berufen und verpflichtet sind.

§. 93. Die Statthalter haben das Recht, in den Landtagen selbst oder durch ihre abgeordneten Kommissäre zu erscheinen und jederzeit das Wort zu nehmen. An den Abstimmungen der Landtage nehmen sie nur Theil, wenn sie Mitglieder derselben sind.

§. 94. Die Statthalter sind in ihrer Geschäftsführung dafür verantwortlich, daß die Reichsgesetze und die Gesetze des betreffenden Kronlandes genau beobachtet und gehandhabt werden.

§. 95. Die vollziehende Reichsgewalt kann die Statthalter und alle Behörden der einzelnen Kronländer auch mit der Besorgung der Reichsangelegenheiten beauftragen oder solche durch andere Organe in allen Theilen des Reiches verwalten lassen.

XI. Abschnitt.

Von dem Reichsrathe.

§. 96. An die Seite der Krone und der vollziehenden Reichsgewalt wird ein Reichsrath eingesetzt, dessen Bestimmung ein berathender Einfluß auf alle jene Angelegenheiten sein soll, worüber er von der vollziehenden Reichsgewalt um sein Gutachten angegangen wird.

§. 97. Die Mitglieder des Reichsrathes werden von dem Kaiser ernannt; bei deren Ernennung ist auf die verschiedenen Theile des Reiches mögliche Rücksicht zu nehmen.

§. 98. Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtung und den Wirkungskreis des Reichsrathes regeln.

XII. Abschnitt.

Von der richterlichen Gewalt.

§. 99. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten geübt.

§. 100. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Reiche aus. Es sollen in Zukunft keine Patrimonialgerichte bestehen.

§. 101. Kein vom Staate bestellter Richter darf nach seiner definitiven Bestellung, außer durch richterlichen Spruch, von seinem Amte zeitweilig entfernt oder entlassen, noch auch ohne sein Ansuchen an einen anderen Dienstort überwiesen oder in den Ruhestand versetzt werden. Diese letztere Bestimmung findet jedoch auf Versetzungen in den Ruhestand, welche wegen eingetretener Dienstesuntauglichkeit nach den Vorschriften des Gesetzes erfolgen, so wie auf jene Veränderungen im Richterpersonale, welche durch Aenderungen in der Einrichtung der Gerichte nothwendig werden, keine Anwendung.

§. 102. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig gestellt werden. Ueber Competenz-Conflikte zwischen den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden entscheidet die durch das Gesetz zu bestimmende Behörde.

§. 103. Das Gerichtsverfahren soll in der Regel öffentlich und mündlich sein. Die Ausnahmen von der Oeffentlichkeit bestimmt, im Interesse der Ordnung und Sittlichkeit, das Gesetz. In Strafsachen soll der Anklageprozeß gelten, Schwurgerichte sollen in allen schweren Verbrechen, welche das Gesetz näher bezeichnen wird, dann bei politischen und Preßvergehen erkennen.

§. 104. Die Durchführung der vorgedachten allgemeinen Grundsätze, nach welchen in Zukunft die Rechtspflege eingerichtet und das Richteramt ausgeübt werden soll, so wie deren Einführung in den einzelnen Kronländern unter Beachtung der eigenthümlichen Verhältnisse derselben, bleibt besonderen Reichs- und beziehungsweise (§. 68) Landesgesetzen vorbehalten.

§. 105. Die Bestimmungen der Hausgesetze über den Gerichtsstand der Glieder des Kaiserlichen Hauses bleiben aufrecht.

XIII. Abschnitt.

Von dem Reichsgerichte.

§. 106. Es soll ein oberstes Reichsgericht eingesetzt werden, welches von Amts wegen oder auf geführte Klage in folgenden Fällen einzuschreiten haben wird: I. Als Schiedsgericht: bei Streitfragen zwischen dem Reiche und den einzelnen Kronländern oder zwischen einzelnen Kronländern unter sich, insofern der Gegenstand nicht in den Bereich der gesetzgebenden Reichsgewalt gehört. II. Als oberste Instanz: bei Verletzungen der politischen Rechte. III. Als untersuchende und oberste richtende Behörde: a) bei Anklagen gegen die Minister und Stadthalter, dann b) bei Verschwörungen und Attentaten gegen den Monarchen oder Regenten und in Fällen von Hoch- oder Landerverrath.

§. 107. Der Sitz des Reichsgerichtes ist in Wien, und es wird durch ein besonderes Gesetz bestimmt, wie die Bestellung der Richter mit Rücksicht auf die einzelnen Kronländer stattfinden, wie groß die Zahl derselben und wie das Verfahren des Gerichtes sein soll.

XIV. Abschnitt.

Von dem Reichshaushalte.

§. 108. Alle Steuern und Abgaben für Reichs- und Landeszwecke werden durch Gesetze bestimmt.

§. 109. Alle Einnahmen und Ausgaben des Reiches müssen jährlich in einem Voranschlage ersichtlich gemacht werden, welcher durch ein Gesetz festgestellt wird. Allfällige Ueberschreitungen des Voranschlages sind der nachträglichen Anerkennung von Seiten des Reichstages zu unterziehen.

§. 110. Die Staatsschuld ist vom Reiche gewährleistet.

§. 111. Die allgemeine Rechnung über den Reichshaushalt jeden Jahres wird nebst einer Uebersicht der Staatsschulden von dem obersten Rechnungshofe dem Reichstage vorgelegt.

§. 112. Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtungen und Befugnisse des obersten Rechnungshofes feststellen.

XV. Abschnitt.

Von der bewaffneten Macht.

§. 113. Die bewaffnete Macht ist bestimmt, das Reich gegen äußere Feinde zu vertheidigen und im Innern die Aufrechthaltung der Ordnung und die Ausführung der Gesetze zu sichern.

§. 114. Im Innern kann zu diesen Zwecken die bewaffnete Macht nur über Aufforderung der Civil-Behörden und in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen einschreiten.

§. 115. Die bewaffnete Macht ist wesentlich gehorchend. Kein Theil derselben darf gemeinsam berathen.

§. 116. Das Gesetz bestimmt den Umfang und die Art der allgemeinen Wehrpflicht zum Landheere und zum Dienste auf der See.

§. 117. Das Gesetz steht unter der Militärgerichtsbarkeit und dem Militärgesetze. Die Disziplinarvorschriften für das Land- und Seeheer bleiben in voller Anwendung.

§. 118. Der Eid des Heeres auf die Reichsverfassung wird in den Fahneneid aufgenommen.

§. 119. Die Einrichtung der Bürgerwehr wird durch ein besonderes Gesetz geleitet.

XVI. Abschnitt.

Allgemeine Bestimmungen.

§. 120. Insolange die durch diese Reichsverfassung bedingten organischen Gesetze nicht im verfassungsmäßigen Wege zu Stande gekommen sind, werden die entsprechenden Verfügungen im Verordnungswege erlassen.

§. 121. Bis die neuen Gesetze und Verordnungen in Wirksamkeit treten, bleiben die bestehenden in Kraft. Die bestehenden Steuern und Abgaben werden forterhoben, bis neue Gesetze abweichend bestimmen und zur Anwendung kommen.

§. 122. Die Behörden bleiben bis zur Ausführung der sie betreffenden neuen organischen Gesetze und Verordnungen in ihrer Wirksamkeit.

§. 123. Aenderungen dieser Reichsverfassung können im ersten Reichstage im gewöhnlichen Wege der Gesetzgebung beantragt werden. In den folgenden Reichstagen ist zu einem Beschlusse über solche Abänderungen in beiden Häusern die Gegenwart von mindestens drei Viertheilen aller Mitglieder und die Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden erforderlich.

So gegeben in Unserer Königlichen Hauptstadt Olmütz, den 4. März im Jahre des Heils Eintausend Achthundert Neun und Vierzig, Unserer Reiche im Ersten.

(L. S.) Franz Joseph.
Schwarzenberg. Stadion. Krauß. Bach. Cordon.
Bruck. Thinnfeld. Kulmer.

Hullein, 8. März.

Der ungeräumige Bahnhof von Hullein ist voll von Leuten. Infanterie hält den Zugang zu demselben besetzt, und jeder Fußgänger sowie jeder Wagen, der von Kremsier kommt, wird angehalten, und ein Polizeikommissar verlangt Legitimationen. Jeden Augenblick kommen Deputirte an, die noch mit dem heutigen Nachttrain abreisen wollen, und erzählen Details über die Ereignisse des verflossenen Tages. Die Abgeordneten, da sie keine Abschiedsversammlung mehr abhalten können, stehen in den Straßen und auf dem Hauptplatze herum, Verscheuchten gleich, denen man das eigne Haus vor der Thüre zugeschlagen, und geben einander ihre Autographen zum Angedenken. Nachmittags hielt der slawische Club eine Versammlung, um zu beschließen, wie man sich der octroyirten Verfassung und den Committenten gegenüber zu benehmen habe. Man kam dahin überein, sich jedes Raisonnements zu enthalten und den Committenten eine getreue Darstellung der Ereignisse vom 6. auf den 7. März bekannt zu geben. Spät Abends wurden die Wohnungen Fischhof's und Prato's militärisch besetzt. Die Abgg. Goldmark und Füster sollen sich zu Fuß durch den erzbischöflichen Park geflüchtet haben. Auch Violand und Kudlich entkamen. Unter den Proscribirten wird auch Marcher aus Steiermark genannt. (C. Bl. v. B.)

Prag, 10. März.

Der Empfang, der den gestern von Kremsier angelangten Deputirten zu Theil wurde, zeigte, daß der Reichstag in Prag noch einige Sympathien hatte. Eine große Anzahl Bewohner Prags, darunter sehr viele Studenten, deutsche und czechische, füllten den Bahnhof. Als der Zug ankam und die Deputirten die Wagen verließen, wurde der deutschen Linken am Reichstage ein donnerndes Hoch und am Schluße dem Minister Stadion ein Pereat gebracht. —

Leipzig, 10. März.

Zwanzigtausend Baiern sollen einem Gerücht zufolge, im Königreich Sachsen die nach Schleswig-Holstein marschirenden k. sächsischen Truppen ersetzen. Dies veranlaßte gestern Abend eine Volksversammlung, berufen von den demokratischen und republikanischen Vereinen, in welcher eine Adresse an die Regierung beschlossen wurde, die Baiern nicht in das Land kommen zu lassen.

* Gera, 9. März.

Die „Konstituante“ der Reußischen Reichs-Nation ist durch ihren trefflichen Landesvater wegen mißliebiger Beschlüsse und Unwillfährigkeit gegen die Wünsche von Adel und Ritterschaft nach Hause octroyirt, oder mit andern Worten vertagt worden.

* Lübeck, 10. März.

Nach Berichten aus Kopenhagen ist dänischerseits die offizielle Anzeige gemacht worden, daß am 27. März die Blokade der schleswig-holstein'schen Küsten aufs Neue beginnt, und daß die dänischen Kriegsschiffe ihre vor dem 26. August 1848 innegehabten Stationen wieder einnehmen werden.

Ungarn.
*
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Schweiz.
300 Bern, 10. März.

Wie Belgien der „Musterstaat“ der konstitutionellen, so ist die Schweiz bekanntlich das Ideal der republikanischen Bourgeois und Ideologen. In der Schweiz herrscht kein König, existirt kein Adel, die Steuern sind mäßig, das Land erfreut sich der größten Ruhe; — das Einzige, was man zu tadeln findet, sind abgethane Geschichten, Jesuiten und Sonderbündeleien. Hat doch noch selbst in neuester Zeit eine radikale Zeitung, die „Neue deutsche“ die Schweiz um ihre Ruhe und Zufriedenheit beneidet. Es schmerzt uns, daß wir diese idyllische Anschauung von dem Glücke und der Behaglichkeit der Schweizerbürger stören, daß wir „in dem treusten Spiegel, der die Freiheit wiederstrahlt“, häßliche Flecken nachweisen müssen. Wir wollen zuerst einige Volksversammlungen Revue passiren lassen. Am 5. März war in Schönbühl, Kantoa Bern, eine sogenannte Kommunistenversammlung, welche vom Proletariate sehr stark besucht war. Das Armenwesen und die Auswanderungsfrage waren Gegenstand der Verhandlungen. Die Schilderungen, welche die Redner von dem Zustande der arbeitenden Bevölkerung in der Schweiz machten, bewiesen die Nothwendigkeit schleuniger und durchgreifender Abhülfe; die Art und Weise aber, wie über diese diskutirt wurde, verrieth eine große Unbehülflichkeit und zeigte, daß trotz aller republikanischen Einrichtungen das Proletariat noch sehr wenig über seine eigne Stellung und die Mittel zur Rettung im Klaren ist. Es gelang den Konservativen, die soziale Bewegung für sich zu exploitiren. Die heftigsten Vorwürfe wurden gegen das radikale Gouvernement von Bern und namentlich gegen die Finanzdirektion geschleudert, und es gelang den Vertheidigern der bestehenden Regierung die Rechtfertigung nur theilweise. Als Mittel der Abhülfe wurde eine Verfassungsrevision beschlossen, doch erklärten mehrere Redner, daß man nur vorläufig und versuchsweise den gesetzlichen Weg betreten wolle. Da die Verfassungsrevision der Hebel ist, mit welchem die Konservativen und besonders die Patrizier von Bern die bestehende Regierung verdrängen wollen, so ist also der Plan derselben, das Proletariat gegen die Regierung aufzuhetzen, vorläufig gelungen. Noch deutlicher zeigte sich diese echtjesuitische Tendenz in der Sitzung des Zentralkomité's für die Auswanderungsgesellschaft des Kantons Bern, welche letzthin im Klösterli zu Bern abgehalten wurde. Deputirte von 25 Oberämtern, an der Zahl von circa 1000 waren versammelt, um auf jede Art und Weise zu suchen, wie die Auswanderungsfrage zur Rettung vieler tausend verdienstloser und hungernder Staatsbürger geregelt werden könne. Da der große Rath auf den Bericht des Regierungsrathes Schneider sich dieser Frage nicht mit der nöthigen Energie und Aufopferung angenommen hatte, so wurde auch hier eine Verfassungsrevision in Aussicht gestellt ohne zu bedenken, daß eine Verdrängung der jetzigen radikalen Regierung nur die Leute des alten Systems wieder möglich machen würde.

Für diesen Zweck soll in allen Aemtern eine Petition herumgeboten werden, und sobald die verfassungsmäßige Anzahl von 8000 Unterschriften zu Stande gekommen ist, werden die gehörigen Anstalten zur Lösung dieser Aufgabe getroffen werden. Da die Auswanderungsfrage wegen der täglich zunehmenden Erwerbs- und Nahrungslosigkeit, namentlich im Berner Oberland überall verhandelt und besprochen wird, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß die gesuchten Unterschriften zu Stande kommen, und der jetzigen Regierung ist dann ein großer Stein in den Weg geworfen.

Auch in St. Gallen macht die Arbeiterbewegung Fortschritte. „Während der „Arbeiter,“ erzählt der „Wächter“, theoretische Versuche im Socialkommunismus macht, haben sie es im Gasterlande unter der Präsidentschaft Hofstitters praktisch angefangen; sie wollen Herabsetzung des Zinsfußes auf 2 pCt. u. s. w.“

In der That, die Radikalen mögen sich da, wo sie jetzt regieren, hüten, die Arbeiter durch Gleichgültigkeit von sich abzustoßen. Das schweizerische Proletariat ist zum großen Theile noch sogenanntes Lumpenproletariat, das sich Jedem verkauft, der ihm goldene Berge verspricht. Die Pfaffen und Aristokraten erinnern das hungernde Volk natürlich nicht an die Zeiten, wo der Bauer der Pfarrei und dem Gutsherrn zehnten mußte; sie fragen nur, was thut die bestehende Regierung für Euch? Und da können die getreusten Anhänger derselben nichts antworten. Wenn das Proletariat in der Schweiz stark und gebildet genug wäre, eine selbstständige Partei zu sein, so wäre die Opposition gegen den gegenwärtigen Radikalismus gewiß gerechtfertigt; unter den bestehenden Verhältnissen aber ist jedes Ankämpfen gegen die radikalen Politiker eine Concession, welche man den Konservativen macht.

Die Radikalen sollten überhaupt etwas rühriger und thätiger auftreten. Es ist nicht genug, reaktionäre Persönlichkeiten anzugreifen und über Religion unpassende Witze zu machen; die Auslandspartei sollte gegen die Neutralitätspolitiker dieselbe Energie anwenden, welche die Herren Ochsenbein und Comp. den Jesuiten und Sonderbündlern zeigten. Es liegt jetzt mehr Gefahr im Verzuge, wie ehedem. Die Kapitulationsfrage, welche von neun Zehnteln des Schweizervolkes gegen die doktrinär-feige Interpretation des Bundesraths entschieden wird, gibt den Radikalen eine genügende Waffe in die Hand, um der bestehenden Misere ein baldiges Ende zu machen. Der Bericht des politischen Departements (Furrer's) an den schweizerischen Bundesrath in Sachen der Kapitulationen, welcher von den meisten Zeitungen und namentlich von der „Neuen Züricher Zeitung“ als das non plus ultra politischer Weisheit gepriesen wird, läßt uns einen tiefen Blick in die Krämerwirthschaft des Bundesraths werfen, welcher die auswärtige Politik nach einigen Batzen und den Grundsätzen des Civilrechts regelt: „Woher,“ fragt Furrer, „soll das Entschädigungsgeld bezahlt werden? Es ist absolut unmöglich, diese Summe zu einem irgend erheblichen Theile aus der Bundeskasse zu beziehen. — — — Diese Summe müßte also von den Kantonen getragen werden. Wenn man aber die Verhältnisse ruhig und unbefangen würdigt, und nicht blindlings von einer Begeisterung sich hinreißen läßt, so wird man sich überzeugen, daß die Beitreibung dieser Summe ebenfalls zu den Unmöglichkeiten gehört, namentlich für die Zukunft, selbst wenn man der Gegenwart einen so begeisternden Einfluß zuerkennen sollte.“ — An einer andern Stelle: „Eine ganze große Nation, welche nicht einmal einige Regimenter bemeistern kann, wird schwerlich im Stande sein, sich auf die Dauer Unabhängigkeit und politische Freiheit zu sichern.“ Die italienischen Republiken werden gewiß der schweizerischen Nachbarrepublik für diese offizielle Erklärung des ersten Beamten derselben einst gebührenden Dank zollen. Die „Neue Züricher Zeitung“, das halboffizielle Organ des Bundespräsidenten, hatte erklärt, der Beschluß, daß die Aufhebung der bestehenden Kapitulationen in den Bereich der Kantonalsouveränetät gehört, sei vom Bundesrathe einstimmig gefaßt. Dies ist unrichtig. Der Italiener Franscini war nicht zugegen und der Mann der „permanenten Revolution“, Druey hat Vorschläge an die Bundesversammlung in der Absicht machen wollen, „die Kapitulationen aufzuheben, wenn die Lage Italiens und der Schweiz es erheische.“ Ferner beantragte er, die Werbungen für die neapolitanischen Regimenter bis nach Entscheidung der Sache einzustellen, und dies ist die Hauptsache.

Herr Ochsenbein, der Napoleon der Sonderbundskriege, will nicht nur den preußischen Lohbauer, sondern auch den preußischen Waffenrock einführen. Das löbliche Vorhaben scheitert aber am Kostenpunkt.

Das Anerbieten einiger Franzosen, in der Schweiz eine Spielbank zu errichten, hat die biedern Republikaner in große sittliche Entrüstung versetzt. Die Spielpächter in Deutschland müssen doch wohl durch den Beschluß der ehrwürdigen Nationalversammlung in Frankfurt in Angst gesetzt worden sein, sonst würden sie nicht die regierenden Herren der Sonderbundskantone in die schwierige Lage versetzen, zwischen großen Geldvortheilen und angestammter Moral wählen zu müssen. In Luzern hat der große Rath mit 79 gegen 67 Stimmen das desfallsige Anerbieten eines Herrn Bias abgewiesen; auch richtete die Volksvereinssektion daselbst eine in demselben Sinne abgefaßte Petition an die Bundesbehörden; darauf wandten sich die Unternehmer nach Schwyz (Stanz) und St. Gallen (Rapperschwyl), ohne jedoch ihre Wünsche befriedigt zu sehen. Die Herren werden sich jetzt wohl zu der Energie des Homburger Spielpächters verstehen müssen, der erklärte, seine Spielbank würde länger, als alle Frankfurter Parlamente, bestehen.

Der große Rath, welcher seit einigen Tagen wieder zusammen ist, und der sich nach, wie vor, von Herrn von Tillier präsidiren läßt, obgleich auf ihm der Verdacht des Landesverraths haftet, beschäftigt sich mit der artikelweisen Berathung des Gewerbegesetzes, aus welcher wir hier nichts zu bemerken finden, als die Bestimmung, daß politische Flüchtlinge ohne weitern Nachweis des Gegenrechts Gewerbe treiben dürfen. Auch hat das Departement des Innern beantragt, eine Summe von 8000 Franken für Wissenschaft, Künste u. s. w. auszuwerfen.

147 Luzern, 9. März.

Vor einigen Tagen wurden aargauische Bürger vom hiesigen Markte zurückgewiesen, weil sie — Israeliten waren. Die Aargauer Regierung hat sich derselben angenommen. Ein schöner Beitrag zum Bundesrecht und zur religiösen Toleranz! —

303 Waadt, 8. März.

Die Integraterneuerungswahlen für den großen Rath, welcher seinerseits wieder den Staatsrath und das Kantonsgericht ernennen muß, haben am 4. März statt gefunden und beachten einen glorreichen Sieg der Radikalen. Die Konservative-Partei, bestehend aus Methodisten, Aristokraten u. s. w. ist vollständig geschlagen. Die allerentschiedensten Radikalen sind in Ifferten, Milden, Peterlingen, Wifflisburg gewählt. In Lausanne sind von 14 Deputirten 10 Sozialdemokraten gewählt, was von Bedeutung ist, da diese Stadt das Hauptquartier der Pfaffen, Doktrinäre und Justemilianer ist.

148 Schaffhausen.

Die hiesige Zeitung meldet wieder von einem Skandal der Reichstruppen. 8-10 würtembergische Soldaten besoffen sich in Schleitheim und betrugen sich gegen die schweizerischen Republikaner, wie es ihnen gegen deutsche „Unterthanen“ befohlen ist. Zwei dieser Tapfern sind gefangen und müssen von der Reichsgewalt wieder eingelöst werden. Diese hat in der Schweiz, beiläufig gesagt, nur noch einen einzigen Vertreter, den Herrn Wülfingh, da alle andern sich von der Last der vielen Geschäfte, welche ihnen hier oblagen, zurückgezogen haben.

Italien.
*

Die Times veröffentlichen zwei östreichische Depeschen, die beide das Datum des 17. Januars tragen und über die in Italien verfolgte kroatische Unterdrückungs-Politik erbauliche Aufschlüsse geben.

Die erste Depesche, nach Paris adressirt, schlägt dem Herrn Drouin de L'Huys, französischen Minister des Auswärtigen, eine Intervention in Rom vor: während östreichische Truppen von Norden, neapolitanische von Süden gegen Rom vorrücken, soll sich eine französische Flotte vor Civita-Vecchia legen. Die drei Expeditionen sollen einander unterstützen und nach den Umständen handeln, jedoch nicht länger im Ex-Kirchenstaat bleiben, als der Pabst dies für nöthig hält. Hr. Drouin de L'Huys hatte aber damals nicht den Muth, auf diesen wohlmeinenden Vorschlag einzugehen.

Die zweite Depesche ist für die Höfe von Berlin und Petersburg bestimmt und setzt auseinander, wie das englisch-französische Vermittlungsprojekt, von Lord Palmerston ausgegangen, von Oestreich nur nothgedrungen acceptirt worden sei; wie der Grundgedanke der Mediation (die Addalinie als Gränze Oestreichs) seit der Wiedereroberung der Lombardei durch die Kaiserlichen unzulässig sei; wie der vorgeschlagene Brüsseler Kongreß zur Besprechung von allerlei sonstigen italienischen Fragen benutzt werden solle, zu deren Entscheidung der Kongreß nicht kompetent sei; und wie der Kongreß höchstens den Beruf haben könne, die Verträge von 1815 in Italien zu bestätigen. Was die andern italien. Angelegenheiten angehe, so könnten sie höchstens durch einen Kongreß aller der Mächte, die die betreffenden Wiener Verträge von 1815 unterzeichnet, gelöst werden — und zu einem solchen Kongresse sei Oestreich (natürlich!) bereit.

Das sind die Pläne, die die östreichische Camarilla für die Durchführung der Contrerevolution in Italien ausgesonnen hat. Inzwischen ist die Revolution Italiens ihren Gang gegangen und schreitet täglich weiter vor.

Man vergleiche nun mit diesen kroatischen Aktenstücken eine andere diplomatische Depesche, die der Minister des Auswärtigen der römischen Republik d. d. 1. März, an den französischen, englischen, schwedischen und dänischen Gesandten in Florenz abgesandt hat:

*Mein Herr! Der gute Wille und die Würde, mit denen Sie am 8. August v. J. und im Verein mit Ihren Kollegen vom diplomatischen Korps in Florenz sich beeilt haben, Ihre wohlwollenden Bemühungen anzuwenden, um die Geißel abzuwenden, welche der unvorsichtige Marschall Welden über Bologna verhängte, veranlassen mich, Sie aufs lebhafteste anzugehen, aufs Neue uns Ihren Beistand gegen einen nicht minder verabscheuten und unloyalen Feind zu bewilligen.

„Ein gewisser Haynau, der sich, wir wissen nicht, Marschall oder General titulirt, hat, nachdem er zu Ferrara 200,000 Scudi gestohlen, noch sechs vortreffliche Bürger bei seiner Abreise mitgeschleppt, die, wie die er sagt, für die der Stadt auferlegten Bedingungen haften. Ich lasse mich nicht so tief herab, mein Herr, daß ich einen Kommentar zu dieser Thatsache gebe. Wer stiehlt, stellt sich außerhalb aller der Regeln, nach denen man die Handlungen in dieser Welt abmißt. Aber die Wegführung von sechs Bürgern aus Ferrara kann zu grausamen Repressalien Veranlassung geben, und um sie zu vermeiden, um unsere Revolution rein und unbefleckt erhalten, ersuche ich Sie diese Opfer einer unerhörten Barbarei loszukaufen.

„Italien, mein Herr, führt einen ehrlichen Krieg, den Krieg der Unterdrückten gegen die Tyrannen. Es verwüstet keine Felder, plündert keine friedlichen Bürger, ermordet keine Frauen; dergleichen Handlungen überläßt es dem Kroaten; sie sind seiner würdig und der Sache die er vertritt. Europa aber muß solche Schändlichkeiten mit dem Stempel der Infamie brandmarken …

„Daher bitte ich Sie dahin zu wirken, daß die sechs ferraresischen Geisseln ihrem Vaterlande wiedergegeben werden. Was ich von Ihnen fordere, fordere ich im Namen der Humanität. Nachher wird das Gefühl der tausend erlittnen Beleidigungen das Verhalten diktiren, das wir annehmen werden, um Italien von den unaufhörlichen Niederträchtigkeiten zu befreien mit der ein ehrloser Feind es überhäuft.“

Die französische Regierung scheint indeß allmählig die ihr von Schwarzenberg zugemuthete Courage bekommen zu haben. Während die neapolitanischen und östreichischen Truppen von zwei Seiten das römisch-toskanische Gebiet bedrohen, rüstet sich in Toulon abermals eine französische Flotte zur Aufnahme der Brigade Molliére, die bereits einmal im Interesse des Pabstes nach Civita Vecchia abgehen sollte. Täglich gehen Dampfschiffe mit Depeschen nach Gaëta. Fünf Dämpfer bereiten sich vor zur Aufnahme von Truppen und Pferden. Es ist offenbar, die Republik will denselben Verrath an Italien begehn, den Louis Philipp und seine Minister 1831 schon einmal zur Schande Frankreichs begingen.

Rom stellt indeß den Rüstungen Rüstungen entgegen. Die Constituante beschäftigt sich nur noch mit der Landesvertheidigung. In allen Städten und Flecken sind Bureaux zur Einschreibung für den Kriegsdienst eröffnet; die Jugend strömt in Masse herbei und schon ist die Armee bedeutend gewachsen. Sie zählt jetzt 41,670 Mann, von denen 2/3 schon bei Cornuda, Vicenza, Treviso, Mestre und Venedig ihren Muth im Feuer bewährt haben. Außerdem sind 54 Feldgeschütze da, nebst Zelten, Wagen und Ambulancen. Dazu bestehen in Rom 12 Bataillone (12,000 Mann) mobilisirte Nationalgarde, ein Bataillon (700 Mann) Schützen, aus Studenten gebildet, und die sich bildenden Corps der lombardischen und neapolitanischen Emigration.

In Turin ist eine doppelte Ministerveränderung vor sich gegangen. Sineo hat das Justizministerium an Cabella abgetreten und ist Generaladvokat geworden; Colli, der Gioberti im Ministerium des Auswärtigen ersetzt hatte, soll in Folge einer Differenz mit seinen Collegen über die Kriegsfrage ausgetreten sein, und seine Stelle wäre durch Deferraris übernommen. Uebrigens soll Colli vor seinem Abtreten zahlreiche diplomatische Agenten aus der absolutistischen Zeit zurückberufen haben.

Aus Neapel erfahren wir endlich den Inhalt des am 28. Februar nach Palermo abgegangenen neapolitanischen, von Frankreich und England unterstützten Ultimatums. Folgendes sind seine Hauptsätze:

„Ferdinand II., König beider Sizilien;

„Allgemeine Amneste, mit Ausnahme von 30 Chefs der Revolution, welche Pässe in's Ausland erhalten;

„Die Constitution von 1812, modifizirt;

„Eine Armee für beide Länder mit sizilischem Contingent;

„Parlament, Finanzen, Städteordnung, Richterstand in Sizilien unabhängig;

„Ein vom König ernannter Statthalter, entweder ein königlicher Prinz oder ein Sizilianer;

„Königliches Haus, Auswärtiges, Krieg und Flotte vom König abhängig;

„Bezahlung von 4 Millionen rückständiger Steuern und einer Million Kriegskosten durch die Sizilianer.“

Wir zweifeln keinen Augenblick, daß die Nachricht, Sizilien habe dies infame Ultimatum verworfen, sich vollständig bestätigen wird. Dann bricht der Krieg los, der diesmal nicht ein vereinzelter Kampf, sondern eine Episode in dem an allen Ecken Italiens gleichzeitig losbrechenden Revolutionskrieg sein und daher ganz andere Chancen haben wird. Krieg in Sizilien, Krieg in der Romagna, Krieg am Tessin; Aufstand in Calabrien, Apulien, den Abruzzen und endlich in Neapel selbst; endlich europäische Verwickelungen hervorgehend aus dem italienischen Befreiungskampf — das werden die ersten Entwickelungsphasen dieses neuen Drama's sein, dessen Ende Niemand absehen kann.

Mailand, 2. März.

Abermals fanden hier zwei Hinrichtungen Statt. Joseph Zaccheo, ein Piemonteser, und Lukas Piacentini, ein Mailänder, wurden heute früh erschossen, weil sie angeblich durch Geldversprechungen zwei Soldaten zu verführen versuchten, ihre Fahnen zu verlassen und in die sardinische Armee einzutreten.

Französische Republik.
Paris, 12. März.

Heute sollen der monarchischen Union zufolge zwölf Dampffregatten aus Toulon in See stechen und sich nach Marseille begeben, um dort 3000 Mann aufzunehmen, die zu einem Observations-Corps bestimmt wären, das längs den Küsten der römischen und toskanischen Republiken streiche.

Wir halten diese Nachricht für voreilig.

— Aus dem Ministerium des Innern ist der Befehl an sämmtliche Präfekten gegangen: unverzüglich eine genaue Liste aller „mobilisabeln Citoyens“ anzulegen und einzusenden. So soll denn wirklich der alte Plan von den dreihundert Bataillonen mobiler Bürgerwehr von der honnetten Republik ausgebeteutet werden?

— Man liest im „Moniteur du Soir“:

„Ein Journal zeigte gestern an, daß unser Gesandter in Neapel, Herr De Reyneval, während der Unterhandlungen zwischen Sizilien und Neapel auf heftigen Widerstand von Seiten Lord Palmerstons gestoßen sei. Diese Behauptung ist falsch. Die Mediation Englands und der französischen Republik wurde nicht durch die geringste Mißhelligkeit des Pariser und Londoner Kabinets gestört. Im Gegentheile können wir versichern, daß beide Admiräle (der englische und französische) im besten Einvernehmen am 4. März von Neapel nach Palermo abfuhren, um dem sizilianischen Volke die Uebereinkunft zu überbringen, welche zwischen den mediatisirenden Mächten zu Stande gekommen.“

Ein Brief aus Civita-Vecchia meldete bereits gestern, daß man in Palermo diese herrliche Uebereinkunft verworfen habe. Die Inhaber italienischer Blätter machen wir außerdem auf einen Artikel des Tempo, in Bezug auf diesen Gegenstand, aufmerksam, in welchem das neapolitanische Kabinet seine ganze Galle gegen die sizilianischen und römischen Demokraten ausschüttet. Das Kabinet rechnet mit Bestimmtheit auf die Unüberwindlichkeit des alttend Oestreich, und führt offenbar nur deshalb eine so kühne Sprache.

— Im großen Moniteur herrscht komplette Windstille. Er füllt seinen dicken Bauch mit dem Ferdinand Barrot'schen Bericht über die Mittel, durch welche man die Araber französisch und die Franzosen arabisch lehren könne, um sich Algeriens ganz zu vergewissern.

— Aus Brüssel erfahren wir nichts, als daß die Herren Chagrenée u. Comp. fleißig tafeln; allein von einer Eröffnung der Conferenzen hört man noch nichts. Die italienische Frage wird jedenfalls nicht in dem belgischen Gaunerlande, sondern auf dem Schlachtfelde entschieden.

— Der Telegraph, erzählt man sich eben im Saale der Pas-Perdus, hat gestern wirklich dem Dampfgeschwader in Toulon den Befehl übermacht, die Moliere'sche Brigade in Marseille für Italien einzuschiffen … Auch ist General Fabvier nach Dänemark mit Depeschen abgereist.

— Im Ministerium des Auswärtigen ist heute Vormittag eine Depesche aus London eingelaufen, in welcher Lord Palmerston erklärt: daß England zu Gunsten des Pabstes nicht intervenire, weil er sich nicht direkt an dasselbe um Hilfe gewandt habe. Hr. Barrot und Fallour werden daher allein die Ehre haben auf dem Kampfplatze zu erscheinen.

— De Tracy, Marineminister, hat den vielen Bitten der Juniangehörigen endlich nachgegeben und für die Junideportirten in den Bagnos spezielle Behandlung und spezielle Beschäftigung angeordnet.

Hierzu eine Beilage.

<TEI>
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          <p><pb facs="#f0003" n="1371"/>
Angelegenheiten, welche die Reichsverfassung oder die Reichsgesetze als Landesangelegenheiten erklären, von den Landtagen vertreten.</p>
          <p>§. 71. Die Verfassung des Königsreichs Ungarn wird insoweit aufrecht erhalten, daß die Bestimmungen, welche mit dieser Reichsverfassung nicht im Einklange stehen, außer Wirksamkeit treten, und daß die Gleichberechtigung aller Nationalitäten und landesüblichen Sprachen in allen Verhältnissen des öffentlichen und bürgerlichen Lebens durch geeignete Institutionen gewährleistet wird. Ein besonderes Statut wird diese Verhältnisse regeln.</p>
          <p>§. 72. Der Woiwodschaft Serbien werden solche Einrichtungen zugesichert, welche sich zur Wahrung ihrer Kirchengemeinschaft und Nationalität auf ältere Freiheitsbriefe und Kaiserliche Erklärungen der neuesten Zeit stützen. Die Vereinigung der Woiwodschaft mit einem anderen Kronlande wird, nach Einvernehmung von Abgeordneten derselben, durch eine besondere Verfügung festgestellt werden.</p>
          <p>§. 73. In den Königreichen Croatien und Slavonien, mit Einschluß des dazu gehörigen Küstenlandes, dann der Stadt Fiume und dem dazu gehörigen Gebiete, werden deren eigenthümliche Institutionen, innerhalb des durch diese Reichsverfassung festgestellten Verbandes dieser Länder mit dem Reiche, in völliger Unabhängigkeit derselben von dem Königreiche Ungarn, aufrecht erhalten. Abgeordnete aus Dalmatien werden mit der Landes-Congregation dieser Königreiche, unter Vermittlung der vollziehenden Reichsgewalt, über den Anschluß und die Bedingungen desselben verhandeln und das Ergebniß der Sanktion des Kaisers unterziehen.</p>
          <p>§. 74. Die innere Gestaltung und Verfassung des Großfürstenthums Siebenbürgen wird nach dem Grundsatze der völligen Unabhängigkeit von dem Königreiche Ungarn und der Gleichberechtigung aller das Land bewohnenden Nationen, im Einklange mit dieser Reichsverfassung, durch ein neues Landesstatut festgestellt werden. Die Rechte der sächsischen Nation werden innerhalb dieser Reichsverfassung aufrecht erhalten.</p>
          <p>§. 75. Das zum Schutze der Integrität des Reiches bestehende Institut der Militärgränze wird in seiner militärischen Organisation aufrecht erhalten und bleibt als ein integrirender Bestandtheil des Reichsheeres der vollziehenden Reichsgewalt unterstellt. Ein eigenes Statut wird den Bewohnern der Militärgränze in Bezug auf ihre Besitzverhältnisse dieselben Erleichterungen gewährleisten, welche den Angehörigen der übrigen Kronländer ertheilt wurden.</p>
          <p>§. 76. Ein besonderes Statut wird die Verfassung des lombardisch-venetianischen Königreichs und das Verhältniß dieses Kronlandes zum Reiche feststellen.</p>
          <p>§. 77. Alle übrigen Kronländer erhalten eigene Landesverfassungen. Die ständischen Verfassungen treten außer Wirksamkeit.</p>
          <p>§. 78. Die Zusammensetzung der Landtage hat mit Beachtung aller Landesinteressen zu geschehen. Die Abgeordneten zu denselben werden durch direkte Wahlen berufen.</p>
          <p>§. 79. Die zum Wirkungskreise der Landesvertretung gehörigen Befugnisse werden entweder durch die Landtage selbst oder durch die von ihnen gewählten Landesausschüsse geübt.</p>
          <p>§. 80. Jedem Landtage wird das Recht der Theilnahme an der Gesetzgebung in Landesangelegenheiten und des Gesetzvorschlages, so wie das Recht, die Ausführung der Landesgesetze zu überwachen, gewährleistet. Die Uebereinstimmung des Kaisers und des Landtags ist zu jedem Landesgesetze erforderlich.</p>
          <p>§. 81. Abänderungen der Landesverfassungen sollen in den Landtagen, welche zuerst werden berufen werden, im gewöhnlichen Wege der Gesetzgebung beantragt werden können. In den folgenden Landtagen soll zu einem Beschlusse über solche Abänderungen die Gegenwart von mindestens drei Viertheilen aller Abgeordneten und die Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden erforderlich sein.</p>
          <p>§. 82. Die näheren Bestimmungen über die Bildung und den Wirkungskreis der Landtage und Landesausschüsse werden die Landesverfassungen und Wahlgesetze dieser Kronländer feststellen.</p>
          <p>§. 83. Alle Verfassungen der einzelnen Kronländer, welche das Reich bilden, sollen im Laufe des Jahres 1849 in Wirksamkeit treten und müssen dem ersten allgemeinen östreichischen Reichstage vorgelegt werden, welcher nach deren Einführung sofort berufen wird.</p>
          <p>X. <hi rendition="#g">Abschnitt</hi>.</p>
          <p>Von der vollziehenden Gewalt.</p>
          <p>§. 84. Die vollziehende Gewalt im ganzen Reiche und in allen Kronländern ist Eine und untheilbar. Sie steht ausschließend dem Kaiser zu, der sie durch verantwortliche Minister und die denselben untergeordneten Beamten und Bestellten ausübt.</p>
          <p>§. 85. Wird einer Körperschaft, oder wem immer, ein Theil der vollziehenden Gewalt übertragen, so kann dieses nur widerruflich stattfinden, und die Krone ist stets berechtigt, für die Ausübung des übertragenen Theiles der vollziehenden Gewalt eine andere Vorkehrung zu treffen.</p>
          <p>§. 81. Die Vollziehung und Handhabung der Landesgesetze, so wie die Ausführung der von den Landtagsausschüssen innerhalb ihres verfassungsmäßigen Wirkungskreises erlassenen Entscheidungen, steht der vollziehenden Gewalt zu.</p>
          <p>§. 87. Wenn der Reichstag oder der Landtag nicht versammelt ist und dringende, in den Gesetzen nicht vorgesehene Maßregeln mit Gefahr auf dem Verzuge für das Reich oder für ein Kronland erforderlich sind, so ist der Kaiser berechtigt, die nöthigen Verfügungen, unter Verantwortlichkeit des Ministeriums, mit provisorischer Gesetzeskraft zu treffen, jedoch mit der Verpflichtung, darüber dem Reichs- oder beziehungsweise Landtage die Gründe und Erfolge darzulegen.</p>
          <p>§. 88. Die Minister haben die Verwaltung im Reiche und in den einzelnen Kronländern zu leiten, die bezüglichen Verordnungen zu erlassen und die Handhabung der Reichs- und Landesgesetze zu überwachen.</p>
          <p>§. 89. Den Ministern steht es zu, unter ihrer Verantwortung, in jenen Angelegenheiten, welche den Gemeinden oder den Landtagen und deren Organen zur selbstständigen Entscheidung überlassen sind, die Ausführung von Verwaltungsmaßregeln, welche den Gesetzen und dem Gesammtwohle entgegen sind, einzustellen oder zu untersagen.</p>
          <p>§. 90. Die Minister haben das Recht, im Reichstage zu erscheinen und jederzeit das Wort zu nehmen; sie können auch für bestimmte Verhandlungen sich durch abgeordnete Kommissäre vertreten lassen. An den Abstimmungen des Reichstages nehmen sie nur Theil, wenn sie Mitglieder desselben sind.</p>
          <p>§. 91. Ueber die Verantwortlichkeit der Minister, über das gerichtliche Verfahren gegen dieselben, dann über deren Bestrafung im Falle der Verurtheilung, wird ein besonderes Gesetz bestimmen.</p>
          <p>§. 92. Für die einzelnen Kronländer ernennt der Kaiser Statthalter, welche als Organe der vollziehenden Gewalt die Handhabung der Reichs- und Landesgesetze zu überwachen und die Leitung der inneren Angelegenheiten in dem Umfange ihres amtlichen Gebietes zu besorgen berufen und verpflichtet sind.</p>
          <p>§. 93. Die Statthalter haben das Recht, in den Landtagen selbst oder durch ihre abgeordneten Kommissäre zu erscheinen und jederzeit das Wort zu nehmen. An den Abstimmungen der Landtage nehmen sie nur Theil, wenn sie Mitglieder derselben sind.</p>
          <p>§. 94. Die Statthalter sind in ihrer Geschäftsführung dafür verantwortlich, daß die Reichsgesetze und die Gesetze des betreffenden Kronlandes genau beobachtet und gehandhabt werden.</p>
          <p>§. 95. Die vollziehende Reichsgewalt kann die Statthalter und alle Behörden der einzelnen Kronländer auch mit der Besorgung der Reichsangelegenheiten beauftragen oder solche durch andere Organe in allen Theilen des Reiches verwalten lassen.</p>
          <p>XI. <hi rendition="#g">Abschnitt</hi>.</p>
          <p>Von dem Reichsrathe.</p>
          <p>§. 96. An die Seite der Krone und der vollziehenden Reichsgewalt wird ein Reichsrath eingesetzt, dessen Bestimmung ein berathender Einfluß auf alle jene Angelegenheiten sein soll, worüber er von der vollziehenden Reichsgewalt um sein Gutachten angegangen wird.</p>
          <p>§. 97. Die Mitglieder des Reichsrathes werden von dem Kaiser ernannt; bei deren Ernennung ist auf die verschiedenen Theile des Reiches mögliche Rücksicht zu nehmen.</p>
          <p>§. 98. Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtung und den Wirkungskreis des Reichsrathes regeln.</p>
          <p>XII. <hi rendition="#g">Abschnitt</hi>.</p>
          <p>Von der richterlichen Gewalt.</p>
          <p>§. 99. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten geübt.</p>
          <p>§. 100. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Reiche aus. Es sollen in Zukunft keine Patrimonialgerichte bestehen.</p>
          <p>§. 101. Kein vom Staate bestellter Richter darf nach seiner definitiven Bestellung, außer durch richterlichen Spruch, von seinem Amte zeitweilig entfernt oder entlassen, noch auch ohne sein Ansuchen an einen anderen Dienstort überwiesen oder in den Ruhestand versetzt werden. Diese letztere Bestimmung findet jedoch auf Versetzungen in den Ruhestand, welche wegen eingetretener Dienstesuntauglichkeit nach den Vorschriften des Gesetzes erfolgen, so wie auf jene Veränderungen im Richterpersonale, welche durch Aenderungen in der Einrichtung der Gerichte nothwendig werden, keine Anwendung.</p>
          <p>§. 102. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig gestellt werden. Ueber Competenz-Conflikte zwischen den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden entscheidet die durch das Gesetz zu bestimmende Behörde.</p>
          <p>§. 103. Das Gerichtsverfahren soll in der Regel öffentlich und mündlich sein. Die Ausnahmen von der Oeffentlichkeit bestimmt, im Interesse der Ordnung und Sittlichkeit, das Gesetz. In Strafsachen soll der Anklageprozeß gelten, Schwurgerichte sollen in allen schweren Verbrechen, welche das Gesetz näher bezeichnen wird, dann bei politischen und Preßvergehen erkennen.</p>
          <p>§. 104. Die Durchführung der vorgedachten allgemeinen Grundsätze, nach welchen in Zukunft die Rechtspflege eingerichtet und das Richteramt ausgeübt werden soll, so wie deren Einführung in den einzelnen Kronländern unter Beachtung der eigenthümlichen Verhältnisse derselben, bleibt besonderen Reichs- und beziehungsweise (§. 68) Landesgesetzen vorbehalten.</p>
          <p>§. 105. Die Bestimmungen der Hausgesetze über den Gerichtsstand der Glieder des Kaiserlichen Hauses bleiben aufrecht.</p>
          <p>XIII. <hi rendition="#g">Abschnitt</hi>.</p>
          <p>Von dem Reichsgerichte.</p>
          <p>§. 106. Es soll ein oberstes Reichsgericht eingesetzt werden, welches von Amts wegen oder auf geführte Klage in folgenden Fällen einzuschreiten haben wird: I. Als Schiedsgericht: bei Streitfragen zwischen dem Reiche und den einzelnen Kronländern oder zwischen einzelnen Kronländern unter sich, insofern der Gegenstand nicht in den Bereich der gesetzgebenden Reichsgewalt gehört. II. Als oberste Instanz: bei Verletzungen der politischen Rechte. III. Als untersuchende und oberste richtende Behörde: a) bei Anklagen gegen die Minister und Stadthalter, dann b) bei Verschwörungen und Attentaten gegen den Monarchen oder Regenten und in Fällen von Hoch- oder Landerverrath.</p>
          <p>§. 107. Der Sitz des Reichsgerichtes ist in Wien, und es wird durch ein besonderes Gesetz bestimmt, wie die Bestellung der Richter mit Rücksicht auf die einzelnen Kronländer stattfinden, wie groß die Zahl derselben und wie das Verfahren des Gerichtes sein soll.</p>
          <p>XIV. <hi rendition="#g">Abschnitt</hi>.</p>
          <p>Von dem Reichshaushalte.</p>
          <p>§. 108. Alle Steuern und Abgaben für Reichs- und Landeszwecke werden durch Gesetze bestimmt.</p>
          <p>§. 109. Alle Einnahmen und Ausgaben des Reiches müssen jährlich in einem Voranschlage ersichtlich gemacht werden, welcher durch ein Gesetz festgestellt wird. Allfällige Ueberschreitungen des Voranschlages sind der nachträglichen Anerkennung von Seiten des Reichstages zu unterziehen.</p>
          <p>§. 110. Die Staatsschuld ist vom Reiche gewährleistet.</p>
          <p>§. 111. Die allgemeine Rechnung über den Reichshaushalt jeden Jahres wird nebst einer Uebersicht der Staatsschulden von dem obersten Rechnungshofe dem Reichstage vorgelegt.</p>
          <p>§. 112. Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtungen und Befugnisse des obersten Rechnungshofes feststellen.</p>
          <p>XV. <hi rendition="#g">Abschnitt</hi>.</p>
          <p>Von der bewaffneten Macht.</p>
          <p>§. 113. Die bewaffnete Macht ist bestimmt, das Reich gegen äußere Feinde zu vertheidigen und im Innern die Aufrechthaltung der Ordnung und die Ausführung der Gesetze zu sichern.</p>
          <p>§. 114. Im Innern kann zu diesen Zwecken die bewaffnete Macht nur über Aufforderung der Civil-Behörden und in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen einschreiten.</p>
          <p>§. 115. Die bewaffnete Macht ist wesentlich gehorchend. Kein Theil derselben darf gemeinsam berathen.</p>
          <p>§. 116. Das Gesetz bestimmt den Umfang und die Art der allgemeinen Wehrpflicht zum Landheere und zum Dienste auf der See.</p>
          <p>§. 117. Das Gesetz steht unter der Militärgerichtsbarkeit und dem Militärgesetze. Die Disziplinarvorschriften für das Land- und Seeheer bleiben in voller Anwendung.</p>
          <p>§. 118. Der Eid des Heeres auf die Reichsverfassung wird in den Fahneneid aufgenommen.</p>
          <p>§. 119. Die Einrichtung der Bürgerwehr wird durch ein besonderes Gesetz geleitet.</p>
          <p>XVI. <hi rendition="#g">Abschnitt</hi>.</p>
          <p>Allgemeine Bestimmungen.</p>
          <p>§. 120. Insolange die durch diese Reichsverfassung bedingten organischen Gesetze nicht im verfassungsmäßigen Wege zu Stande gekommen sind, werden die entsprechenden Verfügungen im Verordnungswege erlassen.</p>
          <p>§. 121. Bis die neuen Gesetze und Verordnungen in Wirksamkeit treten, bleiben die bestehenden in Kraft. Die bestehenden Steuern und Abgaben werden forterhoben, bis neue Gesetze abweichend bestimmen und zur Anwendung kommen.</p>
          <p>§. 122. Die Behörden bleiben bis zur Ausführung der sie betreffenden neuen organischen Gesetze und Verordnungen in ihrer Wirksamkeit.</p>
          <p>§. 123. Aenderungen dieser Reichsverfassung können im ersten Reichstage im gewöhnlichen Wege der Gesetzgebung beantragt werden. In den folgenden Reichstagen ist zu einem Beschlusse über solche Abänderungen in beiden Häusern die Gegenwart von mindestens drei Viertheilen aller Mitglieder und die Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden erforderlich.</p>
          <p>So gegeben in Unserer Königlichen Hauptstadt Olmütz, den 4. März im Jahre des Heils Eintausend Achthundert Neun und Vierzig, Unserer Reiche im Ersten.</p>
          <p rendition="#et">(L. S.) Franz Joseph.<lb/>
Schwarzenberg. Stadion. Krauß. Bach. Cordon.<lb/>
Bruck. Thinnfeld. Kulmer.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar246_012" type="jArticle">
          <head>Hullein, 8. März.</head>
          <p>Der ungeräumige Bahnhof von Hullein ist voll von Leuten. Infanterie hält den Zugang zu demselben besetzt, und jeder Fußgänger sowie jeder Wagen, der von Kremsier kommt, wird angehalten, und ein Polizeikommissar verlangt Legitimationen. Jeden Augenblick kommen Deputirte an, die noch mit dem heutigen Nachttrain abreisen wollen, und erzählen Details über die Ereignisse des verflossenen Tages. Die Abgeordneten, da sie keine Abschiedsversammlung mehr abhalten können, stehen in den Straßen und auf dem Hauptplatze herum, Verscheuchten gleich, denen man das eigne Haus vor der Thüre zugeschlagen, und geben einander ihre Autographen zum Angedenken. Nachmittags hielt der slawische Club eine Versammlung, um zu beschließen, wie man sich der octroyirten Verfassung und den Committenten gegenüber zu benehmen habe. Man kam dahin überein, sich jedes Raisonnements zu enthalten und den Committenten eine getreue Darstellung der Ereignisse vom 6. auf den 7. März bekannt zu geben. Spät Abends wurden die Wohnungen Fischhof's und Prato's militärisch besetzt. Die Abgg. Goldmark und Füster sollen sich zu Fuß durch den erzbischöflichen Park geflüchtet haben. Auch Violand und Kudlich entkamen. Unter den Proscribirten wird auch Marcher aus Steiermark genannt. (C. Bl. v. B.)</p>
        </div>
        <div xml:id="ar246_013" type="jArticle">
          <head>Prag, 10. März.</head>
          <p>Der Empfang, der den gestern von Kremsier angelangten <hi rendition="#g">Deputirten</hi> zu Theil wurde, zeigte, daß der Reichstag in Prag noch einige Sympathien hatte. Eine große Anzahl Bewohner Prags, darunter sehr viele Studenten, deutsche und czechische, füllten den Bahnhof. Als der Zug ankam und die Deputirten die Wagen verließen, wurde der deutschen Linken am Reichstage ein donnerndes Hoch und am Schluße dem Minister Stadion ein Pereat gebracht. &#x2014;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar246_014" type="jArticle">
          <head>Leipzig, 10. März.</head>
          <p>Zwanzigtausend Baiern sollen einem Gerücht zufolge, im Königreich Sachsen die nach Schleswig-Holstein marschirenden k. sächsischen Truppen ersetzen. Dies veranlaßte gestern Abend eine Volksversammlung, berufen von den demokratischen und republikanischen Vereinen, in welcher eine Adresse an die Regierung beschlossen wurde, die Baiern nicht in das Land kommen zu lassen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar246_015" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Gera, 9. März.</head>
          <p>Die &#x201E;Konstituante&#x201C; der Reußischen Reichs-Nation ist durch ihren trefflichen Landesvater wegen mißliebiger Beschlüsse und Unwillfährigkeit gegen die Wünsche von Adel und Ritterschaft nach Hause octroyirt, oder mit andern Worten vertagt worden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar246_016" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Lübeck, 10. März.</head>
          <p>Nach Berichten aus Kopenhagen ist dänischerseits die offizielle Anzeige gemacht worden, daß am 27. März die Blokade der schleswig-holstein'schen Küsten aufs Neue beginnt, und daß die dänischen Kriegsschiffe ihre vor dem 26. August 1848 innegehabten Stationen wieder einnehmen werden.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar246_017_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatze, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/9.         </bibl>                </note>
          <head>
            <bibl>
              <author>*</author>
            </bibl>
          </head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Schweiz.</head>
        <div xml:id="ar246_018" type="jArticle">
          <head><bibl><author>300</author></bibl> Bern, 10. März.</head>
          <p>Wie Belgien der &#x201E;Musterstaat&#x201C; der konstitutionellen, so ist die Schweiz bekanntlich das Ideal der republikanischen Bourgeois und Ideologen. In der Schweiz herrscht kein König, existirt kein Adel, die Steuern sind mäßig, das Land erfreut sich der größten Ruhe; &#x2014; das Einzige, was man zu tadeln findet, sind abgethane Geschichten, Jesuiten und Sonderbündeleien. Hat doch noch selbst in neuester Zeit eine radikale Zeitung, die &#x201E;Neue deutsche&#x201C; die Schweiz um ihre Ruhe und Zufriedenheit beneidet. Es schmerzt uns, daß wir diese idyllische Anschauung von dem Glücke und der Behaglichkeit der Schweizerbürger stören, daß wir &#x201E;in dem treusten Spiegel, der die Freiheit wiederstrahlt&#x201C;, häßliche Flecken nachweisen müssen. Wir wollen zuerst einige Volksversammlungen Revue passiren lassen. Am 5. März war in Schönbühl, Kantoa Bern, eine sogenannte Kommunistenversammlung, welche vom Proletariate sehr stark besucht war. Das Armenwesen und die Auswanderungsfrage waren Gegenstand der Verhandlungen. Die Schilderungen, welche die Redner von dem Zustande der arbeitenden Bevölkerung in der Schweiz machten, bewiesen die Nothwendigkeit schleuniger und durchgreifender Abhülfe; die Art und Weise aber, wie über diese diskutirt wurde, verrieth eine große Unbehülflichkeit und zeigte, daß trotz aller republikanischen Einrichtungen das Proletariat noch sehr wenig über seine eigne Stellung und die Mittel zur Rettung im Klaren ist. Es gelang den Konservativen, die soziale Bewegung für sich zu exploitiren. Die heftigsten Vorwürfe wurden gegen das radikale Gouvernement von Bern und namentlich gegen die Finanzdirektion geschleudert, und es gelang den Vertheidigern der bestehenden Regierung die Rechtfertigung nur theilweise. Als Mittel der Abhülfe wurde eine <hi rendition="#g">Verfassungsrevision</hi> beschlossen, doch erklärten mehrere Redner, daß man nur vorläufig und versuchsweise den gesetzlichen Weg betreten wolle. Da die Verfassungsrevision der Hebel ist, mit welchem die Konservativen und besonders die Patrizier von Bern die bestehende Regierung verdrängen wollen, so ist also der Plan derselben, das Proletariat gegen die Regierung aufzuhetzen, vorläufig gelungen. Noch deutlicher zeigte sich diese echtjesuitische Tendenz in der Sitzung des Zentralkomité's für die Auswanderungsgesellschaft des Kantons Bern, welche letzthin im Klösterli zu Bern abgehalten wurde. Deputirte von 25 Oberämtern, an der Zahl von circa 1000 waren versammelt, um auf jede Art und Weise zu suchen, wie die Auswanderungsfrage zur Rettung vieler tausend verdienstloser und hungernder Staatsbürger geregelt werden könne. Da der große Rath auf den Bericht des Regierungsrathes Schneider sich dieser Frage nicht mit der nöthigen Energie und Aufopferung angenommen hatte, so wurde auch hier eine Verfassungsrevision in Aussicht gestellt ohne zu bedenken, daß eine Verdrängung der jetzigen radikalen Regierung nur die Leute des alten Systems wieder möglich machen würde.</p>
          <p>Für diesen Zweck soll in allen Aemtern eine Petition herumgeboten werden, und sobald die verfassungsmäßige Anzahl von 8000 Unterschriften zu Stande gekommen ist, werden die gehörigen Anstalten zur Lösung dieser Aufgabe getroffen werden. Da die Auswanderungsfrage wegen der täglich zunehmenden Erwerbs- und Nahrungslosigkeit, namentlich im Berner Oberland überall verhandelt und besprochen wird, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß die gesuchten Unterschriften zu Stande kommen, und der jetzigen Regierung ist dann ein großer Stein in den Weg geworfen.</p>
          <p>Auch in St. Gallen macht die Arbeiterbewegung Fortschritte. &#x201E;Während der &#x201E;Arbeiter,&#x201C; erzählt der &#x201E;Wächter&#x201C;, theoretische Versuche im Socialkommunismus macht, haben sie es im Gasterlande unter der Präsidentschaft Hofstitters praktisch angefangen; sie wollen Herabsetzung des Zinsfußes auf 2 pCt. u. s. w.&#x201C;</p>
          <p>In der That, die Radikalen mögen sich da, wo sie jetzt regieren, hüten, die Arbeiter durch Gleichgültigkeit von sich abzustoßen. Das schweizerische Proletariat ist zum großen Theile noch sogenanntes Lumpenproletariat, das sich Jedem verkauft, der ihm goldene Berge <hi rendition="#g">verspricht</hi>. Die Pfaffen und Aristokraten erinnern das hungernde Volk natürlich nicht an die Zeiten, wo der Bauer der Pfarrei und dem Gutsherrn zehnten mußte; sie fragen nur, was thut die bestehende Regierung für Euch? Und da können die getreusten Anhänger derselben nichts antworten. Wenn das Proletariat in der Schweiz stark und gebildet genug wäre, eine selbstständige Partei zu sein, so wäre die Opposition gegen den gegenwärtigen Radikalismus gewiß gerechtfertigt; unter den bestehenden Verhältnissen aber ist jedes Ankämpfen gegen die radikalen Politiker eine Concession, welche man den Konservativen macht.</p>
          <p>Die Radikalen sollten überhaupt etwas rühriger und thätiger auftreten. Es ist nicht genug, reaktionäre Persönlichkeiten anzugreifen und über Religion unpassende Witze zu machen; die Auslandspartei sollte gegen die Neutralitätspolitiker dieselbe Energie anwenden, welche die Herren Ochsenbein und Comp. den Jesuiten und Sonderbündlern zeigten. Es liegt jetzt mehr Gefahr im Verzuge, wie ehedem. Die Kapitulationsfrage, welche von neun Zehnteln des Schweizervolkes gegen die doktrinär-feige Interpretation des Bundesraths entschieden wird, gibt den Radikalen eine genügende Waffe in die Hand, um der bestehenden Misere ein baldiges Ende zu machen. Der Bericht des politischen Departements (Furrer's) an den schweizerischen Bundesrath in Sachen der Kapitulationen, welcher von den meisten Zeitungen und namentlich von der &#x201E;Neuen Züricher Zeitung&#x201C; als das non plus ultra politischer Weisheit gepriesen wird, läßt uns einen tiefen Blick in die Krämerwirthschaft des Bundesraths werfen, welcher die auswärtige Politik nach einigen Batzen und den Grundsätzen des Civilrechts regelt: &#x201E;Woher,&#x201C; fragt Furrer, &#x201E;soll das Entschädigungsgeld bezahlt werden? Es ist absolut unmöglich, diese Summe zu einem irgend erheblichen Theile aus der Bundeskasse zu beziehen. &#x2014; &#x2014; &#x2014; Diese Summe müßte also von den Kantonen getragen werden. Wenn man aber die Verhältnisse ruhig und unbefangen würdigt, und nicht blindlings von einer Begeisterung sich hinreißen läßt, so wird man sich überzeugen, daß die Beitreibung dieser Summe ebenfalls zu den Unmöglichkeiten gehört, namentlich für die Zukunft, selbst wenn man der Gegenwart einen so begeisternden Einfluß zuerkennen sollte.&#x201C; &#x2014; An einer andern Stelle: &#x201E;Eine ganze große Nation, welche nicht einmal einige Regimenter bemeistern kann, wird schwerlich im Stande sein, sich auf die Dauer Unabhängigkeit und politische Freiheit zu sichern.&#x201C; Die italienischen Republiken werden gewiß der schweizerischen Nachbarrepublik für diese offizielle Erklärung des ersten Beamten derselben einst gebührenden Dank zollen. Die &#x201E;Neue Züricher Zeitung&#x201C;, das halboffizielle Organ des Bundespräsidenten, hatte erklärt, der Beschluß, daß die Aufhebung der bestehenden Kapitulationen in den Bereich der Kantonalsouveränetät gehört, sei vom Bundesrathe einstimmig gefaßt. Dies ist unrichtig. Der Italiener Franscini war nicht zugegen und der Mann der &#x201E;permanenten Revolution&#x201C;, Druey hat Vorschläge an die Bundesversammlung in der Absicht machen wollen, &#x201E;die Kapitulationen aufzuheben, wenn die Lage Italiens und der Schweiz es erheische.&#x201C; Ferner beantragte er, die Werbungen für die neapolitanischen Regimenter bis nach Entscheidung der Sache einzustellen, und dies ist die Hauptsache.</p>
          <p>Herr Ochsenbein, der Napoleon der Sonderbundskriege, will nicht nur den preußischen Lohbauer, sondern auch den preußischen Waffenrock einführen. Das löbliche Vorhaben scheitert aber am Kostenpunkt.</p>
          <p>Das Anerbieten einiger Franzosen, in der Schweiz eine Spielbank zu errichten, hat die biedern Republikaner in große sittliche Entrüstung versetzt. Die Spielpächter in Deutschland müssen doch wohl durch den Beschluß der ehrwürdigen Nationalversammlung in Frankfurt in Angst gesetzt worden sein, sonst würden sie nicht die regierenden Herren der Sonderbundskantone in die schwierige Lage versetzen, zwischen großen Geldvortheilen und angestammter Moral wählen zu müssen. In Luzern hat der große Rath mit 79 gegen 67 Stimmen das desfallsige Anerbieten eines Herrn Bias abgewiesen; auch richtete die Volksvereinssektion daselbst eine in demselben Sinne abgefaßte Petition an die Bundesbehörden; darauf wandten sich die Unternehmer nach Schwyz (Stanz) und St. Gallen (Rapperschwyl), ohne jedoch ihre Wünsche befriedigt zu sehen. Die Herren werden sich jetzt wohl zu der Energie des Homburger Spielpächters verstehen müssen, der erklärte, seine Spielbank würde länger, als alle Frankfurter Parlamente, bestehen.</p>
          <p>Der große Rath, welcher seit einigen Tagen wieder zusammen ist, und der sich nach, wie vor, von Herrn von Tillier präsidiren läßt, obgleich auf ihm der Verdacht des Landesverraths haftet, beschäftigt sich mit der artikelweisen Berathung des Gewerbegesetzes, aus welcher wir hier nichts zu bemerken finden, als die Bestimmung, daß politische Flüchtlinge ohne weitern Nachweis des Gegenrechts Gewerbe treiben dürfen. Auch hat das Departement des Innern beantragt, eine Summe von 8000 Franken für Wissenschaft, Künste u. s. w. auszuwerfen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar246_019" type="jArticle">
          <head><bibl><author>147</author></bibl> Luzern, 9. März.</head>
          <p>Vor einigen Tagen wurden aargauische Bürger vom hiesigen Markte zurückgewiesen, weil sie &#x2014; Israeliten waren. Die Aargauer Regierung hat sich derselben angenommen. Ein schöner Beitrag zum Bundesrecht und zur religiösen Toleranz! &#x2014;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar246_020" type="jArticle">
          <head><bibl><author>303</author></bibl> Waadt, 8. März.</head>
          <p>Die Integraterneuerungswahlen für den großen Rath, welcher seinerseits wieder den Staatsrath und das Kantonsgericht ernennen muß, haben am 4. März statt gefunden und beachten einen glorreichen Sieg der Radikalen. Die Konservative-Partei, bestehend aus Methodisten, Aristokraten u. s. w. ist vollständig geschlagen. Die allerentschiedensten Radikalen sind in Ifferten, Milden, Peterlingen, Wifflisburg gewählt. In Lausanne sind von 14 Deputirten 10 Sozialdemokraten gewählt, was von Bedeutung ist, da diese Stadt das Hauptquartier der Pfaffen, Doktrinäre und Justemilianer ist.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar246_021" type="jArticle">
          <head><bibl><author>148</author></bibl> Schaffhausen.</head>
          <p>Die hiesige Zeitung meldet wieder von einem Skandal der Reichstruppen. 8-10 würtembergische Soldaten besoffen sich in Schleitheim und betrugen sich gegen die schweizerischen Republikaner, wie es ihnen gegen deutsche &#x201E;Unterthanen&#x201C; befohlen ist. Zwei dieser Tapfern sind gefangen und müssen von der Reichsgewalt wieder eingelöst werden. Diese hat in der Schweiz, beiläufig gesagt, nur noch einen einzigen Vertreter, den Herrn Wülfingh, da alle andern sich von der Last der vielen Geschäfte, welche ihnen hier oblagen, zurückgezogen haben.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar246_022" type="jArticle">
          <head>
            <bibl>
              <author>*</author>
            </bibl>
          </head>
          <p>Die Times veröffentlichen zwei östreichische Depeschen, die beide das Datum des 17. Januars tragen und über die in Italien verfolgte kroatische Unterdrückungs-Politik erbauliche Aufschlüsse geben.</p>
          <p>Die erste Depesche, nach Paris adressirt, schlägt dem Herrn Drouin de L'Huys, französischen Minister des Auswärtigen, eine Intervention in Rom vor: während östreichische Truppen von Norden, neapolitanische von Süden gegen Rom vorrücken, soll sich eine französische Flotte vor Civita-Vecchia legen. Die drei Expeditionen sollen einander unterstützen und nach den Umständen handeln, jedoch nicht länger im Ex-Kirchenstaat bleiben, als der Pabst dies für nöthig hält. Hr. Drouin de L'Huys hatte aber damals nicht den Muth, auf diesen wohlmeinenden Vorschlag einzugehen.</p>
          <p>Die zweite Depesche ist für die Höfe von Berlin und Petersburg bestimmt und setzt auseinander, wie das englisch-französische Vermittlungsprojekt, von Lord Palmerston ausgegangen, von Oestreich nur nothgedrungen acceptirt worden sei; wie der Grundgedanke der Mediation (die Addalinie als Gränze Oestreichs) seit der Wiedereroberung der Lombardei durch die Kaiserlichen unzulässig sei; wie der vorgeschlagene Brüsseler Kongreß zur Besprechung von allerlei sonstigen italienischen Fragen benutzt werden solle, zu deren Entscheidung der Kongreß nicht kompetent sei; und wie der Kongreß höchstens den Beruf haben könne, die <hi rendition="#g">Verträge von 1815 in Italien zu bestätigen</hi>. Was die andern italien. Angelegenheiten angehe, so könnten sie höchstens durch einen Kongreß aller der Mächte, die die betreffenden Wiener Verträge von 1815 unterzeichnet, gelöst werden &#x2014; und zu einem solchen Kongresse sei Oestreich (natürlich!) bereit.</p>
          <p>Das sind die Pläne, die die östreichische Camarilla für die Durchführung der Contrerevolution in Italien ausgesonnen hat. Inzwischen ist die Revolution Italiens ihren Gang gegangen und schreitet täglich weiter vor.</p>
          <p>Man vergleiche nun mit diesen kroatischen Aktenstücken eine andere diplomatische Depesche, die der Minister des Auswärtigen der römischen Republik d. d. 1. März, an den französischen, englischen, schwedischen und dänischen Gesandten in Florenz abgesandt hat:</p>
          <p>*Mein Herr! Der gute Wille und die Würde, mit denen Sie am 8. August v. J. und im Verein mit Ihren Kollegen vom diplomatischen Korps in Florenz sich beeilt haben, Ihre wohlwollenden Bemühungen anzuwenden, um die Geißel abzuwenden, welche der unvorsichtige Marschall Welden über Bologna verhängte, veranlassen mich, Sie aufs lebhafteste anzugehen, aufs Neue uns Ihren Beistand gegen einen nicht minder verabscheuten und unloyalen Feind zu bewilligen.</p>
          <p>&#x201E;Ein gewisser Haynau, der sich, wir wissen nicht, Marschall oder General titulirt, hat, nachdem er zu Ferrara 200,000 Scudi <hi rendition="#g">gestohlen,</hi> noch sechs vortreffliche Bürger bei seiner Abreise mitgeschleppt, die, wie die er sagt, für die der Stadt auferlegten Bedingungen haften. Ich lasse mich nicht so tief herab, mein Herr, daß ich einen Kommentar zu dieser Thatsache gebe. Wer stiehlt, stellt sich außerhalb aller der Regeln, nach denen man die Handlungen in dieser Welt abmißt. Aber die Wegführung von sechs Bürgern aus Ferrara kann zu grausamen Repressalien Veranlassung geben, und um sie zu vermeiden, um unsere Revolution rein und unbefleckt erhalten, ersuche ich Sie diese Opfer einer unerhörten Barbarei loszukaufen.</p>
          <p>&#x201E;Italien, mein Herr, führt einen ehrlichen Krieg, den Krieg der Unterdrückten gegen die Tyrannen. Es verwüstet keine Felder, plündert keine friedlichen Bürger, ermordet keine Frauen; dergleichen Handlungen überläßt es dem Kroaten; sie sind seiner würdig und der Sache die er vertritt. Europa aber muß solche Schändlichkeiten mit dem Stempel der Infamie brandmarken &#x2026;</p>
          <p>&#x201E;Daher bitte ich Sie dahin zu wirken, daß die sechs ferraresischen Geisseln ihrem Vaterlande wiedergegeben werden. Was ich von Ihnen fordere, fordere ich im Namen der Humanität. <hi rendition="#g">Nachher wird das Gefühl der tausend erlittnen Beleidigungen das Verhalten diktiren, das wir annehmen werden, um Italien von den unaufhörlichen Niederträchtigkeiten zu befreien mit der ein ehrloser Feind es überhäuft</hi>.&#x201C;</p>
          <p>Die französische Regierung scheint indeß allmählig die ihr von Schwarzenberg zugemuthete Courage bekommen zu haben. Während die neapolitanischen und östreichischen Truppen von zwei Seiten das römisch-toskanische Gebiet bedrohen, rüstet sich in Toulon abermals eine französische Flotte zur Aufnahme der Brigade Molliére, die bereits einmal im Interesse des Pabstes nach Civita Vecchia abgehen sollte. Täglich gehen Dampfschiffe mit Depeschen nach Gaëta. Fünf Dämpfer bereiten sich vor zur Aufnahme von Truppen und Pferden. Es ist offenbar, die Republik will denselben Verrath an Italien begehn, den Louis Philipp und seine Minister 1831 schon einmal zur Schande Frankreichs begingen.</p>
          <p><hi rendition="#b">Rom</hi> stellt indeß den Rüstungen Rüstungen entgegen. Die Constituante beschäftigt sich nur noch mit der Landesvertheidigung. In allen Städten und Flecken sind Bureaux zur Einschreibung für den Kriegsdienst eröffnet; die Jugend strömt in Masse herbei und schon ist die Armee bedeutend gewachsen. Sie zählt jetzt 41,670 Mann, von denen 2/3 schon bei Cornuda, Vicenza, Treviso, Mestre und Venedig ihren Muth im Feuer bewährt haben. Außerdem sind 54 Feldgeschütze da, nebst Zelten, Wagen und Ambulancen. Dazu bestehen in Rom 12 Bataillone (12,000 Mann) mobilisirte Nationalgarde, ein Bataillon (700 Mann) Schützen, aus Studenten gebildet, und die sich bildenden Corps der lombardischen und neapolitanischen Emigration.</p>
          <p>In <hi rendition="#b">Turin</hi> ist eine doppelte Ministerveränderung vor sich gegangen. <hi rendition="#g">Sineo</hi> hat das Justizministerium an <hi rendition="#g">Cabella</hi> abgetreten und ist Generaladvokat geworden; <hi rendition="#g">Colli,</hi> der Gioberti im Ministerium des Auswärtigen ersetzt hatte, soll in Folge einer Differenz mit seinen Collegen über die Kriegsfrage ausgetreten sein, und seine Stelle wäre durch <hi rendition="#g">Deferraris</hi> übernommen. Uebrigens soll Colli vor seinem Abtreten zahlreiche diplomatische Agenten aus der absolutistischen Zeit zurückberufen haben.</p>
          <p>Aus <hi rendition="#b">Neapel</hi> erfahren wir endlich den Inhalt des am 28. Februar nach Palermo abgegangenen neapolitanischen, von Frankreich und England unterstützten Ultimatums. Folgendes sind seine Hauptsätze:</p>
          <p>&#x201E;Ferdinand II., König beider Sizilien;</p>
          <p>&#x201E;Allgemeine Amneste, mit Ausnahme von 30 Chefs der Revolution, welche Pässe in's Ausland erhalten;</p>
          <p>&#x201E;Die Constitution von 1812, modifizirt;</p>
          <p>&#x201E;Eine Armee für beide Länder mit sizilischem Contingent;</p>
          <p>&#x201E;Parlament, Finanzen, Städteordnung, Richterstand in Sizilien unabhängig;</p>
          <p>&#x201E;Ein vom König ernannter Statthalter, entweder ein königlicher Prinz oder ein Sizilianer;</p>
          <p>&#x201E;Königliches Haus, Auswärtiges, Krieg und Flotte vom König abhängig;</p>
          <p>&#x201E;Bezahlung von 4 Millionen rückständiger Steuern und einer Million Kriegskosten durch die Sizilianer.&#x201C;</p>
          <p>Wir zweifeln keinen Augenblick, daß die Nachricht, Sizilien habe dies infame Ultimatum verworfen, sich vollständig bestätigen wird. Dann bricht der Krieg los, der diesmal nicht ein vereinzelter Kampf, sondern eine Episode in dem an allen Ecken Italiens gleichzeitig losbrechenden Revolutionskrieg sein und daher ganz andere Chancen haben wird. Krieg in Sizilien, Krieg in der Romagna, Krieg am Tessin; Aufstand in Calabrien, Apulien, den Abruzzen und endlich in Neapel selbst; endlich europäische Verwickelungen hervorgehend aus dem italienischen Befreiungskampf &#x2014; das werden die ersten Entwickelungsphasen dieses neuen Drama's sein, dessen Ende Niemand absehen kann.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar246_023" type="jArticle">
          <head>Mailand, 2. März.</head>
          <p>Abermals fanden hier zwei Hinrichtungen Statt. Joseph Zaccheo, ein Piemonteser, und Lukas Piacentini, ein Mailänder, wurden heute früh erschossen, weil sie angeblich durch Geldversprechungen zwei Soldaten zu verführen versuchten, ihre Fahnen zu verlassen und in die sardinische Armee einzutreten.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar246_024" type="jArticle">
          <head>Paris, 12. März.</head>
          <p>Heute sollen der monarchischen Union zufolge zwölf Dampffregatten aus Toulon in See stechen und sich nach Marseille begeben, um dort 3000 Mann aufzunehmen, die zu einem Observations-Corps bestimmt wären, das längs den Küsten der römischen und toskanischen Republiken streiche.</p>
          <p>Wir halten diese Nachricht für voreilig.</p>
          <p>&#x2014; Aus dem Ministerium des Innern ist der Befehl an sämmtliche Präfekten gegangen: unverzüglich eine genaue Liste aller &#x201E;mobilisabeln Citoyens&#x201C; anzulegen und einzusenden. So soll denn wirklich der alte Plan von den dreihundert Bataillonen mobiler Bürgerwehr von der honnetten Republik ausgebeteutet werden?</p>
          <p>&#x2014; Man liest im &#x201E;Moniteur du Soir&#x201C;:</p>
          <p>&#x201E;Ein Journal zeigte gestern an, daß unser Gesandter in Neapel, Herr De Reyneval, während der Unterhandlungen zwischen Sizilien und Neapel auf heftigen Widerstand von Seiten Lord Palmerstons gestoßen sei. Diese Behauptung ist falsch. Die Mediation Englands und der französischen Republik wurde nicht durch die geringste Mißhelligkeit des Pariser und Londoner Kabinets gestört. Im Gegentheile können wir versichern, daß beide Admiräle (der englische und französische) im besten Einvernehmen am 4. März von Neapel nach Palermo abfuhren, um dem sizilianischen Volke die Uebereinkunft zu überbringen, welche zwischen den mediatisirenden Mächten zu Stande gekommen.&#x201C;</p>
          <p>Ein Brief aus Civita-Vecchia meldete bereits gestern, daß man in Palermo diese herrliche Uebereinkunft verworfen habe. Die Inhaber italienischer Blätter machen wir außerdem auf einen Artikel des Tempo, in Bezug auf diesen Gegenstand, aufmerksam, in welchem das neapolitanische Kabinet seine ganze Galle gegen die sizilianischen und römischen Demokraten ausschüttet. Das Kabinet rechnet mit Bestimmtheit auf die Unüberwindlichkeit des alttend Oestreich, und führt offenbar nur deshalb eine so kühne Sprache.</p>
          <p>&#x2014; Im großen Moniteur herrscht komplette Windstille. Er füllt seinen dicken Bauch mit dem Ferdinand Barrot'schen Bericht über die Mittel, durch welche man die Araber französisch und die Franzosen arabisch lehren könne, um sich Algeriens ganz zu vergewissern.</p>
          <p>&#x2014; Aus Brüssel erfahren wir nichts, als daß die Herren Chagrenée u. Comp. fleißig tafeln; allein von einer Eröffnung der Conferenzen hört man noch nichts. Die italienische Frage wird jedenfalls nicht in dem belgischen Gaunerlande, sondern auf dem Schlachtfelde entschieden.</p>
          <p>&#x2014; Der Telegraph, erzählt man sich eben im Saale der Pas-Perdus, hat gestern wirklich dem Dampfgeschwader in Toulon den Befehl übermacht, die Moliere'sche Brigade in Marseille für Italien einzuschiffen &#x2026; Auch ist General Fabvier nach Dänemark mit Depeschen abgereist.</p>
          <p>&#x2014; Im Ministerium des Auswärtigen ist heute Vormittag eine Depesche aus London eingelaufen, in welcher Lord Palmerston erklärt: daß England zu Gunsten des Pabstes <hi rendition="#g">nicht</hi> intervenire, weil er sich nicht direkt an dasselbe um Hilfe gewandt habe. Hr. Barrot und Fallour werden daher allein die Ehre haben auf dem Kampfplatze zu erscheinen.</p>
          <p>&#x2014; De Tracy, Marineminister, hat den vielen Bitten der Juniangehörigen endlich nachgegeben und für die Junideportirten in den Bagnos spezielle Behandlung und spezielle Beschäftigung angeordnet.</p>
          <p>
            <ref type="link"> <hi rendition="#b">Hierzu eine Beilage.</hi> </ref>
          </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1371/0003] Angelegenheiten, welche die Reichsverfassung oder die Reichsgesetze als Landesangelegenheiten erklären, von den Landtagen vertreten. §. 71. Die Verfassung des Königsreichs Ungarn wird insoweit aufrecht erhalten, daß die Bestimmungen, welche mit dieser Reichsverfassung nicht im Einklange stehen, außer Wirksamkeit treten, und daß die Gleichberechtigung aller Nationalitäten und landesüblichen Sprachen in allen Verhältnissen des öffentlichen und bürgerlichen Lebens durch geeignete Institutionen gewährleistet wird. Ein besonderes Statut wird diese Verhältnisse regeln. §. 72. Der Woiwodschaft Serbien werden solche Einrichtungen zugesichert, welche sich zur Wahrung ihrer Kirchengemeinschaft und Nationalität auf ältere Freiheitsbriefe und Kaiserliche Erklärungen der neuesten Zeit stützen. Die Vereinigung der Woiwodschaft mit einem anderen Kronlande wird, nach Einvernehmung von Abgeordneten derselben, durch eine besondere Verfügung festgestellt werden. §. 73. In den Königreichen Croatien und Slavonien, mit Einschluß des dazu gehörigen Küstenlandes, dann der Stadt Fiume und dem dazu gehörigen Gebiete, werden deren eigenthümliche Institutionen, innerhalb des durch diese Reichsverfassung festgestellten Verbandes dieser Länder mit dem Reiche, in völliger Unabhängigkeit derselben von dem Königreiche Ungarn, aufrecht erhalten. Abgeordnete aus Dalmatien werden mit der Landes-Congregation dieser Königreiche, unter Vermittlung der vollziehenden Reichsgewalt, über den Anschluß und die Bedingungen desselben verhandeln und das Ergebniß der Sanktion des Kaisers unterziehen. §. 74. Die innere Gestaltung und Verfassung des Großfürstenthums Siebenbürgen wird nach dem Grundsatze der völligen Unabhängigkeit von dem Königreiche Ungarn und der Gleichberechtigung aller das Land bewohnenden Nationen, im Einklange mit dieser Reichsverfassung, durch ein neues Landesstatut festgestellt werden. Die Rechte der sächsischen Nation werden innerhalb dieser Reichsverfassung aufrecht erhalten. §. 75. Das zum Schutze der Integrität des Reiches bestehende Institut der Militärgränze wird in seiner militärischen Organisation aufrecht erhalten und bleibt als ein integrirender Bestandtheil des Reichsheeres der vollziehenden Reichsgewalt unterstellt. Ein eigenes Statut wird den Bewohnern der Militärgränze in Bezug auf ihre Besitzverhältnisse dieselben Erleichterungen gewährleisten, welche den Angehörigen der übrigen Kronländer ertheilt wurden. §. 76. Ein besonderes Statut wird die Verfassung des lombardisch-venetianischen Königreichs und das Verhältniß dieses Kronlandes zum Reiche feststellen. §. 77. Alle übrigen Kronländer erhalten eigene Landesverfassungen. Die ständischen Verfassungen treten außer Wirksamkeit. §. 78. Die Zusammensetzung der Landtage hat mit Beachtung aller Landesinteressen zu geschehen. Die Abgeordneten zu denselben werden durch direkte Wahlen berufen. §. 79. Die zum Wirkungskreise der Landesvertretung gehörigen Befugnisse werden entweder durch die Landtage selbst oder durch die von ihnen gewählten Landesausschüsse geübt. §. 80. Jedem Landtage wird das Recht der Theilnahme an der Gesetzgebung in Landesangelegenheiten und des Gesetzvorschlages, so wie das Recht, die Ausführung der Landesgesetze zu überwachen, gewährleistet. Die Uebereinstimmung des Kaisers und des Landtags ist zu jedem Landesgesetze erforderlich. §. 81. Abänderungen der Landesverfassungen sollen in den Landtagen, welche zuerst werden berufen werden, im gewöhnlichen Wege der Gesetzgebung beantragt werden können. In den folgenden Landtagen soll zu einem Beschlusse über solche Abänderungen die Gegenwart von mindestens drei Viertheilen aller Abgeordneten und die Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden erforderlich sein. §. 82. Die näheren Bestimmungen über die Bildung und den Wirkungskreis der Landtage und Landesausschüsse werden die Landesverfassungen und Wahlgesetze dieser Kronländer feststellen. §. 83. Alle Verfassungen der einzelnen Kronländer, welche das Reich bilden, sollen im Laufe des Jahres 1849 in Wirksamkeit treten und müssen dem ersten allgemeinen östreichischen Reichstage vorgelegt werden, welcher nach deren Einführung sofort berufen wird. X. Abschnitt. Von der vollziehenden Gewalt. §. 84. Die vollziehende Gewalt im ganzen Reiche und in allen Kronländern ist Eine und untheilbar. Sie steht ausschließend dem Kaiser zu, der sie durch verantwortliche Minister und die denselben untergeordneten Beamten und Bestellten ausübt. §. 85. Wird einer Körperschaft, oder wem immer, ein Theil der vollziehenden Gewalt übertragen, so kann dieses nur widerruflich stattfinden, und die Krone ist stets berechtigt, für die Ausübung des übertragenen Theiles der vollziehenden Gewalt eine andere Vorkehrung zu treffen. §. 81. Die Vollziehung und Handhabung der Landesgesetze, so wie die Ausführung der von den Landtagsausschüssen innerhalb ihres verfassungsmäßigen Wirkungskreises erlassenen Entscheidungen, steht der vollziehenden Gewalt zu. §. 87. Wenn der Reichstag oder der Landtag nicht versammelt ist und dringende, in den Gesetzen nicht vorgesehene Maßregeln mit Gefahr auf dem Verzuge für das Reich oder für ein Kronland erforderlich sind, so ist der Kaiser berechtigt, die nöthigen Verfügungen, unter Verantwortlichkeit des Ministeriums, mit provisorischer Gesetzeskraft zu treffen, jedoch mit der Verpflichtung, darüber dem Reichs- oder beziehungsweise Landtage die Gründe und Erfolge darzulegen. §. 88. Die Minister haben die Verwaltung im Reiche und in den einzelnen Kronländern zu leiten, die bezüglichen Verordnungen zu erlassen und die Handhabung der Reichs- und Landesgesetze zu überwachen. §. 89. Den Ministern steht es zu, unter ihrer Verantwortung, in jenen Angelegenheiten, welche den Gemeinden oder den Landtagen und deren Organen zur selbstständigen Entscheidung überlassen sind, die Ausführung von Verwaltungsmaßregeln, welche den Gesetzen und dem Gesammtwohle entgegen sind, einzustellen oder zu untersagen. §. 90. Die Minister haben das Recht, im Reichstage zu erscheinen und jederzeit das Wort zu nehmen; sie können auch für bestimmte Verhandlungen sich durch abgeordnete Kommissäre vertreten lassen. An den Abstimmungen des Reichstages nehmen sie nur Theil, wenn sie Mitglieder desselben sind. §. 91. Ueber die Verantwortlichkeit der Minister, über das gerichtliche Verfahren gegen dieselben, dann über deren Bestrafung im Falle der Verurtheilung, wird ein besonderes Gesetz bestimmen. §. 92. Für die einzelnen Kronländer ernennt der Kaiser Statthalter, welche als Organe der vollziehenden Gewalt die Handhabung der Reichs- und Landesgesetze zu überwachen und die Leitung der inneren Angelegenheiten in dem Umfange ihres amtlichen Gebietes zu besorgen berufen und verpflichtet sind. §. 93. Die Statthalter haben das Recht, in den Landtagen selbst oder durch ihre abgeordneten Kommissäre zu erscheinen und jederzeit das Wort zu nehmen. An den Abstimmungen der Landtage nehmen sie nur Theil, wenn sie Mitglieder derselben sind. §. 94. Die Statthalter sind in ihrer Geschäftsführung dafür verantwortlich, daß die Reichsgesetze und die Gesetze des betreffenden Kronlandes genau beobachtet und gehandhabt werden. §. 95. Die vollziehende Reichsgewalt kann die Statthalter und alle Behörden der einzelnen Kronländer auch mit der Besorgung der Reichsangelegenheiten beauftragen oder solche durch andere Organe in allen Theilen des Reiches verwalten lassen. XI. Abschnitt. Von dem Reichsrathe. §. 96. An die Seite der Krone und der vollziehenden Reichsgewalt wird ein Reichsrath eingesetzt, dessen Bestimmung ein berathender Einfluß auf alle jene Angelegenheiten sein soll, worüber er von der vollziehenden Reichsgewalt um sein Gutachten angegangen wird. §. 97. Die Mitglieder des Reichsrathes werden von dem Kaiser ernannt; bei deren Ernennung ist auf die verschiedenen Theile des Reiches mögliche Rücksicht zu nehmen. §. 98. Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtung und den Wirkungskreis des Reichsrathes regeln. XII. Abschnitt. Von der richterlichen Gewalt. §. 99. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten geübt. §. 100. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Reiche aus. Es sollen in Zukunft keine Patrimonialgerichte bestehen. §. 101. Kein vom Staate bestellter Richter darf nach seiner definitiven Bestellung, außer durch richterlichen Spruch, von seinem Amte zeitweilig entfernt oder entlassen, noch auch ohne sein Ansuchen an einen anderen Dienstort überwiesen oder in den Ruhestand versetzt werden. Diese letztere Bestimmung findet jedoch auf Versetzungen in den Ruhestand, welche wegen eingetretener Dienstesuntauglichkeit nach den Vorschriften des Gesetzes erfolgen, so wie auf jene Veränderungen im Richterpersonale, welche durch Aenderungen in der Einrichtung der Gerichte nothwendig werden, keine Anwendung. §. 102. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig gestellt werden. Ueber Competenz-Conflikte zwischen den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden entscheidet die durch das Gesetz zu bestimmende Behörde. §. 103. Das Gerichtsverfahren soll in der Regel öffentlich und mündlich sein. Die Ausnahmen von der Oeffentlichkeit bestimmt, im Interesse der Ordnung und Sittlichkeit, das Gesetz. In Strafsachen soll der Anklageprozeß gelten, Schwurgerichte sollen in allen schweren Verbrechen, welche das Gesetz näher bezeichnen wird, dann bei politischen und Preßvergehen erkennen. §. 104. Die Durchführung der vorgedachten allgemeinen Grundsätze, nach welchen in Zukunft die Rechtspflege eingerichtet und das Richteramt ausgeübt werden soll, so wie deren Einführung in den einzelnen Kronländern unter Beachtung der eigenthümlichen Verhältnisse derselben, bleibt besonderen Reichs- und beziehungsweise (§. 68) Landesgesetzen vorbehalten. §. 105. Die Bestimmungen der Hausgesetze über den Gerichtsstand der Glieder des Kaiserlichen Hauses bleiben aufrecht. XIII. Abschnitt. Von dem Reichsgerichte. §. 106. Es soll ein oberstes Reichsgericht eingesetzt werden, welches von Amts wegen oder auf geführte Klage in folgenden Fällen einzuschreiten haben wird: I. Als Schiedsgericht: bei Streitfragen zwischen dem Reiche und den einzelnen Kronländern oder zwischen einzelnen Kronländern unter sich, insofern der Gegenstand nicht in den Bereich der gesetzgebenden Reichsgewalt gehört. II. Als oberste Instanz: bei Verletzungen der politischen Rechte. III. Als untersuchende und oberste richtende Behörde: a) bei Anklagen gegen die Minister und Stadthalter, dann b) bei Verschwörungen und Attentaten gegen den Monarchen oder Regenten und in Fällen von Hoch- oder Landerverrath. §. 107. Der Sitz des Reichsgerichtes ist in Wien, und es wird durch ein besonderes Gesetz bestimmt, wie die Bestellung der Richter mit Rücksicht auf die einzelnen Kronländer stattfinden, wie groß die Zahl derselben und wie das Verfahren des Gerichtes sein soll. XIV. Abschnitt. Von dem Reichshaushalte. §. 108. Alle Steuern und Abgaben für Reichs- und Landeszwecke werden durch Gesetze bestimmt. §. 109. Alle Einnahmen und Ausgaben des Reiches müssen jährlich in einem Voranschlage ersichtlich gemacht werden, welcher durch ein Gesetz festgestellt wird. Allfällige Ueberschreitungen des Voranschlages sind der nachträglichen Anerkennung von Seiten des Reichstages zu unterziehen. §. 110. Die Staatsschuld ist vom Reiche gewährleistet. §. 111. Die allgemeine Rechnung über den Reichshaushalt jeden Jahres wird nebst einer Uebersicht der Staatsschulden von dem obersten Rechnungshofe dem Reichstage vorgelegt. §. 112. Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtungen und Befugnisse des obersten Rechnungshofes feststellen. XV. Abschnitt. Von der bewaffneten Macht. §. 113. Die bewaffnete Macht ist bestimmt, das Reich gegen äußere Feinde zu vertheidigen und im Innern die Aufrechthaltung der Ordnung und die Ausführung der Gesetze zu sichern. §. 114. Im Innern kann zu diesen Zwecken die bewaffnete Macht nur über Aufforderung der Civil-Behörden und in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen einschreiten. §. 115. Die bewaffnete Macht ist wesentlich gehorchend. Kein Theil derselben darf gemeinsam berathen. §. 116. Das Gesetz bestimmt den Umfang und die Art der allgemeinen Wehrpflicht zum Landheere und zum Dienste auf der See. §. 117. Das Gesetz steht unter der Militärgerichtsbarkeit und dem Militärgesetze. Die Disziplinarvorschriften für das Land- und Seeheer bleiben in voller Anwendung. §. 118. Der Eid des Heeres auf die Reichsverfassung wird in den Fahneneid aufgenommen. §. 119. Die Einrichtung der Bürgerwehr wird durch ein besonderes Gesetz geleitet. XVI. Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen. §. 120. Insolange die durch diese Reichsverfassung bedingten organischen Gesetze nicht im verfassungsmäßigen Wege zu Stande gekommen sind, werden die entsprechenden Verfügungen im Verordnungswege erlassen. §. 121. Bis die neuen Gesetze und Verordnungen in Wirksamkeit treten, bleiben die bestehenden in Kraft. Die bestehenden Steuern und Abgaben werden forterhoben, bis neue Gesetze abweichend bestimmen und zur Anwendung kommen. §. 122. Die Behörden bleiben bis zur Ausführung der sie betreffenden neuen organischen Gesetze und Verordnungen in ihrer Wirksamkeit. §. 123. Aenderungen dieser Reichsverfassung können im ersten Reichstage im gewöhnlichen Wege der Gesetzgebung beantragt werden. In den folgenden Reichstagen ist zu einem Beschlusse über solche Abänderungen in beiden Häusern die Gegenwart von mindestens drei Viertheilen aller Mitglieder und die Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden erforderlich. So gegeben in Unserer Königlichen Hauptstadt Olmütz, den 4. März im Jahre des Heils Eintausend Achthundert Neun und Vierzig, Unserer Reiche im Ersten. (L. S.) Franz Joseph. Schwarzenberg. Stadion. Krauß. Bach. Cordon. Bruck. Thinnfeld. Kulmer. Hullein, 8. März. Der ungeräumige Bahnhof von Hullein ist voll von Leuten. Infanterie hält den Zugang zu demselben besetzt, und jeder Fußgänger sowie jeder Wagen, der von Kremsier kommt, wird angehalten, und ein Polizeikommissar verlangt Legitimationen. Jeden Augenblick kommen Deputirte an, die noch mit dem heutigen Nachttrain abreisen wollen, und erzählen Details über die Ereignisse des verflossenen Tages. Die Abgeordneten, da sie keine Abschiedsversammlung mehr abhalten können, stehen in den Straßen und auf dem Hauptplatze herum, Verscheuchten gleich, denen man das eigne Haus vor der Thüre zugeschlagen, und geben einander ihre Autographen zum Angedenken. Nachmittags hielt der slawische Club eine Versammlung, um zu beschließen, wie man sich der octroyirten Verfassung und den Committenten gegenüber zu benehmen habe. Man kam dahin überein, sich jedes Raisonnements zu enthalten und den Committenten eine getreue Darstellung der Ereignisse vom 6. auf den 7. März bekannt zu geben. Spät Abends wurden die Wohnungen Fischhof's und Prato's militärisch besetzt. Die Abgg. Goldmark und Füster sollen sich zu Fuß durch den erzbischöflichen Park geflüchtet haben. Auch Violand und Kudlich entkamen. Unter den Proscribirten wird auch Marcher aus Steiermark genannt. (C. Bl. v. B.) Prag, 10. März. Der Empfang, der den gestern von Kremsier angelangten Deputirten zu Theil wurde, zeigte, daß der Reichstag in Prag noch einige Sympathien hatte. Eine große Anzahl Bewohner Prags, darunter sehr viele Studenten, deutsche und czechische, füllten den Bahnhof. Als der Zug ankam und die Deputirten die Wagen verließen, wurde der deutschen Linken am Reichstage ein donnerndes Hoch und am Schluße dem Minister Stadion ein Pereat gebracht. — Leipzig, 10. März. Zwanzigtausend Baiern sollen einem Gerücht zufolge, im Königreich Sachsen die nach Schleswig-Holstein marschirenden k. sächsischen Truppen ersetzen. Dies veranlaßte gestern Abend eine Volksversammlung, berufen von den demokratischen und republikanischen Vereinen, in welcher eine Adresse an die Regierung beschlossen wurde, die Baiern nicht in das Land kommen zu lassen. * Gera, 9. März. Die „Konstituante“ der Reußischen Reichs-Nation ist durch ihren trefflichen Landesvater wegen mißliebiger Beschlüsse und Unwillfährigkeit gegen die Wünsche von Adel und Ritterschaft nach Hause octroyirt, oder mit andern Worten vertagt worden. * Lübeck, 10. März. Nach Berichten aus Kopenhagen ist dänischerseits die offizielle Anzeige gemacht worden, daß am 27. März die Blokade der schleswig-holstein'schen Küsten aufs Neue beginnt, und daß die dänischen Kriegsschiffe ihre vor dem 26. August 1848 innegehabten Stationen wieder einnehmen werden. Ungarn. * _ Schweiz. 300 Bern, 10. März. Wie Belgien der „Musterstaat“ der konstitutionellen, so ist die Schweiz bekanntlich das Ideal der republikanischen Bourgeois und Ideologen. In der Schweiz herrscht kein König, existirt kein Adel, die Steuern sind mäßig, das Land erfreut sich der größten Ruhe; — das Einzige, was man zu tadeln findet, sind abgethane Geschichten, Jesuiten und Sonderbündeleien. Hat doch noch selbst in neuester Zeit eine radikale Zeitung, die „Neue deutsche“ die Schweiz um ihre Ruhe und Zufriedenheit beneidet. Es schmerzt uns, daß wir diese idyllische Anschauung von dem Glücke und der Behaglichkeit der Schweizerbürger stören, daß wir „in dem treusten Spiegel, der die Freiheit wiederstrahlt“, häßliche Flecken nachweisen müssen. Wir wollen zuerst einige Volksversammlungen Revue passiren lassen. Am 5. März war in Schönbühl, Kantoa Bern, eine sogenannte Kommunistenversammlung, welche vom Proletariate sehr stark besucht war. Das Armenwesen und die Auswanderungsfrage waren Gegenstand der Verhandlungen. Die Schilderungen, welche die Redner von dem Zustande der arbeitenden Bevölkerung in der Schweiz machten, bewiesen die Nothwendigkeit schleuniger und durchgreifender Abhülfe; die Art und Weise aber, wie über diese diskutirt wurde, verrieth eine große Unbehülflichkeit und zeigte, daß trotz aller republikanischen Einrichtungen das Proletariat noch sehr wenig über seine eigne Stellung und die Mittel zur Rettung im Klaren ist. Es gelang den Konservativen, die soziale Bewegung für sich zu exploitiren. Die heftigsten Vorwürfe wurden gegen das radikale Gouvernement von Bern und namentlich gegen die Finanzdirektion geschleudert, und es gelang den Vertheidigern der bestehenden Regierung die Rechtfertigung nur theilweise. Als Mittel der Abhülfe wurde eine Verfassungsrevision beschlossen, doch erklärten mehrere Redner, daß man nur vorläufig und versuchsweise den gesetzlichen Weg betreten wolle. Da die Verfassungsrevision der Hebel ist, mit welchem die Konservativen und besonders die Patrizier von Bern die bestehende Regierung verdrängen wollen, so ist also der Plan derselben, das Proletariat gegen die Regierung aufzuhetzen, vorläufig gelungen. Noch deutlicher zeigte sich diese echtjesuitische Tendenz in der Sitzung des Zentralkomité's für die Auswanderungsgesellschaft des Kantons Bern, welche letzthin im Klösterli zu Bern abgehalten wurde. Deputirte von 25 Oberämtern, an der Zahl von circa 1000 waren versammelt, um auf jede Art und Weise zu suchen, wie die Auswanderungsfrage zur Rettung vieler tausend verdienstloser und hungernder Staatsbürger geregelt werden könne. Da der große Rath auf den Bericht des Regierungsrathes Schneider sich dieser Frage nicht mit der nöthigen Energie und Aufopferung angenommen hatte, so wurde auch hier eine Verfassungsrevision in Aussicht gestellt ohne zu bedenken, daß eine Verdrängung der jetzigen radikalen Regierung nur die Leute des alten Systems wieder möglich machen würde. Für diesen Zweck soll in allen Aemtern eine Petition herumgeboten werden, und sobald die verfassungsmäßige Anzahl von 8000 Unterschriften zu Stande gekommen ist, werden die gehörigen Anstalten zur Lösung dieser Aufgabe getroffen werden. Da die Auswanderungsfrage wegen der täglich zunehmenden Erwerbs- und Nahrungslosigkeit, namentlich im Berner Oberland überall verhandelt und besprochen wird, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß die gesuchten Unterschriften zu Stande kommen, und der jetzigen Regierung ist dann ein großer Stein in den Weg geworfen. Auch in St. Gallen macht die Arbeiterbewegung Fortschritte. „Während der „Arbeiter,“ erzählt der „Wächter“, theoretische Versuche im Socialkommunismus macht, haben sie es im Gasterlande unter der Präsidentschaft Hofstitters praktisch angefangen; sie wollen Herabsetzung des Zinsfußes auf 2 pCt. u. s. w.“ In der That, die Radikalen mögen sich da, wo sie jetzt regieren, hüten, die Arbeiter durch Gleichgültigkeit von sich abzustoßen. Das schweizerische Proletariat ist zum großen Theile noch sogenanntes Lumpenproletariat, das sich Jedem verkauft, der ihm goldene Berge verspricht. Die Pfaffen und Aristokraten erinnern das hungernde Volk natürlich nicht an die Zeiten, wo der Bauer der Pfarrei und dem Gutsherrn zehnten mußte; sie fragen nur, was thut die bestehende Regierung für Euch? Und da können die getreusten Anhänger derselben nichts antworten. Wenn das Proletariat in der Schweiz stark und gebildet genug wäre, eine selbstständige Partei zu sein, so wäre die Opposition gegen den gegenwärtigen Radikalismus gewiß gerechtfertigt; unter den bestehenden Verhältnissen aber ist jedes Ankämpfen gegen die radikalen Politiker eine Concession, welche man den Konservativen macht. Die Radikalen sollten überhaupt etwas rühriger und thätiger auftreten. Es ist nicht genug, reaktionäre Persönlichkeiten anzugreifen und über Religion unpassende Witze zu machen; die Auslandspartei sollte gegen die Neutralitätspolitiker dieselbe Energie anwenden, welche die Herren Ochsenbein und Comp. den Jesuiten und Sonderbündlern zeigten. Es liegt jetzt mehr Gefahr im Verzuge, wie ehedem. Die Kapitulationsfrage, welche von neun Zehnteln des Schweizervolkes gegen die doktrinär-feige Interpretation des Bundesraths entschieden wird, gibt den Radikalen eine genügende Waffe in die Hand, um der bestehenden Misere ein baldiges Ende zu machen. Der Bericht des politischen Departements (Furrer's) an den schweizerischen Bundesrath in Sachen der Kapitulationen, welcher von den meisten Zeitungen und namentlich von der „Neuen Züricher Zeitung“ als das non plus ultra politischer Weisheit gepriesen wird, läßt uns einen tiefen Blick in die Krämerwirthschaft des Bundesraths werfen, welcher die auswärtige Politik nach einigen Batzen und den Grundsätzen des Civilrechts regelt: „Woher,“ fragt Furrer, „soll das Entschädigungsgeld bezahlt werden? Es ist absolut unmöglich, diese Summe zu einem irgend erheblichen Theile aus der Bundeskasse zu beziehen. — — — Diese Summe müßte also von den Kantonen getragen werden. Wenn man aber die Verhältnisse ruhig und unbefangen würdigt, und nicht blindlings von einer Begeisterung sich hinreißen läßt, so wird man sich überzeugen, daß die Beitreibung dieser Summe ebenfalls zu den Unmöglichkeiten gehört, namentlich für die Zukunft, selbst wenn man der Gegenwart einen so begeisternden Einfluß zuerkennen sollte.“ — An einer andern Stelle: „Eine ganze große Nation, welche nicht einmal einige Regimenter bemeistern kann, wird schwerlich im Stande sein, sich auf die Dauer Unabhängigkeit und politische Freiheit zu sichern.“ Die italienischen Republiken werden gewiß der schweizerischen Nachbarrepublik für diese offizielle Erklärung des ersten Beamten derselben einst gebührenden Dank zollen. Die „Neue Züricher Zeitung“, das halboffizielle Organ des Bundespräsidenten, hatte erklärt, der Beschluß, daß die Aufhebung der bestehenden Kapitulationen in den Bereich der Kantonalsouveränetät gehört, sei vom Bundesrathe einstimmig gefaßt. Dies ist unrichtig. Der Italiener Franscini war nicht zugegen und der Mann der „permanenten Revolution“, Druey hat Vorschläge an die Bundesversammlung in der Absicht machen wollen, „die Kapitulationen aufzuheben, wenn die Lage Italiens und der Schweiz es erheische.“ Ferner beantragte er, die Werbungen für die neapolitanischen Regimenter bis nach Entscheidung der Sache einzustellen, und dies ist die Hauptsache. Herr Ochsenbein, der Napoleon der Sonderbundskriege, will nicht nur den preußischen Lohbauer, sondern auch den preußischen Waffenrock einführen. Das löbliche Vorhaben scheitert aber am Kostenpunkt. Das Anerbieten einiger Franzosen, in der Schweiz eine Spielbank zu errichten, hat die biedern Republikaner in große sittliche Entrüstung versetzt. Die Spielpächter in Deutschland müssen doch wohl durch den Beschluß der ehrwürdigen Nationalversammlung in Frankfurt in Angst gesetzt worden sein, sonst würden sie nicht die regierenden Herren der Sonderbundskantone in die schwierige Lage versetzen, zwischen großen Geldvortheilen und angestammter Moral wählen zu müssen. In Luzern hat der große Rath mit 79 gegen 67 Stimmen das desfallsige Anerbieten eines Herrn Bias abgewiesen; auch richtete die Volksvereinssektion daselbst eine in demselben Sinne abgefaßte Petition an die Bundesbehörden; darauf wandten sich die Unternehmer nach Schwyz (Stanz) und St. Gallen (Rapperschwyl), ohne jedoch ihre Wünsche befriedigt zu sehen. Die Herren werden sich jetzt wohl zu der Energie des Homburger Spielpächters verstehen müssen, der erklärte, seine Spielbank würde länger, als alle Frankfurter Parlamente, bestehen. Der große Rath, welcher seit einigen Tagen wieder zusammen ist, und der sich nach, wie vor, von Herrn von Tillier präsidiren läßt, obgleich auf ihm der Verdacht des Landesverraths haftet, beschäftigt sich mit der artikelweisen Berathung des Gewerbegesetzes, aus welcher wir hier nichts zu bemerken finden, als die Bestimmung, daß politische Flüchtlinge ohne weitern Nachweis des Gegenrechts Gewerbe treiben dürfen. Auch hat das Departement des Innern beantragt, eine Summe von 8000 Franken für Wissenschaft, Künste u. s. w. auszuwerfen. 147 Luzern, 9. März. Vor einigen Tagen wurden aargauische Bürger vom hiesigen Markte zurückgewiesen, weil sie — Israeliten waren. Die Aargauer Regierung hat sich derselben angenommen. Ein schöner Beitrag zum Bundesrecht und zur religiösen Toleranz! — 303 Waadt, 8. März. Die Integraterneuerungswahlen für den großen Rath, welcher seinerseits wieder den Staatsrath und das Kantonsgericht ernennen muß, haben am 4. März statt gefunden und beachten einen glorreichen Sieg der Radikalen. Die Konservative-Partei, bestehend aus Methodisten, Aristokraten u. s. w. ist vollständig geschlagen. Die allerentschiedensten Radikalen sind in Ifferten, Milden, Peterlingen, Wifflisburg gewählt. In Lausanne sind von 14 Deputirten 10 Sozialdemokraten gewählt, was von Bedeutung ist, da diese Stadt das Hauptquartier der Pfaffen, Doktrinäre und Justemilianer ist. 148 Schaffhausen. Die hiesige Zeitung meldet wieder von einem Skandal der Reichstruppen. 8-10 würtembergische Soldaten besoffen sich in Schleitheim und betrugen sich gegen die schweizerischen Republikaner, wie es ihnen gegen deutsche „Unterthanen“ befohlen ist. Zwei dieser Tapfern sind gefangen und müssen von der Reichsgewalt wieder eingelöst werden. Diese hat in der Schweiz, beiläufig gesagt, nur noch einen einzigen Vertreter, den Herrn Wülfingh, da alle andern sich von der Last der vielen Geschäfte, welche ihnen hier oblagen, zurückgezogen haben. Italien. * Die Times veröffentlichen zwei östreichische Depeschen, die beide das Datum des 17. Januars tragen und über die in Italien verfolgte kroatische Unterdrückungs-Politik erbauliche Aufschlüsse geben. Die erste Depesche, nach Paris adressirt, schlägt dem Herrn Drouin de L'Huys, französischen Minister des Auswärtigen, eine Intervention in Rom vor: während östreichische Truppen von Norden, neapolitanische von Süden gegen Rom vorrücken, soll sich eine französische Flotte vor Civita-Vecchia legen. Die drei Expeditionen sollen einander unterstützen und nach den Umständen handeln, jedoch nicht länger im Ex-Kirchenstaat bleiben, als der Pabst dies für nöthig hält. Hr. Drouin de L'Huys hatte aber damals nicht den Muth, auf diesen wohlmeinenden Vorschlag einzugehen. Die zweite Depesche ist für die Höfe von Berlin und Petersburg bestimmt und setzt auseinander, wie das englisch-französische Vermittlungsprojekt, von Lord Palmerston ausgegangen, von Oestreich nur nothgedrungen acceptirt worden sei; wie der Grundgedanke der Mediation (die Addalinie als Gränze Oestreichs) seit der Wiedereroberung der Lombardei durch die Kaiserlichen unzulässig sei; wie der vorgeschlagene Brüsseler Kongreß zur Besprechung von allerlei sonstigen italienischen Fragen benutzt werden solle, zu deren Entscheidung der Kongreß nicht kompetent sei; und wie der Kongreß höchstens den Beruf haben könne, die Verträge von 1815 in Italien zu bestätigen. Was die andern italien. Angelegenheiten angehe, so könnten sie höchstens durch einen Kongreß aller der Mächte, die die betreffenden Wiener Verträge von 1815 unterzeichnet, gelöst werden — und zu einem solchen Kongresse sei Oestreich (natürlich!) bereit. Das sind die Pläne, die die östreichische Camarilla für die Durchführung der Contrerevolution in Italien ausgesonnen hat. Inzwischen ist die Revolution Italiens ihren Gang gegangen und schreitet täglich weiter vor. Man vergleiche nun mit diesen kroatischen Aktenstücken eine andere diplomatische Depesche, die der Minister des Auswärtigen der römischen Republik d. d. 1. März, an den französischen, englischen, schwedischen und dänischen Gesandten in Florenz abgesandt hat: *Mein Herr! Der gute Wille und die Würde, mit denen Sie am 8. August v. J. und im Verein mit Ihren Kollegen vom diplomatischen Korps in Florenz sich beeilt haben, Ihre wohlwollenden Bemühungen anzuwenden, um die Geißel abzuwenden, welche der unvorsichtige Marschall Welden über Bologna verhängte, veranlassen mich, Sie aufs lebhafteste anzugehen, aufs Neue uns Ihren Beistand gegen einen nicht minder verabscheuten und unloyalen Feind zu bewilligen. „Ein gewisser Haynau, der sich, wir wissen nicht, Marschall oder General titulirt, hat, nachdem er zu Ferrara 200,000 Scudi gestohlen, noch sechs vortreffliche Bürger bei seiner Abreise mitgeschleppt, die, wie die er sagt, für die der Stadt auferlegten Bedingungen haften. Ich lasse mich nicht so tief herab, mein Herr, daß ich einen Kommentar zu dieser Thatsache gebe. Wer stiehlt, stellt sich außerhalb aller der Regeln, nach denen man die Handlungen in dieser Welt abmißt. Aber die Wegführung von sechs Bürgern aus Ferrara kann zu grausamen Repressalien Veranlassung geben, und um sie zu vermeiden, um unsere Revolution rein und unbefleckt erhalten, ersuche ich Sie diese Opfer einer unerhörten Barbarei loszukaufen. „Italien, mein Herr, führt einen ehrlichen Krieg, den Krieg der Unterdrückten gegen die Tyrannen. Es verwüstet keine Felder, plündert keine friedlichen Bürger, ermordet keine Frauen; dergleichen Handlungen überläßt es dem Kroaten; sie sind seiner würdig und der Sache die er vertritt. Europa aber muß solche Schändlichkeiten mit dem Stempel der Infamie brandmarken … „Daher bitte ich Sie dahin zu wirken, daß die sechs ferraresischen Geisseln ihrem Vaterlande wiedergegeben werden. Was ich von Ihnen fordere, fordere ich im Namen der Humanität. Nachher wird das Gefühl der tausend erlittnen Beleidigungen das Verhalten diktiren, das wir annehmen werden, um Italien von den unaufhörlichen Niederträchtigkeiten zu befreien mit der ein ehrloser Feind es überhäuft.“ Die französische Regierung scheint indeß allmählig die ihr von Schwarzenberg zugemuthete Courage bekommen zu haben. Während die neapolitanischen und östreichischen Truppen von zwei Seiten das römisch-toskanische Gebiet bedrohen, rüstet sich in Toulon abermals eine französische Flotte zur Aufnahme der Brigade Molliére, die bereits einmal im Interesse des Pabstes nach Civita Vecchia abgehen sollte. Täglich gehen Dampfschiffe mit Depeschen nach Gaëta. Fünf Dämpfer bereiten sich vor zur Aufnahme von Truppen und Pferden. Es ist offenbar, die Republik will denselben Verrath an Italien begehn, den Louis Philipp und seine Minister 1831 schon einmal zur Schande Frankreichs begingen. Rom stellt indeß den Rüstungen Rüstungen entgegen. Die Constituante beschäftigt sich nur noch mit der Landesvertheidigung. In allen Städten und Flecken sind Bureaux zur Einschreibung für den Kriegsdienst eröffnet; die Jugend strömt in Masse herbei und schon ist die Armee bedeutend gewachsen. Sie zählt jetzt 41,670 Mann, von denen 2/3 schon bei Cornuda, Vicenza, Treviso, Mestre und Venedig ihren Muth im Feuer bewährt haben. Außerdem sind 54 Feldgeschütze da, nebst Zelten, Wagen und Ambulancen. Dazu bestehen in Rom 12 Bataillone (12,000 Mann) mobilisirte Nationalgarde, ein Bataillon (700 Mann) Schützen, aus Studenten gebildet, und die sich bildenden Corps der lombardischen und neapolitanischen Emigration. In Turin ist eine doppelte Ministerveränderung vor sich gegangen. Sineo hat das Justizministerium an Cabella abgetreten und ist Generaladvokat geworden; Colli, der Gioberti im Ministerium des Auswärtigen ersetzt hatte, soll in Folge einer Differenz mit seinen Collegen über die Kriegsfrage ausgetreten sein, und seine Stelle wäre durch Deferraris übernommen. Uebrigens soll Colli vor seinem Abtreten zahlreiche diplomatische Agenten aus der absolutistischen Zeit zurückberufen haben. Aus Neapel erfahren wir endlich den Inhalt des am 28. Februar nach Palermo abgegangenen neapolitanischen, von Frankreich und England unterstützten Ultimatums. Folgendes sind seine Hauptsätze: „Ferdinand II., König beider Sizilien; „Allgemeine Amneste, mit Ausnahme von 30 Chefs der Revolution, welche Pässe in's Ausland erhalten; „Die Constitution von 1812, modifizirt; „Eine Armee für beide Länder mit sizilischem Contingent; „Parlament, Finanzen, Städteordnung, Richterstand in Sizilien unabhängig; „Ein vom König ernannter Statthalter, entweder ein königlicher Prinz oder ein Sizilianer; „Königliches Haus, Auswärtiges, Krieg und Flotte vom König abhängig; „Bezahlung von 4 Millionen rückständiger Steuern und einer Million Kriegskosten durch die Sizilianer.“ Wir zweifeln keinen Augenblick, daß die Nachricht, Sizilien habe dies infame Ultimatum verworfen, sich vollständig bestätigen wird. Dann bricht der Krieg los, der diesmal nicht ein vereinzelter Kampf, sondern eine Episode in dem an allen Ecken Italiens gleichzeitig losbrechenden Revolutionskrieg sein und daher ganz andere Chancen haben wird. Krieg in Sizilien, Krieg in der Romagna, Krieg am Tessin; Aufstand in Calabrien, Apulien, den Abruzzen und endlich in Neapel selbst; endlich europäische Verwickelungen hervorgehend aus dem italienischen Befreiungskampf — das werden die ersten Entwickelungsphasen dieses neuen Drama's sein, dessen Ende Niemand absehen kann. Mailand, 2. März. Abermals fanden hier zwei Hinrichtungen Statt. Joseph Zaccheo, ein Piemonteser, und Lukas Piacentini, ein Mailänder, wurden heute früh erschossen, weil sie angeblich durch Geldversprechungen zwei Soldaten zu verführen versuchten, ihre Fahnen zu verlassen und in die sardinische Armee einzutreten. Französische Republik. Paris, 12. März. Heute sollen der monarchischen Union zufolge zwölf Dampffregatten aus Toulon in See stechen und sich nach Marseille begeben, um dort 3000 Mann aufzunehmen, die zu einem Observations-Corps bestimmt wären, das längs den Küsten der römischen und toskanischen Republiken streiche. Wir halten diese Nachricht für voreilig. — Aus dem Ministerium des Innern ist der Befehl an sämmtliche Präfekten gegangen: unverzüglich eine genaue Liste aller „mobilisabeln Citoyens“ anzulegen und einzusenden. So soll denn wirklich der alte Plan von den dreihundert Bataillonen mobiler Bürgerwehr von der honnetten Republik ausgebeteutet werden? — Man liest im „Moniteur du Soir“: „Ein Journal zeigte gestern an, daß unser Gesandter in Neapel, Herr De Reyneval, während der Unterhandlungen zwischen Sizilien und Neapel auf heftigen Widerstand von Seiten Lord Palmerstons gestoßen sei. Diese Behauptung ist falsch. Die Mediation Englands und der französischen Republik wurde nicht durch die geringste Mißhelligkeit des Pariser und Londoner Kabinets gestört. Im Gegentheile können wir versichern, daß beide Admiräle (der englische und französische) im besten Einvernehmen am 4. März von Neapel nach Palermo abfuhren, um dem sizilianischen Volke die Uebereinkunft zu überbringen, welche zwischen den mediatisirenden Mächten zu Stande gekommen.“ Ein Brief aus Civita-Vecchia meldete bereits gestern, daß man in Palermo diese herrliche Uebereinkunft verworfen habe. Die Inhaber italienischer Blätter machen wir außerdem auf einen Artikel des Tempo, in Bezug auf diesen Gegenstand, aufmerksam, in welchem das neapolitanische Kabinet seine ganze Galle gegen die sizilianischen und römischen Demokraten ausschüttet. Das Kabinet rechnet mit Bestimmtheit auf die Unüberwindlichkeit des alttend Oestreich, und führt offenbar nur deshalb eine so kühne Sprache. — Im großen Moniteur herrscht komplette Windstille. Er füllt seinen dicken Bauch mit dem Ferdinand Barrot'schen Bericht über die Mittel, durch welche man die Araber französisch und die Franzosen arabisch lehren könne, um sich Algeriens ganz zu vergewissern. — Aus Brüssel erfahren wir nichts, als daß die Herren Chagrenée u. Comp. fleißig tafeln; allein von einer Eröffnung der Conferenzen hört man noch nichts. Die italienische Frage wird jedenfalls nicht in dem belgischen Gaunerlande, sondern auf dem Schlachtfelde entschieden. — Der Telegraph, erzählt man sich eben im Saale der Pas-Perdus, hat gestern wirklich dem Dampfgeschwader in Toulon den Befehl übermacht, die Moliere'sche Brigade in Marseille für Italien einzuschiffen … Auch ist General Fabvier nach Dänemark mit Depeschen abgereist. — Im Ministerium des Auswärtigen ist heute Vormittag eine Depesche aus London eingelaufen, in welcher Lord Palmerston erklärt: daß England zu Gunsten des Pabstes nicht intervenire, weil er sich nicht direkt an dasselbe um Hilfe gewandt habe. Hr. Barrot und Fallour werden daher allein die Ehre haben auf dem Kampfplatze zu erscheinen. — De Tracy, Marineminister, hat den vielen Bitten der Juniangehörigen endlich nachgegeben und für die Junideportirten in den Bagnos spezielle Behandlung und spezielle Beschäftigung angeordnet. Hierzu eine Beilage.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 246. Köln, 15. März 1849, S. 1371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz246_1849/3>, abgerufen am 25.04.2024.