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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 283. Köln, 27. April 1849.

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regeln nicht auch gleich auf ganz Holstein und das dänische und Schleswig-Holsteinische Oberpostamt in Hamburg ausgedehnt hat!

Folgende Thatsache mag als Beispiel von der Anwendung der obigen Maßregel dienen:

Ein Wiener Flüchtling, seines Handwerks ein Metzger, lebte längere Zeit in Altona und Hamburg, da aber seine Ezistenzmittel auf die Neige gingen, entschloß er sich nach Rendsburg zu gehen, um dort eine Stelle als Armeeschlachter zu erhalten. Er ließ seinen Paß in aller Form visiren und reiste fort. Da man ihm in Rendsburg sagte, daß das Kriegsdepartement in Schleswig sei, so ging er dahin, um auch da zu erfahren, daß von Seiten des Kriegsdepartements keine Armeeschlachter angestellt würden, daß er sich vielmehr an die Lieferanten wenden müsse, denen das Ganze übertragen sei. Der Wiener mußte also weiter nach dem Norden. Vorher ließ er seinen Paß in Schleswig wieder visiren, Alles wie es nur eine kaiserl. Russische Polizei verlangen kann. Ebenso in Flensburg, um nach Apenrade zu gehen. In Apenrade versteht man das Ding aber anders; ein Wiener Flüchtling muß Demokrat sein; man sperrt ihn ein und nimmt ihm seinen Paß ab. Er bittet, man möge ihn mit dem Polizeimeister sprechen lassen: Nein! nur mit Gensdarmen und den andern Polizisten darf er verkehren. Zwei Tage sitzt er in einem stinkigen Loche, mit noch andern Spionen oder Spitzbuben, denn dafür hielt man ihn, zusammen. Da kommen die Dänen und rücken gegen Apenrade vor. Man nimmt also den Wiener Flüchtling, ergo Demokraten, ergo Däne und Spion, und transportirt ihn gebunden mit den andern Gefangenen nach Flensburg. Hier muß er brummen ohne verhört zu werden - bis die Dänen aus Apenrade wieder vertrieben. Die Polizisten gingen wieder nach Apenrade, also mußten ihre Opfer auch wieder mit. Man nimmt den Wiener Flüchtling, der in Gedanken schon statthalterlich Schleswig-Holsteinischer oder des heil röm. Reiches Armeeschlachter zu sein glaubte und transportirt ihn wieder nach Apenrade, läßt ihn hier noch mehrere Tage im Gefängniß vegetiren, und stellt ihm dann, ohne ihn nur verhört zu haben, einen Zwangspaß aus, durch den er gezwungen wird, wieder nach Altona zurückzukehren.

313 Schleswig-Holstein, 23. April.

Jetzt, nach dem großen Eckernförder "Wassersieg", über den die Kieler Lakaienzeitung sogar ein unsterbliches Rattenvergiftungsmittel in Versen bringt, nach Erstürmung der Düppeler Schanzen und dem Einmarsch unserer Truppen in Jütland wird's mit einem Male wieder heller Tag für die bisher so besorgten Bourgeois und die Falten in den Gesichtern der "redlichen" Geschäftsmänner beginnen sich zu glätten. Wenn die Reichsgensd'armen um uns aushalten und den Dänen auf seine Inseln jagen, dann ist alle Aussicht vorhanden, daß die "Seeräubereien" von dem Landraub unterdrückt und die Wasserstraßen wieder den legal-friedlichen Räubereien des Handels geöffnet werden. Der Präsident der Lakritzenverkäufer- und Seifensiedergesellschaft in Schleswig, Marcus Tullius Bergum, reibt sich schmunzelnd die Hände und fängt an, seine Berliner Reise "um des Kaisers Bart" zu verschmerzen und sich mit dem Schicksal zu versöhnen, das ihn um ein offizielles deutsch-preußisch-kaiserlich-königliches Diner gebracht hat. Die ganze hohe Landesversammlung ist ein einziger, anständig gemäßigter Jubel. Aber da soll sich auch, obgleich das "Reich" an Kammern und Ständeversammlungen Etwas aufzuweisen hat, noch erst eine Congregation finden, die sich an Farb- und Charakterlosigkeit, an feiger und juchtenmäßiger Gesinnung mit der Schleswig-Holsteinischen Landesversammlung messen kann. Unter diesen hundert Männern findet sich auch nicht einmal eine irgend nur hervorragende Persönlichkeit. Die Minister, eingefleischte Bureaukraten und zum Theil unter der Zucht des hier wohlbekannten Verräthers Scheel herangewachsen, haben jener Landesversammlung gegenüber natürlich leichtes Spiel. Und so ist denn die Betreibung keiner "noblen Passion" hier so leicht, wie die des Regierens, woraus sich auch erklärt, daß der wohlhabende Fondscollecteur Beseler sein Regierungsmüthchen jetzt schon zum zweiten Male kühlt. Die erste "provisorische" herzoglich-augustenburgische Regierungsclique konnte ungescheut in die öffentlichen Gelder greifen, so viel sie wollte und ihren Anhängern Sinekuren geben, die Landesversammlung machte stets den servilsten Katzenbuckel; die zweite "gemeinsame" Regierung mit ihrem Windischgrätz in Civil, dem Grafen Reventlow-Jersbeck an der Spitze, konnte im Angesicht des Volks wagen, den König von Dänemark der Treue des Landes zu versichern - wofür dieser ihr einen wohlverdienten Fußtritt applicirte - die Landesversammlung gab ihr durch allgemeines Aufstehen ihren Dank und ihre Zustimmung, also ihr Einverständniß mit dem Landesverrath, zu erkennen, als sie der jetzigen Statthalterschaft, dem berüchtigten Duumvirat Platz machte. Ja, sie standen alle auf, diese Lichter der Welt und dankten der Sonne, daß sie nicht ausgeputzt wurden.

Auch Olshausen, der bleiche Schwärmer für die sanft heraufkeimende Zukunft mit den gebratenen Tauben und dem ewigen Frieden, hatte keins seiner sarkastischen, oft bleischweren Worte, diesem schnöden, verrätherischen Danke als ein Gewicht des Volksgrolls anzuhängen. Olshausen ist aber das gerade Gegentheil von Allem, was zur That gehört; er will immer Alles, insofern und je nachdem, er läßt es aber immer bei den Entwürfen bewenden, die sich freilich schaarenweise bei ihm in stiller Nacht wie die Katzen begatten, von denen aber nicht Eins Junge wirft. So ist es denn auch mit seinem Kampf für die unglücklichen "Inster" (die man anderwärts ihrer Behandlung sehr entsprechend auch Köter nennt) bei dem ersten Anlauf geblieben, wo ihm gleich von Noer grimmig entgegenschmunzte, und die Sache ist über den heiligen Bourgeoisieinteressen, wie Kanalzollintraden, Schweineausfuhr u. s. w. liegen geblieben.

Ein Faktum für manche andere, um ein grelles Schlaglicht auf die hiesige Regierungs- und Volksvertretungswirthschaft zu werfen. Das "gemeinsame" Gouvernement ließ den alten Advokaten Bauditz in Rendsburg des Hochverraths anklagen, weil derselbe in einer Zeitung vorgeschlagen hatte, den noch immer "unfrei" regierenden Herzog auf ordentliche Weise durch das Volk der Krone verlustig erklären zu lassen. Bauditz ist noch gegenwärtig in strenger Kriminaluntersuchung, und die Schleswig-Holsteinischen Truppen marschiren durch Jütland, bereit den "unfreien" Herzog zu fangen oder zu erschießen, wo sie ihn finden. Einige Doktrinärs zweifeln auch gar nicht daran, daß Bauditz zum Tode verurtheilt wird und dann nur von dem "unfreien" Herzog, gegen den wir Krieg führen, oder in seinem Namen von der Statthalterschaft, die uns mit der Regierung überzogen hat, begnadigt werden kann. Wir haben hier mehrere private und öffentliche Irrenanstalten, aber hätten Sie das gedacht?

Auf die große Eckernförder Kriegsthat giebt man hier im Volke viel weniger, wie im übrigen Deutschland, wo man vor Meer und vor Schiffen einen gewaltigen Respekt zu haben scheint, und am wenigsten stolz sind die armen Kanoniere selbst, die, wie sie selbst sagen, nur das Verdienst hatten, sich nicht "verblüffen" zu lassen. Als sie von den Belohnungen hörten, die ihnen das dankbare deutsche Vaterland noch zudächte, äußerten sie sehr naiv, wenn sie um etwas bitten dürften, so wäre es um die Befreiung ihrer braven Kameraden aus dem Zuchthaus, wohin sie im vorigen Jahre geschickt wurden, weil sie eine demokratische Adresse an das preußische Militär gerichtet hatten. Die armen demokratischen Kanoniere müssen aber gewiß noch viele Fregatten erobern und in die Luft sprengen, ehe sie diesen Lohn erhalten.

* Stuttgart, 23. April.

Der Schwabenkönig zeigt jetzt praktisch das "Spiel der konstitutionellen Gewalten." Er erläßt Dekrete an seine Minister, die von Niemanden kontrasiguirt sind; noch mehr er publizirt Proklamationen ans Volk und kein Minister unterzeichnet sie. So hat er heute folgende Ansprache erlassen:

"Würtemderger! Seit 32 Jahren habe Ich die Geschicke unseres gemeinschaftlichen Vaterlandes gelenkt, habe ich nur Einen Gedanken, nur Eine Aufgabe, die Eurer steigenden Wohlfahrt und Zufriedenheit verfolgt! In ernsten und in guten Tagen habt Ihr Mir vielfache Beweise Eures Vertrauens und Eurer Liebe gegeben, habt Ihr ein Beispiel von Eintracht zwischen Fürst und Volk geliefert, welches der Ruhm des Landes bei unsern Nachbarn und zugleich Mein Stolz, so wie das beständige Ziel aller Meiner Regierungsmühen war.

Würtemberger! die Zeiten sind ernst, das Vaterland, das gemeinschaftliche, wie das besondere, ist von vielen und großen Gefahren bedroht. Mehr als je gilt es, daß wir fest und einträchtig Hand in Hand gehen.

Wie Ihr, will auch Ich ein großes, einiges und starkes Deutschland. Ich werde jedes Opfer freudig zu Gunsten eines so gemeinnützigen Zieles bringen. Wo es das wahre Wohl des gemeinschaftlichen Vaterlandes gilt, müssen alle Interessen, die großen wie die kleinen schweigen.

Die Nationalversammlung hat das Verfassungswerk ihrerseits vollendet, allein Ihr wißt, daß zwischen ihr und den größeren Regierungen Deutschlands zur Zeit noch eine Nichtverständigung über diesen hochwichtigen Gegenstand besteht. Ich für meine Person habe eine solche Verwickelung in keiner Weise herbeigeführt; da sie aber leider vorhanden ist, so gebieten Klugheit und Vorsicht, so erheischen das wahre Wohl und eine gesicherte Zukunft unseres Vaterlandes, daß wir die Entwickelung derselben mit Ruhe und Zuversicht abwarten. Verlaßt Euch auf Mein Fürstenwort, es ist weder für Euch, noch für Deutschland keinerlei Gefahr in einem solchen Verzug. Eine vorschnelle Entschlußnahme von unserer Seite würde im Gegentheil die friedliche Lösung der Frage eher verhindern und verzögern, als beenden und fördern. Ohnedieß kann und wird die Ungewißheit darüber nicht lange mehr andauern.

Würtemberger, vertraut Eurem Könige, der es wohl mit Euch meint; mißtraut den Einflüssen und den Reden aller Ehrgeizigen und aller Wühler, die sich selbst und Euch auf den Weg des Verderbens führen würden.

Es lebe die deutsche Einigkeit und die allseitig friedfertige, ruhige Lösung des Reichsverfassungswerkes.

Wilhelm."

Stuttgart, 23. April.

Die heutige Sitzung der Abgeordneten-Kammer eröffnet der Präsident mit den Worten, daß, wenn es je Aufgabe deutscher Männer war, auf den Boden des Gesetzes, der Besonnenheit, aber auch des Muthes sich zu stellen, so sey dies jetzt Aufgabe der Kammer. Im Laufe dieser Nacht habe Se. Majestät sich bewogen gefunden, auf einige Zeit nach Ludwigsburg abzureisen, wohin die Minister die laufenden Geschäfte abzuschicken beauftragt worden seyen. Zugleich hat der König heute eine Proklamation erlassen, welche zu verlesen ich für angemessen - (großer Lärm, Protestation).

Beiel: Vor Allem sollten wir von den Ministern eine offizielle Auskunft über diese Proklamation verlangen.

Zwerger: Dieses sogenannte Aktenstück existirt für uns nicht, kein Minister vertritt es; wir wissen nicht einmal, von wem es ausgeht. Aber wir müssen wissen, ob noch eine Regierung besteht oder nicht. Die Minister haben seit drei Tagen erklärt, daß sie ihre Entlassung geben. Es scheint, die Minister sind außer Aktivität gesetzt. Wir müssen dem Zustande der Ungewißheit ein Ende machen. Das Land muß regiert werden. Die Kammer soll eine Kommission von 10 Mitgliedern niedersetzen, welche fortwährend berathet und Anträge stellt, dann soll die Kammer eine Ansprache an das Land erlassen, und die Lage des Vaterlandes schildern.

Präsident: Ich habe den Aufruf bloß verlesen wollen, ohne denselben als offizielles Aktenstück anzuerkennen.

Nach längerer Debatte läßt der Präsident die Adressen, welche in der deutschen Sache eingekommen sind, zur Kenntniß bringen. Viele Abgeordnete kündigen ähnliche Adressen an. Der Abgeordnete Winter verliest eine Adresse aus Heidenheim; solche kündigen an und erstatten Bericht über die Stimmung ihrer Gegend.

Becher: Auch vom Oberlande sind Deputationen, und zwar von Bauern hier, welche um unbedingte Anerkennung der deutschen Verfassung bitten. Sofort wird der Zwerger'sche Antrag auf eine Kommission zu fortlaufender Beurtheilung und Berichterstattung über den Stand der Angelegenheiten angenommen.

Präsident: Ich habe so eben einer Sitzung des Ministerraths einige Augenblicke angewohnt, und es ist mir dort mitgetheilt worden, daß das Ministerium eine wiederholte dringende Bitte an Se. k. Maj. gestellt habe, worin die Lage des Vaterlandes dargestellt ist. Darin ist gebeten, die Minister sogleich zu entlassen, wenn der König dem Wunsche des Volkes nicht nachgebe. Sofort wird die Sitzung ausgesetzt und, wenn nicht die Kommission noch frühern Zusammentritt für nöthig hält, um 5 Uhr wieder aufgenommen. Der Fünfzehner Ausschuß tritt alsdann zusammen.

Die Aufregung in unserer Stadt war am gestrigen Sonntage sehr groß. Versammlungen folgten auf Versammlungen, so Nachmittags vom Volksverein. Ein Anschlag rief die Jugend Stuttgarts zu einer Versammlung bei P. Kolb, wo das frühere Jugendbanner neue Constituirnng beschloß. Die Organisirung fand noch im Laufe des Abends Statt. Abends beriethen die Offiziere der Bürgerwehr wegen ihrer nunmehr verwais'ten Führerstelle. Die Straßen waren außerordentlich lebhaft, zahlreiche Gruppen waren insbesondere auf dem Marktplatze. Nirgends wurde jedoch die Ruhe gestört. - Heute ist die Abreise Sr. Majestät und der königlichen Familie nach Ludwigsburg, was die allgemeinste Aufregung hervorbrachte. - Ein Plakat an allen Straßenecken theilt allem Volke die Stockmar'schen Kammerbeschlüsse mit.

Frankfurt, 25. April.

Der König von Würtemberg hat in Alles gewilligt, selbst in die Oberhauptsfrage. Beschlossen war von Seiten der zweiten Kammer in Verbindung mit dem Ministerium: eine Regentschaft zu ernennen, die erste Kammer aber aufzulösen für den Fall, daß der König nicht nachgäbe.

Die Minister, die sich zum Könige nach Ludwigsburg begeben hatten, erhielten folgende Erklärung:

"Se. Maj. der König von Würtemberg nimmt in Uebereinstimmung mit seinen Ministern die deutsche Reichsverfassung, einschließlich des Kapitels über die Oberhauptsfrage und der im Sinne dieser Verfassung zu verwirklichenden Lösung derselben sammt dem Reichswahlgesetze, unter der sich von selbst verstehenden Voraussetzung an, daß dieselbe in Deutschland in Wirksamkeit trete. Zugleich soll der würtembergische Bevollmächtigte in Frankfurt dahin instruirt werden, daß die würtembergische Regierung nichts dagegen einzuwenden habe, wenn Se. Maj. der König von Preußen, welcher das Erbkaiserthum nicht annehmen will, unter den vorliegenden Umständen für jetzt mit Zustimmung der deutschen Nationalversammlung an die Spitze Deutschlands sich stellen wird. Ludwigsburg, 24. April 1849. Wilhelm."

Italien.

* Die über Marseille aus Livorno angelangten Nachrichten gehen bis zum 15. April. An diesem Tage waren die Stadtthore geschlossen und die Municipalität hatte sämmtliche Bürger zu den Waffen gerufen. Im Augenblick, wo das Dampfschiff nach Marseille abfuhr, hörte man Generalmarsch schlagen und mit allen Glocken Sturm läuten.

Der östreichische General Kolowrat befand sich am 15. April mit seiner Kolonne in Fosdinovo. Die östreichische Avantgarde rückt gegen Carrara vor.

Wie es heißt, ist die Untersuchung gegen den Verräther Ramorino geschlossen. Er soll des Ungehorsams gegen die Befehle des Kommandirenden überführt und für schuldig erklärt worden sein.

Die "Concordia" behauptet, es werde im Turiner Kabinet eine Aenderung stattfinden, weil mehrere Minister sich gegen die exorbitanten Forderungen Oestreichs ausgesprochen haben.

Turin, 20. April.

Ein Kabinetsbefehl vom 16. April löst die Bürgerwehr in Genua auf. Ramorino's Prozeß ist noch nicht zu Ende. Er soll des Ungehorsams gegen seine Obern überführt sein und deshalb verurtheilt werden. Die Concordia spricht wieder stark von Ministerwechsel.

* Florenz, 16. April.

Der östreichische Vortrab steht bereits in der Nähe von Carrara. Die Sekretäre der französischen und englischen Gesandtschaft, welche sich im Namen der neuen Ordnung der Dinge in das östreichische Hauptquartier begaben, fanden den General Kolowrat zu Fosdinovo. Sie brachten den besorgten Florentinern Bourgeoishunden die Hoffnung mit, daß die östreichischen Plünderungsbestien das toskanische Gebiet nicht verletzen werden.

Livorno erhält die Republik aufrecht und hat sich bis an die Zähne bewaffnet. Diese Hafenstadt will mit der Republik leben oder fallen.

* Venedig, 11. April.

Die fremden Gesandten haben den Schiffspatronen der in den venetianischen Gewässern vor Anker liegenden Schiffe angezeigt, daß am 19. April die Blokade beginnen werde, und daß sich daher, wer überhaupt will, bei Zeiten entfernen möge. Noch aber ist von keinem Einzigen die Anzeige seiner Abreise eingegangen; die Regierung dagegen hat bereits alle nöthigen Vorsichtsmaßregeln ergriffen.

* Rom, 15. April.

Die gestrige Sitzung der Constuante war von außerordentlichem Interesse. Mazzini hielt in ihr eine denkwürdige Rede, worin er die Lage Italiens ausmalte, und mit dem Aufrufe schloß, daß zwei Millionen Menschen ihr Haupt nicht vor fremden Tyrannen beugen dürften. Eine sofort ernannte Kommission stellte noch in derselben Sitzung folgenden Antrag, der auch alsbald zum Beschluß erhoben wurde. Derselbe lautet:

"Die römische Republik, Heimath und Schutzwall der italenischen Freiheit, wird sich weder ergeben noch transigiren. Die Vertreter und Triumvirn des römischen Volkes schwören dies im Namen Gottes und des Volkes."

Französische Republik.
Paris, 24. April.

Eine telegraphische Depesche aus Marseille 23. April zeigt an, daß das Pabstgeschwader die Hyeres'schen Inseln (die Marseiller und Touloner Flottillen zogen sich dort zusammen) am 22. April Abends 7 Uhr verlassen und die Richtung von Civita-Becchia eingeschlagen habe. Das Meer war ruhig und das Wetter sehr schön.

(Moniteur.)

- Man ist hier in Paris auf die Art des Empfanges in Italien unendlich neugierig.

Die neuesten Berichte aus Wien und Turin haben die Stimmung des Elysee etwas geändert.

- Genoude, der bekannte Redakteur der Gazette de France, ist in Hyeres gestorben, wohin er sich zur Pflege seiner Gesundheit und Wahlkandidatur zurückgezogen hatte.

- Die demokratischen Journale Peuple und Journal de la Vrai Republique wurden gestern auf der Post, in ihren Verlagsbureau's und an allen Straßenecken gerichtlich konfiszirt. Peuple wegen eines Proudhon'schen Codex des gesetzlichen Widerstandes; das Journal de la Vrai Republique wegen eines Angriffs gegen die Männer der fansse Republique, die im Elysee Ministerrath halten.

- Constant Hilbay, Redakteur des Journal des Sansculottes, wurde gestern von der hiesigen Jury wegen einer am 14. Dez. im Impasse St. Marie im Klub gehaltenen Rede zu 18 Monaten und 500 Fr. verurtheilt.

- Ueber den projektirten Nationalbankrott liefert die neueste Nummer des Journ. de Rouen folgende neue Thatsache: "...Eines Abends, gegen 10 Uhr, war die provisorische Regierung im großen blauen Saale des Finanzministeriums in der Rue de Rivoli versammelt. Es war dies das erste Mal, daß sich die provisorische Regierung nicht im Stadthause versammelte. Flocon fehlte, Ledru-Rollin kam erst später; Goudchaux hatte sein Finanzportefeuille eben niedergelegt; alle übrigen Glieder der provisorischen Regierung saßen um die Tafel; nur Bethmont, damals Handesminister, stand aufrecht am Kamin. Er erhielt das Wort, um die Lage des Handels auseinanderzusetzen und die Mittel zur Abhülfe der Stockung vorzuschlagen. Alle seine Vorschläge liefen auf sofortige Einstellung aller Staatszahlungen hinaus. Als er diesen Punkt berührte, wurde ihm sofort das Wort: "Das ist Bankrott!" zugerufen. Ein Mitglied der provisorischen Regierung sagte unterbrechend: "Mitbürger, in sechs bis zwölf Monaten wird sich im nothwendigen Verlauf der Dinge eine Reaktion gegen die Republikaner, gegen uns, erheben. Die Royalisten, vom ersten Schrecken erholt, werden agitiren. Lasse man ihnen nicht das Wort Bankrott als Waffe, die sie gegen uns richten würden." Bethmont bestand auf der Einstellung aller Zahlungen. So oft er aber dieses Wort aussprach, erhob sich dasselbe Mitglied der Versammlung, um ihn zu unterbrechen. "Verwerfen Sie meinetwegen alle meine Vorschläge," erwiederte Bethmont, "aber gönnen Sie meinen Finanzanträgen doch wenigstens die Gerechtigkeit einer kalten Debatte, denn sie kommen von einem kompetenten Manne her (von Fould?)." Aber die Versammlung blieb ungeduldig und wollte den Handelsminister nicht aussprechen lassen. Da nahm Marie, damaliger Justizminister und Erfinder der Nationalwerkstätten das Wort und sagte: "Ich will den Bankrott ebensowenig als Sie, Mitbürger, aber ich bitte Sie, unserm Kollegen doch Gehör zu schenken. Wenn man Ihnen eine Serie von wichtigen Finanzvorschlägen machte, so müssen Sie ernstlich über ihren Werth oder Unwerth urtheilen und sie nicht mit den Füßen zurückstoßen, ohne sie vorher geprüft zu haben."

- Im Konferenzsaale wird so eben der Tod des Admirals Leroy gemeldet.

- Am Fraternitätssaal der Rue Martel sah es gestern Abend 11 Uhr sehr kriegerisch aus. Bajonet an Bajonet, Kopf an Kopf, doch kam es zu keinem Kampfe zwischen Truppen und Proletariat. Der Hergang ist folgender:

"Am 22. April Vormittags traten sämmtliche Delegirte der demokratischen Wahlausschüsse des Seine-Departements im Fraternitätssaale zusammen, um die Liste der demokratischen Kandidaten für die nächste Kammer zu entwerfen. Um 8 Uhr Morgens eröffnete der demokratisch-sozialistische Wahlausschuß-Vorstand die Sitzung. Die Namen der eingesandten Kandidaten waren überaus zahlreich. Einundsechszig Namen wurden in Erwägung gezogen. Ueber jeden einzelnen Kandidaten wurde die Diskussion eröffnet und abgestimmt. Die Abstimmungszettel ergaben die Anwesenheit von 186 Delegirten. Zwanzig Kandidaten gingen mit absolutem Mehr durch; bei den nächstfolgenden sechs Kandidaten mußte die Abstimmung erneuert werden. Zwei Kandidaten wurden für die

Hierzu eine Beilage.

regeln nicht auch gleich auf ganz Holstein und das dänische und Schleswig-Holsteinische Oberpostamt in Hamburg ausgedehnt hat!

Folgende Thatsache mag als Beispiel von der Anwendung der obigen Maßregel dienen:

Ein Wiener Flüchtling, seines Handwerks ein Metzger, lebte längere Zeit in Altona und Hamburg, da aber seine Ezistenzmittel auf die Neige gingen, entschloß er sich nach Rendsburg zu gehen, um dort eine Stelle als Armeeschlachter zu erhalten. Er ließ seinen Paß in aller Form visiren und reiste fort. Da man ihm in Rendsburg sagte, daß das Kriegsdepartement in Schleswig sei, so ging er dahin, um auch da zu erfahren, daß von Seiten des Kriegsdepartements keine Armeeschlachter angestellt würden, daß er sich vielmehr an die Lieferanten wenden müsse, denen das Ganze übertragen sei. Der Wiener mußte also weiter nach dem Norden. Vorher ließ er seinen Paß in Schleswig wieder visiren, Alles wie es nur eine kaiserl. Russische Polizei verlangen kann. Ebenso in Flensburg, um nach Apenrade zu gehen. In Apenrade versteht man das Ding aber anders; ein Wiener Flüchtling muß Demokrat sein; man sperrt ihn ein und nimmt ihm seinen Paß ab. Er bittet, man möge ihn mit dem Polizeimeister sprechen lassen: Nein! nur mit Gensdarmen und den andern Polizisten darf er verkehren. Zwei Tage sitzt er in einem stinkigen Loche, mit noch andern Spionen oder Spitzbuben, denn dafür hielt man ihn, zusammen. Da kommen die Dänen und rücken gegen Apenrade vor. Man nimmt also den Wiener Flüchtling, ergo Demokraten, ergo Däne und Spion, und transportirt ihn gebunden mit den andern Gefangenen nach Flensburg. Hier muß er brummen ohne verhört zu werden ‒ bis die Dänen aus Apenrade wieder vertrieben. Die Polizisten gingen wieder nach Apenrade, also mußten ihre Opfer auch wieder mit. Man nimmt den Wiener Flüchtling, der in Gedanken schon statthalterlich Schleswig-Holsteinischer oder des heil röm. Reiches Armeeschlachter zu sein glaubte und transportirt ihn wieder nach Apenrade, läßt ihn hier noch mehrere Tage im Gefängniß vegetiren, und stellt ihm dann, ohne ihn nur verhört zu haben, einen Zwangspaß aus, durch den er gezwungen wird, wieder nach Altona zurückzukehren.

313 Schleswig-Holstein, 23. April.

Jetzt, nach dem großen Eckernförder „Wassersieg“, über den die Kieler Lakaienzeitung sogar ein unsterbliches Rattenvergiftungsmittel in Versen bringt, nach Erstürmung der Düppeler Schanzen und dem Einmarsch unserer Truppen in Jütland wird's mit einem Male wieder heller Tag für die bisher so besorgten Bourgeois und die Falten in den Gesichtern der „redlichen“ Geschäftsmänner beginnen sich zu glätten. Wenn die Reichsgensd'armen um uns aushalten und den Dänen auf seine Inseln jagen, dann ist alle Aussicht vorhanden, daß die „Seeräubereien“ von dem Landraub unterdrückt und die Wasserstraßen wieder den legal-friedlichen Räubereien des Handels geöffnet werden. Der Präsident der Lakritzenverkäufer- und Seifensiedergesellschaft in Schleswig, Marcus Tullius Bergum, reibt sich schmunzelnd die Hände und fängt an, seine Berliner Reise „um des Kaisers Bart“ zu verschmerzen und sich mit dem Schicksal zu versöhnen, das ihn um ein offizielles deutsch-preußisch-kaiserlich-königliches Diner gebracht hat. Die ganze hohe Landesversammlung ist ein einziger, anständig gemäßigter Jubel. Aber da soll sich auch, obgleich das „Reich“ an Kammern und Ständeversammlungen Etwas aufzuweisen hat, noch erst eine Congregation finden, die sich an Farb- und Charakterlosigkeit, an feiger und juchtenmäßiger Gesinnung mit der Schleswig-Holsteinischen Landesversammlung messen kann. Unter diesen hundert Männern findet sich auch nicht einmal eine irgend nur hervorragende Persönlichkeit. Die Minister, eingefleischte Bureaukraten und zum Theil unter der Zucht des hier wohlbekannten Verräthers Scheel herangewachsen, haben jener Landesversammlung gegenüber natürlich leichtes Spiel. Und so ist denn die Betreibung keiner „noblen Passion“ hier so leicht, wie die des Regierens, woraus sich auch erklärt, daß der wohlhabende Fondscollecteur Beseler sein Regierungsmüthchen jetzt schon zum zweiten Male kühlt. Die erste „provisorische“ herzoglich-augustenburgische Regierungsclique konnte ungescheut in die öffentlichen Gelder greifen, so viel sie wollte und ihren Anhängern Sinekuren geben, die Landesversammlung machte stets den servilsten Katzenbuckel; die zweite „gemeinsame“ Regierung mit ihrem Windischgrätz in Civil, dem Grafen Reventlow-Jersbeck an der Spitze, konnte im Angesicht des Volks wagen, den König von Dänemark der Treue des Landes zu versichern ‒ wofür dieser ihr einen wohlverdienten Fußtritt applicirte ‒ die Landesversammlung gab ihr durch allgemeines Aufstehen ihren Dank und ihre Zustimmung, also ihr Einverständniß mit dem Landesverrath, zu erkennen, als sie der jetzigen Statthalterschaft, dem berüchtigten Duumvirat Platz machte. Ja, sie standen alle auf, diese Lichter der Welt und dankten der Sonne, daß sie nicht ausgeputzt wurden.

Auch Olshausen, der bleiche Schwärmer für die sanft heraufkeimende Zukunft mit den gebratenen Tauben und dem ewigen Frieden, hatte keins seiner sarkastischen, oft bleischweren Worte, diesem schnöden, verrätherischen Danke als ein Gewicht des Volksgrolls anzuhängen. Olshausen ist aber das gerade Gegentheil von Allem, was zur That gehört; er will immer Alles, insofern und je nachdem, er läßt es aber immer bei den Entwürfen bewenden, die sich freilich schaarenweise bei ihm in stiller Nacht wie die Katzen begatten, von denen aber nicht Eins Junge wirft. So ist es denn auch mit seinem Kampf für die unglücklichen „Inster“ (die man anderwärts ihrer Behandlung sehr entsprechend auch Köter nennt) bei dem ersten Anlauf geblieben, wo ihm gleich von Noer grimmig entgegenschmunzte, und die Sache ist über den heiligen Bourgeoisieinteressen, wie Kanalzollintraden, Schweineausfuhr u. s. w. liegen geblieben.

Ein Faktum für manche andere, um ein grelles Schlaglicht auf die hiesige Regierungs- und Volksvertretungswirthschaft zu werfen. Das „gemeinsame“ Gouvernement ließ den alten Advokaten Bauditz in Rendsburg des Hochverraths anklagen, weil derselbe in einer Zeitung vorgeschlagen hatte, den noch immer „unfrei“ regierenden Herzog auf ordentliche Weise durch das Volk der Krone verlustig erklären zu lassen. Bauditz ist noch gegenwärtig in strenger Kriminaluntersuchung, und die Schleswig-Holsteinischen Truppen marschiren durch Jütland, bereit den „unfreien“ Herzog zu fangen oder zu erschießen, wo sie ihn finden. Einige Doktrinärs zweifeln auch gar nicht daran, daß Bauditz zum Tode verurtheilt wird und dann nur von dem „unfreien“ Herzog, gegen den wir Krieg führen, oder in seinem Namen von der Statthalterschaft, die uns mit der Regierung überzogen hat, begnadigt werden kann. Wir haben hier mehrere private und öffentliche Irrenanstalten, aber hätten Sie das gedacht?

Auf die große Eckernförder Kriegsthat giebt man hier im Volke viel weniger, wie im übrigen Deutschland, wo man vor Meer und vor Schiffen einen gewaltigen Respekt zu haben scheint, und am wenigsten stolz sind die armen Kanoniere selbst, die, wie sie selbst sagen, nur das Verdienst hatten, sich nicht „verblüffen“ zu lassen. Als sie von den Belohnungen hörten, die ihnen das dankbare deutsche Vaterland noch zudächte, äußerten sie sehr naiv, wenn sie um etwas bitten dürften, so wäre es um die Befreiung ihrer braven Kameraden aus dem Zuchthaus, wohin sie im vorigen Jahre geschickt wurden, weil sie eine demokratische Adresse an das preußische Militär gerichtet hatten. Die armen demokratischen Kanoniere müssen aber gewiß noch viele Fregatten erobern und in die Luft sprengen, ehe sie diesen Lohn erhalten.

* Stuttgart, 23. April.

Der Schwabenkönig zeigt jetzt praktisch das „Spiel der konstitutionellen Gewalten.“ Er erläßt Dekrete an seine Minister, die von Niemanden kontrasiguirt sind; noch mehr er publizirt Proklamationen ans Volk und kein Minister unterzeichnet sie. So hat er heute folgende Ansprache erlassen:

„Würtemderger! Seit 32 Jahren habe Ich die Geschicke unseres gemeinschaftlichen Vaterlandes gelenkt, habe ich nur Einen Gedanken, nur Eine Aufgabe, die Eurer steigenden Wohlfahrt und Zufriedenheit verfolgt! In ernsten und in guten Tagen habt Ihr Mir vielfache Beweise Eures Vertrauens und Eurer Liebe gegeben, habt Ihr ein Beispiel von Eintracht zwischen Fürst und Volk geliefert, welches der Ruhm des Landes bei unsern Nachbarn und zugleich Mein Stolz, so wie das beständige Ziel aller Meiner Regierungsmühen war.

Würtemberger! die Zeiten sind ernst, das Vaterland, das gemeinschaftliche, wie das besondere, ist von vielen und großen Gefahren bedroht. Mehr als je gilt es, daß wir fest und einträchtig Hand in Hand gehen.

Wie Ihr, will auch Ich ein großes, einiges und starkes Deutschland. Ich werde jedes Opfer freudig zu Gunsten eines so gemeinnützigen Zieles bringen. Wo es das wahre Wohl des gemeinschaftlichen Vaterlandes gilt, müssen alle Interessen, die großen wie die kleinen schweigen.

Die Nationalversammlung hat das Verfassungswerk ihrerseits vollendet, allein Ihr wißt, daß zwischen ihr und den größeren Regierungen Deutschlands zur Zeit noch eine Nichtverständigung über diesen hochwichtigen Gegenstand besteht. Ich für meine Person habe eine solche Verwickelung in keiner Weise herbeigeführt; da sie aber leider vorhanden ist, so gebieten Klugheit und Vorsicht, so erheischen das wahre Wohl und eine gesicherte Zukunft unseres Vaterlandes, daß wir die Entwickelung derselben mit Ruhe und Zuversicht abwarten. Verlaßt Euch auf Mein Fürstenwort, es ist weder für Euch, noch für Deutschland keinerlei Gefahr in einem solchen Verzug. Eine vorschnelle Entschlußnahme von unserer Seite würde im Gegentheil die friedliche Lösung der Frage eher verhindern und verzögern, als beenden und fördern. Ohnedieß kann und wird die Ungewißheit darüber nicht lange mehr andauern.

Würtemberger, vertraut Eurem Könige, der es wohl mit Euch meint; mißtraut den Einflüssen und den Reden aller Ehrgeizigen und aller Wühler, die sich selbst und Euch auf den Weg des Verderbens führen würden.

Es lebe die deutsche Einigkeit und die allseitig friedfertige, ruhige Lösung des Reichsverfassungswerkes.

Wilhelm.

Stuttgart, 23. April.

Die heutige Sitzung der Abgeordneten-Kammer eröffnet der Präsident mit den Worten, daß, wenn es je Aufgabe deutscher Männer war, auf den Boden des Gesetzes, der Besonnenheit, aber auch des Muthes sich zu stellen, so sey dies jetzt Aufgabe der Kammer. Im Laufe dieser Nacht habe Se. Majestät sich bewogen gefunden, auf einige Zeit nach Ludwigsburg abzureisen, wohin die Minister die laufenden Geschäfte abzuschicken beauftragt worden seyen. Zugleich hat der König heute eine Proklamation erlassen, welche zu verlesen ich für angemessen ‒ (großer Lärm, Protestation).

Beiel: Vor Allem sollten wir von den Ministern eine offizielle Auskunft über diese Proklamation verlangen.

Zwerger: Dieses sogenannte Aktenstück existirt für uns nicht, kein Minister vertritt es; wir wissen nicht einmal, von wem es ausgeht. Aber wir müssen wissen, ob noch eine Regierung besteht oder nicht. Die Minister haben seit drei Tagen erklärt, daß sie ihre Entlassung geben. Es scheint, die Minister sind außer Aktivität gesetzt. Wir müssen dem Zustande der Ungewißheit ein Ende machen. Das Land muß regiert werden. Die Kammer soll eine Kommission von 10 Mitgliedern niedersetzen, welche fortwährend berathet und Anträge stellt, dann soll die Kammer eine Ansprache an das Land erlassen, und die Lage des Vaterlandes schildern.

Präsident: Ich habe den Aufruf bloß verlesen wollen, ohne denselben als offizielles Aktenstück anzuerkennen.

Nach längerer Debatte läßt der Präsident die Adressen, welche in der deutschen Sache eingekommen sind, zur Kenntniß bringen. Viele Abgeordnete kündigen ähnliche Adressen an. Der Abgeordnete Winter verliest eine Adresse aus Heidenheim; solche kündigen an und erstatten Bericht über die Stimmung ihrer Gegend.

Becher: Auch vom Oberlande sind Deputationen, und zwar von Bauern hier, welche um unbedingte Anerkennung der deutschen Verfassung bitten. Sofort wird der Zwerger'sche Antrag auf eine Kommission zu fortlaufender Beurtheilung und Berichterstattung über den Stand der Angelegenheiten angenommen.

Präsident: Ich habe so eben einer Sitzung des Ministerraths einige Augenblicke angewohnt, und es ist mir dort mitgetheilt worden, daß das Ministerium eine wiederholte dringende Bitte an Se. k. Maj. gestellt habe, worin die Lage des Vaterlandes dargestellt ist. Darin ist gebeten, die Minister sogleich zu entlassen, wenn der König dem Wunsche des Volkes nicht nachgebe. Sofort wird die Sitzung ausgesetzt und, wenn nicht die Kommission noch frühern Zusammentritt für nöthig hält, um 5 Uhr wieder aufgenommen. Der Fünfzehner Ausschuß tritt alsdann zusammen.

Die Aufregung in unserer Stadt war am gestrigen Sonntage sehr groß. Versammlungen folgten auf Versammlungen, so Nachmittags vom Volksverein. Ein Anschlag rief die Jugend Stuttgarts zu einer Versammlung bei P. Kolb, wo das frühere Jugendbanner neue Constituirnng beschloß. Die Organisirung fand noch im Laufe des Abends Statt. Abends beriethen die Offiziere der Bürgerwehr wegen ihrer nunmehr verwais'ten Führerstelle. Die Straßen waren außerordentlich lebhaft, zahlreiche Gruppen waren insbesondere auf dem Marktplatze. Nirgends wurde jedoch die Ruhe gestört. ‒ Heute ist die Abreise Sr. Majestät und der königlichen Familie nach Ludwigsburg, was die allgemeinste Aufregung hervorbrachte. ‒ Ein Plakat an allen Straßenecken theilt allem Volke die Stockmar'schen Kammerbeschlüsse mit.

Frankfurt, 25. April.

Der König von Würtemberg hat in Alles gewilligt, selbst in die Oberhauptsfrage. Beschlossen war von Seiten der zweiten Kammer in Verbindung mit dem Ministerium: eine Regentschaft zu ernennen, die erste Kammer aber aufzulösen für den Fall, daß der König nicht nachgäbe.

Die Minister, die sich zum Könige nach Ludwigsburg begeben hatten, erhielten folgende Erklärung:

„Se. Maj. der König von Würtemberg nimmt in Uebereinstimmung mit seinen Ministern die deutsche Reichsverfassung, einschließlich des Kapitels über die Oberhauptsfrage und der im Sinne dieser Verfassung zu verwirklichenden Lösung derselben sammt dem Reichswahlgesetze, unter der sich von selbst verstehenden Voraussetzung an, daß dieselbe in Deutschland in Wirksamkeit trete. Zugleich soll der würtembergische Bevollmächtigte in Frankfurt dahin instruirt werden, daß die würtembergische Regierung nichts dagegen einzuwenden habe, wenn Se. Maj. der König von Preußen, welcher das Erbkaiserthum nicht annehmen will, unter den vorliegenden Umständen für jetzt mit Zustimmung der deutschen Nationalversammlung an die Spitze Deutschlands sich stellen wird. Ludwigsburg, 24. April 1849. Wilhelm.

Italien.

* Die über Marseille aus Livorno angelangten Nachrichten gehen bis zum 15. April. An diesem Tage waren die Stadtthore geschlossen und die Municipalität hatte sämmtliche Bürger zu den Waffen gerufen. Im Augenblick, wo das Dampfschiff nach Marseille abfuhr, hörte man Generalmarsch schlagen und mit allen Glocken Sturm läuten.

Der östreichische General Kolowrat befand sich am 15. April mit seiner Kolonne in Fosdinovo. Die östreichische Avantgarde rückt gegen Carrara vor.

Wie es heißt, ist die Untersuchung gegen den Verräther Ramorino geschlossen. Er soll des Ungehorsams gegen die Befehle des Kommandirenden überführt und für schuldig erklärt worden sein.

Die „Concordia“ behauptet, es werde im Turiner Kabinet eine Aenderung stattfinden, weil mehrere Minister sich gegen die exorbitanten Forderungen Oestreichs ausgesprochen haben.

Turin, 20. April.

Ein Kabinetsbefehl vom 16. April löst die Bürgerwehr in Genua auf. Ramorino's Prozeß ist noch nicht zu Ende. Er soll des Ungehorsams gegen seine Obern überführt sein und deshalb verurtheilt werden. Die Concordia spricht wieder stark von Ministerwechsel.

* Florenz, 16. April.

Der östreichische Vortrab steht bereits in der Nähe von Carrara. Die Sekretäre der französischen und englischen Gesandtschaft, welche sich im Namen der neuen Ordnung der Dinge in das östreichische Hauptquartier begaben, fanden den General Kolowrat zu Fosdinovo. Sie brachten den besorgten Florentinern Bourgeoishunden die Hoffnung mit, daß die östreichischen Plünderungsbestien das toskanische Gebiet nicht verletzen werden.

Livorno erhält die Republik aufrecht und hat sich bis an die Zähne bewaffnet. Diese Hafenstadt will mit der Republik leben oder fallen.

* Venedig, 11. April.

Die fremden Gesandten haben den Schiffspatronen der in den venetianischen Gewässern vor Anker liegenden Schiffe angezeigt, daß am 19. April die Blokade beginnen werde, und daß sich daher, wer überhaupt will, bei Zeiten entfernen möge. Noch aber ist von keinem Einzigen die Anzeige seiner Abreise eingegangen; die Regierung dagegen hat bereits alle nöthigen Vorsichtsmaßregeln ergriffen.

* Rom, 15. April.

Die gestrige Sitzung der Constuante war von außerordentlichem Interesse. Mazzini hielt in ihr eine denkwürdige Rede, worin er die Lage Italiens ausmalte, und mit dem Aufrufe schloß, daß zwei Millionen Menschen ihr Haupt nicht vor fremden Tyrannen beugen dürften. Eine sofort ernannte Kommission stellte noch in derselben Sitzung folgenden Antrag, der auch alsbald zum Beschluß erhoben wurde. Derselbe lautet:

„Die römische Republik, Heimath und Schutzwall der italenischen Freiheit, wird sich weder ergeben noch transigiren. Die Vertreter und Triumvirn des römischen Volkes schwören dies im Namen Gottes und des Volkes.“

Französische Republik.
Paris, 24. April.

Eine telegraphische Depesche aus Marseille 23. April zeigt an, daß das Pabstgeschwader die Hyeres'schen Inseln (die Marseiller und Touloner Flottillen zogen sich dort zusammen) am 22. April Abends 7 Uhr verlassen und die Richtung von Civita-Becchia eingeschlagen habe. Das Meer war ruhig und das Wetter sehr schön.

(Moniteur.)

‒ Man ist hier in Paris auf die Art des Empfanges in Italien unendlich neugierig.

Die neuesten Berichte aus Wien und Turin haben die Stimmung des Elysée etwas geändert.

‒ Genoude, der bekannte Redakteur der Gazette de France, ist in Hyëres gestorben, wohin er sich zur Pflege seiner Gesundheit und Wahlkandidatur zurückgezogen hatte.

‒ Die demokratischen Journale Peuple und Journal de la Vrai Republique wurden gestern auf der Post, in ihren Verlagsbureau's und an allen Straßenecken gerichtlich konfiszirt. Peuple wegen eines Proudhon'schen Codex des gesetzlichen Widerstandes; das Journal de la Vrai Republique wegen eines Angriffs gegen die Männer der fansse République, die im Elysée Ministerrath halten.

‒ Constant Hilbay, Redakteur des Journal des Sansculottes, wurde gestern von der hiesigen Jury wegen einer am 14. Dez. im Impasse St. Marie im Klub gehaltenen Rede zu 18 Monaten und 500 Fr. verurtheilt.

‒ Ueber den projektirten Nationalbankrott liefert die neueste Nummer des Journ. de Rouen folgende neue Thatsache: „…Eines Abends, gegen 10 Uhr, war die provisorische Regierung im großen blauen Saale des Finanzministeriums in der Rue de Rivoli versammelt. Es war dies das erste Mal, daß sich die provisorische Regierung nicht im Stadthause versammelte. Flocon fehlte, Ledru-Rollin kam erst später; Goudchaux hatte sein Finanzportefeuille eben niedergelegt; alle übrigen Glieder der provisorischen Regierung saßen um die Tafel; nur Bethmont, damals Handesminister, stand aufrecht am Kamin. Er erhielt das Wort, um die Lage des Handels auseinanderzusetzen und die Mittel zur Abhülfe der Stockung vorzuschlagen. Alle seine Vorschläge liefen auf sofortige Einstellung aller Staatszahlungen hinaus. Als er diesen Punkt berührte, wurde ihm sofort das Wort: „Das ist Bankrott!“ zugerufen. Ein Mitglied der provisorischen Regierung sagte unterbrechend: „Mitbürger, in sechs bis zwölf Monaten wird sich im nothwendigen Verlauf der Dinge eine Reaktion gegen die Republikaner, gegen uns, erheben. Die Royalisten, vom ersten Schrecken erholt, werden agitiren. Lasse man ihnen nicht das Wort Bankrott als Waffe, die sie gegen uns richten würden.“ Bethmont bestand auf der Einstellung aller Zahlungen. So oft er aber dieses Wort aussprach, erhob sich dasselbe Mitglied der Versammlung, um ihn zu unterbrechen. „Verwerfen Sie meinetwegen alle meine Vorschläge,“ erwiederte Bethmont, „aber gönnen Sie meinen Finanzanträgen doch wenigstens die Gerechtigkeit einer kalten Debatte, denn sie kommen von einem kompetenten Manne her (von Fould?).“ Aber die Versammlung blieb ungeduldig und wollte den Handelsminister nicht aussprechen lassen. Da nahm Marie, damaliger Justizminister und Erfinder der Nationalwerkstätten das Wort und sagte: „Ich will den Bankrott ebensowenig als Sie, Mitbürger, aber ich bitte Sie, unserm Kollegen doch Gehör zu schenken. Wenn man Ihnen eine Serie von wichtigen Finanzvorschlägen machte, so müssen Sie ernstlich über ihren Werth oder Unwerth urtheilen und sie nicht mit den Füßen zurückstoßen, ohne sie vorher geprüft zu haben.“

‒ Im Konferenzsaale wird so eben der Tod des Admirals Leroy gemeldet.

‒ Am Fraternitätssaal der Rue Martel sah es gestern Abend 11 Uhr sehr kriegerisch aus. Bajonet an Bajonet, Kopf an Kopf, doch kam es zu keinem Kampfe zwischen Truppen und Proletariat. Der Hergang ist folgender:

„Am 22. April Vormittags traten sämmtliche Delegirte der demokratischen Wahlausschüsse des Seine-Departements im Fraternitätssaale zusammen, um die Liste der demokratischen Kandidaten für die nächste Kammer zu entwerfen. Um 8 Uhr Morgens eröffnete der demokratisch-sozialistische Wahlausschuß-Vorstand die Sitzung. Die Namen der eingesandten Kandidaten waren überaus zahlreich. Einundsechszig Namen wurden in Erwägung gezogen. Ueber jeden einzelnen Kandidaten wurde die Diskussion eröffnet und abgestimmt. Die Abstimmungszettel ergaben die Anwesenheit von 186 Delegirten. Zwanzig Kandidaten gingen mit absolutem Mehr durch; bei den nächstfolgenden sechs Kandidaten mußte die Abstimmung erneuert werden. Zwei Kandidaten wurden für die

Hierzu eine Beilage.

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          <p><pb facs="#f0004" n="1598"/>
regeln nicht auch gleich auf ganz Holstein und das <hi rendition="#g">dänische</hi> und Schleswig-Holsteinische Oberpostamt in Hamburg ausgedehnt hat!</p>
          <p>Folgende Thatsache mag als Beispiel von der Anwendung der obigen Maßregel dienen:</p>
          <p>Ein Wiener Flüchtling, seines Handwerks ein Metzger, lebte längere Zeit in Altona und Hamburg, da aber seine Ezistenzmittel auf die Neige gingen, entschloß er sich nach Rendsburg zu gehen, um dort eine Stelle als Armeeschlachter zu erhalten. Er ließ seinen Paß in aller Form visiren und reiste fort. Da man ihm in Rendsburg sagte, daß das Kriegsdepartement in Schleswig sei, so ging er dahin, um auch da zu erfahren, daß von Seiten des Kriegsdepartements keine Armeeschlachter angestellt würden, daß er sich vielmehr an die Lieferanten wenden müsse, denen das Ganze übertragen sei. Der Wiener mußte also weiter nach dem Norden. Vorher ließ er seinen Paß in Schleswig wieder visiren, Alles wie es nur eine kaiserl. Russische Polizei verlangen kann. Ebenso in Flensburg, um nach Apenrade zu gehen. In Apenrade versteht man das Ding aber anders; ein Wiener Flüchtling muß Demokrat sein; man sperrt ihn ein und nimmt ihm seinen Paß ab. Er bittet, man möge ihn mit dem Polizeimeister sprechen lassen: Nein! nur mit Gensdarmen und den andern Polizisten darf er verkehren. Zwei Tage sitzt er in einem stinkigen Loche, mit noch andern Spionen oder Spitzbuben, denn dafür hielt man ihn, zusammen. Da kommen die Dänen und rücken gegen Apenrade vor. Man nimmt also den Wiener Flüchtling, ergo Demokraten, ergo Däne und Spion, und transportirt ihn gebunden mit den andern Gefangenen nach Flensburg. Hier muß er brummen ohne verhört zu werden &#x2012; bis die Dänen aus Apenrade wieder vertrieben. Die Polizisten gingen wieder nach Apenrade, also mußten ihre Opfer auch wieder mit. Man nimmt den Wiener Flüchtling, der in Gedanken schon statthalterlich Schleswig-Holsteinischer oder des heil röm. Reiches Armeeschlachter zu sein glaubte und transportirt ihn wieder nach Apenrade, läßt ihn hier noch mehrere Tage im Gefängniß vegetiren, und stellt ihm dann, ohne ihn nur verhört zu haben, einen Zwangspaß aus, durch den er gezwungen wird, wieder nach Altona zurückzukehren.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>313</author></bibl> Schleswig-Holstein, 23. April.</head>
          <p>Jetzt, nach dem großen Eckernförder &#x201E;Wassersieg&#x201C;, über den die Kieler Lakaienzeitung sogar ein unsterbliches Rattenvergiftungsmittel in Versen bringt, nach Erstürmung der Düppeler Schanzen und dem Einmarsch unserer Truppen in Jütland wird's mit einem Male wieder heller Tag für die bisher so besorgten Bourgeois und die Falten in den Gesichtern der &#x201E;redlichen&#x201C; Geschäftsmänner beginnen sich zu glätten. Wenn die Reichsgensd'armen um uns aushalten und den Dänen auf seine Inseln jagen, dann ist alle Aussicht vorhanden, daß die &#x201E;Seeräubereien&#x201C; von dem Landraub unterdrückt und die Wasserstraßen wieder den legal-friedlichen Räubereien des Handels geöffnet werden. Der Präsident der Lakritzenverkäufer- und Seifensiedergesellschaft in Schleswig, Marcus Tullius Bergum, reibt sich schmunzelnd die Hände und fängt an, seine Berliner Reise &#x201E;um des Kaisers Bart&#x201C; zu verschmerzen und sich mit dem Schicksal zu versöhnen, das ihn um ein offizielles deutsch-preußisch-kaiserlich-königliches Diner gebracht hat. Die ganze hohe Landesversammlung ist ein einziger, anständig gemäßigter Jubel. Aber da soll sich auch, obgleich das &#x201E;Reich&#x201C; an Kammern und Ständeversammlungen Etwas aufzuweisen hat, noch erst eine Congregation finden, die sich an Farb- und Charakterlosigkeit, an feiger und juchtenmäßiger Gesinnung mit der Schleswig-Holsteinischen Landesversammlung messen kann. Unter diesen hundert Männern findet sich auch nicht einmal eine irgend nur hervorragende Persönlichkeit. Die Minister, eingefleischte Bureaukraten und zum Theil unter der Zucht des hier wohlbekannten Verräthers <hi rendition="#g">Scheel</hi> herangewachsen, haben jener Landesversammlung gegenüber natürlich leichtes Spiel. Und so ist denn die Betreibung keiner &#x201E;noblen Passion&#x201C; hier so leicht, wie die des Regierens, woraus sich auch erklärt, daß der wohlhabende Fondscollecteur Beseler sein Regierungsmüthchen jetzt schon zum zweiten Male kühlt. Die erste &#x201E;provisorische&#x201C; herzoglich-augustenburgische Regierungsclique konnte ungescheut in die öffentlichen Gelder greifen, so viel sie wollte und ihren Anhängern Sinekuren geben, die Landesversammlung machte stets den servilsten Katzenbuckel; die zweite &#x201E;gemeinsame&#x201C; Regierung mit ihrem Windischgrätz in Civil, dem Grafen Reventlow-Jersbeck an der Spitze, konnte im Angesicht des Volks wagen, den König von Dänemark der Treue des Landes zu versichern &#x2012; wofür dieser ihr einen wohlverdienten Fußtritt applicirte &#x2012; die Landesversammlung gab ihr durch allgemeines Aufstehen ihren Dank und ihre Zustimmung, also ihr Einverständniß mit dem Landesverrath, zu erkennen, als sie der jetzigen Statthalterschaft, dem berüchtigten Duumvirat Platz machte. Ja, sie standen alle auf, diese Lichter der Welt und dankten der Sonne, daß sie nicht ausgeputzt wurden.</p>
          <p>Auch Olshausen, der bleiche Schwärmer für die sanft heraufkeimende Zukunft mit den gebratenen Tauben und dem ewigen Frieden, hatte keins seiner sarkastischen, oft bleischweren Worte, diesem schnöden, verrätherischen Danke als ein Gewicht des Volksgrolls anzuhängen. Olshausen ist aber das gerade Gegentheil von Allem, was zur That gehört; er will immer Alles, insofern und je nachdem, er läßt es aber immer bei den Entwürfen bewenden, die sich freilich schaarenweise bei ihm in stiller Nacht wie die Katzen begatten, von denen aber nicht Eins Junge wirft. So ist es denn auch mit seinem Kampf für die unglücklichen &#x201E;Inster&#x201C; (die man anderwärts ihrer Behandlung sehr entsprechend auch Köter nennt) bei dem ersten Anlauf geblieben, wo ihm gleich von Noer grimmig entgegenschmunzte, und die Sache ist über den heiligen Bourgeoisieinteressen, wie Kanalzollintraden, Schweineausfuhr u. s. w. liegen geblieben.</p>
          <p>Ein Faktum für manche andere, um ein grelles Schlaglicht auf die hiesige Regierungs- und Volksvertretungswirthschaft zu werfen. Das &#x201E;gemeinsame&#x201C; Gouvernement ließ den alten Advokaten Bauditz in Rendsburg des <hi rendition="#g">Hochverraths</hi> anklagen, weil derselbe in einer Zeitung vorgeschlagen hatte, den noch immer &#x201E;unfrei&#x201C; regierenden Herzog auf ordentliche Weise durch das Volk der Krone verlustig erklären zu lassen. <hi rendition="#g">Bauditz ist noch gegenwärtig in strenger Kriminaluntersuchung,</hi> und die Schleswig-Holsteinischen Truppen marschiren durch Jütland, bereit den &#x201E;unfreien&#x201C; Herzog zu fangen oder zu erschießen, wo sie ihn finden. Einige Doktrinärs zweifeln auch gar nicht daran, daß Bauditz zum Tode verurtheilt wird und dann nur von dem &#x201E;unfreien&#x201C; Herzog, gegen den wir Krieg führen, oder in seinem Namen von der Statthalterschaft, die uns mit der Regierung überzogen hat, begnadigt werden kann. Wir haben hier mehrere private und öffentliche Irrenanstalten, aber hätten Sie das gedacht?</p>
          <p>Auf die große Eckernförder Kriegsthat giebt man hier im Volke viel weniger, wie im übrigen Deutschland, wo man vor Meer und vor Schiffen einen gewaltigen Respekt zu haben scheint, und am wenigsten stolz sind die armen Kanoniere selbst, die, wie sie selbst sagen, nur das Verdienst hatten, sich nicht &#x201E;verblüffen&#x201C; zu lassen. Als sie von den Belohnungen hörten, die ihnen das dankbare deutsche Vaterland noch zudächte, äußerten sie sehr naiv, wenn sie um etwas bitten dürften, so wäre es um die Befreiung ihrer braven Kameraden aus dem Zuchthaus, wohin sie im vorigen Jahre geschickt wurden, weil sie eine demokratische Adresse an das preußische Militär gerichtet hatten. Die armen demokratischen Kanoniere müssen aber gewiß noch viele Fregatten erobern und in die Luft sprengen, ehe sie diesen Lohn erhalten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar283_025" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Stuttgart, 23. April.</head>
          <p>Der Schwabenkönig zeigt jetzt praktisch das &#x201E;Spiel der konstitutionellen Gewalten.&#x201C; Er erläßt Dekrete an seine Minister, die von Niemanden kontrasiguirt sind; noch mehr er publizirt Proklamationen ans Volk und kein Minister unterzeichnet sie. So hat er heute folgende Ansprache erlassen:</p>
          <p>&#x201E;Würtemderger! Seit 32 Jahren habe Ich die Geschicke unseres gemeinschaftlichen Vaterlandes gelenkt, habe ich nur Einen Gedanken, nur Eine Aufgabe, die Eurer steigenden Wohlfahrt und Zufriedenheit verfolgt! In ernsten und in guten Tagen habt Ihr Mir vielfache Beweise Eures Vertrauens und Eurer Liebe gegeben, habt Ihr ein Beispiel von Eintracht zwischen Fürst und Volk geliefert, welches der Ruhm des Landes bei unsern Nachbarn und zugleich Mein Stolz, so wie das beständige Ziel aller Meiner Regierungsmühen war.</p>
          <p>Würtemberger! die Zeiten sind ernst, das Vaterland, das gemeinschaftliche, wie das besondere, ist von vielen und großen Gefahren bedroht. Mehr als je gilt es, daß wir fest und einträchtig Hand in Hand gehen.</p>
          <p>Wie Ihr, will auch Ich ein großes, einiges und starkes Deutschland. Ich werde jedes Opfer freudig zu Gunsten eines so gemeinnützigen Zieles bringen. Wo es das wahre Wohl des gemeinschaftlichen Vaterlandes gilt, müssen alle Interessen, die großen wie die kleinen schweigen.</p>
          <p>Die Nationalversammlung hat das Verfassungswerk ihrerseits vollendet, allein Ihr wißt, daß zwischen ihr und den größeren Regierungen Deutschlands zur Zeit noch eine Nichtverständigung über diesen hochwichtigen Gegenstand besteht. Ich für meine Person habe eine solche Verwickelung in keiner Weise herbeigeführt; da sie aber leider vorhanden ist, so gebieten Klugheit und Vorsicht, so erheischen das wahre Wohl und eine gesicherte Zukunft unseres Vaterlandes, daß wir die Entwickelung derselben mit Ruhe und Zuversicht abwarten. Verlaßt Euch auf Mein Fürstenwort, es ist weder für Euch, noch für Deutschland keinerlei Gefahr in einem solchen Verzug. Eine vorschnelle Entschlußnahme von unserer Seite würde im Gegentheil die friedliche Lösung der Frage eher verhindern und verzögern, als beenden und fördern. Ohnedieß kann und wird die Ungewißheit darüber nicht lange mehr andauern.</p>
          <p>Würtemberger, vertraut Eurem Könige, der es wohl mit Euch meint; mißtraut den Einflüssen und den Reden aller Ehrgeizigen und aller Wühler, die sich selbst und Euch auf den Weg des Verderbens führen würden.</p>
          <p>Es lebe die deutsche Einigkeit und die allseitig friedfertige, ruhige Lösung des Reichsverfassungswerkes.</p>
          <p><hi rendition="#g">Wilhelm.</hi>&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar283_026" type="jArticle">
          <head>Stuttgart, 23. April.</head>
          <p>Die heutige Sitzung der Abgeordneten-Kammer eröffnet der Präsident mit den Worten, daß, wenn es je Aufgabe deutscher Männer war, auf den Boden des Gesetzes, der Besonnenheit, aber auch des Muthes sich zu stellen, so sey dies jetzt Aufgabe der Kammer. Im Laufe dieser Nacht habe Se. Majestät sich bewogen gefunden, auf einige Zeit nach Ludwigsburg abzureisen, wohin die Minister die laufenden Geschäfte abzuschicken beauftragt worden seyen. Zugleich hat der König heute eine Proklamation erlassen, welche zu verlesen ich für angemessen &#x2012; (großer Lärm, Protestation).</p>
          <p><hi rendition="#g">Beiel:</hi> Vor Allem sollten wir von den Ministern eine offizielle Auskunft über diese Proklamation verlangen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Zwerger:</hi> Dieses sogenannte Aktenstück existirt für uns nicht, kein Minister vertritt es; wir wissen nicht einmal, von wem es ausgeht. Aber wir müssen wissen, ob noch eine Regierung besteht oder nicht. Die Minister haben seit drei Tagen erklärt, daß sie ihre Entlassung geben. Es scheint, die Minister sind außer Aktivität gesetzt. Wir müssen dem Zustande der Ungewißheit ein Ende machen. Das Land muß regiert werden. Die Kammer soll eine Kommission von 10 Mitgliedern niedersetzen, welche fortwährend berathet und Anträge stellt, dann soll die Kammer eine Ansprache an das Land erlassen, und die Lage des Vaterlandes schildern.</p>
          <p><hi rendition="#g">Präsident:</hi> Ich habe den Aufruf bloß verlesen wollen, ohne denselben als offizielles Aktenstück anzuerkennen.</p>
          <p>Nach längerer Debatte läßt der Präsident die Adressen, welche in der deutschen Sache eingekommen sind, zur Kenntniß bringen. Viele Abgeordnete kündigen ähnliche Adressen an. Der Abgeordnete <hi rendition="#g">Winter</hi> verliest eine Adresse aus Heidenheim; solche kündigen an und erstatten Bericht über die Stimmung ihrer Gegend.</p>
          <p><hi rendition="#g">Becher:</hi> Auch vom Oberlande sind Deputationen, und zwar von Bauern hier, welche um unbedingte Anerkennung der deutschen Verfassung bitten. Sofort wird der Zwerger'sche Antrag auf eine Kommission zu fortlaufender Beurtheilung und Berichterstattung über den Stand der Angelegenheiten angenommen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Präsident:</hi> Ich habe so eben einer Sitzung des Ministerraths einige Augenblicke angewohnt, und es ist mir dort mitgetheilt worden, daß das Ministerium eine wiederholte dringende Bitte an Se. k. Maj. gestellt habe, worin die Lage des Vaterlandes dargestellt ist. Darin ist gebeten, die Minister sogleich zu entlassen, wenn der König dem Wunsche des Volkes nicht nachgebe. Sofort wird die Sitzung ausgesetzt und, wenn nicht die Kommission noch frühern Zusammentritt für nöthig hält, um 5 Uhr wieder aufgenommen. Der Fünfzehner Ausschuß tritt alsdann zusammen.</p>
          <p>Die Aufregung in unserer Stadt war am gestrigen Sonntage sehr groß. Versammlungen folgten auf Versammlungen, so Nachmittags vom Volksverein. Ein Anschlag rief die Jugend Stuttgarts zu einer Versammlung bei P. Kolb, wo das frühere Jugendbanner neue Constituirnng beschloß. Die Organisirung fand noch im Laufe des Abends Statt. Abends beriethen die Offiziere der Bürgerwehr wegen ihrer nunmehr verwais'ten Führerstelle. Die Straßen waren außerordentlich lebhaft, zahlreiche Gruppen waren insbesondere auf dem Marktplatze. Nirgends wurde jedoch die Ruhe gestört. &#x2012; Heute ist die Abreise Sr. Majestät und der königlichen Familie nach Ludwigsburg, was die allgemeinste Aufregung hervorbrachte. &#x2012; Ein Plakat an allen Straßenecken theilt allem Volke die Stockmar'schen Kammerbeschlüsse mit.</p>
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          <p>Die Minister, die sich zum Könige nach Ludwigsburg begeben hatten, erhielten folgende Erklärung:</p>
          <p>&#x201E;Se. Maj. der König von Würtemberg nimmt in Uebereinstimmung mit seinen Ministern die deutsche Reichsverfassung, einschließlich des Kapitels über die Oberhauptsfrage und der im Sinne dieser Verfassung zu verwirklichenden Lösung derselben sammt dem Reichswahlgesetze, unter der sich von selbst verstehenden Voraussetzung an, daß dieselbe in Deutschland in Wirksamkeit trete. Zugleich soll der würtembergische Bevollmächtigte in Frankfurt dahin instruirt werden, daß die würtembergische Regierung nichts dagegen einzuwenden habe, wenn Se. Maj. der König von Preußen, welcher das Erbkaiserthum nicht annehmen will, unter den vorliegenden Umständen für jetzt mit Zustimmung der deutschen Nationalversammlung an die Spitze Deutschlands sich stellen wird. Ludwigsburg, 24. April 1849. <hi rendition="#g">Wilhelm.</hi>&#x201C;</p>
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          <p>Der östreichische General Kolowrat befand sich am 15. April mit seiner Kolonne in Fosdinovo. Die östreichische Avantgarde rückt gegen Carrara vor.</p>
          <p>Wie es heißt, ist die Untersuchung gegen den Verräther Ramorino geschlossen. Er soll des Ungehorsams gegen die Befehle des Kommandirenden überführt und für schuldig erklärt worden sein.</p>
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          <head>Paris, 24. April.</head>
          <p>Eine telegraphische Depesche aus Marseille 23. April zeigt an, daß das Pabstgeschwader die Hyeres'schen Inseln (die Marseiller und Touloner Flottillen zogen sich dort zusammen) am 22. April Abends 7 Uhr verlassen und die Richtung von Civita-Becchia eingeschlagen habe. Das Meer war ruhig und das Wetter sehr schön.</p>
          <bibl>(Moniteur.)</bibl>
          <p>&#x2012; Man ist hier in Paris auf die Art des Empfanges in Italien unendlich neugierig.</p>
          <p>Die neuesten Berichte aus Wien und Turin haben die Stimmung des Elysée etwas geändert.</p>
          <p>&#x2012; Genoude, der bekannte Redakteur der Gazette de France, ist in Hyëres gestorben, wohin er sich zur Pflege seiner Gesundheit und Wahlkandidatur zurückgezogen hatte.</p>
          <p>&#x2012; Die demokratischen Journale Peuple und Journal de la Vrai Republique wurden gestern auf der Post, in ihren Verlagsbureau's und an allen Straßenecken gerichtlich konfiszirt. Peuple wegen eines Proudhon'schen Codex des gesetzlichen Widerstandes; das Journal de la Vrai Republique wegen eines Angriffs gegen die Männer der fansse République, die im Elysée Ministerrath halten.</p>
          <p>&#x2012; Constant Hilbay, Redakteur des Journal des Sansculottes, wurde gestern von der hiesigen Jury wegen einer am 14. Dez. im Impasse St. Marie im Klub gehaltenen Rede zu 18 Monaten und 500 Fr. verurtheilt.</p>
          <p>&#x2012; Ueber den projektirten Nationalbankrott liefert die neueste Nummer des Journ. de Rouen folgende neue Thatsache: &#x201E;&#x2026;Eines Abends, gegen 10 Uhr, war die provisorische Regierung im großen blauen Saale des Finanzministeriums in der Rue de Rivoli versammelt. Es war dies das erste Mal, daß sich die provisorische Regierung nicht im Stadthause versammelte. Flocon fehlte, Ledru-Rollin kam erst später; Goudchaux hatte sein Finanzportefeuille eben niedergelegt; alle übrigen Glieder der provisorischen Regierung saßen um die Tafel; nur Bethmont, damals Handesminister, stand aufrecht am Kamin. Er erhielt das Wort, um die Lage des Handels auseinanderzusetzen und die Mittel zur Abhülfe der Stockung vorzuschlagen. Alle seine Vorschläge liefen auf sofortige Einstellung aller Staatszahlungen hinaus. Als er diesen Punkt berührte, wurde ihm sofort das Wort: &#x201E;Das ist Bankrott!&#x201C; zugerufen. Ein Mitglied der provisorischen Regierung sagte unterbrechend: &#x201E;Mitbürger, in sechs bis zwölf Monaten wird sich im nothwendigen Verlauf der Dinge eine Reaktion gegen die Republikaner, gegen uns, erheben. Die Royalisten, vom ersten Schrecken erholt, werden agitiren. Lasse man ihnen nicht das Wort Bankrott als Waffe, die sie gegen uns richten würden.&#x201C; Bethmont bestand auf der Einstellung aller Zahlungen. So oft er aber dieses Wort aussprach, erhob sich dasselbe Mitglied der Versammlung, um ihn zu unterbrechen. &#x201E;Verwerfen Sie meinetwegen alle meine Vorschläge,&#x201C; erwiederte Bethmont, &#x201E;aber gönnen Sie meinen Finanzanträgen doch wenigstens die Gerechtigkeit einer kalten Debatte, denn sie kommen von einem kompetenten Manne her (von Fould?).&#x201C; Aber die Versammlung blieb ungeduldig und wollte den Handelsminister nicht aussprechen lassen. Da nahm Marie, damaliger Justizminister und Erfinder der Nationalwerkstätten das Wort und sagte: &#x201E;Ich will den Bankrott ebensowenig als Sie, Mitbürger, aber ich bitte Sie, unserm Kollegen doch Gehör zu schenken. Wenn man Ihnen eine Serie von wichtigen Finanzvorschlägen machte, so müssen Sie ernstlich über ihren Werth oder Unwerth urtheilen und sie nicht mit den Füßen zurückstoßen, ohne sie vorher geprüft zu haben.&#x201C;</p>
          <p>&#x2012; Im Konferenzsaale wird so eben der Tod des Admirals Leroy gemeldet.</p>
          <p>&#x2012; Am Fraternitätssaal der Rue Martel sah es gestern Abend 11 Uhr sehr kriegerisch aus. Bajonet an Bajonet, Kopf an Kopf, doch kam es zu keinem Kampfe zwischen Truppen und Proletariat. Der Hergang ist folgender:</p>
          <p>&#x201E;Am 22. April Vormittags traten sämmtliche Delegirte der demokratischen Wahlausschüsse des Seine-Departements im Fraternitätssaale zusammen, um die Liste der demokratischen Kandidaten für die nächste Kammer zu entwerfen. Um 8 Uhr Morgens eröffnete der demokratisch-sozialistische Wahlausschuß-Vorstand die Sitzung. Die Namen der eingesandten Kandidaten waren überaus zahlreich. Einundsechszig Namen wurden in Erwägung gezogen. Ueber jeden einzelnen Kandidaten wurde die Diskussion eröffnet und abgestimmt. Die Abstimmungszettel ergaben die Anwesenheit von 186 Delegirten. Zwanzig Kandidaten gingen mit absolutem Mehr durch; bei den nächstfolgenden sechs Kandidaten mußte die Abstimmung erneuert werden. Zwei Kandidaten wurden für die</p>
          <p>
            <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref>
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[1598/0004] regeln nicht auch gleich auf ganz Holstein und das dänische und Schleswig-Holsteinische Oberpostamt in Hamburg ausgedehnt hat! Folgende Thatsache mag als Beispiel von der Anwendung der obigen Maßregel dienen: Ein Wiener Flüchtling, seines Handwerks ein Metzger, lebte längere Zeit in Altona und Hamburg, da aber seine Ezistenzmittel auf die Neige gingen, entschloß er sich nach Rendsburg zu gehen, um dort eine Stelle als Armeeschlachter zu erhalten. Er ließ seinen Paß in aller Form visiren und reiste fort. Da man ihm in Rendsburg sagte, daß das Kriegsdepartement in Schleswig sei, so ging er dahin, um auch da zu erfahren, daß von Seiten des Kriegsdepartements keine Armeeschlachter angestellt würden, daß er sich vielmehr an die Lieferanten wenden müsse, denen das Ganze übertragen sei. Der Wiener mußte also weiter nach dem Norden. Vorher ließ er seinen Paß in Schleswig wieder visiren, Alles wie es nur eine kaiserl. Russische Polizei verlangen kann. Ebenso in Flensburg, um nach Apenrade zu gehen. In Apenrade versteht man das Ding aber anders; ein Wiener Flüchtling muß Demokrat sein; man sperrt ihn ein und nimmt ihm seinen Paß ab. Er bittet, man möge ihn mit dem Polizeimeister sprechen lassen: Nein! nur mit Gensdarmen und den andern Polizisten darf er verkehren. Zwei Tage sitzt er in einem stinkigen Loche, mit noch andern Spionen oder Spitzbuben, denn dafür hielt man ihn, zusammen. Da kommen die Dänen und rücken gegen Apenrade vor. Man nimmt also den Wiener Flüchtling, ergo Demokraten, ergo Däne und Spion, und transportirt ihn gebunden mit den andern Gefangenen nach Flensburg. Hier muß er brummen ohne verhört zu werden ‒ bis die Dänen aus Apenrade wieder vertrieben. Die Polizisten gingen wieder nach Apenrade, also mußten ihre Opfer auch wieder mit. Man nimmt den Wiener Flüchtling, der in Gedanken schon statthalterlich Schleswig-Holsteinischer oder des heil röm. Reiches Armeeschlachter zu sein glaubte und transportirt ihn wieder nach Apenrade, läßt ihn hier noch mehrere Tage im Gefängniß vegetiren, und stellt ihm dann, ohne ihn nur verhört zu haben, einen Zwangspaß aus, durch den er gezwungen wird, wieder nach Altona zurückzukehren. 313 Schleswig-Holstein, 23. April. Jetzt, nach dem großen Eckernförder „Wassersieg“, über den die Kieler Lakaienzeitung sogar ein unsterbliches Rattenvergiftungsmittel in Versen bringt, nach Erstürmung der Düppeler Schanzen und dem Einmarsch unserer Truppen in Jütland wird's mit einem Male wieder heller Tag für die bisher so besorgten Bourgeois und die Falten in den Gesichtern der „redlichen“ Geschäftsmänner beginnen sich zu glätten. Wenn die Reichsgensd'armen um uns aushalten und den Dänen auf seine Inseln jagen, dann ist alle Aussicht vorhanden, daß die „Seeräubereien“ von dem Landraub unterdrückt und die Wasserstraßen wieder den legal-friedlichen Räubereien des Handels geöffnet werden. Der Präsident der Lakritzenverkäufer- und Seifensiedergesellschaft in Schleswig, Marcus Tullius Bergum, reibt sich schmunzelnd die Hände und fängt an, seine Berliner Reise „um des Kaisers Bart“ zu verschmerzen und sich mit dem Schicksal zu versöhnen, das ihn um ein offizielles deutsch-preußisch-kaiserlich-königliches Diner gebracht hat. Die ganze hohe Landesversammlung ist ein einziger, anständig gemäßigter Jubel. Aber da soll sich auch, obgleich das „Reich“ an Kammern und Ständeversammlungen Etwas aufzuweisen hat, noch erst eine Congregation finden, die sich an Farb- und Charakterlosigkeit, an feiger und juchtenmäßiger Gesinnung mit der Schleswig-Holsteinischen Landesversammlung messen kann. Unter diesen hundert Männern findet sich auch nicht einmal eine irgend nur hervorragende Persönlichkeit. Die Minister, eingefleischte Bureaukraten und zum Theil unter der Zucht des hier wohlbekannten Verräthers Scheel herangewachsen, haben jener Landesversammlung gegenüber natürlich leichtes Spiel. Und so ist denn die Betreibung keiner „noblen Passion“ hier so leicht, wie die des Regierens, woraus sich auch erklärt, daß der wohlhabende Fondscollecteur Beseler sein Regierungsmüthchen jetzt schon zum zweiten Male kühlt. Die erste „provisorische“ herzoglich-augustenburgische Regierungsclique konnte ungescheut in die öffentlichen Gelder greifen, so viel sie wollte und ihren Anhängern Sinekuren geben, die Landesversammlung machte stets den servilsten Katzenbuckel; die zweite „gemeinsame“ Regierung mit ihrem Windischgrätz in Civil, dem Grafen Reventlow-Jersbeck an der Spitze, konnte im Angesicht des Volks wagen, den König von Dänemark der Treue des Landes zu versichern ‒ wofür dieser ihr einen wohlverdienten Fußtritt applicirte ‒ die Landesversammlung gab ihr durch allgemeines Aufstehen ihren Dank und ihre Zustimmung, also ihr Einverständniß mit dem Landesverrath, zu erkennen, als sie der jetzigen Statthalterschaft, dem berüchtigten Duumvirat Platz machte. Ja, sie standen alle auf, diese Lichter der Welt und dankten der Sonne, daß sie nicht ausgeputzt wurden. Auch Olshausen, der bleiche Schwärmer für die sanft heraufkeimende Zukunft mit den gebratenen Tauben und dem ewigen Frieden, hatte keins seiner sarkastischen, oft bleischweren Worte, diesem schnöden, verrätherischen Danke als ein Gewicht des Volksgrolls anzuhängen. Olshausen ist aber das gerade Gegentheil von Allem, was zur That gehört; er will immer Alles, insofern und je nachdem, er läßt es aber immer bei den Entwürfen bewenden, die sich freilich schaarenweise bei ihm in stiller Nacht wie die Katzen begatten, von denen aber nicht Eins Junge wirft. So ist es denn auch mit seinem Kampf für die unglücklichen „Inster“ (die man anderwärts ihrer Behandlung sehr entsprechend auch Köter nennt) bei dem ersten Anlauf geblieben, wo ihm gleich von Noer grimmig entgegenschmunzte, und die Sache ist über den heiligen Bourgeoisieinteressen, wie Kanalzollintraden, Schweineausfuhr u. s. w. liegen geblieben. Ein Faktum für manche andere, um ein grelles Schlaglicht auf die hiesige Regierungs- und Volksvertretungswirthschaft zu werfen. Das „gemeinsame“ Gouvernement ließ den alten Advokaten Bauditz in Rendsburg des Hochverraths anklagen, weil derselbe in einer Zeitung vorgeschlagen hatte, den noch immer „unfrei“ regierenden Herzog auf ordentliche Weise durch das Volk der Krone verlustig erklären zu lassen. Bauditz ist noch gegenwärtig in strenger Kriminaluntersuchung, und die Schleswig-Holsteinischen Truppen marschiren durch Jütland, bereit den „unfreien“ Herzog zu fangen oder zu erschießen, wo sie ihn finden. Einige Doktrinärs zweifeln auch gar nicht daran, daß Bauditz zum Tode verurtheilt wird und dann nur von dem „unfreien“ Herzog, gegen den wir Krieg führen, oder in seinem Namen von der Statthalterschaft, die uns mit der Regierung überzogen hat, begnadigt werden kann. Wir haben hier mehrere private und öffentliche Irrenanstalten, aber hätten Sie das gedacht? Auf die große Eckernförder Kriegsthat giebt man hier im Volke viel weniger, wie im übrigen Deutschland, wo man vor Meer und vor Schiffen einen gewaltigen Respekt zu haben scheint, und am wenigsten stolz sind die armen Kanoniere selbst, die, wie sie selbst sagen, nur das Verdienst hatten, sich nicht „verblüffen“ zu lassen. Als sie von den Belohnungen hörten, die ihnen das dankbare deutsche Vaterland noch zudächte, äußerten sie sehr naiv, wenn sie um etwas bitten dürften, so wäre es um die Befreiung ihrer braven Kameraden aus dem Zuchthaus, wohin sie im vorigen Jahre geschickt wurden, weil sie eine demokratische Adresse an das preußische Militär gerichtet hatten. Die armen demokratischen Kanoniere müssen aber gewiß noch viele Fregatten erobern und in die Luft sprengen, ehe sie diesen Lohn erhalten. * Stuttgart, 23. April. Der Schwabenkönig zeigt jetzt praktisch das „Spiel der konstitutionellen Gewalten.“ Er erläßt Dekrete an seine Minister, die von Niemanden kontrasiguirt sind; noch mehr er publizirt Proklamationen ans Volk und kein Minister unterzeichnet sie. So hat er heute folgende Ansprache erlassen: „Würtemderger! Seit 32 Jahren habe Ich die Geschicke unseres gemeinschaftlichen Vaterlandes gelenkt, habe ich nur Einen Gedanken, nur Eine Aufgabe, die Eurer steigenden Wohlfahrt und Zufriedenheit verfolgt! In ernsten und in guten Tagen habt Ihr Mir vielfache Beweise Eures Vertrauens und Eurer Liebe gegeben, habt Ihr ein Beispiel von Eintracht zwischen Fürst und Volk geliefert, welches der Ruhm des Landes bei unsern Nachbarn und zugleich Mein Stolz, so wie das beständige Ziel aller Meiner Regierungsmühen war. Würtemberger! die Zeiten sind ernst, das Vaterland, das gemeinschaftliche, wie das besondere, ist von vielen und großen Gefahren bedroht. Mehr als je gilt es, daß wir fest und einträchtig Hand in Hand gehen. Wie Ihr, will auch Ich ein großes, einiges und starkes Deutschland. Ich werde jedes Opfer freudig zu Gunsten eines so gemeinnützigen Zieles bringen. Wo es das wahre Wohl des gemeinschaftlichen Vaterlandes gilt, müssen alle Interessen, die großen wie die kleinen schweigen. Die Nationalversammlung hat das Verfassungswerk ihrerseits vollendet, allein Ihr wißt, daß zwischen ihr und den größeren Regierungen Deutschlands zur Zeit noch eine Nichtverständigung über diesen hochwichtigen Gegenstand besteht. Ich für meine Person habe eine solche Verwickelung in keiner Weise herbeigeführt; da sie aber leider vorhanden ist, so gebieten Klugheit und Vorsicht, so erheischen das wahre Wohl und eine gesicherte Zukunft unseres Vaterlandes, daß wir die Entwickelung derselben mit Ruhe und Zuversicht abwarten. Verlaßt Euch auf Mein Fürstenwort, es ist weder für Euch, noch für Deutschland keinerlei Gefahr in einem solchen Verzug. Eine vorschnelle Entschlußnahme von unserer Seite würde im Gegentheil die friedliche Lösung der Frage eher verhindern und verzögern, als beenden und fördern. Ohnedieß kann und wird die Ungewißheit darüber nicht lange mehr andauern. Würtemberger, vertraut Eurem Könige, der es wohl mit Euch meint; mißtraut den Einflüssen und den Reden aller Ehrgeizigen und aller Wühler, die sich selbst und Euch auf den Weg des Verderbens führen würden. Es lebe die deutsche Einigkeit und die allseitig friedfertige, ruhige Lösung des Reichsverfassungswerkes. Wilhelm.“ Stuttgart, 23. April. Die heutige Sitzung der Abgeordneten-Kammer eröffnet der Präsident mit den Worten, daß, wenn es je Aufgabe deutscher Männer war, auf den Boden des Gesetzes, der Besonnenheit, aber auch des Muthes sich zu stellen, so sey dies jetzt Aufgabe der Kammer. Im Laufe dieser Nacht habe Se. Majestät sich bewogen gefunden, auf einige Zeit nach Ludwigsburg abzureisen, wohin die Minister die laufenden Geschäfte abzuschicken beauftragt worden seyen. Zugleich hat der König heute eine Proklamation erlassen, welche zu verlesen ich für angemessen ‒ (großer Lärm, Protestation). Beiel: Vor Allem sollten wir von den Ministern eine offizielle Auskunft über diese Proklamation verlangen. Zwerger: Dieses sogenannte Aktenstück existirt für uns nicht, kein Minister vertritt es; wir wissen nicht einmal, von wem es ausgeht. Aber wir müssen wissen, ob noch eine Regierung besteht oder nicht. Die Minister haben seit drei Tagen erklärt, daß sie ihre Entlassung geben. Es scheint, die Minister sind außer Aktivität gesetzt. Wir müssen dem Zustande der Ungewißheit ein Ende machen. Das Land muß regiert werden. Die Kammer soll eine Kommission von 10 Mitgliedern niedersetzen, welche fortwährend berathet und Anträge stellt, dann soll die Kammer eine Ansprache an das Land erlassen, und die Lage des Vaterlandes schildern. Präsident: Ich habe den Aufruf bloß verlesen wollen, ohne denselben als offizielles Aktenstück anzuerkennen. Nach längerer Debatte läßt der Präsident die Adressen, welche in der deutschen Sache eingekommen sind, zur Kenntniß bringen. Viele Abgeordnete kündigen ähnliche Adressen an. Der Abgeordnete Winter verliest eine Adresse aus Heidenheim; solche kündigen an und erstatten Bericht über die Stimmung ihrer Gegend. Becher: Auch vom Oberlande sind Deputationen, und zwar von Bauern hier, welche um unbedingte Anerkennung der deutschen Verfassung bitten. Sofort wird der Zwerger'sche Antrag auf eine Kommission zu fortlaufender Beurtheilung und Berichterstattung über den Stand der Angelegenheiten angenommen. Präsident: Ich habe so eben einer Sitzung des Ministerraths einige Augenblicke angewohnt, und es ist mir dort mitgetheilt worden, daß das Ministerium eine wiederholte dringende Bitte an Se. k. Maj. gestellt habe, worin die Lage des Vaterlandes dargestellt ist. Darin ist gebeten, die Minister sogleich zu entlassen, wenn der König dem Wunsche des Volkes nicht nachgebe. Sofort wird die Sitzung ausgesetzt und, wenn nicht die Kommission noch frühern Zusammentritt für nöthig hält, um 5 Uhr wieder aufgenommen. Der Fünfzehner Ausschuß tritt alsdann zusammen. Die Aufregung in unserer Stadt war am gestrigen Sonntage sehr groß. Versammlungen folgten auf Versammlungen, so Nachmittags vom Volksverein. Ein Anschlag rief die Jugend Stuttgarts zu einer Versammlung bei P. Kolb, wo das frühere Jugendbanner neue Constituirnng beschloß. Die Organisirung fand noch im Laufe des Abends Statt. Abends beriethen die Offiziere der Bürgerwehr wegen ihrer nunmehr verwais'ten Führerstelle. Die Straßen waren außerordentlich lebhaft, zahlreiche Gruppen waren insbesondere auf dem Marktplatze. Nirgends wurde jedoch die Ruhe gestört. ‒ Heute ist die Abreise Sr. Majestät und der königlichen Familie nach Ludwigsburg, was die allgemeinste Aufregung hervorbrachte. ‒ Ein Plakat an allen Straßenecken theilt allem Volke die Stockmar'schen Kammerbeschlüsse mit. Frankfurt, 25. April. Der König von Würtemberg hat in Alles gewilligt, selbst in die Oberhauptsfrage. Beschlossen war von Seiten der zweiten Kammer in Verbindung mit dem Ministerium: eine Regentschaft zu ernennen, die erste Kammer aber aufzulösen für den Fall, daß der König nicht nachgäbe. Die Minister, die sich zum Könige nach Ludwigsburg begeben hatten, erhielten folgende Erklärung: „Se. Maj. der König von Würtemberg nimmt in Uebereinstimmung mit seinen Ministern die deutsche Reichsverfassung, einschließlich des Kapitels über die Oberhauptsfrage und der im Sinne dieser Verfassung zu verwirklichenden Lösung derselben sammt dem Reichswahlgesetze, unter der sich von selbst verstehenden Voraussetzung an, daß dieselbe in Deutschland in Wirksamkeit trete. Zugleich soll der würtembergische Bevollmächtigte in Frankfurt dahin instruirt werden, daß die würtembergische Regierung nichts dagegen einzuwenden habe, wenn Se. Maj. der König von Preußen, welcher das Erbkaiserthum nicht annehmen will, unter den vorliegenden Umständen für jetzt mit Zustimmung der deutschen Nationalversammlung an die Spitze Deutschlands sich stellen wird. Ludwigsburg, 24. April 1849. Wilhelm.“ Italien. * Die über Marseille aus Livorno angelangten Nachrichten gehen bis zum 15. April. An diesem Tage waren die Stadtthore geschlossen und die Municipalität hatte sämmtliche Bürger zu den Waffen gerufen. Im Augenblick, wo das Dampfschiff nach Marseille abfuhr, hörte man Generalmarsch schlagen und mit allen Glocken Sturm läuten. Der östreichische General Kolowrat befand sich am 15. April mit seiner Kolonne in Fosdinovo. Die östreichische Avantgarde rückt gegen Carrara vor. Wie es heißt, ist die Untersuchung gegen den Verräther Ramorino geschlossen. Er soll des Ungehorsams gegen die Befehle des Kommandirenden überführt und für schuldig erklärt worden sein. Die „Concordia“ behauptet, es werde im Turiner Kabinet eine Aenderung stattfinden, weil mehrere Minister sich gegen die exorbitanten Forderungen Oestreichs ausgesprochen haben. Turin, 20. April. Ein Kabinetsbefehl vom 16. April löst die Bürgerwehr in Genua auf. Ramorino's Prozeß ist noch nicht zu Ende. Er soll des Ungehorsams gegen seine Obern überführt sein und deshalb verurtheilt werden. Die Concordia spricht wieder stark von Ministerwechsel. * Florenz, 16. April. Der östreichische Vortrab steht bereits in der Nähe von Carrara. Die Sekretäre der französischen und englischen Gesandtschaft, welche sich im Namen der neuen Ordnung der Dinge in das östreichische Hauptquartier begaben, fanden den General Kolowrat zu Fosdinovo. Sie brachten den besorgten Florentinern Bourgeoishunden die Hoffnung mit, daß die östreichischen Plünderungsbestien das toskanische Gebiet nicht verletzen werden. Livorno erhält die Republik aufrecht und hat sich bis an die Zähne bewaffnet. Diese Hafenstadt will mit der Republik leben oder fallen. * Venedig, 11. April. Die fremden Gesandten haben den Schiffspatronen der in den venetianischen Gewässern vor Anker liegenden Schiffe angezeigt, daß am 19. April die Blokade beginnen werde, und daß sich daher, wer überhaupt will, bei Zeiten entfernen möge. Noch aber ist von keinem Einzigen die Anzeige seiner Abreise eingegangen; die Regierung dagegen hat bereits alle nöthigen Vorsichtsmaßregeln ergriffen. * Rom, 15. April. Die gestrige Sitzung der Constuante war von außerordentlichem Interesse. Mazzini hielt in ihr eine denkwürdige Rede, worin er die Lage Italiens ausmalte, und mit dem Aufrufe schloß, daß zwei Millionen Menschen ihr Haupt nicht vor fremden Tyrannen beugen dürften. Eine sofort ernannte Kommission stellte noch in derselben Sitzung folgenden Antrag, der auch alsbald zum Beschluß erhoben wurde. Derselbe lautet: „Die römische Republik, Heimath und Schutzwall der italenischen Freiheit, wird sich weder ergeben noch transigiren. Die Vertreter und Triumvirn des römischen Volkes schwören dies im Namen Gottes und des Volkes.“ Französische Republik. Paris, 24. April. Eine telegraphische Depesche aus Marseille 23. April zeigt an, daß das Pabstgeschwader die Hyeres'schen Inseln (die Marseiller und Touloner Flottillen zogen sich dort zusammen) am 22. April Abends 7 Uhr verlassen und die Richtung von Civita-Becchia eingeschlagen habe. Das Meer war ruhig und das Wetter sehr schön. (Moniteur.) ‒ Man ist hier in Paris auf die Art des Empfanges in Italien unendlich neugierig. Die neuesten Berichte aus Wien und Turin haben die Stimmung des Elysée etwas geändert. ‒ Genoude, der bekannte Redakteur der Gazette de France, ist in Hyëres gestorben, wohin er sich zur Pflege seiner Gesundheit und Wahlkandidatur zurückgezogen hatte. ‒ Die demokratischen Journale Peuple und Journal de la Vrai Republique wurden gestern auf der Post, in ihren Verlagsbureau's und an allen Straßenecken gerichtlich konfiszirt. Peuple wegen eines Proudhon'schen Codex des gesetzlichen Widerstandes; das Journal de la Vrai Republique wegen eines Angriffs gegen die Männer der fansse République, die im Elysée Ministerrath halten. ‒ Constant Hilbay, Redakteur des Journal des Sansculottes, wurde gestern von der hiesigen Jury wegen einer am 14. Dez. im Impasse St. Marie im Klub gehaltenen Rede zu 18 Monaten und 500 Fr. verurtheilt. ‒ Ueber den projektirten Nationalbankrott liefert die neueste Nummer des Journ. de Rouen folgende neue Thatsache: „…Eines Abends, gegen 10 Uhr, war die provisorische Regierung im großen blauen Saale des Finanzministeriums in der Rue de Rivoli versammelt. Es war dies das erste Mal, daß sich die provisorische Regierung nicht im Stadthause versammelte. Flocon fehlte, Ledru-Rollin kam erst später; Goudchaux hatte sein Finanzportefeuille eben niedergelegt; alle übrigen Glieder der provisorischen Regierung saßen um die Tafel; nur Bethmont, damals Handesminister, stand aufrecht am Kamin. Er erhielt das Wort, um die Lage des Handels auseinanderzusetzen und die Mittel zur Abhülfe der Stockung vorzuschlagen. Alle seine Vorschläge liefen auf sofortige Einstellung aller Staatszahlungen hinaus. Als er diesen Punkt berührte, wurde ihm sofort das Wort: „Das ist Bankrott!“ zugerufen. Ein Mitglied der provisorischen Regierung sagte unterbrechend: „Mitbürger, in sechs bis zwölf Monaten wird sich im nothwendigen Verlauf der Dinge eine Reaktion gegen die Republikaner, gegen uns, erheben. Die Royalisten, vom ersten Schrecken erholt, werden agitiren. Lasse man ihnen nicht das Wort Bankrott als Waffe, die sie gegen uns richten würden.“ Bethmont bestand auf der Einstellung aller Zahlungen. So oft er aber dieses Wort aussprach, erhob sich dasselbe Mitglied der Versammlung, um ihn zu unterbrechen. „Verwerfen Sie meinetwegen alle meine Vorschläge,“ erwiederte Bethmont, „aber gönnen Sie meinen Finanzanträgen doch wenigstens die Gerechtigkeit einer kalten Debatte, denn sie kommen von einem kompetenten Manne her (von Fould?).“ Aber die Versammlung blieb ungeduldig und wollte den Handelsminister nicht aussprechen lassen. Da nahm Marie, damaliger Justizminister und Erfinder der Nationalwerkstätten das Wort und sagte: „Ich will den Bankrott ebensowenig als Sie, Mitbürger, aber ich bitte Sie, unserm Kollegen doch Gehör zu schenken. Wenn man Ihnen eine Serie von wichtigen Finanzvorschlägen machte, so müssen Sie ernstlich über ihren Werth oder Unwerth urtheilen und sie nicht mit den Füßen zurückstoßen, ohne sie vorher geprüft zu haben.“ ‒ Im Konferenzsaale wird so eben der Tod des Admirals Leroy gemeldet. ‒ Am Fraternitätssaal der Rue Martel sah es gestern Abend 11 Uhr sehr kriegerisch aus. Bajonet an Bajonet, Kopf an Kopf, doch kam es zu keinem Kampfe zwischen Truppen und Proletariat. Der Hergang ist folgender: „Am 22. April Vormittags traten sämmtliche Delegirte der demokratischen Wahlausschüsse des Seine-Departements im Fraternitätssaale zusammen, um die Liste der demokratischen Kandidaten für die nächste Kammer zu entwerfen. Um 8 Uhr Morgens eröffnete der demokratisch-sozialistische Wahlausschuß-Vorstand die Sitzung. Die Namen der eingesandten Kandidaten waren überaus zahlreich. Einundsechszig Namen wurden in Erwägung gezogen. Ueber jeden einzelnen Kandidaten wurde die Diskussion eröffnet und abgestimmt. Die Abstimmungszettel ergaben die Anwesenheit von 186 Delegirten. Zwanzig Kandidaten gingen mit absolutem Mehr durch; bei den nächstfolgenden sechs Kandidaten mußte die Abstimmung erneuert werden. Zwei Kandidaten wurden für die Hierzu eine Beilage.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 283. Köln, 27. April 1849, S. 1598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz283_1849/4>, abgerufen am 19.04.2024.