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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 288. Köln, 3. Mai 1849.

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Koblenz, 1. Mai.

Auf den Batterieen, in den Magazinen und Depots ist Seitens unseres Militärkommando's augenblicklich eine große Thätigkeit bemerkbar, daher das Gerücht von einer Armirung unserer Festungswerke wahrscheinlich wird. Auch hat man schon damit begonnen, Geschütze auf die Wälle zu fahren und die Munitionshäuser an den Wallgräben zu versehen. Wagen mit Pulver und Kugeln fahren den ganzen Tag durch die Straßen der Stadt und über die Brücke nach dem Ehrenbreitstein, und in dem Laboratorium werden eine Menge Granaten und Shrappnels gefüllt. Heute trifft auch die im vorigen Sommer von hier nach der französischen Gränze detachirte Batterie der 8. Brigade wieder hier ein, und soll dieselbe in die Werke der Veste Kaiser Franz (Petersberg) gelegt werden. Es bestätigt sich, daß das auf dem Marsche von Mainz nach Jülich befindlich gewesene 2. Bataillon des 29. Infanterieregiments Gegenbefehl erhielt und nun in Oberwesel, Bacharach und Umgegend einstweilen verbleiben wird. Auch sind gestern und heute sehr viele Rekruten eingetroffen, von welchen ein großer Theil bei der Artillerie eingestellt wurde und die andern zu ihrem Sammelplatz nach St. Goar sich begaben, von wo sie nach Mainz abmarschiren sollen.

(Nh.- u. M.-Z.)
103 Krefeld, 1. Mai.

Die neueste "rettende That" unseres Standrechtsministeriums hat endlich auch hier ihre Früchte getragen. Das Brandenburgische dreimalige "Niemals" war es, was unsere Krämerseelen und Seidenwürmer zuerst vor den Kopf stieß. Mit Ausnahme der Mitglieder des Preußenvereines, denen natürlich Alles, was der Gottbegnadete thut, wohlgethan ist, erregte diese so lange zurückgehaltene Erklärung allgemeine Unzufriedenheit, und man hörte schon häufig den ci-devant deutschen Kaiser mit eben nicht schmeichelhaften Beiworten belegen. Indeß hätte sich dieses Mißvergnügen wohl bald wieder gelegt, wenn nicht Manteuffel dafür gesorgt hätte, daß der Funke zur Flamme wurde. Die Auflösung der Kammer, das niederträchtige Metzeln unter dem wehrlosen Volke hat unserem seidenumsponnenen Philister endlich die Augen geöffnet, und mit Schrecken sieht er, was er selbst zu erwarten hat von der väterlichen Huld und Liebe des Gottbegnadeten und seiner raubritterlichen Clique. Sein eigenes Ich kommt in Gefahr, er ermannt sich: und so erlebten wir gestern das in Krefeld gewiß noch nie dagewesene Schauspiel, daß wohl tausend Männer unter Absingen der Marseillaise durch die Straßen zogen und der Republik ein mehrmaliges Hoch brachten. Kein "Junker," kein Bourgeois-Gardist wagte dieser Demonstration entgegenzutreten.

Auf heute Abend ist eine Volksversammlung angesagt, wo, wie ich höre, namentlich die Landwehrmänner mit der Erklärung auftreten wollen, daß sie die deutsche Verfassung aufs Entschiedenste vertheidigen, dagegen den Befehlen der jetzigen Regierung nicht gehorchen würden. Auch beabsichtigt man einen Zug en masse nach Düsseldorf zu machen, um von der dortigen Regierung zu verlangen, dem Gottbegnadeten von der gefährlichen Stimmung seiner Allergetreuesten Nachricht zu geben. Wie naiv! Kennen denn die Leute noch nicht jenen Kernspruch: "Bist du Gottes Sohn, so hilf dir selbst?"

* Berlin, 30. April.

Wie man die unangenehmste Errungenschaft des März, wie man das allgemeine Wahlrecht ändern soll, das ist die Frage, welche Minister und geheime Rathgeber des Königs am meisten beschäftigt. Es laufen natürlich merkwürdige Gerüchte daruber um, es scheint aber als sei man selbst in diesen höchsten Regionen noch nicht einig, was zu thun. Man sieht einerseits, daß das jetzige System mit dem allgemeinen Wahlrecht nicht bestehen kann, es ist auf der andern Seite schwer, die religiösen Bedenken des Königs über heilige Versprechungen und dergl. mehr zu überwinden.

Eine Fraction der jetzt regierenden Parthei, welcher z. B. der Finanzminister v. Rabe angehört, ist der Ansicht, man müsse es noch einmal mit dem alten Wahlmodus versuchen und nur durch die gewöhnlichen constitutionellen Mittel der Corruption, durch Bestechung sowohl als durch die Perspective lohnender Aemter eine fügsamere Kammer zu erlangen sich bestreben. Andere wollen dagegen eine genauere und strengere Interpretation des Wortes "selbstständig". Man glaubt mit Recht, daß man dadurch den Census umgeht ohne durch den gehässigen Anstrich eines solchen zu leiden. Die Versprechungen des Königs, wird ferner gesagt, sind dann nicht verletzt, das allgemeine Wahlrecht besteht nach wie vor.

Aehnlich räsonnirt die Partei, welche zu den homöopathischen Wahlkuren ihre Zuflucht nehmen will, wie sie Graf Arnim-Boitzenburg in seiner bekannten Brochüre dargelegt hat. Das Volk wird in zwei Wahlklassen getheilt und es wählen die Besitzlosen erst Wahlmänner, welche gleiche Rechte mit den Urwählern der besitzenden Klasse haben und mit diesen zusammen die eigentlichen Wahlmänner zur Wahl der Abgeordneten bestimmen. Oder man theilt das ganze Volk nach den direkten Steuersätzen in mehrere Klassen, deren jede eine gleiche Anzahl Wahlmänner wählt, so daß die Höchstbesteuerten schon an und für sich Wahlmänner sind.

Endlich ist, wie wir aus sicherer Quelle erfahren, noch ein Projekt aufgestellt worden und soll, so hört man, sehr viel Beifall und Billigung gefunden haben, so daß wir vielleicht gerade für diesen Modus sehr viel Aussicht hätten. Die Wahlmänner müssen bekanntlich in dem Wahlbezirk ihren Wohnsitz haben. Das klingt ganz ungefährlich, ja man wird es dadurch plausible machen, daß man dem Volk sagt, nur die, welche unter ihm wohnten, könnten seine Interessen wahrnehmen. Einerseits aber wird der Weg zu weiteren, die Wahl beschränkenden Maßregeln gerade hierdurch sehr leicht gemacht, andererseits sind eine Anzahl politisch bekannter Männer ausgeschlossen, welche das Unglück haben in reactionaren Orten zu wohnen. Wir erinnern nur an Jacobi, Reuter, Rodbertus, Ziegler u. A.

Wenn man auch hoffen d rf, daß das Volk schon vor der Wahl ein unparlamentarisches Veto einlegt, so wird es doch die Pflicht der Presse sein, auf die vielen Schlingen und Fallen aufmerksam zu machen, die man ihm zur Wahl zu legen denkt.

Es ist in mehreren Blättern erzählt worden, die Mitglieder der Linken in der weiland II. Kammer hätten Ausweisungsbefehle erhalten. Wir können versichern, daß das nicht wahr ist. Eine große Anzahl der Abg. befinden sich noch immer hier. Mit Bucher ist auch Reuter nach Frankfurt a. M. gegangen.

Wir sagten schon, daß das Ministerium in seinem Schooße die Energie und die Kraft nicht gefunden hat, deren es bedurfte, um die Schritte der letzten Tage zu thun, daß derselbe Mann, welcher schon im Novbr. v. J. die Fäden der Contrerevolution in der Hand hielt und die Drahtpuppen nach seinem Gutdünken leitete, daß Hr. Radowitz das Orakel des Hofes auch jetzt wieder gewesen ist.

Am Abend des Mittwoch kam Radowitz hier an und wurde sogleich vom König zur Audienz gezogen. Er brachte die Nachrichten aus Frankfurt mit, welche energische Beschlüsse erwarten ließen und gab den Rath, der Kammern sich zu entledigen, um ungehindert handeln zu können und alsdann mit Frankfurt zu brechen. In beiden Angelegenheiten ist man ihm gefolgt, die gestrige Note an Herrn Camphausen, der also schmählicherweise noch immer der Bevollmächtigte dieses Ministeriums ist, hat gezeigt, daß Preußen entschlossen in, die März Revolution mit Stumpf und Stiel auszurotten. Radowitz steht in genauester Verbindung mit der ganzen, ultramontanen Partei überhaupt und besonders mit dem Jesuiten General Pater Roothan.

Es ist eigenthümlich, daß das Volk dem Militär bis jetzt noch keinen eigentlichen Widerstand entgegengestellt hat, ja daß es bis jetzt noch nicht ein Mal dahin gekommen ist, daß die Leute bewaffnet erschienen. Die Behörden erwarten indessen bald einen bedeutenden Losbruch und haben alle ihre Vorkehrungen getroffen. "Die Kugeln sind im Gewehr, die Schwerdter scharf geschliffen!" Wrangel erwartet mit Sehnsucht den Augenblick, in welchem er sich neue Rittersporen verdienen kann.

Sollte es in Berlin zum Kampfe kommen, so dürften sich die Verhältnisse jetzt ganz anders gestalten als am 18. März.

Der König ist nicht in Berlin.

Der General Wrangel st ganz der rohe, brutale Corporal, dem es gleichgültig sein wird, ob er die ganze Stadt zusammenschießt und Tausende massakrirt, wenn nur Ruhe und Ordnung wieder hergestellt wird. Die Lorbeeren des Windischgrätz ließen ihn schon lange nicht schlafen.

Man hat endlich 20,000 Mann Soldaten und etwa 60 Geschütze zur Verfügung, und kann, wenn es nöthig sein sollte, noch Verstärkungen an sich ziehen.

Sollte es also zu früh zum Kampf kommen, so wird Berlin das Schicksal Brescia's oder Genua's erleben. Es würde aber selbst das noch vortheilhafter wirken, als eine zweite Auflage des passiven Widerstandes.

Die geheime Polizei hat jetzt ihre goldenen Tage. Man kann sich hier vor diesen Mouchards gar nicht genug in Acht nehmen und es werden täglich von den ehrenwerthen Freunden Manteuffels und Hinkeldey's neue werthvolle Fänge gemacht. An jedem öffentlichen Orte, in allen Gasthäusern treiben sie sich jetzt herum und wehe dem, dessen Lippen irgend eine unvorsichtige Aeußerung entschlüpft.

Es bestätigt sich immer mehr, daß man mit dem "aimablen" König von Dänemark Frieden a tout prix schließen wird, um völlig freie Hand zu bekommen.

Mit dem Verkauf der "Deutschen Reform" an die Geheime Ober-Hof-Buchdruckerei verhält es sich eigenthümlich. Das Blatt wurde in den höheren Kreisen Oestreichs sehr viel gelesen und war auch recht gut gesinnt, bis auf zwei Fragen, die magyarische und die deutsche. Hr. Prokesch, der östreichische Gesandte, ließ nun unter der Hand eine Menge Actien zu 70% aufkaufen und setzte sich mit dem Minister Arnim in Verbindung, durch dessen Vermittlung es gelang, die bisherige Redaktion zu verdrängen und die Reform zu einem ultraconservativen Blatte zu machen.

Das Project der "Allgem. demokr. Zeitung" hat sich gänzlich zerschlagen, besonders durch die Ungunst der jetzigen Verhältnisse. Ebenso scheint es mit dem vielbesprochenen Organ der Partei Rodbertus nichts zu werden.

Posen, 27. April.

Unter den vielen Beamten, welche in Folge der vorjährigen Ereignisse suspendiert sind, und gegen die eine Untersuchung schwebt, befindet sich auch Herr Krotowski (Krauthofer). Derselbe soll dem Staatsanwalt eine Schrift folgenden Inhalts eingereicht haben:

1) Er werde sich blos in polnischer Sprache auslassen und vertheidigen. Als Defensor wird der Dr. jur. Niegolewski auftreten. Es sollen Geschworne zugezogen werden, die der polnischen Sprache mächtig sind;

2) der bekannte, vom Königl. Adjutanten General v. Neumann, von Potsdam im April v. J. an den General v. Colomb erlassene Befehl, welcher Letztern ermachtigte, die Polen feindlich anzugreifen, ist nicht konstitutionell. Dieser Befehl ist im Staatsministerium nicht berathen worden und von keinem Minister contrasignirt. Zur Begründung dieser Behauptung hat Krotowski den König, die Minister und den General Neuman als Zeugen vorgeschlagen, und stellt den Antrag, diese Zeugen zum Verhandlungstermin nach Posen vorzuladen. Und wenn auch Manche behaupten, daß dem Könige nach der oktroyirten Verfassung vom 5. Dec. das Recht des Krieges allein zusteht, so muß doch berücksichtigt werden, daß die Verfassung beim Erlaß des Neumann'schen Befehls noch nicht existirte und daß ferner der Krieg im Posenschen eine reine Verwaltungsmaaßregel war, die durchaus alle Stadien der constitutionellen Formen durchmachen muß, zumal die damaligen Minister durch eine Erklärung sich verantwortlich machten. - Auf jeden Fall dürften die Verhandlungen des Krotowski'schen Prozesses sehr interessante Momente liefern. Krotowski ist ein tüchtiger Jurist, hat viel Redetalent und Energie.

- 28. April. Heute ist der "Wielkopolanin" (Großpole) zur Erinnerung an die Mord- und Brandscenen von Xions am 29. April v. J. in blutrother Schrift erschienen.

Domnau, 25. April.

Zwischen dem in unserer Nähe wohnenden Gutsbesitzer Petter und seinen Instleuten bestanden seit längerer Zeit Differenzen, die zuletzt einen sehr ernsthaften Charakter annahmen. Es kam am 19. d. M. zu Thätlichkeit und Gutsbesitzer Peter erlitt solche Mißhandlungen daß er gestern in Folge derselben in Königsberg verschieden ist.

(N. K. Z.)
* Wien, 28. April.

Wieder eine standrechtliche Verurtheilung datirt von gestern. Sie betrifft einen gewissen Steiger aus Straßburg, Graveur, 27 Jahr alt, der am Oktoberaufstande betheiligt, auf dringende Verwendung der französischen Gesandtschaft am 12. Dezember vorigen Jahres auf die Eisenbahn gebracht wurde, um in seine Heimath spe[unleserliches Material]irt zu werden. Er kehrte jedoch um, blieb in Wien und ist jetzt zu 4jähriger Schanzarbeit verurtheilt, jedoch zu 2jähriger Schanzarbeit begnadigt worden.

Aus Kremnitz sind hier zwei Kisten mit Gold, Silber und Banknoten, im Gesammtbetrage von 200,000 fl. C. M. unter Begleitung eines dortigen Bergwerks-Beamten und angemessener militärischer Bedeckung, auf der Eisenbahn hier angelangt.

Gestern wurden uber Veranlassung der k. k. Militär-Untersuchungs-Commission der Medicinae Doctor Völkl und der bekannte Mitarbeiter der "Constitution," Hrzka, in Verhaft genommen.

Nach der "Gratzer Zeitung" sind 2 Kavallerie-Regimenter von der italienischen Armee zur Verstärkung der ungarischen unterwegs und theilweise schon im Durchmarsch durch Kärnthen begriffen.

Von Görgei's kühnem Zug nach Comorn erzählt man manche Wagstücke der Husaren. So schwamm Görgei unter Neuhausel mit 800 Husaren über den Fluß Neutra, eröffnete die Verbindung mit Comorn und brachte allsogleich die bis dahin eingeschmuggelten 200 Ochsen in die Festung, ein Theil seines Corps aber, nach dem Gefecht bei Scharlo, Proviant und Holz, an welchem letztern es besonders mangelte. Nach Austausch der Truppen ging diese Abtheilung nach Leva zurück; Görgei soll aber mehrere Tage in der Festung geblieben seyn.

(A Z.)
076 Dresden, 29. April.

Daß die fürstlichen Herren ein Treibjagen auf die Kammern verabredet haben, sehen jetzt auch die Blödsichtigen. Zuerst haben Hannover und Preußen ihren Boden gereinigt. Die sächsische Regierung hätte gerne die Verwilligung des von der 2ten Kammer beschlossenen Steuerprovisoriums bis September durch die 1te Kammer abgewartet. Doch scheinen verschärfte Befehle vom russischen Oberknas in Potsdam und dem olmutzer Dalai-Lama eingetroffen zu sein. Während noch gestern früh ein von dem Ministerpräsidenten unterzeichnetes Rescript die Ernennung königlicher Kommissarien, welche am Montage mit einer Kammerdeputation zur Berathung über Militärsachen zusammentreten sollten, dem Präsidenten der 2ten Kammer anzeigte, erhielten beide Kammerpräsidenten heute ein königliches Dekret, folgenden Inhalts: Seine königliche Majestät haben Sich bewogen gefunden, die dermalen versammelten Kammern des Königreichs nach §. 116 der Verfassungsurkunde, und §.9 des provisorischen Gesetzes vom 15. Nov. 1848 aufzulösen. Solches wird hiermit bekannt gemacht. Gegeben zu Dresden, am 28. April 1849. Friedrich August. - Dr. Gustav Friedrich Held. Friedrich Ferdinand Freiherr von Beuft. Karl Wolf von Ehrenstein. Dr. Christian Albert Weinlig. Bernhard Rabenhorst, zugleich mit dem Ersuchen zugefertigt, dasselbe den Mitgliedern der Kammern zu notifiziren." - Man hat sich nicht einmal die Zeit gelassen, oder nicht erst die Mühe gegeben, bei dieser Auflösung die Formen der provisorischen Geschäftsordnung zu beobachten, welche die §§. 170 und 171 ausdrücklich vorschreiben, daß das Auflösungsdekret in beiden Kammern von einem königlichen Kommissarius vorgelesen werden muß, welcher die Sitzungen im Namen des Königs für geschlossen erklärt. - "Außer der Zeit des Landtags", also während der Vertagung der Kammern, soll die Auflösung durch eine königl., von sämmtlichen Mitgliedern des Gesammtministeriums kontrasignirte Verordnung erfolgen. Letzteres ist im vorliegenden Falle geschehen. Wahrscheinlich werden die Mitglieder der Kammern, von denen der großte Theil heute wegen des Sonntags abwesend ist, sich morgen zur gewöhnlichen Zeit ins Sitzungslokal begeben und dasselbe geschlossen finden. - Das Ministerium hat eine Proklamation ans sächsische Volk in Druck, (ist bereits erschienen) welche die Gutgesinnten über die Gründe der Maßregel aufklären will. - Den Frankfurtern wird auf diese Weise eine Stufe nach der andern unter den Füßen weggezogen. - Bald werden sie mit der Nase platt im Staube liegen. - Hier bringt man hin und wieder die Kammerauflösung mit der Anwesenheit des Fürsten Schwarzenberg, Bruders des österreichischen Ministerpräsidenten, in Verbindung. Die deutschen Herrscher müssen sich und die Lage setzen, nöthigenfalls gegen die Ungarn und Böhmen zu interveniren. Preußen zieht ja schon Truppen an der böhmischen Gränze zusammen. - Der französische Michel gegen Italien, der deutsche gegen Ungarn, so erfüllen beide ihre weltgeschichtliche Aufgabe.

14 Aus Thüringen, 28. April.

Als im vorigen Jahre die verschworenen Landesväter unter der Firma des reichsverwesenden Centralmichels jeden ihrer getreuen Unterthanen der Obhut eines Reichsgensd'armen anvertrauten, um ihnen das Gift der Demokratie durch häufige Aderlässe abzuzapfen, glaubte auch das Weimar'sche Errungenschaftsministerium, die "der wahren Freiheit so gefährlichen" Republikaner mit einem Schlage vernichten zu können. Burger Watzdorf, der demokratische Diplomat, sandte eine Reichsarmee von 2000 M aller Waffengattungen nach Jena und ließ den Kreisausschuß nach einer Hertzjagd in der Manier "Meines herrlichen Kriegsheers" in Ketten und Banden im Triumph nach Weimar abführen.

Der Spaß hätte den guten Märzministern schlecht bekommen können, denn unsere Thüringer Bauern sind ein handfestes Völklein und haben noch eine ächte Vollblutsader vom alten Bundschuh. Durch Zufall und durch schlaue Thätigkeit der niedern Beamtenpolizei gelang der Streich, und in ihrem olmützisch-standrechtlichen Selbstbewußtsein glaubten die Hoflakeien der Schlange den Kopf zertreten zu haben.

In der That benutzte der Volksverein, ein kraft- und saftloses Spießbürger-Quovlidet, die Wehrlosigkeit der Eingekerkerten, um die demokratischen Landvereine durch allerlei Vorspiegelungen, infame Lügen und Verleumdungen, an sich zu ziehen. Dieser Volksverein gehört mit zu den ärgsten Jämmerlichkeiten unter den "Märzerrungenschaften." Früher nannten sie sich selbst die "Farblosen" und als dieses bezeichnende Aushängeschild nicht ziehen wollte, die "wahren Demokraten". Unter "wahren Demokraten" verstanden und verstehen sie zum Unterschiede von den Republikanern diejenigen, die um Staatsverfassungen überhaupt sich nicht kümmern, sondern jede Regierung, sei sie auch noch so manteuffelisch, unterstützen, sobald sie sich herabläßt, sich mit ihnen in Gnaden von "breiter Grundlage" zu unterhalten. Dabei sind sie jedoch perfide genug gewesen, solche Landvereine aufzunehmen, die ihnen das republikanische Programm des gesprengten demokratischen Vereins als das ihrige vorlegten. Sie nennen diesen Betrug "Duldsamkeit"; sie wollen, daß Alles sich unter ihrer harmlosen Fahne zu nichtswürdiger Professorenpolitik vereinige, sie wünschen, Jedermanns Freund zu sein und zu bleiben.

Der demokratische Verein zu Jena, der sich zum Verdruß der von der Reichsgensd'armerie entblös'ten Minister, nach der Entlassung G. Rothe's aus dem Kerker, auf's Neue konstituirt hat, erklärte auf dem Kongreß der März- und Volksvereine zu Opolda, am 9. April, daß er es für einen Verrath an seiner Sache halte, wenn er durch ein Anschließen an die gesetzboden- und adressengewaltige Vermittlerpatei sich selbst seiner Thatkraft berauben wollte. Die Adreß- und Petitionshelden erhoben viel Geschrei über "Unvernunft", "Zersplitterung", "deutsche Einheit" und was dgl. Phrasen mehr sind. Der demokratische Verein begann aber, unbekümmert um das honette Geplärr, seine Organisation und wuchs binnen 8 Tagen von 112 auf 224 Mitglieder.

Auf die Kunde, daß der "Donnersberg" aus dem Centralmärzschneewasser-Verein ausgeschieden, beschloß der hiesige demokratische Verein eine Adresse "an die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung, Klub Donnersberg, in Frankfurt a. M." abgehen lassen, aus der ich Ihnen folgende Stellen mittheile:

"Bürger. Zu unserer Freude und Genugthuung haben wir vernommen, daß Ihr endlich den Schritt gethan habt, den die Vertreter unserer Partei thun mußten, wenn sie nicht sich selbst und die Zukunft der Demokratie aufgeben wollten.

Die Zeit der Unterhandlungen ist vorüber. Die Feinde der Freiheit selbst, ehrlicher als ihre falschen Freunde, haben den Weg einer unnatürlichen Vereinbarung abgeschnitten, - es nahen die Tage der entscheidenden That.

In solchen Tagen der Entscheidung aber, glauben wir, sind mehr als unsere offenen Gegner die Verbündeten zu fürchten, die im Angesichte des letzten Krieges in dem geschlossenen Heerlager des Feindes um Frieden betteln.

Solche Verbündete waren es, Bürger, von denen Ihr Euch losgesagt habt.

..... Sie haben Bündnisse geschlossen, wo Haß und Feindschaft ihr Losungswort hätte sein müssen. Indem sie Feuer und Wasser zu verbinden sich abmühten, haben sie unseren Feinden es möglich gemacht, ihre Kräfte zu vereinigen und die junge Freiheit mit völliger Vernichtung zu bedrohen. Und jetzt, im Nahen des Kampfes, der über Sein oder Nichtsein der Völkerfreiheit entscheiden wird, - jetzt kennen sie keine andere rettende That, als die Mahnung an's Volk, Worte und ewig Worte und papierne Adressen zu machen und auf dem Wege des "Gesetzes" und des "Rechtes" zu beharren - in dem Augenblick, wo unsere standrechtstrunkenen Gegner kein anderes Gesetz mehr kennen, als das freiheitsschänderische Gesetz "von Gottes Gnaden", kein anderes Recht, als das bluttriefende Fürstenrecht.

Darum fort mit solchen Freunden! Damit endlich ein Geist des Muthes und der Entschlossenheit unser Lager durchwehe, der uns zwar die einzige Wahl übrigläßt zwischen Sieg und Untergang, uns aber nicht der Gefahr preisgibt, durch muthloses Verhandeln verrätherisch dem Feinde überliefert zu werden....

So schreitet rüstig vorwärts, Bürger, auf der Bahn, die Ihr betreten habt - sie ist die einzige, die uns zum Ziele führt."

Jena, 26. April 1849.

Der demokratische Verein.

Nächstens wird sich wieder ein Kreisausschuß konstituiren, um bei der Landbevölkerung den usurpirten Einfluß der passi-

Koblenz, 1. Mai.

Auf den Batterieen, in den Magazinen und Depots ist Seitens unseres Militärkommando's augenblicklich eine große Thätigkeit bemerkbar, daher das Gerücht von einer Armirung unserer Festungswerke wahrscheinlich wird. Auch hat man schon damit begonnen, Geschütze auf die Wälle zu fahren und die Munitionshäuser an den Wallgräben zu versehen. Wagen mit Pulver und Kugeln fahren den ganzen Tag durch die Straßen der Stadt und über die Brücke nach dem Ehrenbreitstein, und in dem Laboratorium werden eine Menge Granaten und Shrappnels gefüllt. Heute trifft auch die im vorigen Sommer von hier nach der französischen Gränze detachirte Batterie der 8. Brigade wieder hier ein, und soll dieselbe in die Werke der Veste Kaiser Franz (Petersberg) gelegt werden. Es bestätigt sich, daß das auf dem Marsche von Mainz nach Jülich befindlich gewesene 2. Bataillon des 29. Infanterieregiments Gegenbefehl erhielt und nun in Oberwesel, Bacharach und Umgegend einstweilen verbleiben wird. Auch sind gestern und heute sehr viele Rekruten eingetroffen, von welchen ein großer Theil bei der Artillerie eingestellt wurde und die andern zu ihrem Sammelplatz nach St. Goar sich begaben, von wo sie nach Mainz abmarschiren sollen.

(Nh.- u. M.-Z.)
103 Krefeld, 1. Mai.

Die neueste „rettende That“ unseres Standrechtsministeriums hat endlich auch hier ihre Früchte getragen. Das Brandenburgische dreimalige „Niemals“ war es, was unsere Krämerseelen und Seidenwürmer zuerst vor den Kopf stieß. Mit Ausnahme der Mitglieder des Preußenvereines, denen natürlich Alles, was der Gottbegnadete thut, wohlgethan ist, erregte diese so lange zurückgehaltene Erklärung allgemeine Unzufriedenheit, und man hörte schon häufig den ci-devant deutschen Kaiser mit eben nicht schmeichelhaften Beiworten belegen. Indeß hätte sich dieses Mißvergnügen wohl bald wieder gelegt, wenn nicht Manteuffel dafür gesorgt hätte, daß der Funke zur Flamme wurde. Die Auflösung der Kammer, das niederträchtige Metzeln unter dem wehrlosen Volke hat unserem seidenumsponnenen Philister endlich die Augen geöffnet, und mit Schrecken sieht er, was er selbst zu erwarten hat von der väterlichen Huld und Liebe des Gottbegnadeten und seiner raubritterlichen Clique. Sein eigenes Ich kommt in Gefahr, er ermannt sich: und so erlebten wir gestern das in Krefeld gewiß noch nie dagewesene Schauspiel, daß wohl tausend Männer unter Absingen der Marseillaise durch die Straßen zogen und der Republik ein mehrmaliges Hoch brachten. Kein „Junker,“ kein Bourgeois-Gardist wagte dieser Demonstration entgegenzutreten.

Auf heute Abend ist eine Volksversammlung angesagt, wo, wie ich höre, namentlich die Landwehrmänner mit der Erklärung auftreten wollen, daß sie die deutsche Verfassung aufs Entschiedenste vertheidigen, dagegen den Befehlen der jetzigen Regierung nicht gehorchen würden. Auch beabsichtigt man einen Zug en masse nach Düsseldorf zu machen, um von der dortigen Regierung zu verlangen, dem Gottbegnadeten von der gefährlichen Stimmung seiner Allergetreuesten Nachricht zu geben. Wie naiv! Kennen denn die Leute noch nicht jenen Kernspruch: „Bist du Gottes Sohn, so hilf dir selbst?“

* Berlin, 30. April.

Wie man die unangenehmste Errungenschaft des März, wie man das allgemeine Wahlrecht ändern soll, das ist die Frage, welche Minister und geheime Rathgeber des Königs am meisten beschäftigt. Es laufen natürlich merkwürdige Gerüchte daruber um, es scheint aber als sei man selbst in diesen höchsten Regionen noch nicht einig, was zu thun. Man sieht einerseits, daß das jetzige System mit dem allgemeinen Wahlrecht nicht bestehen kann, es ist auf der andern Seite schwer, die religiösen Bedenken des Königs über heilige Versprechungen und dergl. mehr zu überwinden.

Eine Fraction der jetzt regierenden Parthei, welcher z. B. der Finanzminister v. Rabe angehört, ist der Ansicht, man müsse es noch einmal mit dem alten Wahlmodus versuchen und nur durch die gewöhnlichen constitutionellen Mittel der Corruption, durch Bestechung sowohl als durch die Perspective lohnender Aemter eine fügsamere Kammer zu erlangen sich bestreben. Andere wollen dagegen eine genauere und strengere Interpretation des Wortes „selbstständig“. Man glaubt mit Recht, daß man dadurch den Census umgeht ohne durch den gehässigen Anstrich eines solchen zu leiden. Die Versprechungen des Königs, wird ferner gesagt, sind dann nicht verletzt, das allgemeine Wahlrecht besteht nach wie vor.

Aehnlich räsonnirt die Partei, welche zu den homöopathischen Wahlkuren ihre Zuflucht nehmen will, wie sie Graf Arnim-Boitzenburg in seiner bekannten Brochüre dargelegt hat. Das Volk wird in zwei Wahlklassen getheilt und es wählen die Besitzlosen erst Wahlmänner, welche gleiche Rechte mit den Urwählern der besitzenden Klasse haben und mit diesen zusammen die eigentlichen Wahlmänner zur Wahl der Abgeordneten bestimmen. Oder man theilt das ganze Volk nach den direkten Steuersätzen in mehrere Klassen, deren jede eine gleiche Anzahl Wahlmänner wählt, so daß die Höchstbesteuerten schon an und für sich Wahlmänner sind.

Endlich ist, wie wir aus sicherer Quelle erfahren, noch ein Projekt aufgestellt worden und soll, so hört man, sehr viel Beifall und Billigung gefunden haben, so daß wir vielleicht gerade für diesen Modus sehr viel Aussicht hätten. Die Wahlmänner müssen bekanntlich in dem Wahlbezirk ihren Wohnsitz haben. Das klingt ganz ungefährlich, ja man wird es dadurch plausible machen, daß man dem Volk sagt, nur die, welche unter ihm wohnten, könnten seine Interessen wahrnehmen. Einerseits aber wird der Weg zu weiteren, die Wahl beschränkenden Maßregeln gerade hierdurch sehr leicht gemacht, andererseits sind eine Anzahl politisch bekannter Männer ausgeschlossen, welche das Unglück haben in reactionaren Orten zu wohnen. Wir erinnern nur an Jacobi, Reuter, Rodbertus, Ziegler u. A.

Wenn man auch hoffen d rf, daß das Volk schon vor der Wahl ein unparlamentarisches Veto einlegt, so wird es doch die Pflicht der Presse sein, auf die vielen Schlingen und Fallen aufmerksam zu machen, die man ihm zur Wahl zu legen denkt.

Es ist in mehreren Blättern erzählt worden, die Mitglieder der Linken in der weiland II. Kammer hätten Ausweisungsbefehle erhalten. Wir können versichern, daß das nicht wahr ist. Eine große Anzahl der Abg. befinden sich noch immer hier. Mit Bucher ist auch Reuter nach Frankfurt a. M. gegangen.

Wir sagten schon, daß das Ministerium in seinem Schooße die Energie und die Kraft nicht gefunden hat, deren es bedurfte, um die Schritte der letzten Tage zu thun, daß derselbe Mann, welcher schon im Novbr. v. J. die Fäden der Contrerevolution in der Hand hielt und die Drahtpuppen nach seinem Gutdünken leitete, daß Hr. Radowitz das Orakel des Hofes auch jetzt wieder gewesen ist.

Am Abend des Mittwoch kam Radowitz hier an und wurde sogleich vom König zur Audienz gezogen. Er brachte die Nachrichten aus Frankfurt mit, welche energische Beschlüsse erwarten ließen und gab den Rath, der Kammern sich zu entledigen, um ungehindert handeln zu können und alsdann mit Frankfurt zu brechen. In beiden Angelegenheiten ist man ihm gefolgt, die gestrige Note an Herrn Camphausen, der also schmählicherweise noch immer der Bevollmächtigte dieses Ministeriums ist, hat gezeigt, daß Preußen entschlossen in, die März Revolution mit Stumpf und Stiel auszurotten. Radowitz steht in genauester Verbindung mit der ganzen, ultramontanen Partei überhaupt und besonders mit dem Jesuiten General Pater Roothan.

Es ist eigenthümlich, daß das Volk dem Militär bis jetzt noch keinen eigentlichen Widerstand entgegengestellt hat, ja daß es bis jetzt noch nicht ein Mal dahin gekommen ist, daß die Leute bewaffnet erschienen. Die Behörden erwarten indessen bald einen bedeutenden Losbruch und haben alle ihre Vorkehrungen getroffen. „Die Kugeln sind im Gewehr, die Schwerdter scharf geschliffen!“ Wrangel erwartet mit Sehnsucht den Augenblick, in welchem er sich neue Rittersporen verdienen kann.

Sollte es in Berlin zum Kampfe kommen, so dürften sich die Verhältnisse jetzt ganz anders gestalten als am 18. März.

Der König ist nicht in Berlin.

Der General Wrangel st ganz der rohe, brutale Corporal, dem es gleichgültig sein wird, ob er die ganze Stadt zusammenschießt und Tausende massakrirt, wenn nur Ruhe und Ordnung wieder hergestellt wird. Die Lorbeeren des Windischgrätz ließen ihn schon lange nicht schlafen.

Man hat endlich 20,000 Mann Soldaten und etwa 60 Geschütze zur Verfügung, und kann, wenn es nöthig sein sollte, noch Verstärkungen an sich ziehen.

Sollte es also zu früh zum Kampf kommen, so wird Berlin das Schicksal Brescia's oder Genua's erleben. Es würde aber selbst das noch vortheilhafter wirken, als eine zweite Auflage des passiven Widerstandes.

Die geheime Polizei hat jetzt ihre goldenen Tage. Man kann sich hier vor diesen Mouchards gar nicht genug in Acht nehmen und es werden täglich von den ehrenwerthen Freunden Manteuffels und Hinkeldey's neue werthvolle Fänge gemacht. An jedem öffentlichen Orte, in allen Gasthäusern treiben sie sich jetzt herum und wehe dem, dessen Lippen irgend eine unvorsichtige Aeußerung entschlüpft.

Es bestätigt sich immer mehr, daß man mit dem „aimablen“ König von Dänemark Frieden à tout prix schließen wird, um völlig freie Hand zu bekommen.

Mit dem Verkauf der „Deutschen Reform“ an die Geheime Ober-Hof-Buchdruckerei verhält es sich eigenthümlich. Das Blatt wurde in den höheren Kreisen Oestreichs sehr viel gelesen und war auch recht gut gesinnt, bis auf zwei Fragen, die magyarische und die deutsche. Hr. Prokesch, der östreichische Gesandte, ließ nun unter der Hand eine Menge Actien zu 70% aufkaufen und setzte sich mit dem Minister Arnim in Verbindung, durch dessen Vermittlung es gelang, die bisherige Redaktion zu verdrängen und die Reform zu einem ultraconservativen Blatte zu machen.

Das Project der „Allgem. demokr. Zeitung“ hat sich gänzlich zerschlagen, besonders durch die Ungunst der jetzigen Verhältnisse. Ebenso scheint es mit dem vielbesprochenen Organ der Partei Rodbertus nichts zu werden.

Posen, 27. April.

Unter den vielen Beamten, welche in Folge der vorjährigen Ereignisse suspendiert sind, und gegen die eine Untersuchung schwebt, befindet sich auch Herr Krotowski (Krauthofer). Derselbe soll dem Staatsanwalt eine Schrift folgenden Inhalts eingereicht haben:

1) Er werde sich blos in polnischer Sprache auslassen und vertheidigen. Als Defensor wird der Dr. jur. Niegolewski auftreten. Es sollen Geschworne zugezogen werden, die der polnischen Sprache mächtig sind;

2) der bekannte, vom Königl. Adjutanten General v. Neumann, von Potsdam im April v. J. an den General v. Colomb erlassene Befehl, welcher Letztern ermachtigte, die Polen feindlich anzugreifen, ist nicht konstitutionell. Dieser Befehl ist im Staatsministerium nicht berathen worden und von keinem Minister contrasignirt. Zur Begründung dieser Behauptung hat Krotowski den König, die Minister und den General Neuman als Zeugen vorgeschlagen, und stellt den Antrag, diese Zeugen zum Verhandlungstermin nach Posen vorzuladen. Und wenn auch Manche behaupten, daß dem Könige nach der oktroyirten Verfassung vom 5. Dec. das Recht des Krieges allein zusteht, so muß doch berücksichtigt werden, daß die Verfassung beim Erlaß des Neumann'schen Befehls noch nicht existirte und daß ferner der Krieg im Posenschen eine reine Verwaltungsmaaßregel war, die durchaus alle Stadien der constitutionellen Formen durchmachen muß, zumal die damaligen Minister durch eine Erklärung sich verantwortlich machten. ‒ Auf jeden Fall dürften die Verhandlungen des Krotowski'schen Prozesses sehr interessante Momente liefern. Krotowski ist ein tüchtiger Jurist, hat viel Redetalent und Energie.

‒ 28. April. Heute ist der „Wielkopolanin“ (Großpole) zur Erinnerung an die Mord- und Brandscenen von Xions am 29. April v. J. in blutrother Schrift erschienen.

Domnau, 25. April.

Zwischen dem in unserer Nähe wohnenden Gutsbesitzer Petter und seinen Instleuten bestanden seit längerer Zeit Differenzen, die zuletzt einen sehr ernsthaften Charakter annahmen. Es kam am 19. d. M. zu Thätlichkeit und Gutsbesitzer Peter erlitt solche Mißhandlungen daß er gestern in Folge derselben in Königsberg verschieden ist.

(N. K. Z.)
* Wien, 28. April.

Wieder eine standrechtliche Verurtheilung datirt von gestern. Sie betrifft einen gewissen Steiger aus Straßburg, Graveur, 27 Jahr alt, der am Oktoberaufstande betheiligt, auf dringende Verwendung der französischen Gesandtschaft am 12. Dezember vorigen Jahres auf die Eisenbahn gebracht wurde, um in seine Heimath spe[unleserliches Material]irt zu werden. Er kehrte jedoch um, blieb in Wien und ist jetzt zu 4jähriger Schanzarbeit verurtheilt, jedoch zu 2jähriger Schanzarbeit begnadigt worden.

Aus Kremnitz sind hier zwei Kisten mit Gold, Silber und Banknoten, im Gesammtbetrage von 200,000 fl. C. M. unter Begleitung eines dortigen Bergwerks-Beamten und angemessener militärischer Bedeckung, auf der Eisenbahn hier angelangt.

Gestern wurden uber Veranlassung der k. k. Militär-Untersuchungs-Commission der Medicinae Doctor Völkl und der bekannte Mitarbeiter der „Constitution,“ Hrzka, in Verhaft genommen.

Nach der „Gratzer Zeitung“ sind 2 Kavallerie-Regimenter von der italienischen Armee zur Verstärkung der ungarischen unterwegs und theilweise schon im Durchmarsch durch Kärnthen begriffen.

Von Görgei's kühnem Zug nach Comorn erzählt man manche Wagstücke der Husaren. So schwamm Görgei unter Neuhausel mit 800 Husaren über den Fluß Neutra, eröffnete die Verbindung mit Comorn und brachte allsogleich die bis dahin eingeschmuggelten 200 Ochsen in die Festung, ein Theil seines Corps aber, nach dem Gefecht bei Scharlo, Proviant und Holz, an welchem letztern es besonders mangelte. Nach Austausch der Truppen ging diese Abtheilung nach Leva zurück; Görgei soll aber mehrere Tage in der Festung geblieben seyn.

(A Z.)
076 Dresden, 29. April.

Daß die fürstlichen Herren ein Treibjagen auf die Kammern verabredet haben, sehen jetzt auch die Blödsichtigen. Zuerst haben Hannover und Preußen ihren Boden gereinigt. Die sächsische Regierung hätte gerne die Verwilligung des von der 2ten Kammer beschlossenen Steuerprovisoriums bis September durch die 1te Kammer abgewartet. Doch scheinen verschärfte Befehle vom russischen Oberknas in Potsdam und dem olmutzer Dalai-Lama eingetroffen zu sein. Während noch gestern früh ein von dem Ministerpräsidenten unterzeichnetes Rescript die Ernennung königlicher Kommissarien, welche am Montage mit einer Kammerdeputation zur Berathung über Militärsachen zusammentreten sollten, dem Präsidenten der 2ten Kammer anzeigte, erhielten beide Kammerpräsidenten heute ein königliches Dekret, folgenden Inhalts: Seine königliche Majestät haben Sich bewogen gefunden, die dermalen versammelten Kammern des Königreichs nach §. 116 der Verfassungsurkunde, und §.9 des provisorischen Gesetzes vom 15. Nov. 1848 aufzulösen. Solches wird hiermit bekannt gemacht. Gegeben zu Dresden, am 28. April 1849. Friedrich August. ‒ Dr. Gustav Friedrich Held. Friedrich Ferdinand Freiherr von Beuft. Karl Wolf von Ehrenstein. Dr. Christian Albert Weinlig. Bernhard Rabenhorst, zugleich mit dem Ersuchen zugefertigt, dasselbe den Mitgliedern der Kammern zu notifiziren.“ ‒ Man hat sich nicht einmal die Zeit gelassen, oder nicht erst die Mühe gegeben, bei dieser Auflösung die Formen der provisorischen Geschäftsordnung zu beobachten, welche die §§. 170 und 171 ausdrücklich vorschreiben, daß das Auflösungsdekret in beiden Kammern von einem königlichen Kommissarius vorgelesen werden muß, welcher die Sitzungen im Namen des Königs für geschlossen erklärt. ‒ „Außer der Zeit des Landtags“, also während der Vertagung der Kammern, soll die Auflösung durch eine königl., von sämmtlichen Mitgliedern des Gesammtministeriums kontrasignirte Verordnung erfolgen. Letzteres ist im vorliegenden Falle geschehen. Wahrscheinlich werden die Mitglieder der Kammern, von denen der großte Theil heute wegen des Sonntags abwesend ist, sich morgen zur gewöhnlichen Zeit ins Sitzungslokal begeben und dasselbe geschlossen finden. ‒ Das Ministerium hat eine Proklamation ans sächsische Volk in Druck, (ist bereits erschienen) welche die Gutgesinnten über die Gründe der Maßregel aufklären will. ‒ Den Frankfurtern wird auf diese Weise eine Stufe nach der andern unter den Füßen weggezogen. ‒ Bald werden sie mit der Nase platt im Staube liegen. ‒ Hier bringt man hin und wieder die Kammerauflösung mit der Anwesenheit des Fürsten Schwarzenberg, Bruders des österreichischen Ministerpräsidenten, in Verbindung. Die deutschen Herrscher müssen sich und die Lage setzen, nöthigenfalls gegen die Ungarn und Böhmen zu interveniren. Preußen zieht ja schon Truppen an der böhmischen Gränze zusammen. ‒ Der französische Michel gegen Italien, der deutsche gegen Ungarn, so erfüllen beide ihre weltgeschichtliche Aufgabe.

14 Aus Thüringen, 28. April.

Als im vorigen Jahre die verschworenen Landesväter unter der Firma des reichsverwesenden Centralmichels jeden ihrer getreuen Unterthanen der Obhut eines Reichsgensd'armen anvertrauten, um ihnen das Gift der Demokratie durch häufige Aderlässe abzuzapfen, glaubte auch das Weimar'sche Errungenschaftsministerium, die „der wahren Freiheit so gefährlichen“ Republikaner mit einem Schlage vernichten zu können. Burger Watzdorf, der demokratische Diplomat, sandte eine Reichsarmee von 2000 M aller Waffengattungen nach Jena und ließ den Kreisausschuß nach einer Hertzjagd in der Manier „Meines herrlichen Kriegsheers“ in Ketten und Banden im Triumph nach Weimar abführen.

Der Spaß hätte den guten Märzministern schlecht bekommen können, denn unsere Thüringer Bauern sind ein handfestes Völklein und haben noch eine ächte Vollblutsader vom alten Bundschuh. Durch Zufall und durch schlaue Thätigkeit der niedern Beamtenpolizei gelang der Streich, und in ihrem olmützisch-standrechtlichen Selbstbewußtsein glaubten die Hoflakeien der Schlange den Kopf zertreten zu haben.

In der That benutzte der Volksverein, ein kraft- und saftloses Spießbürger-Quovlidet, die Wehrlosigkeit der Eingekerkerten, um die demokratischen Landvereine durch allerlei Vorspiegelungen, infame Lügen und Verleumdungen, an sich zu ziehen. Dieser Volksverein gehört mit zu den ärgsten Jämmerlichkeiten unter den „Märzerrungenschaften.“ Früher nannten sie sich selbst die „Farblosen“ und als dieses bezeichnende Aushängeschild nicht ziehen wollte, die „wahren Demokraten“. Unter „wahren Demokraten“ verstanden und verstehen sie zum Unterschiede von den Republikanern diejenigen, die um Staatsverfassungen überhaupt sich nicht kümmern, sondern jede Regierung, sei sie auch noch so manteuffelisch, unterstützen, sobald sie sich herabläßt, sich mit ihnen in Gnaden von „breiter Grundlage“ zu unterhalten. Dabei sind sie jedoch perfide genug gewesen, solche Landvereine aufzunehmen, die ihnen das republikanische Programm des gesprengten demokratischen Vereins als das ihrige vorlegten. Sie nennen diesen Betrug „Duldsamkeit“; sie wollen, daß Alles sich unter ihrer harmlosen Fahne zu nichtswürdiger Professorenpolitik vereinige, sie wünschen, Jedermanns Freund zu sein und zu bleiben.

Der demokratische Verein zu Jena, der sich zum Verdruß der von der Reichsgensd'armerie entblös'ten Minister, nach der Entlassung G. Rothe's aus dem Kerker, auf's Neue konstituirt hat, erklärte auf dem Kongreß der März- und Volksvereine zu Opolda, am 9. April, daß er es für einen Verrath an seiner Sache halte, wenn er durch ein Anschließen an die gesetzboden- und adressengewaltige Vermittlerpatei sich selbst seiner Thatkraft berauben wollte. Die Adreß- und Petitionshelden erhoben viel Geschrei über „Unvernunft“, „Zersplitterung“, „deutsche Einheit“ und was dgl. Phrasen mehr sind. Der demokratische Verein begann aber, unbekümmert um das honette Geplärr, seine Organisation und wuchs binnen 8 Tagen von 112 auf 224 Mitglieder.

Auf die Kunde, daß der „Donnersberg“ aus dem Centralmärzschneewasser-Verein ausgeschieden, beschloß der hiesige demokratische Verein eine Adresse „an die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung, Klub Donnersberg, in Frankfurt a. M.“ abgehen lassen, aus der ich Ihnen folgende Stellen mittheile:

„Bürger. Zu unserer Freude und Genugthuung haben wir vernommen, daß Ihr endlich den Schritt gethan habt, den die Vertreter unserer Partei thun mußten, wenn sie nicht sich selbst und die Zukunft der Demokratie aufgeben wollten.

Die Zeit der Unterhandlungen ist vorüber. Die Feinde der Freiheit selbst, ehrlicher als ihre falschen Freunde, haben den Weg einer unnatürlichen Vereinbarung abgeschnitten, ‒ es nahen die Tage der entscheidenden That.

In solchen Tagen der Entscheidung aber, glauben wir, sind mehr als unsere offenen Gegner die Verbündeten zu fürchten, die im Angesichte des letzten Krieges in dem geschlossenen Heerlager des Feindes um Frieden betteln.

Solche Verbündete waren es, Bürger, von denen Ihr Euch losgesagt habt.

‥… Sie haben Bündnisse geschlossen, wo Haß und Feindschaft ihr Losungswort hätte sein müssen. Indem sie Feuer und Wasser zu verbinden sich abmühten, haben sie unseren Feinden es möglich gemacht, ihre Kräfte zu vereinigen und die junge Freiheit mit völliger Vernichtung zu bedrohen. Und jetzt, im Nahen des Kampfes, der über Sein oder Nichtsein der Völkerfreiheit entscheiden wird, ‒ jetzt kennen sie keine andere rettende That, als die Mahnung an's Volk, Worte und ewig Worte und papierne Adressen zu machen und auf dem Wege des „Gesetzes“ und des „Rechtes“ zu beharren ‒ in dem Augenblick, wo unsere standrechtstrunkenen Gegner kein anderes Gesetz mehr kennen, als das freiheitsschänderische Gesetz „von Gottes Gnaden“, kein anderes Recht, als das bluttriefende Fürstenrecht.

Darum fort mit solchen Freunden! Damit endlich ein Geist des Muthes und der Entschlossenheit unser Lager durchwehe, der uns zwar die einzige Wahl übrigläßt zwischen Sieg und Untergang, uns aber nicht der Gefahr preisgibt, durch muthloses Verhandeln verrätherisch dem Feinde überliefert zu werden.…

So schreitet rüstig vorwärts, Bürger, auf der Bahn, die Ihr betreten habt ‒ sie ist die einzige, die uns zum Ziele führt.“

Jena, 26. April 1849.

Der demokratische Verein.

Nächstens wird sich wieder ein Kreisausschuß konstituiren, um bei der Landbevölkerung den usurpirten Einfluß der passi-

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          <head>Koblenz, 1. Mai.</head>
          <p>Auf den Batterieen, in den Magazinen und Depots ist Seitens unseres Militärkommando's augenblicklich eine große Thätigkeit bemerkbar, daher das Gerücht von einer Armirung unserer Festungswerke wahrscheinlich wird. Auch hat man schon damit begonnen, Geschütze auf die Wälle zu fahren und die Munitionshäuser an den Wallgräben zu versehen. Wagen mit Pulver und Kugeln fahren den ganzen Tag durch die Straßen der Stadt und über die Brücke nach dem Ehrenbreitstein, und in dem Laboratorium werden eine Menge Granaten und Shrappnels gefüllt. Heute trifft auch die im vorigen Sommer von hier nach der französischen Gränze detachirte Batterie der 8. Brigade wieder hier ein, und soll dieselbe in die Werke der Veste Kaiser Franz (Petersberg) gelegt werden. Es bestätigt sich, daß das auf dem Marsche von Mainz nach Jülich befindlich gewesene 2. Bataillon des 29. Infanterieregiments Gegenbefehl erhielt und nun in Oberwesel, Bacharach und Umgegend einstweilen verbleiben wird. Auch sind gestern und heute sehr viele Rekruten eingetroffen, von welchen ein großer Theil bei der Artillerie eingestellt wurde und die andern zu ihrem Sammelplatz nach St. Goar sich begaben, von wo sie nach Mainz abmarschiren sollen.</p>
          <bibl>(Nh.- u. M.-Z.)</bibl>
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          <head><bibl><author>103</author></bibl> Krefeld, 1. Mai.</head>
          <p>Die neueste &#x201E;rettende That&#x201C; unseres Standrechtsministeriums hat endlich auch hier ihre Früchte getragen. Das Brandenburgische dreimalige &#x201E;Niemals&#x201C; war es, was unsere Krämerseelen und Seidenwürmer zuerst vor den Kopf stieß. Mit Ausnahme der Mitglieder des Preußenvereines, denen natürlich Alles, was der Gottbegnadete thut, wohlgethan ist, erregte diese so lange zurückgehaltene Erklärung allgemeine Unzufriedenheit, und man hörte schon häufig den ci-devant deutschen Kaiser mit eben nicht schmeichelhaften Beiworten belegen. Indeß hätte sich dieses Mißvergnügen wohl bald wieder gelegt, wenn nicht Manteuffel dafür gesorgt hätte, daß der Funke zur Flamme wurde. Die Auflösung der Kammer, das niederträchtige Metzeln unter dem wehrlosen Volke hat unserem seidenumsponnenen Philister endlich die Augen geöffnet, und mit Schrecken sieht er, was er selbst zu erwarten hat von der väterlichen Huld und Liebe des Gottbegnadeten und seiner raubritterlichen Clique. Sein eigenes Ich kommt in Gefahr, er ermannt sich: und so erlebten wir gestern das in Krefeld gewiß noch nie dagewesene Schauspiel, daß wohl tausend Männer unter Absingen der Marseillaise durch die Straßen zogen und der Republik ein mehrmaliges Hoch brachten. Kein &#x201E;Junker,&#x201C; kein Bourgeois-Gardist wagte dieser Demonstration entgegenzutreten.</p>
          <p>Auf heute Abend ist eine Volksversammlung angesagt, wo, wie ich höre, namentlich die Landwehrmänner mit der Erklärung auftreten wollen, daß sie die deutsche Verfassung aufs Entschiedenste vertheidigen, dagegen den Befehlen der jetzigen Regierung nicht gehorchen würden. Auch beabsichtigt man einen Zug en masse nach Düsseldorf zu machen, um von der dortigen Regierung zu verlangen, dem Gottbegnadeten von der gefährlichen Stimmung seiner Allergetreuesten Nachricht zu geben. Wie naiv! Kennen denn die Leute noch nicht jenen Kernspruch: &#x201E;Bist du Gottes Sohn, so hilf dir selbst?&#x201C;</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 30. April.</head>
          <p>Wie man die unangenehmste Errungenschaft des März, wie man das allgemeine Wahlrecht ändern soll, das ist die Frage, welche Minister und geheime Rathgeber des Königs am meisten beschäftigt. Es laufen natürlich merkwürdige Gerüchte daruber um, es scheint aber als sei man selbst in diesen höchsten Regionen noch nicht einig, was zu thun. Man sieht einerseits, daß das jetzige System mit dem allgemeinen Wahlrecht nicht bestehen kann, es ist auf der andern Seite schwer, die religiösen Bedenken des Königs über heilige Versprechungen und dergl. mehr zu überwinden.</p>
          <p>Eine Fraction der jetzt regierenden Parthei, welcher z. B. der Finanzminister v. Rabe angehört, ist der Ansicht, man müsse es noch einmal mit dem alten Wahlmodus versuchen und nur durch die gewöhnlichen constitutionellen Mittel der Corruption, durch Bestechung sowohl als durch die Perspective lohnender Aemter eine fügsamere Kammer zu erlangen sich bestreben. Andere wollen dagegen eine genauere und strengere Interpretation des Wortes &#x201E;selbstständig&#x201C;. Man glaubt mit Recht, daß man dadurch den Census umgeht ohne durch den gehässigen Anstrich eines solchen zu leiden. Die Versprechungen des Königs, wird ferner gesagt, sind dann nicht verletzt, das allgemeine Wahlrecht besteht nach wie vor.</p>
          <p>Aehnlich räsonnirt die Partei, welche zu den homöopathischen Wahlkuren ihre Zuflucht nehmen will, wie sie Graf Arnim-Boitzenburg in seiner bekannten Brochüre dargelegt hat. Das Volk wird in zwei Wahlklassen getheilt und es wählen die Besitzlosen erst Wahlmänner, welche gleiche Rechte mit den Urwählern der besitzenden Klasse haben und mit diesen zusammen die eigentlichen Wahlmänner zur Wahl der Abgeordneten bestimmen. Oder man theilt das ganze Volk nach den direkten Steuersätzen in mehrere Klassen, deren jede eine gleiche Anzahl Wahlmänner wählt, so daß die Höchstbesteuerten schon an und für sich Wahlmänner sind.</p>
          <p>Endlich ist, wie wir aus sicherer Quelle erfahren, noch ein Projekt aufgestellt worden und soll, so hört man, sehr viel Beifall und Billigung gefunden haben, so daß wir vielleicht gerade für diesen Modus sehr viel Aussicht hätten. Die Wahlmänner müssen bekanntlich in dem Wahlbezirk ihren Wohnsitz haben. Das klingt ganz ungefährlich, ja man wird es dadurch plausible machen, daß man dem Volk sagt, nur die, welche unter ihm wohnten, könnten seine Interessen wahrnehmen. Einerseits aber wird der Weg zu weiteren, die Wahl beschränkenden Maßregeln gerade hierdurch sehr leicht gemacht, andererseits sind eine Anzahl politisch bekannter Männer ausgeschlossen, welche das Unglück haben in reactionaren Orten zu wohnen. Wir erinnern nur an Jacobi, Reuter, Rodbertus, Ziegler u. A.</p>
          <p>Wenn man auch hoffen d rf, daß das Volk schon vor der Wahl ein unparlamentarisches Veto einlegt, so wird es doch die Pflicht der Presse sein, auf die vielen Schlingen und Fallen aufmerksam zu machen, die man ihm zur Wahl zu legen denkt.</p>
          <p>Es ist in mehreren Blättern erzählt worden, die Mitglieder der Linken in der weiland II. Kammer hätten Ausweisungsbefehle erhalten. Wir können versichern, daß das nicht wahr ist. Eine große Anzahl der Abg. befinden sich noch immer hier. Mit Bucher ist auch Reuter nach Frankfurt a. M. gegangen.</p>
          <p>Wir sagten schon, daß das Ministerium in seinem Schooße die Energie und die Kraft nicht gefunden hat, deren es bedurfte, um die Schritte der letzten Tage zu thun, daß derselbe Mann, welcher schon im Novbr. v. J. die Fäden der Contrerevolution in der Hand hielt und die Drahtpuppen nach seinem Gutdünken leitete, daß Hr. Radowitz das Orakel des Hofes auch jetzt wieder gewesen ist.</p>
          <p>Am Abend des Mittwoch kam Radowitz hier an und wurde sogleich vom König zur Audienz gezogen. Er brachte die Nachrichten aus Frankfurt mit, welche energische Beschlüsse erwarten ließen und gab den Rath, der Kammern sich zu entledigen, um ungehindert handeln zu können und alsdann mit Frankfurt zu brechen. In beiden Angelegenheiten ist man ihm gefolgt, die gestrige Note an Herrn Camphausen, der also schmählicherweise noch immer der Bevollmächtigte dieses Ministeriums ist, hat gezeigt, daß Preußen entschlossen in, die März Revolution mit Stumpf und Stiel auszurotten. Radowitz steht in genauester Verbindung mit der ganzen, ultramontanen Partei überhaupt und besonders mit dem Jesuiten General Pater Roothan.</p>
          <p>Es ist eigenthümlich, daß das Volk dem Militär bis jetzt noch keinen eigentlichen Widerstand entgegengestellt hat, ja daß es bis jetzt noch nicht ein Mal dahin gekommen ist, daß die Leute bewaffnet erschienen. Die Behörden erwarten indessen bald einen bedeutenden Losbruch und haben alle ihre Vorkehrungen getroffen. &#x201E;Die Kugeln sind im Gewehr, die Schwerdter scharf geschliffen!&#x201C; Wrangel erwartet mit Sehnsucht den Augenblick, in welchem er sich neue Rittersporen verdienen kann.</p>
          <p>Sollte es in Berlin zum Kampfe kommen, so dürften sich die Verhältnisse jetzt ganz anders gestalten als am 18. März.</p>
          <p>Der König ist nicht in Berlin.</p>
          <p>Der General Wrangel st ganz der rohe, brutale Corporal, dem es gleichgültig sein wird, ob er die ganze Stadt zusammenschießt und Tausende massakrirt, wenn nur Ruhe und Ordnung wieder hergestellt wird. Die Lorbeeren des Windischgrätz ließen ihn schon lange nicht schlafen.</p>
          <p>Man hat endlich 20,000 Mann Soldaten und etwa 60 Geschütze zur Verfügung, und kann, wenn es nöthig sein sollte, noch Verstärkungen an sich ziehen.</p>
          <p>Sollte es also zu früh zum Kampf kommen, so wird Berlin das Schicksal Brescia's oder Genua's erleben. Es würde aber selbst das noch vortheilhafter wirken, als eine zweite Auflage des passiven Widerstandes.</p>
          <p>Die geheime Polizei hat jetzt ihre goldenen Tage. Man kann sich hier vor diesen Mouchards gar nicht genug in Acht nehmen und es werden täglich von den ehrenwerthen Freunden Manteuffels und Hinkeldey's neue werthvolle Fänge gemacht. An jedem öffentlichen Orte, in allen Gasthäusern treiben sie sich jetzt herum und wehe dem, dessen Lippen irgend eine unvorsichtige Aeußerung entschlüpft.</p>
          <p>Es bestätigt sich immer mehr, daß man mit dem &#x201E;aimablen&#x201C; König von Dänemark Frieden à tout prix schließen wird, um völlig freie Hand zu bekommen.</p>
          <p>Mit dem Verkauf der &#x201E;Deutschen Reform&#x201C; an die Geheime Ober-Hof-Buchdruckerei verhält es sich eigenthümlich. Das Blatt wurde in den höheren Kreisen Oestreichs sehr viel gelesen und war auch recht gut gesinnt, bis auf zwei Fragen, die magyarische und die deutsche. Hr. Prokesch, der östreichische Gesandte, ließ nun unter der Hand eine Menge Actien zu 70% aufkaufen und setzte sich mit dem Minister Arnim in Verbindung, durch dessen Vermittlung es gelang, die bisherige Redaktion zu verdrängen und die Reform zu einem ultraconservativen Blatte zu machen.</p>
          <p>Das Project der &#x201E;Allgem. demokr. Zeitung&#x201C; hat sich gänzlich zerschlagen, besonders durch die Ungunst der jetzigen Verhältnisse. Ebenso scheint es mit dem vielbesprochenen Organ der Partei Rodbertus nichts zu werden.</p>
        </div>
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          <head>Posen, 27. April.</head>
          <p>Unter den vielen Beamten, welche in Folge der vorjährigen Ereignisse suspendiert sind, und gegen die eine Untersuchung schwebt, befindet sich auch Herr Krotowski (Krauthofer). Derselbe soll dem Staatsanwalt eine Schrift folgenden Inhalts eingereicht haben:</p>
          <p>1) Er werde sich blos in polnischer Sprache auslassen und vertheidigen. Als Defensor wird der Dr. jur. Niegolewski auftreten. Es sollen Geschworne zugezogen werden, die der polnischen Sprache mächtig sind;</p>
          <p>2) der bekannte, vom Königl. Adjutanten General v. Neumann, von Potsdam im April v. J. an den General v. Colomb erlassene Befehl, welcher Letztern ermachtigte, die Polen feindlich anzugreifen, ist <hi rendition="#g">nicht konstitutionell.</hi> Dieser Befehl ist im Staatsministerium nicht berathen worden und <hi rendition="#g">von keinem Minister contrasignirt.</hi> Zur Begründung dieser Behauptung hat Krotowski <hi rendition="#g">den König,</hi> die Minister und den General Neuman als Zeugen vorgeschlagen, und stellt den Antrag, diese Zeugen zum Verhandlungstermin nach Posen vorzuladen. Und wenn auch Manche behaupten, daß dem Könige nach der oktroyirten Verfassung vom 5. Dec. das Recht des Krieges allein zusteht, so muß doch berücksichtigt werden, daß die Verfassung beim Erlaß des Neumann'schen Befehls noch nicht existirte und daß ferner der Krieg im Posenschen eine <hi rendition="#g">reine Verwaltungsmaaßregel</hi> war, die durchaus alle Stadien der constitutionellen Formen durchmachen muß, zumal die damaligen Minister durch eine Erklärung sich verantwortlich machten. &#x2012; Auf jeden Fall dürften die Verhandlungen des Krotowski'schen Prozesses sehr interessante Momente liefern. Krotowski ist ein tüchtiger Jurist, hat viel Redetalent und Energie.</p>
          <p>&#x2012; 28. April. Heute ist der &#x201E;Wielkopolanin&#x201C; (Großpole) zur Erinnerung an die Mord- und Brandscenen von Xions am 29. April v. J. in blutrother Schrift erschienen.</p>
        </div>
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          <head>Domnau, 25. April.</head>
          <p>Zwischen dem in unserer Nähe wohnenden Gutsbesitzer Petter und seinen Instleuten bestanden seit längerer Zeit Differenzen, die zuletzt einen sehr ernsthaften Charakter annahmen. Es kam am 19. d. M. zu Thätlichkeit und Gutsbesitzer Peter erlitt solche Mißhandlungen daß er gestern in Folge derselben in Königsberg verschieden ist.</p>
          <bibl>(N. K. Z.)</bibl>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 28. April.</head>
          <p>Wieder eine standrechtliche Verurtheilung datirt von gestern. Sie betrifft einen gewissen Steiger aus Straßburg, Graveur, 27 Jahr alt, der am Oktoberaufstande betheiligt, auf dringende Verwendung der französischen Gesandtschaft am 12. Dezember vorigen Jahres auf die Eisenbahn gebracht wurde, um in seine Heimath spe<gap reason="illegible"/>irt zu werden. Er kehrte jedoch um, blieb in Wien und ist jetzt zu 4jähriger Schanzarbeit verurtheilt, jedoch zu 2jähriger Schanzarbeit begnadigt worden.</p>
          <p>Aus Kremnitz sind hier zwei Kisten mit Gold, Silber und Banknoten, im Gesammtbetrage von 200,000 fl. C. M. unter Begleitung eines dortigen Bergwerks-Beamten und angemessener militärischer Bedeckung, auf der Eisenbahn hier angelangt.</p>
          <p>Gestern wurden uber Veranlassung der k. k. Militär-Untersuchungs-Commission der Medicinae Doctor Völkl und der bekannte Mitarbeiter der &#x201E;Constitution,&#x201C; Hrzka, in Verhaft genommen.</p>
          <p>Nach der &#x201E;Gratzer Zeitung&#x201C; sind 2 Kavallerie-Regimenter von der italienischen Armee zur Verstärkung der ungarischen unterwegs und theilweise schon im Durchmarsch durch Kärnthen begriffen.</p>
          <p>Von <hi rendition="#g">Görgei's</hi> kühnem Zug nach Comorn erzählt man manche Wagstücke der Husaren. So schwamm Görgei unter Neuhausel mit 800 Husaren über den Fluß Neutra, eröffnete die Verbindung mit Comorn und brachte allsogleich die bis dahin eingeschmuggelten 200 Ochsen in die Festung, ein Theil seines Corps aber, nach dem Gefecht bei Scharlo, Proviant und Holz, an welchem letztern es besonders mangelte. Nach Austausch der Truppen ging diese Abtheilung nach Leva zurück; Görgei soll aber mehrere Tage in der Festung geblieben seyn.</p>
          <bibl>(A Z.)</bibl>
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          <head><bibl><author>076</author></bibl> Dresden, 29. April.</head>
          <p>Daß die fürstlichen Herren ein Treibjagen auf die Kammern verabredet haben, sehen jetzt auch die Blödsichtigen. Zuerst haben Hannover und Preußen ihren Boden gereinigt. Die sächsische Regierung hätte gerne die Verwilligung des von der 2ten Kammer beschlossenen Steuerprovisoriums bis September durch die 1te Kammer abgewartet. Doch scheinen verschärfte Befehle vom russischen Oberknas in Potsdam und dem olmutzer Dalai-Lama eingetroffen zu sein. Während noch gestern früh ein von dem Ministerpräsidenten unterzeichnetes Rescript die Ernennung königlicher Kommissarien, welche am Montage mit einer Kammerdeputation zur Berathung über Militärsachen zusammentreten sollten, dem Präsidenten der 2ten Kammer anzeigte, erhielten beide Kammerpräsidenten heute ein königliches Dekret, folgenden Inhalts: Seine königliche Majestät haben Sich bewogen gefunden, die dermalen versammelten Kammern des Königreichs nach §. 116 der Verfassungsurkunde, und §.9 des provisorischen Gesetzes vom 15. Nov. 1848 aufzulösen. Solches wird hiermit bekannt gemacht. Gegeben zu Dresden, am 28. April 1849. Friedrich August. &#x2012; Dr. Gustav Friedrich Held. Friedrich Ferdinand Freiherr von Beuft. Karl Wolf von Ehrenstein. Dr. Christian Albert Weinlig. Bernhard Rabenhorst, zugleich mit dem Ersuchen zugefertigt, dasselbe den Mitgliedern der Kammern zu notifiziren.&#x201C; &#x2012; Man hat sich nicht einmal die Zeit gelassen, oder nicht erst die Mühe gegeben, bei dieser Auflösung die Formen der provisorischen Geschäftsordnung zu beobachten, welche die §§. 170 und 171 ausdrücklich vorschreiben, daß das Auflösungsdekret in beiden Kammern von einem königlichen Kommissarius vorgelesen werden muß, welcher die Sitzungen im Namen des Königs für geschlossen erklärt. &#x2012; &#x201E;Außer der Zeit des Landtags&#x201C;, also während der Vertagung der Kammern, soll die Auflösung durch eine königl., von sämmtlichen Mitgliedern des Gesammtministeriums kontrasignirte Verordnung erfolgen. Letzteres ist im vorliegenden Falle geschehen. Wahrscheinlich werden die Mitglieder der Kammern, von denen der großte Theil heute wegen des Sonntags abwesend ist, sich morgen zur gewöhnlichen Zeit ins Sitzungslokal begeben und dasselbe geschlossen finden. &#x2012; Das Ministerium hat eine Proklamation ans sächsische Volk in Druck, (ist bereits erschienen) welche die Gutgesinnten über die Gründe der Maßregel aufklären will. &#x2012; Den Frankfurtern wird auf diese Weise eine Stufe nach der andern unter den Füßen weggezogen. &#x2012; Bald werden sie mit der Nase platt im Staube liegen. &#x2012; Hier bringt man hin und wieder die Kammerauflösung mit der Anwesenheit des Fürsten Schwarzenberg, Bruders des österreichischen Ministerpräsidenten, in Verbindung. Die deutschen Herrscher müssen sich und die Lage setzen, nöthigenfalls gegen die Ungarn und Böhmen zu interveniren. Preußen zieht ja schon Truppen an der böhmischen Gränze zusammen. &#x2012; Der französische Michel gegen Italien, der deutsche gegen Ungarn, so erfüllen beide ihre weltgeschichtliche Aufgabe.</p>
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          <head><bibl><author>14</author></bibl> Aus Thüringen, 28. April.</head>
          <p>Als im vorigen Jahre die verschworenen Landesväter unter der Firma des reichsverwesenden Centralmichels jeden ihrer getreuen Unterthanen der Obhut eines Reichsgensd'armen anvertrauten, um ihnen das Gift der Demokratie durch häufige Aderlässe abzuzapfen, glaubte auch das Weimar'sche Errungenschaftsministerium, die &#x201E;der wahren Freiheit so gefährlichen&#x201C; Republikaner mit einem Schlage vernichten zu können. Burger <hi rendition="#g">Watzdorf,</hi> der demokratische Diplomat, sandte eine Reichsarmee von 2000 M aller Waffengattungen nach Jena und ließ den Kreisausschuß nach einer Hertzjagd in der Manier &#x201E;Meines herrlichen Kriegsheers&#x201C; in Ketten und Banden im Triumph nach Weimar abführen.</p>
          <p>Der Spaß hätte den guten Märzministern schlecht bekommen können, denn unsere Thüringer Bauern sind ein handfestes Völklein und haben noch eine ächte Vollblutsader vom alten <hi rendition="#g">Bundschuh.</hi> Durch Zufall und durch schlaue Thätigkeit der niedern Beamtenpolizei gelang der Streich, und in ihrem olmützisch-standrechtlichen Selbstbewußtsein glaubten die Hoflakeien der Schlange den Kopf zertreten zu haben.</p>
          <p>In der That benutzte der <hi rendition="#g">Volksverein,</hi> ein kraft- und saftloses Spießbürger-Quovlidet, die Wehrlosigkeit der Eingekerkerten, um die demokratischen Landvereine durch allerlei Vorspiegelungen, infame Lügen und Verleumdungen, an sich zu ziehen. Dieser Volksverein gehört mit zu den ärgsten Jämmerlichkeiten unter den &#x201E;Märzerrungenschaften.&#x201C; Früher nannten sie sich selbst die &#x201E;Farblosen&#x201C; und als dieses bezeichnende Aushängeschild nicht ziehen wollte, die &#x201E;wahren Demokraten&#x201C;. Unter &#x201E;wahren Demokraten&#x201C; verstanden und verstehen sie zum Unterschiede von den Republikanern diejenigen, die um Staatsverfassungen überhaupt sich nicht kümmern, sondern jede Regierung, sei sie auch noch so manteuffelisch, unterstützen, sobald sie sich herabläßt, sich mit ihnen in Gnaden von &#x201E;breiter Grundlage&#x201C; zu unterhalten. Dabei sind sie jedoch perfide genug gewesen, solche Landvereine aufzunehmen, die ihnen das republikanische Programm des gesprengten demokratischen Vereins als das ihrige vorlegten. Sie nennen diesen Betrug &#x201E;<hi rendition="#g">Duldsamkeit</hi>&#x201C;; sie wollen, daß Alles sich unter ihrer harmlosen Fahne zu nichtswürdiger Professorenpolitik vereinige, sie wünschen, Jedermanns Freund zu sein und zu bleiben.</p>
          <p>Der demokratische Verein zu Jena, der sich zum Verdruß der von der Reichsgensd'armerie entblös'ten Minister, nach der Entlassung <hi rendition="#g">G. Rothe's</hi> aus dem Kerker, auf's Neue konstituirt hat, erklärte auf dem Kongreß der März- und Volksvereine zu Opolda, am 9. April, daß er es für einen Verrath an seiner Sache halte, wenn er durch ein Anschließen an die gesetzboden- und adressengewaltige Vermittlerpatei sich selbst seiner Thatkraft berauben wollte. Die Adreß- und Petitionshelden erhoben viel Geschrei über &#x201E;Unvernunft&#x201C;, &#x201E;Zersplitterung&#x201C;, &#x201E;deutsche Einheit&#x201C; und was dgl. Phrasen mehr sind. Der demokratische Verein begann aber, unbekümmert um das honette Geplärr, seine Organisation und wuchs binnen 8 Tagen von 112 auf 224 Mitglieder.</p>
          <p>Auf die Kunde, daß der &#x201E;Donnersberg&#x201C; aus dem Centralmärzschneewasser-Verein ausgeschieden, beschloß der hiesige demokratische Verein eine Adresse &#x201E;an die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung, Klub Donnersberg, in Frankfurt a. M.&#x201C; abgehen lassen, aus der ich Ihnen folgende Stellen mittheile:</p>
          <p>&#x201E;Bürger. Zu unserer Freude und Genugthuung haben wir vernommen, daß Ihr endlich den Schritt gethan habt, den die Vertreter unserer Partei thun <hi rendition="#g">mußten,</hi> wenn sie nicht sich selbst und die Zukunft der Demokratie aufgeben wollten.</p>
          <p>Die Zeit der Unterhandlungen ist vorüber. Die Feinde der Freiheit selbst, ehrlicher als ihre falschen Freunde, haben den Weg einer unnatürlichen Vereinbarung abgeschnitten, &#x2012; es nahen die Tage der entscheidenden That.</p>
          <p>In solchen Tagen der Entscheidung aber, glauben wir, sind mehr als unsere offenen Gegner <hi rendition="#g">die Verbündeten</hi> zu fürchten, die im Angesichte des letzten Krieges in dem geschlossenen Heerlager des Feindes um Frieden betteln.</p>
          <p>Solche Verbündete waren es, Bürger, von denen Ihr Euch losgesagt habt.</p>
          <p>&#x2025;&#x2026; Sie haben Bündnisse geschlossen, wo Haß und Feindschaft ihr Losungswort hätte sein müssen. Indem sie Feuer und Wasser zu verbinden sich abmühten, haben sie unseren Feinden es möglich gemacht, ihre Kräfte zu vereinigen und die junge Freiheit mit völliger Vernichtung zu bedrohen. Und jetzt, im Nahen des Kampfes, der über Sein oder Nichtsein der Völkerfreiheit entscheiden wird, &#x2012; jetzt kennen sie keine andere rettende That, als die Mahnung an's Volk, <hi rendition="#g">Worte</hi> und ewig <hi rendition="#g">Worte</hi> und papierne Adressen zu machen und auf dem Wege des &#x201E;Gesetzes&#x201C; und des &#x201E;Rechtes&#x201C; zu beharren &#x2012; in dem Augenblick, wo unsere standrechtstrunkenen Gegner kein anderes Gesetz mehr kennen, als das freiheitsschänderische Gesetz &#x201E;von Gottes Gnaden&#x201C;, kein anderes Recht, als das <hi rendition="#g">bluttriefende Fürstenrecht.</hi> </p>
          <p>Darum fort mit solchen Freunden! Damit endlich ein Geist des Muthes und der Entschlossenheit unser Lager durchwehe, der uns zwar die einzige Wahl übrigläßt zwischen Sieg und Untergang, uns aber nicht der Gefahr preisgibt, durch muthloses Verhandeln verrätherisch dem Feinde überliefert zu werden.&#x2026;</p>
          <p>So schreitet rüstig vorwärts, Bürger, auf der Bahn, die Ihr betreten habt &#x2012; sie ist die einzige, die uns zum Ziele führt.&#x201C;</p>
          <p>Jena, 26. April 1849.</p>
          <p>Der demokratische Verein.</p>
          <p>Nächstens wird sich wieder ein Kreisausschuß konstituiren, um bei der Landbevölkerung den usurpirten Einfluß der passi-
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[1630/0002] Koblenz, 1. Mai. Auf den Batterieen, in den Magazinen und Depots ist Seitens unseres Militärkommando's augenblicklich eine große Thätigkeit bemerkbar, daher das Gerücht von einer Armirung unserer Festungswerke wahrscheinlich wird. Auch hat man schon damit begonnen, Geschütze auf die Wälle zu fahren und die Munitionshäuser an den Wallgräben zu versehen. Wagen mit Pulver und Kugeln fahren den ganzen Tag durch die Straßen der Stadt und über die Brücke nach dem Ehrenbreitstein, und in dem Laboratorium werden eine Menge Granaten und Shrappnels gefüllt. Heute trifft auch die im vorigen Sommer von hier nach der französischen Gränze detachirte Batterie der 8. Brigade wieder hier ein, und soll dieselbe in die Werke der Veste Kaiser Franz (Petersberg) gelegt werden. Es bestätigt sich, daß das auf dem Marsche von Mainz nach Jülich befindlich gewesene 2. Bataillon des 29. Infanterieregiments Gegenbefehl erhielt und nun in Oberwesel, Bacharach und Umgegend einstweilen verbleiben wird. Auch sind gestern und heute sehr viele Rekruten eingetroffen, von welchen ein großer Theil bei der Artillerie eingestellt wurde und die andern zu ihrem Sammelplatz nach St. Goar sich begaben, von wo sie nach Mainz abmarschiren sollen. (Nh.- u. M.-Z.) 103 Krefeld, 1. Mai. Die neueste „rettende That“ unseres Standrechtsministeriums hat endlich auch hier ihre Früchte getragen. Das Brandenburgische dreimalige „Niemals“ war es, was unsere Krämerseelen und Seidenwürmer zuerst vor den Kopf stieß. Mit Ausnahme der Mitglieder des Preußenvereines, denen natürlich Alles, was der Gottbegnadete thut, wohlgethan ist, erregte diese so lange zurückgehaltene Erklärung allgemeine Unzufriedenheit, und man hörte schon häufig den ci-devant deutschen Kaiser mit eben nicht schmeichelhaften Beiworten belegen. Indeß hätte sich dieses Mißvergnügen wohl bald wieder gelegt, wenn nicht Manteuffel dafür gesorgt hätte, daß der Funke zur Flamme wurde. Die Auflösung der Kammer, das niederträchtige Metzeln unter dem wehrlosen Volke hat unserem seidenumsponnenen Philister endlich die Augen geöffnet, und mit Schrecken sieht er, was er selbst zu erwarten hat von der väterlichen Huld und Liebe des Gottbegnadeten und seiner raubritterlichen Clique. Sein eigenes Ich kommt in Gefahr, er ermannt sich: und so erlebten wir gestern das in Krefeld gewiß noch nie dagewesene Schauspiel, daß wohl tausend Männer unter Absingen der Marseillaise durch die Straßen zogen und der Republik ein mehrmaliges Hoch brachten. Kein „Junker,“ kein Bourgeois-Gardist wagte dieser Demonstration entgegenzutreten. Auf heute Abend ist eine Volksversammlung angesagt, wo, wie ich höre, namentlich die Landwehrmänner mit der Erklärung auftreten wollen, daß sie die deutsche Verfassung aufs Entschiedenste vertheidigen, dagegen den Befehlen der jetzigen Regierung nicht gehorchen würden. Auch beabsichtigt man einen Zug en masse nach Düsseldorf zu machen, um von der dortigen Regierung zu verlangen, dem Gottbegnadeten von der gefährlichen Stimmung seiner Allergetreuesten Nachricht zu geben. Wie naiv! Kennen denn die Leute noch nicht jenen Kernspruch: „Bist du Gottes Sohn, so hilf dir selbst?“ * Berlin, 30. April. Wie man die unangenehmste Errungenschaft des März, wie man das allgemeine Wahlrecht ändern soll, das ist die Frage, welche Minister und geheime Rathgeber des Königs am meisten beschäftigt. Es laufen natürlich merkwürdige Gerüchte daruber um, es scheint aber als sei man selbst in diesen höchsten Regionen noch nicht einig, was zu thun. Man sieht einerseits, daß das jetzige System mit dem allgemeinen Wahlrecht nicht bestehen kann, es ist auf der andern Seite schwer, die religiösen Bedenken des Königs über heilige Versprechungen und dergl. mehr zu überwinden. Eine Fraction der jetzt regierenden Parthei, welcher z. B. der Finanzminister v. Rabe angehört, ist der Ansicht, man müsse es noch einmal mit dem alten Wahlmodus versuchen und nur durch die gewöhnlichen constitutionellen Mittel der Corruption, durch Bestechung sowohl als durch die Perspective lohnender Aemter eine fügsamere Kammer zu erlangen sich bestreben. Andere wollen dagegen eine genauere und strengere Interpretation des Wortes „selbstständig“. Man glaubt mit Recht, daß man dadurch den Census umgeht ohne durch den gehässigen Anstrich eines solchen zu leiden. Die Versprechungen des Königs, wird ferner gesagt, sind dann nicht verletzt, das allgemeine Wahlrecht besteht nach wie vor. Aehnlich räsonnirt die Partei, welche zu den homöopathischen Wahlkuren ihre Zuflucht nehmen will, wie sie Graf Arnim-Boitzenburg in seiner bekannten Brochüre dargelegt hat. Das Volk wird in zwei Wahlklassen getheilt und es wählen die Besitzlosen erst Wahlmänner, welche gleiche Rechte mit den Urwählern der besitzenden Klasse haben und mit diesen zusammen die eigentlichen Wahlmänner zur Wahl der Abgeordneten bestimmen. Oder man theilt das ganze Volk nach den direkten Steuersätzen in mehrere Klassen, deren jede eine gleiche Anzahl Wahlmänner wählt, so daß die Höchstbesteuerten schon an und für sich Wahlmänner sind. Endlich ist, wie wir aus sicherer Quelle erfahren, noch ein Projekt aufgestellt worden und soll, so hört man, sehr viel Beifall und Billigung gefunden haben, so daß wir vielleicht gerade für diesen Modus sehr viel Aussicht hätten. Die Wahlmänner müssen bekanntlich in dem Wahlbezirk ihren Wohnsitz haben. Das klingt ganz ungefährlich, ja man wird es dadurch plausible machen, daß man dem Volk sagt, nur die, welche unter ihm wohnten, könnten seine Interessen wahrnehmen. Einerseits aber wird der Weg zu weiteren, die Wahl beschränkenden Maßregeln gerade hierdurch sehr leicht gemacht, andererseits sind eine Anzahl politisch bekannter Männer ausgeschlossen, welche das Unglück haben in reactionaren Orten zu wohnen. Wir erinnern nur an Jacobi, Reuter, Rodbertus, Ziegler u. A. Wenn man auch hoffen d rf, daß das Volk schon vor der Wahl ein unparlamentarisches Veto einlegt, so wird es doch die Pflicht der Presse sein, auf die vielen Schlingen und Fallen aufmerksam zu machen, die man ihm zur Wahl zu legen denkt. Es ist in mehreren Blättern erzählt worden, die Mitglieder der Linken in der weiland II. Kammer hätten Ausweisungsbefehle erhalten. Wir können versichern, daß das nicht wahr ist. Eine große Anzahl der Abg. befinden sich noch immer hier. Mit Bucher ist auch Reuter nach Frankfurt a. M. gegangen. Wir sagten schon, daß das Ministerium in seinem Schooße die Energie und die Kraft nicht gefunden hat, deren es bedurfte, um die Schritte der letzten Tage zu thun, daß derselbe Mann, welcher schon im Novbr. v. J. die Fäden der Contrerevolution in der Hand hielt und die Drahtpuppen nach seinem Gutdünken leitete, daß Hr. Radowitz das Orakel des Hofes auch jetzt wieder gewesen ist. Am Abend des Mittwoch kam Radowitz hier an und wurde sogleich vom König zur Audienz gezogen. Er brachte die Nachrichten aus Frankfurt mit, welche energische Beschlüsse erwarten ließen und gab den Rath, der Kammern sich zu entledigen, um ungehindert handeln zu können und alsdann mit Frankfurt zu brechen. In beiden Angelegenheiten ist man ihm gefolgt, die gestrige Note an Herrn Camphausen, der also schmählicherweise noch immer der Bevollmächtigte dieses Ministeriums ist, hat gezeigt, daß Preußen entschlossen in, die März Revolution mit Stumpf und Stiel auszurotten. Radowitz steht in genauester Verbindung mit der ganzen, ultramontanen Partei überhaupt und besonders mit dem Jesuiten General Pater Roothan. Es ist eigenthümlich, daß das Volk dem Militär bis jetzt noch keinen eigentlichen Widerstand entgegengestellt hat, ja daß es bis jetzt noch nicht ein Mal dahin gekommen ist, daß die Leute bewaffnet erschienen. Die Behörden erwarten indessen bald einen bedeutenden Losbruch und haben alle ihre Vorkehrungen getroffen. „Die Kugeln sind im Gewehr, die Schwerdter scharf geschliffen!“ Wrangel erwartet mit Sehnsucht den Augenblick, in welchem er sich neue Rittersporen verdienen kann. Sollte es in Berlin zum Kampfe kommen, so dürften sich die Verhältnisse jetzt ganz anders gestalten als am 18. März. Der König ist nicht in Berlin. Der General Wrangel st ganz der rohe, brutale Corporal, dem es gleichgültig sein wird, ob er die ganze Stadt zusammenschießt und Tausende massakrirt, wenn nur Ruhe und Ordnung wieder hergestellt wird. Die Lorbeeren des Windischgrätz ließen ihn schon lange nicht schlafen. Man hat endlich 20,000 Mann Soldaten und etwa 60 Geschütze zur Verfügung, und kann, wenn es nöthig sein sollte, noch Verstärkungen an sich ziehen. Sollte es also zu früh zum Kampf kommen, so wird Berlin das Schicksal Brescia's oder Genua's erleben. Es würde aber selbst das noch vortheilhafter wirken, als eine zweite Auflage des passiven Widerstandes. Die geheime Polizei hat jetzt ihre goldenen Tage. Man kann sich hier vor diesen Mouchards gar nicht genug in Acht nehmen und es werden täglich von den ehrenwerthen Freunden Manteuffels und Hinkeldey's neue werthvolle Fänge gemacht. An jedem öffentlichen Orte, in allen Gasthäusern treiben sie sich jetzt herum und wehe dem, dessen Lippen irgend eine unvorsichtige Aeußerung entschlüpft. Es bestätigt sich immer mehr, daß man mit dem „aimablen“ König von Dänemark Frieden à tout prix schließen wird, um völlig freie Hand zu bekommen. Mit dem Verkauf der „Deutschen Reform“ an die Geheime Ober-Hof-Buchdruckerei verhält es sich eigenthümlich. Das Blatt wurde in den höheren Kreisen Oestreichs sehr viel gelesen und war auch recht gut gesinnt, bis auf zwei Fragen, die magyarische und die deutsche. Hr. Prokesch, der östreichische Gesandte, ließ nun unter der Hand eine Menge Actien zu 70% aufkaufen und setzte sich mit dem Minister Arnim in Verbindung, durch dessen Vermittlung es gelang, die bisherige Redaktion zu verdrängen und die Reform zu einem ultraconservativen Blatte zu machen. Das Project der „Allgem. demokr. Zeitung“ hat sich gänzlich zerschlagen, besonders durch die Ungunst der jetzigen Verhältnisse. Ebenso scheint es mit dem vielbesprochenen Organ der Partei Rodbertus nichts zu werden. Posen, 27. April. Unter den vielen Beamten, welche in Folge der vorjährigen Ereignisse suspendiert sind, und gegen die eine Untersuchung schwebt, befindet sich auch Herr Krotowski (Krauthofer). Derselbe soll dem Staatsanwalt eine Schrift folgenden Inhalts eingereicht haben: 1) Er werde sich blos in polnischer Sprache auslassen und vertheidigen. Als Defensor wird der Dr. jur. Niegolewski auftreten. Es sollen Geschworne zugezogen werden, die der polnischen Sprache mächtig sind; 2) der bekannte, vom Königl. Adjutanten General v. Neumann, von Potsdam im April v. J. an den General v. Colomb erlassene Befehl, welcher Letztern ermachtigte, die Polen feindlich anzugreifen, ist nicht konstitutionell. Dieser Befehl ist im Staatsministerium nicht berathen worden und von keinem Minister contrasignirt. Zur Begründung dieser Behauptung hat Krotowski den König, die Minister und den General Neuman als Zeugen vorgeschlagen, und stellt den Antrag, diese Zeugen zum Verhandlungstermin nach Posen vorzuladen. Und wenn auch Manche behaupten, daß dem Könige nach der oktroyirten Verfassung vom 5. Dec. das Recht des Krieges allein zusteht, so muß doch berücksichtigt werden, daß die Verfassung beim Erlaß des Neumann'schen Befehls noch nicht existirte und daß ferner der Krieg im Posenschen eine reine Verwaltungsmaaßregel war, die durchaus alle Stadien der constitutionellen Formen durchmachen muß, zumal die damaligen Minister durch eine Erklärung sich verantwortlich machten. ‒ Auf jeden Fall dürften die Verhandlungen des Krotowski'schen Prozesses sehr interessante Momente liefern. Krotowski ist ein tüchtiger Jurist, hat viel Redetalent und Energie. ‒ 28. April. Heute ist der „Wielkopolanin“ (Großpole) zur Erinnerung an die Mord- und Brandscenen von Xions am 29. April v. J. in blutrother Schrift erschienen. Domnau, 25. April. Zwischen dem in unserer Nähe wohnenden Gutsbesitzer Petter und seinen Instleuten bestanden seit längerer Zeit Differenzen, die zuletzt einen sehr ernsthaften Charakter annahmen. Es kam am 19. d. M. zu Thätlichkeit und Gutsbesitzer Peter erlitt solche Mißhandlungen daß er gestern in Folge derselben in Königsberg verschieden ist. (N. K. Z.) * Wien, 28. April. Wieder eine standrechtliche Verurtheilung datirt von gestern. Sie betrifft einen gewissen Steiger aus Straßburg, Graveur, 27 Jahr alt, der am Oktoberaufstande betheiligt, auf dringende Verwendung der französischen Gesandtschaft am 12. Dezember vorigen Jahres auf die Eisenbahn gebracht wurde, um in seine Heimath spe_ irt zu werden. Er kehrte jedoch um, blieb in Wien und ist jetzt zu 4jähriger Schanzarbeit verurtheilt, jedoch zu 2jähriger Schanzarbeit begnadigt worden. Aus Kremnitz sind hier zwei Kisten mit Gold, Silber und Banknoten, im Gesammtbetrage von 200,000 fl. C. M. unter Begleitung eines dortigen Bergwerks-Beamten und angemessener militärischer Bedeckung, auf der Eisenbahn hier angelangt. Gestern wurden uber Veranlassung der k. k. Militär-Untersuchungs-Commission der Medicinae Doctor Völkl und der bekannte Mitarbeiter der „Constitution,“ Hrzka, in Verhaft genommen. Nach der „Gratzer Zeitung“ sind 2 Kavallerie-Regimenter von der italienischen Armee zur Verstärkung der ungarischen unterwegs und theilweise schon im Durchmarsch durch Kärnthen begriffen. Von Görgei's kühnem Zug nach Comorn erzählt man manche Wagstücke der Husaren. So schwamm Görgei unter Neuhausel mit 800 Husaren über den Fluß Neutra, eröffnete die Verbindung mit Comorn und brachte allsogleich die bis dahin eingeschmuggelten 200 Ochsen in die Festung, ein Theil seines Corps aber, nach dem Gefecht bei Scharlo, Proviant und Holz, an welchem letztern es besonders mangelte. Nach Austausch der Truppen ging diese Abtheilung nach Leva zurück; Görgei soll aber mehrere Tage in der Festung geblieben seyn. (A Z.) 076 Dresden, 29. April. Daß die fürstlichen Herren ein Treibjagen auf die Kammern verabredet haben, sehen jetzt auch die Blödsichtigen. Zuerst haben Hannover und Preußen ihren Boden gereinigt. Die sächsische Regierung hätte gerne die Verwilligung des von der 2ten Kammer beschlossenen Steuerprovisoriums bis September durch die 1te Kammer abgewartet. Doch scheinen verschärfte Befehle vom russischen Oberknas in Potsdam und dem olmutzer Dalai-Lama eingetroffen zu sein. Während noch gestern früh ein von dem Ministerpräsidenten unterzeichnetes Rescript die Ernennung königlicher Kommissarien, welche am Montage mit einer Kammerdeputation zur Berathung über Militärsachen zusammentreten sollten, dem Präsidenten der 2ten Kammer anzeigte, erhielten beide Kammerpräsidenten heute ein königliches Dekret, folgenden Inhalts: Seine königliche Majestät haben Sich bewogen gefunden, die dermalen versammelten Kammern des Königreichs nach §. 116 der Verfassungsurkunde, und §.9 des provisorischen Gesetzes vom 15. Nov. 1848 aufzulösen. Solches wird hiermit bekannt gemacht. Gegeben zu Dresden, am 28. April 1849. Friedrich August. ‒ Dr. Gustav Friedrich Held. Friedrich Ferdinand Freiherr von Beuft. Karl Wolf von Ehrenstein. Dr. Christian Albert Weinlig. Bernhard Rabenhorst, zugleich mit dem Ersuchen zugefertigt, dasselbe den Mitgliedern der Kammern zu notifiziren.“ ‒ Man hat sich nicht einmal die Zeit gelassen, oder nicht erst die Mühe gegeben, bei dieser Auflösung die Formen der provisorischen Geschäftsordnung zu beobachten, welche die §§. 170 und 171 ausdrücklich vorschreiben, daß das Auflösungsdekret in beiden Kammern von einem königlichen Kommissarius vorgelesen werden muß, welcher die Sitzungen im Namen des Königs für geschlossen erklärt. ‒ „Außer der Zeit des Landtags“, also während der Vertagung der Kammern, soll die Auflösung durch eine königl., von sämmtlichen Mitgliedern des Gesammtministeriums kontrasignirte Verordnung erfolgen. Letzteres ist im vorliegenden Falle geschehen. Wahrscheinlich werden die Mitglieder der Kammern, von denen der großte Theil heute wegen des Sonntags abwesend ist, sich morgen zur gewöhnlichen Zeit ins Sitzungslokal begeben und dasselbe geschlossen finden. ‒ Das Ministerium hat eine Proklamation ans sächsische Volk in Druck, (ist bereits erschienen) welche die Gutgesinnten über die Gründe der Maßregel aufklären will. ‒ Den Frankfurtern wird auf diese Weise eine Stufe nach der andern unter den Füßen weggezogen. ‒ Bald werden sie mit der Nase platt im Staube liegen. ‒ Hier bringt man hin und wieder die Kammerauflösung mit der Anwesenheit des Fürsten Schwarzenberg, Bruders des österreichischen Ministerpräsidenten, in Verbindung. Die deutschen Herrscher müssen sich und die Lage setzen, nöthigenfalls gegen die Ungarn und Böhmen zu interveniren. Preußen zieht ja schon Truppen an der böhmischen Gränze zusammen. ‒ Der französische Michel gegen Italien, der deutsche gegen Ungarn, so erfüllen beide ihre weltgeschichtliche Aufgabe. 14 Aus Thüringen, 28. April. Als im vorigen Jahre die verschworenen Landesväter unter der Firma des reichsverwesenden Centralmichels jeden ihrer getreuen Unterthanen der Obhut eines Reichsgensd'armen anvertrauten, um ihnen das Gift der Demokratie durch häufige Aderlässe abzuzapfen, glaubte auch das Weimar'sche Errungenschaftsministerium, die „der wahren Freiheit so gefährlichen“ Republikaner mit einem Schlage vernichten zu können. Burger Watzdorf, der demokratische Diplomat, sandte eine Reichsarmee von 2000 M aller Waffengattungen nach Jena und ließ den Kreisausschuß nach einer Hertzjagd in der Manier „Meines herrlichen Kriegsheers“ in Ketten und Banden im Triumph nach Weimar abführen. Der Spaß hätte den guten Märzministern schlecht bekommen können, denn unsere Thüringer Bauern sind ein handfestes Völklein und haben noch eine ächte Vollblutsader vom alten Bundschuh. Durch Zufall und durch schlaue Thätigkeit der niedern Beamtenpolizei gelang der Streich, und in ihrem olmützisch-standrechtlichen Selbstbewußtsein glaubten die Hoflakeien der Schlange den Kopf zertreten zu haben. In der That benutzte der Volksverein, ein kraft- und saftloses Spießbürger-Quovlidet, die Wehrlosigkeit der Eingekerkerten, um die demokratischen Landvereine durch allerlei Vorspiegelungen, infame Lügen und Verleumdungen, an sich zu ziehen. Dieser Volksverein gehört mit zu den ärgsten Jämmerlichkeiten unter den „Märzerrungenschaften.“ Früher nannten sie sich selbst die „Farblosen“ und als dieses bezeichnende Aushängeschild nicht ziehen wollte, die „wahren Demokraten“. Unter „wahren Demokraten“ verstanden und verstehen sie zum Unterschiede von den Republikanern diejenigen, die um Staatsverfassungen überhaupt sich nicht kümmern, sondern jede Regierung, sei sie auch noch so manteuffelisch, unterstützen, sobald sie sich herabläßt, sich mit ihnen in Gnaden von „breiter Grundlage“ zu unterhalten. Dabei sind sie jedoch perfide genug gewesen, solche Landvereine aufzunehmen, die ihnen das republikanische Programm des gesprengten demokratischen Vereins als das ihrige vorlegten. Sie nennen diesen Betrug „Duldsamkeit“; sie wollen, daß Alles sich unter ihrer harmlosen Fahne zu nichtswürdiger Professorenpolitik vereinige, sie wünschen, Jedermanns Freund zu sein und zu bleiben. Der demokratische Verein zu Jena, der sich zum Verdruß der von der Reichsgensd'armerie entblös'ten Minister, nach der Entlassung G. Rothe's aus dem Kerker, auf's Neue konstituirt hat, erklärte auf dem Kongreß der März- und Volksvereine zu Opolda, am 9. April, daß er es für einen Verrath an seiner Sache halte, wenn er durch ein Anschließen an die gesetzboden- und adressengewaltige Vermittlerpatei sich selbst seiner Thatkraft berauben wollte. Die Adreß- und Petitionshelden erhoben viel Geschrei über „Unvernunft“, „Zersplitterung“, „deutsche Einheit“ und was dgl. Phrasen mehr sind. Der demokratische Verein begann aber, unbekümmert um das honette Geplärr, seine Organisation und wuchs binnen 8 Tagen von 112 auf 224 Mitglieder. Auf die Kunde, daß der „Donnersberg“ aus dem Centralmärzschneewasser-Verein ausgeschieden, beschloß der hiesige demokratische Verein eine Adresse „an die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung, Klub Donnersberg, in Frankfurt a. M.“ abgehen lassen, aus der ich Ihnen folgende Stellen mittheile: „Bürger. Zu unserer Freude und Genugthuung haben wir vernommen, daß Ihr endlich den Schritt gethan habt, den die Vertreter unserer Partei thun mußten, wenn sie nicht sich selbst und die Zukunft der Demokratie aufgeben wollten. Die Zeit der Unterhandlungen ist vorüber. Die Feinde der Freiheit selbst, ehrlicher als ihre falschen Freunde, haben den Weg einer unnatürlichen Vereinbarung abgeschnitten, ‒ es nahen die Tage der entscheidenden That. In solchen Tagen der Entscheidung aber, glauben wir, sind mehr als unsere offenen Gegner die Verbündeten zu fürchten, die im Angesichte des letzten Krieges in dem geschlossenen Heerlager des Feindes um Frieden betteln. Solche Verbündete waren es, Bürger, von denen Ihr Euch losgesagt habt. ‥… Sie haben Bündnisse geschlossen, wo Haß und Feindschaft ihr Losungswort hätte sein müssen. Indem sie Feuer und Wasser zu verbinden sich abmühten, haben sie unseren Feinden es möglich gemacht, ihre Kräfte zu vereinigen und die junge Freiheit mit völliger Vernichtung zu bedrohen. Und jetzt, im Nahen des Kampfes, der über Sein oder Nichtsein der Völkerfreiheit entscheiden wird, ‒ jetzt kennen sie keine andere rettende That, als die Mahnung an's Volk, Worte und ewig Worte und papierne Adressen zu machen und auf dem Wege des „Gesetzes“ und des „Rechtes“ zu beharren ‒ in dem Augenblick, wo unsere standrechtstrunkenen Gegner kein anderes Gesetz mehr kennen, als das freiheitsschänderische Gesetz „von Gottes Gnaden“, kein anderes Recht, als das bluttriefende Fürstenrecht. Darum fort mit solchen Freunden! Damit endlich ein Geist des Muthes und der Entschlossenheit unser Lager durchwehe, der uns zwar die einzige Wahl übrigläßt zwischen Sieg und Untergang, uns aber nicht der Gefahr preisgibt, durch muthloses Verhandeln verrätherisch dem Feinde überliefert zu werden.… So schreitet rüstig vorwärts, Bürger, auf der Bahn, die Ihr betreten habt ‒ sie ist die einzige, die uns zum Ziele führt.“ Jena, 26. April 1849. Der demokratische Verein. Nächstens wird sich wieder ein Kreisausschuß konstituiren, um bei der Landbevölkerung den usurpirten Einfluß der passi-

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 288. Köln, 3. Mai 1849, S. 1630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz288_1849/2>, abgerufen am 19.04.2024.