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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

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kehren, worauf Sawa, der sich früher inUnmuth zurückgezo-
gen, die Krönung nach orientalischer Weise wiederholte.
Ueberhaupt zeigte sich der Heilige von nun an äußerst thätig
zur Befestigung seiner Kirche in Serbien, und er wußte er-
worbnes Ansehn und angeborne Gaben so wohl zu benutzen,
daß es ihm gelang, einen gefährlichen Krieg abzuwenden, mit
welchem Andreas von Ungarn das Land bedrohte.

Radoslaw, Wladislaw und Stephan nahmen nun
nach der Reihe dem Königsstuhl ein. Letzterer vertauschte sei-
nen zweyten Namen Dobroslaw, mit den beliebten Zunamen
Urosch und wir finden seiner als Stephan III, Urosch I, der
große König
, gedacht. An diesem Beynamen müssen
wir uns zuvörderst halten, denn in der Zählung der serbi-
schen Fürsten findet eine unglaubliche Verwirrung Statt, was
schon aus dem Umstande erhellt, daß sie unter ihre verschie-
denen Namen verschieden gezählt werden. Unter der Herr-
schaft des großen Königs also war es, als zuerst ein
mächtiges Mongolenheer durch Boßnien und Serbien nach
der Bulgarey zog. Es hatte den König Bela von Un-
garn nach Dalmatien verfolgt, und schritt nun zu neuen Un-1241
ternehmungen. Raub und Verwüstung bezeichneten seine
Spur. Auch mit dem byzantinischen Reiche, war das Ver-
hältniß durch verschiedne Neckereyen gespannt, und ein förm-
licher Bruch zu erwarten. Diesem vorzubeugen, ließ der Kö-
nig bey dem Kaiser Michael Paläologus um seine Tochter An-
na für seinen jüngern Sohn Milutin anhalten. Schon frü-
her hatte er den ältern, Dragutin, mit der ungarischen Prin-
zessin Catharina vermählt, und bey dieser Gelegenheit halb
und halb die Abtretung des Thrones versprochen. Dieß Wort
bereuend, schien ihn bey der jetzigen Heirath die Absicht zu
leiten, dem ältern Bruder in dem jüngern einen Gegner zu
geben. Denn er lief, bey dem Antrage etwas davon verlau-
ten , daß Milutin sein Erbe werden solle. Der Kaiser willigte

kehren, worauf Sawa, der sich früher inUnmuth zurückgezo-
gen, die Krönung nach orientalischer Weise wiederholte.
Ueberhaupt zeigte sich der Heilige von nun an äußerst thätig
zur Befestigung seiner Kirche in Serbien, und er wußte er-
worbnes Ansehn und angeborne Gaben so wohl zu benutzen,
daß es ihm gelang, einen gefährlichen Krieg abzuwenden, mit
welchem Andreas von Ungarn das Land bedrohte.

Radoslaw, Wladislaw und Stephan nahmen nun
nach der Reihe dem Königsstuhl ein. Letzterer vertauschte sei-
nen zweyten Namen Dobroslaw, mit den beliebten Zunamen
Urosch und wir finden seiner als Stephan III, Urosch I, der
große König
, gedacht. An diesem Beynamen müssen
wir uns zuvörderst halten, denn in der Zählung der serbi-
schen Fürsten findet eine unglaubliche Verwirrung Statt, was
schon aus dem Umstande erhellt, daß sie unter ihre verschie-
denen Namen verschieden gezählt werden. Unter der Herr-
schaft des großen Königs also war es, als zuerst ein
mächtiges Mongolenheer durch Boßnien und Serbien nach
der Bulgarey zog. Es hatte den König Bela von Un-
garn nach Dalmatien verfolgt, und schritt nun zu neuen Un-1241
ternehmungen. Raub und Verwüstung bezeichneten seine
Spur. Auch mit dem byzantinischen Reiche, war das Ver-
hältniß durch verschiedne Neckereyen gespannt, und ein förm-
licher Bruch zu erwarten. Diesem vorzubeugen, ließ der Kö-
nig bey dem Kaiser Michael Paläologus um seine Tochter An-
na für seinen jüngern Sohn Milutin anhalten. Schon frü-
her hatte er den ältern, Dragutin, mit der ungarischen Prin-
zessin Catharina vermählt, und bey dieser Gelegenheit halb
und halb die Abtretung des Thrones versprochen. Dieß Wort
bereuend, schien ihn bey der jetzigen Heirath die Absicht zu
leiten, dem ältern Bruder in dem jüngern einen Gegner zu
geben. Denn er lief, bey dem Antrage etwas davon verlau-
ten , daß Milutin sein Erbe werden solle. Der Kaiser willigte

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[XIV/0034] kehren, worauf Sawa, der sich früher inUnmuth zurückgezo- gen, die Krönung nach orientalischer Weise wiederholte. Ueberhaupt zeigte sich der Heilige von nun an äußerst thätig zur Befestigung seiner Kirche in Serbien, und er wußte er- worbnes Ansehn und angeborne Gaben so wohl zu benutzen, daß es ihm gelang, einen gefährlichen Krieg abzuwenden, mit welchem Andreas von Ungarn das Land bedrohte. Radoslaw, Wladislaw und Stephan nahmen nun nach der Reihe dem Königsstuhl ein. Letzterer vertauschte sei- nen zweyten Namen Dobroslaw, mit den beliebten Zunamen Urosch und wir finden seiner als Stephan III, Urosch I, der große König, gedacht. An diesem Beynamen müssen wir uns zuvörderst halten, denn in der Zählung der serbi- schen Fürsten findet eine unglaubliche Verwirrung Statt, was schon aus dem Umstande erhellt, daß sie unter ihre verschie- denen Namen verschieden gezählt werden. Unter der Herr- schaft des großen Königs also war es, als zuerst ein mächtiges Mongolenheer durch Boßnien und Serbien nach der Bulgarey zog. Es hatte den König Bela von Un- garn nach Dalmatien verfolgt, und schritt nun zu neuen Un- ternehmungen. Raub und Verwüstung bezeichneten seine Spur. Auch mit dem byzantinischen Reiche, war das Ver- hältniß durch verschiedne Neckereyen gespannt, und ein förm- licher Bruch zu erwarten. Diesem vorzubeugen, ließ der Kö- nig bey dem Kaiser Michael Paläologus um seine Tochter An- na für seinen jüngern Sohn Milutin anhalten. Schon frü- her hatte er den ältern, Dragutin, mit der ungarischen Prin- zessin Catharina vermählt, und bey dieser Gelegenheit halb und halb die Abtretung des Thrones versprochen. Dieß Wort bereuend, schien ihn bey der jetzigen Heirath die Absicht zu leiten, dem ältern Bruder in dem jüngern einen Gegner zu geben. Denn er lief, bey dem Antrage etwas davon verlau- ten , daß Milutin sein Erbe werden solle. Der Kaiser willigte 1241

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Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/34>, abgerufen am 18.04.2024.