[0293]
Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No 59. Köln, Samstag 29. Juli 1848.
@typejExpedition
@facs0293
Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die H. H. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.
Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.
@typecontents
@facs0293
Uebersicht.
Deutschland. Köln. (Dänisches Komplott gegen die Hamburger Post. ‒ Friedrich VII. und der Jude Hambro). Frankfurt. (Die Thurn-und Taxis'sche Post. ‒ Nationalversammlung vom 26. Juli). Berlin. (Deutschland und Preußen. ‒ Ministerielle Absichten. ‒ Deputation nach Posen. ‒ Civil und Militär. ‒ Die Vossische Zeitung über den eximirten Gerichtsstand). Breslau. (Ein Hofkünstler). Posen. (Mieroslawski abgeführt). Altona. (Deputation nach Frankfurt). Rendsburg. (Erneuerung des Kriegs offiziell). Wiesbaden. (Die Truppen). München. (Steuerverweigerung). Wien. (Rückkehr des Kaisers erwartet. ‒ Ausschußproklamation gegen die Excesse der Nationalgarden).
Holland.
Maestricht. (Befestigung der Stadt. ‒ Beschluß des Stadtraths in Betreff Limburgs und der Frankfurter Nationalversammlung).
Italien.
Mirandola. (Kanonade von Mantua her. ‒ Die Reaktionären in Modena). Florenz. („L'Alba“ über die russische Invasion in die Moldau. ‒ Kriegscomité in Bologna. ‒ Deputirte aus der Romagna. ‒ Oestreichische Plünderung. ‒ Neapolitanischer Courier). Rom Kammerdebatten. ‒ Erklärung Mamiani's). Neapel. (Ministerielles. ‒ Aufständisches. ‒ Abfahrt der Geschwader Englands und Frankreichs. ‒ Entschädigung der Franzosen. ‒ Häupter der Insurgenten gefangen. ‒ Versiegelung einer Druckerei. ‒ Erklärung der „Unione“).
Großbritannien. London. (Parlament). Dublin. (Auflösung der Klubs. ‒ Nation und Felon).
Französische Republik. Paris. (Goudchaux, der National und die Course. ‒ Nationalversammlung. ‒ Vermischtes. ‒ Der Verein des Palais national).
Türkei. Konstantinopel. (Die Donaufürstenthümer. ‒ Rüstung. ‒ Räuberbanden. ‒ Die Pest).
Deutschland.
@xml:id#ar059_001
@typejArticle
@facs0293
[ * ] Köln, 28. Juli.
Wir können unseren Lesern folgenden Brief eines Freundes aus Kopenhagen nicht vorenthalten:
@xml:id#ar059_002
@typejArticle
@facs0293
[ 14 ] Kopenhagen, 23. Juli.
Sie wissen, geehrter Freund, ich bin nie ein großer Patriot gewesen, habe nie in der deutschen Geschichte viel Glorie und Herrlichkeit entdecken können, und
Schleswig-Holstein stammverwandt
Blieb mir immer unbekannt.
Aber soviel ist gewiß, wenn ich kein Deutscher wäre, so möchte ich wenigstens um Alles in der Welt kein Däne sein. Ich wünschte nur, die christlich-germanischen Ritter von der Contrerevolution, die Herren Bincke, Radowitz, Lychnowski und Consorten kämen einmal herüber nach Dänemark; sie würden sofort den Krieg einstellen und Gott danken, wenn die Dänen Schleswig nur behielten. Denn hier, im frommen Lande Dänemark, hier blüht noch die alte Zucht und Sitte, die in Deutschland vom Gift französischer Verderbtheit angenagt, vom Sturmwind gottloser Revolutionen erschüttert worden ist. Hier finden Sie eine tüchtige Büreaukratie, einen mächtigen Adel, einen ehrsamen, zünftigen Bürgerstand, kernhafte Bauern, ein kräftiges Ständewesen, unerschütterliche Treue gegen den Fürsten, hier finden Sie wenig Talent und viel Charakter, Gastfreiheit, Biederkeit, Familiensinn, Gemüthlichkeit und Behäbigkeit im vollsten Maße. In der That, muß man nicht wünschen, daß Schleswig bei Dänemark bleibt, damit es den modernen, verwerflichen, leider auch in Deutschland mächtigen revolutionären Einflüssen entzogen werde? Dänemark ist das Land, wo ein deutscher kontrerevolutionärer Patriot unpatriotisch, wo ein unpatriotischer deutscher Revolutionär Patriot werden muß, das Land, wo der alte Arndt singen würde, des Deutschen wahres Vaterland gehe soweit die dänische Zunge klingt. Und welche Nation kann deutscher sein als diejenige, der die Deutschen noch nicht deutsch genug, der sie „deutsche Windbeutel“ sind?
Wenn der Fuchs die Flöhe los werden will, so geht er rückwärts in's Wasser mit einem Büschel Moos im Maul, und die Flöhe, von der Ueberschwemmung getrieben, hüpfen immer weiter vorwärts, bis sie endlich alle auf dem Büschel Moos sitzen, und dann wirft der Fuchs Moos und Flöhe in's Wasser, und die armen Flöhe ersaufen elendiglich. So sagt die Fabel. Deutschland hat zwar von der Fuchsnatur bisher wenig mehr als die rothen Haare. Wenn es aber einmal so stark von den christlich-germanischen Flöhen gebissen wird, daß es mit Todesverachtung rückwärts in den Revolutionsstrom geht bis an die Schnauze, dann wird Dänemark das Büschel Moos sein, auf dem sich alle die kontrerevolutionären Flöhe versammeln, und wo sie mit Einem Schlage untergetaucht werden.
Sie meinen, ich scherze? Keineswegs. Ich versich're Sie, ich bin hier deutscher Patriot vom reinsten Wasser geworden. Gegen diese biederben Barbaren sind wir Deutsche wahrlich leichtsinnige, civilisirte Franzosen. Was Paris und London für Deutschland, das ist Hamburg, sage Hamburg für Dänemark. Diese winzigen dänischen Schreier, die einen so merkwürdigen Lärm gegen Deutschland erhoben haben, poltern im Grunde nur deßwegen so laut, weil sie materiell und intellektuell von uns abhängig sind. Lesen Sie die Berlingske Tidende (die „Kölnische Zeitung“ von Kopenhagen), ob nicht der dritte Theil der Annoncen in deutscher Sprache, ob nicht drei Viertel der angezeigten Bücher deutsche Bücher, ob nicht die Masse der Kaufmannsnamen deutsche Namen sind. Deutsche besorgen hier den Detailhandel, Juden den Geld- und Kornhandel, an ihrer Spitze der reiche Jude Hambro, der mit ein paar lumpigen Millionen Reichsbankthaler ganz Kopenhagen in die Tasche steckt, und hier mehr ist, als Rothschild in Paris. Lesen Sie die Politik und die Handelsberichte unsrer Tagesblätter, ob nicht alles von der Hamburger Post abhängt, der einzigen Vermittlerin zwischen Kopenhagen und der civilisirten Welt, ob nicht selbst die Berlingsche Hofzeitung viel genauere Bülletins über Ankunft, Ausbleiben und Störungen „Hamborgerpostens“ gibt als über „Kong Fredriks den syvendes“ erwünschtes allerhöchstes Wohlsein?
In der That, die Dänen mögen sich sperren wie sie wollen gegen Deutschland, sie mögen ihrem Könige noch so laut zurufen: „Führe uns nicht in den deutschen Bund!“ (das bekannte dänische Vaterunser) ‒ sie sind im deutschen Bunde Kraft der Hamburger Post und die Hamburger Post ist stärker als Fredrik VII. und Orla Lehmann, der Deutschenfresser. Darum bildet sich jetzt ein großes Komplott in Kopenhagen, um Dänemark von der Hamburger Post unabhängig zu machen. Die Spießbürger mehrerer Städte empören sich gegen die Hamburger Post, und Fädrelandet läßt sich einen ingrimmigen Brief „eines im Auslande ansässigen Jüten“, schreiben in dem der ganze Feldzugsplan enthalten ist.
Die Jüten sind sonst die dänischen Pommern, und da die Dänen selbst gewissermaßen Pommern auf der zweiten Potenz sind, so kann man sich denken, welche gedankenschweren Köpfe diese Jüten besitzen. „Ein Jüte“ in einer dänischen Zeitung hätte noch vor Kurzem in ganz Kopenhagen dasselbe Gelächter erregt, wie „ein Pommer“ in deutschen Blättern. Aber wie die Pommern durch die Berliner Revolution, so sind die Jüten durch den deutschen Krieg zu Ehren gekommen und Fädrelandet muß jetzt jede Woche wenigstens drei Briefe von Jüten enthalten. Doch geben Sie Acht, was der Jüte sagt.
Der Jüte ereifert sich zuerst darüber, daß dies Hamburg, das jährlich an 3 Millionen Mark Banko reinen Gewinn aus Dänemark ziehe, undankbar genug sei, die deutschen Truppen mit offnen Armen aufzunehmen, Freischaaren zu bilden, Geldbeiträge für die „Aufrührer“ zu sammeln, durch Verläumdungen und Unwahrheiten den König, die Regierung, die Handlungsweise und den Charakter der Dänen vor aller Welt schändlich anzuschwärzen und schließlich mit ächt hamburgischer Biederkeit sich für neutral zu erklären!
Es versteht sich nun von selbst für den entrüsteten Jüten, daß Dänemark blutige Rache an dem verrätherischen Hamburg nehmen und alle Geschäftsverbindung mit ihm abbrechen muß. Es kann dies sehr gut, „weil es keine Seestadt im nördlichen Europa gibt, die zum Handel so günstig gelegen ist, wie Kopenhagen“.
Der Jute hat sich schon darüber gefreut, daß die Dänen massenweise erklärt haben, kein Loth Waare mehr von Hamburg zu beziehen, sondern sich in Zukunft direkt nach Frankreich, England etc. zu wenden. Aber er weiß, was er von diesen, „in der Warme des Enthusiasmus ausgesprochenen Gelübden“ zu halten hat:
„Sowie der Friede wieder über unser theures Land hinlächelt, so kommen die Hamburger und andere deutschen Reisenden wieder in Menge. Da sucht jeder zuerst anzukommen. Jeder ist freundschaftlich, „mild“, zuvorkommend mit Credit und Facilitäten aller Art und versichert seinem Kunden; er sei stets neutral gewesen, ja, er nimmt keinen Anstand, obgleich er uns zu Hause verdammt und verlästert hat, den Muth und die Tapferkeit der Dänen herauszustreichen und ihre Sache die einzig gerechte zu nennen. Ein Reisender bietet noch wohlfeilere Waare an als der andere und rechnet dem dänischen Kaufmann vor, wie viel annehmlicher es ist, seine Waaren in kleinen Parthien von Hamburg nach den vorgelegten Mustern zu verschreiben, als sie direkt kommen zu lassen etc. etc. ‒ Das ist zu viel für die dänische Gutmüthigkeit, und leider ! auch für die dänische Gemächlichkeit. Der Däne vergisst alle Feindschaft und Ungerechtigkeit und bestellt seine Waaren wieder bei den Deutschen, die weiter reisen, und wenn sie nach Hause kommen, „lachen sie dummen Dänen wieder aus“ (diese letzten Worten im Original deutsch).
„Der dänische Kaufmann raisonnirt dabei wie folgt: Da brauche ich keine Briefe zu schreiben, nicht eine Zeile, um neue Verbindungen einzuleiten und meine Waaren vom Ausland zu verschreiben, ich brauche keine Rimessen zu besorgen oder Tratten zu decken, da ich weiß um welche Zeit der Hamburger Reisende kommt das Geld einzukassiren und wieder Aufträge aufzunehmen. Alle diese Briefschreiberei macht Mühe und Porto, denkt der Kaufmann.
„Aber er bedenkt nicht, daß die Reisen der Hamburger auch Geld kosten, und daß diese Reisekosten bezahlt werden, nicht von den Hamburgern, sondern von den Dänen, welchen sie auf den Waarenpreis geschlagen werden. Wenn man bedenkt, wie viel der große Schwarm deutscher Reisender jedes Frühjahr und Spätjahr in Dänemark verreist, so muß man sich erst recht wundern, warum die Dänen nicht längst ihre Waaren direkt aus Frankreich, England u. s. w. beziehen, da die meisten Reisenden nicht mit deutschen Produkten handeln.“
Der Jüte ist, wie man sieht, ein sehr braver Patriot, aber ein schlechter Oekonom. Sollen die Kleinkrämer und Philister von Aarhuus, Viborg und Odense, Städtchen von 2 - 10,000 Einwohnern, ihre Waaren direkt von London und Havre beziehen? Lars Janssen Peders Son hat keinen Kredit außer bei seinem Hamburger Reisenden, der ihn, seine Frau, seine Kinder, Knechte und Mägde persönlich aufs Genaueste kennt. Oder soll er sie von Kopenhagenern beziehen, die sie direkt kommen lassen? An welcher Börse kennt man Kopenhagen, und wo ist ein Kopenhagener Haus, dessen Kredit weiter geht als von Stockholm nach Hamburg ‒ den „Juden Hambro“ natürlich ausgenommen!
Kurz, das geht nicht. Die Fracht- und Assekuranzkosten, die Kommission, der mangelnde Kredit, Alles steht ihm im Wege. Der Jüte sieht es ein, es geht nicht. Daher muß sich die Regierung ins Mittel legen. Die Regierung muß Kopenhagen zu einem Wechselplatz erklären, so daß der Cours für englische und französische Wechsel notirt wird, damit diese in London und Paris zu einem notirten dänischen Cours negociirt werden und umgekehrt englisches und französisches Papier in Kopenhagen umgesetzt werden kann. Dann muß die Nationalbank das Vorhaben der Regierung unterstützen und dänische Wechsel auf das Ausland und fremdes Papier auf Kopenhagen willig entgegennehmen.
Das wird fruchten. Kopenhagen wird durch Dekret Fredriks VII., contrasignirt Orla Lehmann, zum ersten Handelsplatz von Nord-Europa ernannt. An jedem Wechselplatz, wo dänisches Papier zur Annahme verweigert, wo kein Cours auf Kopenhagen notirt wird, fordert der dänische Gesandte sofort seine Pässe. Endlich eine Maßregel, die dem Hamburger Handel den Todesstoß versetzen wird:
„Endlich muß die dänische Nationalbank nicht länger, wie bisher, ihre Wechsel auf Deutsch ausstellen oder endossiren, sondern auf Dänisch.
Wenn das nicht hilft, so ist alle Biederkeit, Vaterlandsliebe, Treu und Glauben aus der Welt verschwunden.
Aber es wird nicht helfen. Das Einzige, das helfen könnte, wäre eine Deputation an den „Juden Hambro“ : er möge die Sache in seine Hände nehmen und seine Kapitalien zur direkten Einfuhr ausländischer Waaren nach Dänemark, mit Umgehung Hamburgs, verwenden. Und da würde der Jude Hambro antworten: ich werde mich hüten, denn erstens würde ich die Waaren über Hamburg billiger beziehen, und zweitens stehe ich mich besser dabei, wenn ich fortfahre, Euch „dummen Dänen“ auf den Cours zu schneiden, wie ich es gethan habe und meine Väter vor mir, Sela!
Und was der Jude Hambro sagt, das gilt mehr als alle Kabinetsordres Fredriks VII. und Orla Lehmanns, und darum wird es dabei sein Bewenden haben, daß „Hamborgerposten“ der souveräne Herrscher von Dänemark bleibt.
@xml:id#ar059_003
@typejArticle
@facs0293
[ 19 ] Frankfurt, 26. Juli.
Seit der Mitte dieses Monats vernimmt man in seltsamer Uebereinstimmung von allen Orten Beschwerden, daß die demokratischen Zeitungen höchst unregelmäßig und mangelhaft an die Abonnenten gelangen. Die „Reichstagszeitung“ von Robert Blum, die „Neue Zeitung“, die badischen und norddeutschen Blätter haben fast gleichzeitig diese Klage erhoben. (Die „Neue Rhein. Ztg.“ wird ihrerseits binnen Kurzem Protokolle über die Postverschleifungen und Umtriebe veröffentlichen.) Bei dieser Gelegenheit glaube ich sie namentlich auch auf die hiesige Thurn- und Taxis'sche Postverwaltung aufmerksam machen zu müssen, welche u. A. die in 1/4 jährigem Abonnement erscheinenden Zeitungen wenigstens halbjährig anbestellt und vorausbezahlt haben will. Die Familie Taxis-Dörnberg behauptet zwar, ihrer „Selbstständigkeit wegen“, dem Publikum größere Garantien als eine Staatspost zu bieten, indeß kennt man die Nachsicht, welche Hr. Dörnberg, der Stellvertreter und Schwager des Fürsten Taxis, dem Verkehr der Diplomaten in seinem Hause eingeräumt hat; man weiß auch, welches Interesse die Taxis'sche Post an dem Fortbestehen der monarchischen Staatsform hat, da in jedem andern Fall die Besteuerung des Volkes durch einen Privatmann, wie sie durch den Fürsten Taxis geübt wird, ein Ende nehmen würde. An den Schaltern läßt daher die Taxis'sche Postverwaltung, welche alle Ursuche hat, dem bestehenden Reaktionssystem liebreich entgegenzukommen, den Anbestellern demokratischer Zeitungen die größtmöglichsten Schwierigkeiten bereiten, und ihnen sogar andere, nicht demokratische Blätter mit wahrhaft jüdischer Marktschreierei anpreisen. Den Bestellern der „Neuen Rheinischen Zeitung“ ist mehrfach statt dessen die „Kölner Zeitung“ auf den Hals geladen worden und dem Heckerschen Volksfreund hat die hiesige Zeitungsexpedition direkt die Annahme von Bestellungen verweigert. Alle diese Umtriebe können nur zum Zweck haben, zu verhindern, daß nicht schon von den jetzt bestehenden Regierungen das mittelalterliche Postmonopol der Familie Taxis-Dörnberg aufgehoben werde. Das Verlangen einer halbjährigen Pränumeration auf die in 1/4 jährigem Abonnement erscheinenden Zeitungen ist dagegen bloße Epicierspekulation, die Mehreinnahme, zum Privatvortheil der Familie Taxis-Dörnberg in „Cirkulation“ zu setzen. Wir begreifen übrigens nicht, daß in keiner der deutschen National-und Vereinbarungsversammlungen bis jetzt der Antrag zur Sprache gebracht ist, eine Privatpost wie die des Hrn. Taxis aufzuheben, welche das Publikum durch ihre profitwüthige Uebervortheilung mehr als jede andere Anstalt exploitirt hat. Vielleicht wird der Reichsverweser noch eine Vereinbarung mit diesem kleinen Ueberbleibsel mittelalterlicher Piraterie nöthig haben, welches gleich dem Sundzoll und den marokkanischen Seeräubern unserm civilisirten Jahrhundert gleich große Ehre macht.
@xml:id#ar059_004
@typejArticle
@facs0293
[ !!! ] Frankfurt, 26. Juli.
48. Sitzung der Nationalversammlung. ‒ Beginn 9 1/4 Uhr. ‒ Präsident v. Gagern. Tagesordnung: Fortsetzung der Polen-Debatte:
In der Reihe der Redner kommt:
Ruge: Er wird noch einmal Frieden predigen in dieser europäischen Zerwürfnis-Angelegenheit. Er macht darauf aufmerksam, daß das polnische Volk stehend auf dem Punkt (?) humaner Entwicklung, von drei Despoten zerrissen worden ist. (Nein). Diese drei Despoten haben die Polen (mit etwaiger Ausnahme Preußens) vernachlässigt. (Preußen hat sich sogar um ihre Frisur bemüht). Die Intervention der Tyrannei ist überall unrecht. (Glänzend). Dagegen die geistige Propaganda überall Recht. (Wenn sie Geist hat).
Lobrede auf Janiczewsky's Rede. (Hier ist Ruge in seinem alten Fach, panegyrische Aneignung fremder Leistungen). Die Polen sind nicht todt wie auch nicht die Juden; diese leben fort in einzelnen großen Männern: Spinoza, Heine, Börne (und Rothschild). Sie sind deshalb nicht auszustreichen, sondern zu reorganisiren. (Sollen die „Juden“ reorganisirt werden?) Der 50ger Ausschuß hat seine Ehre für diese Sache verpfändet; ‒ dieser 50ger Ausschuß und das Vorparlament sind unsere legale revolutionäre Vorbehörde. (Verwunderung und Bravo).
Das historische Recht für heute ist das neue Völkerrecht, dies ist das einzige historische Recht. Ruge stellt nun die Anträge von ihm und seinen Freunden. Die National-Versammlung wolle in Erwägung verschiedener Dinge keinen Theil des Großherzogthums in den deutschen Bund aufnehmen, keinen Deputirten von daher in die Versammlung aufnehmen, dagegen dahin wirken, daß ein Kongreß berufen werde, bestehend aus England, Frankreich, Deutschland, worin alle betheiligten Mächte durch Gesandte vertreten, um die Polenfrage zu entscheiden. Denn es ist dies eine europäische Frage. ‒ Jetzt ist es Zeit, die Wiener Verträge zu realisiren, (oder vielmehr zu zerreissen?) Wir müssen den Muth und Verstand dazu haben, und wir können es, trotz des bösen Willens der Fürsten die zu uns gehören, und einiger kleiner Fürsten die nicht zu uns gehören. (Tumult).
Ruge kommt auf den Schimpf zu sprechen, den, die deutsche Nation jetzt in Italien unter den Radetzky's erlebe. Bei Entwickelung dieser Ansicht erhebt sich ein furchtbares Getümmel und Stürmen in dieser patriotischen Versammlung. Ich unterscheide links billigendes Geschrei und Geschrei zur Ruhe. Rechts furchtbares Wuthgeschrei und Getrommel wie etwa Scholaren einen Conrektor austrommeln. Der Gott des Sturmes (Präsid.): mit gerührter hohler Stimme: Meine Herren ich werde den Redner nicht zur Ordnung rufen, denn man muß ihn seine Weltanschauung aussprechen lassen, aber mit tiefer bitterer Wehmuth höre ich dieselbe. (Laut schallendes Bravo begrüßt die Worte des Gottes). Hierauf aber bricht wieder die patriotische Wuth und das Getrommel los. Ruge will weiterreden, Stedtmann quackt vom Platze: lächerlich! Ruge: Polen muß frei werden. Erneuertes Getrommel. Gagern macht wieder Ruhe. Ruge bringt wieder zur Verständlichkeit indem sich das patriotische Toben nach und nach vereinzelt. Er erinnert an die Einverleibung Krakaus in Oesterreich, und an die daraus entstandenen politischen Folgen ‒ die Revolution. (Widerspruch. Zur Sache! Schluß!) Ruge: ich schließe nicht eher bis ich sie möglichst überzeugt haben [0294] [Spaltenumbruch] werde von meinem historischen Völkerrecht. Ein großes Unglück will ich verhüten. (Bravo und Zischen. Abtritt des Redners).
Löwe aus Posen,tritt für seine deutschenKommitenten auf. Man kenne des vorigen Redners Ansichten als Schriftsteller. (Präsident: Lassen Sie dies hier außer Betracht, hier ist nicht der Ort einen Mann über seine Wirksamkeit als Schriftsteller zur Verantwortung zu ziehen, sondern über seine Wirksamkeit als Abgeordneter. Bravo!)
Hr. Löwe ist furchtbar erbost über den harmlosen Ruge, der nur „seinen“ Begriff vom historischen Völkerrecht zu Ehren bringen will, und meint dieser habe einstmals das deutsche Volk ein niederträchtiges genannt. (Erhält einen Rüffel vom Präsidenten). Zur Sache kommend legt sich des Redners Wuth, und er spricht undeutlich. ‒ Weist hin auf ein Schreiben von Niegolewsky's, worin dieser sagt, man werde sich nicht mit Posens Wiedererwerb begnügen, sondern Westpreußen wiederhaben wollen. ‒ (Der weitere Verfolg seiner Rede bietet nur Altes, und Ihre Zeitung müßte 10fach so dick sein, wenn ich Ihnen all den wiederkäuenden Schwall zum Druck schicken wollte) Kommt gegen das Ende auf die Juden. An diese müsse man eher denken als an die Polen. Es sei gewiß für die Polen besser wenn sie preußisch würden. Sie wollen es auch größten Theils. Der kleine den Polen zu lassende Antheil könne ja eine Wiege der etwaigen polnischen Zukunft werden. „Wir sollen der Freiheit einen Tempel bauen, schützen wir die östliche Mauer dieses Tempels. “ (Bravo rechts.)
Wiesner(Oesterreich). Mit tiefster Wehmuth spreche ich es aus: noch vor einigen Monden ist das begangne Unrecht im Vorparlament begeistert zurückgewiesen worden, und schon wollen wir jene Ansicht stürzen. Wir wollen schon eine neue Theilung Posens. (Rechts werden alle Bänke leer). Nach einer dreitägigen Debatte, hat man noch nicht den Sieg errungen den das Vorparlament in wenig Minuten errang. (Bravo). Es frägt sich erstens sind denn unsre deutschen Brüder in Posen in Gefahr?
Diese Herren (rechts) sagen ja! ich sage nein. So eine Gefahr kann von der ganzen preußischen Militärmacht nicht verhindert werden!
Gegenwärtig werben fast alle Völker um das Bündniß mit Deutschland, Rußland möchte gern wieder sich mit Deutschland (aber zu was?) verbinden, Frankreich auch,‒ und da sprechen sie ewig von neuer Gefahr, von Vermehrung der Heerkraft; und fordern außer dem Geld des deutschen Volks auch sein Gewissen. Um den letzten Fetzen des polnischen Königsmantels (Krakau) hat man sich letzt noch gerissen; Preußen hielt sich von diesem Raub fern, jetzt scheint es sich wegen dieser Schonung entschädigen zu wollen. An dem Gewaltgrund: wir müssen Posen haben, wird Deutschland verbluten wie an Irland England. ‒ Man hätte sogar einst (wenn nicht Kaiser Franz dagegen gewesen wäre), das lombardisch-venetianische Königreich Deutschland einverleibt;‒ dann hätten wir jetzt einen deutschen Krieg in Italien. ‒ Mit Posen wird es ebenso gehen. (Die Kirche ist so leer, daß kaum 100 Abgeordnete da sitzen).
Auch hätte Frankreich ein Recht mitzureden in dieser europäischen Frage. Glauben sie, es werde sich dieses Rechts begeben, weil hier ein Abgeordneter dagegen spricht? ‒ (Lychnowsky.) Was derselbe Abgeordnete dem polnischen Adel vorgeworfen, daß er bei jeder Empörung vorgekämpft, wäre es dem Redner doch lieber, der polnische Adel kämpfe auf Barrikaden, als der deutsche überall da, wo man sich gegen die Freiheit schlägt.
v. Sänger(pommer'scher Gutsbesitzer) spricht natürlich gegen die Freiheit der Polen und stellt sich dabei nach seiner Ansicht auf den allgemeinen (pommer'schen) Standpunkt. Man will ein Gebiet fortgeben, in dessen vollständigem Besitz man ist. ‒ Die Versammlung werde einen Ausspruch in dieser Sache thun; wehe wer ihn antastet. (Leise Hinweisung auf die bekannten pommer'schen Kolbenschläge)
Thinnes. (Domkapitular aus Baiern.) Er sei gegen die Ausschußanträge und gegen die Einverleibung nicht bloß aus konfessionellen Rücksichten. Diese konfessionellen Einflüsse seien übrigens in Posen nicht wegzuläugnen. ‒ Er ist gegen jede neue Theilung, weil er sogar den Schein des Unrechts meiden wolle. Schließt sich an die Anträge: die Demarkationslinie nicht anzuerkennen, die Wahlen der Posener Abgeordneten desgleichen nicht, die Einverleibung rückgängig zu machen u. s. w. ‒ Wenn dieser Antrag aber fiele, dann beantrage er: Ganz Posen einzuverleiben.
Giskra. (Mähren.) Der polnische Adel, nicht das Volk wolle jetzt die Wiederherstellung. Wäre Polen auch reif (links: längst reif!), so müsse man doch seine Sympathien beschränken. Die Schuld der Ahnen zu sühnen, das gelte allenfalls in Familien, aber das sei keine Völkersache. Die Philosophen werden mich auslachen, die Schwärmer klagen, aber die Patrioten werden mir zujauchzen! (Alle Patrioten brüllen Bravo.) Der Redner echaufirt sich fürchterlich in patriotischen Tiraden, worauf ein Bravo nach dem andern erfolgt. Man hat gesagt, die Polen hätten nicht frei wählen können, wegen des Martialgesetzes, hätten etwa nicht auch die Böhmen unter Kanonendonner ihre Wahlen bewerkstelligt? (Bravo rechts.) Wir haben schon darum gegen die Polen recht, weil wir ein höheres Element, das National-Element gegen ihr Territorial-Element vertheidigen. Das Vorparlament habe nicht sein Wort in dieser Sache verpfändet, es habe nur die Frage offen gelassen, hätte der Fünfziger-Ausschuß weiter gehen können? Hätte er das, so hätte er sein Mandat verletzt. Und das Argument, daß die Polen und Slawen in Folge dieser Einverleibung, die Deutschen bitter hassen würden, sei nichts, dieser Haß bestände bereits auf das bitterste. Für den Antrag, eine neue Untersuchungs-Kommission zu verordnen, könne er nicht sein. Wozu diese? Sie wird wieder Deutsche und Polen verhören, und nichts Neues bringen. Und wenn wirklich die neue Untersuchung der Anzahl der Polen und Deutschen in Posen 100,000 mehr für Polen herausbringt, ihm(dem Redner) käme es auf ein paarmal 100,000 nicht an. Ihm scheint, man will durch die Kommission nur die Sache verzögern. Sein Gewissen, und das der deutschen Männer in dieser Versammlung (Bravo rechts) sei in dieser Sache im Klaren. Er stellt einen Zusatz-Antrag zum Ausschuß und schließt mit der Bemerkung, über die Ansicht des Auslandes in dieser Sache können wir ruhig sein. (Bravo!)
Venedey(mit sehr bescheidener Stimme): Er müsse sprechen trotz so lange ermüdender Reden. Verbreitet sich über die gesunkenen Sympathien und das Unrecht, was darin liegt. Er selbst (nämlich Venedey) wird jeden Augenblick auf die Barrikaden treten, wenn Deutschland in der Lage wäre wie Polen. Venedey's Rede bietet in der Einzelheit ihrer Daten nichts Neues, trotzdem sie sehr, sehr lange dauert. Sie geht auch sehr still vorüber, wie ein sanft hinrauschender Kiesbach, nur ist es bemerkenswerth, daß dem Redner, der in dieser Sache mit der Linken spricht, nicht die Linke, sondern nur die Rechte bisweilen Beifall klatscht. Schließlich schließt er sich Blum's Antrag um eine Untersuchungs-Kommission an,
Zuletzt sagt Herr Venedey: Durch meine (im Verlauf der Rede gemachte) Bemerkung, meine hart scheinende Bemerkung, die Polen seien untergegangen, weil sie nicht zu gehorchen verstanden, weise ich den Vorwurf der Sentimentalität in dieser Sache, den man mir machen könnte, zurück.
Nach Venedey wird das Toben nach Schluß immer stärker. Gagern läßt das Heißblut der Patrioten etwas austoben, dann sagt er: So viel Geduld sie haben zu toben, so viel habe ich, es abzuwarten, bis Ruhe wird. Man solle wenigstens noch einen Redner hören. Darauf geht man zur Noth ein.
Es spricht Hr. Viebig (ein preußischer Regierungsrath aus Posen). Posens Magistrat und Stadtverordneten (warum vergißt der Redner die preußischen Regierungsräthe) wollen entschieden deutsch sein. Schließt mit einem gemeinen Ausfall auf Janiczewski, beschuldigt diesen der Lüge und meint, dem Janiczewsky müsse es allerdings seltsam vorkommen, von einem Slawenkongreß in diese Versammlung zu kommen. Nach diesen Denunziationen schließt er geistreich: Janiczewsky habe gesagt, man könne die Polen verschlucken,aber nicht verdauen; ersage, die Polen werden jene 1 1/2 Mill. Deutsche in Posen auch nichtverdauen, weil sie sie nicht verschlucken würden.
Janiczewsky widerlegt den preußischen Regierungsrath und beweist, daß er ihn fälschlich der Lüge gezeiht. Ferner sei es falsch, zu behaupten, er käme vom Slawenkongreß in die deutsche National-Versammlung. Er war zwar in Prag (Hohnlachen rechts), aber nicht beim Slawenkongreß. Das Unwahre und Unmögliche dieser Behauptung würde er dem Präsidenten eröffnen, der Versammlung gegenüber sey es unnöthig. Uebrigens wenn er wüßte seinen armen Brüdern die Freiheit wiederzuholen, würde er nicht blos nach Prag gehen, sondern den Pilgerstab selbst bis China tragen. (Langes, schallendes Bravo und Händeklatschen der Gallerien und Linken).
Präsident: Schmidt aus Löwenberg wolle der Versammlung eine Erklärung geben, ob man ihn hören wolle?
Die Versammlung, besonders rechts, nein!
Präsident: Hr. Flotwell ditto; ob man ihn hören wolle?
Die Versammlung, besonders links, nein!
Präsident: Es haben 20 Mitglieder den Antrag um Schluß der Debatte gestellt, ich muß also darüber abstimmen lassen, wünschte aber meinerseits, man möge in dieser wichtigen Sache morgen noch zwei Redner von jeder Seite hören. Will die Versammlung dies? (Nein! Nein! besonders rechts).
Hierauf folgt die Abstimmung über den Schluß der Debatte. Schluß angenommen nur die Linke war dagegen.
Platheer (Halberstadt) beantragt noch namentliche Abstimmung über alle Punkte dieser Frage, und Blum namentliche Abstimmung über seinen Untersuchungs-Kommissions-Antrag.
Beide Anträge sind reichlich unterstützt.
Hierauf Schluß der Sitzung um 3 1/4 Uhr. Die Abstimmung auf morgen 9 Uhr vertagt.
@xml:id#ar059_005
@typejArticle
@facs0294
[ 103 ] Berlin, 26.Juli.
Die Spaltung in der hiesigen Bevölkerung tritt täglich entschiedener hervor. Die Frage über die deutsche Centralgewalt hat Berlin in zwei Lager getheilt. Nur die entschieden demokratische Partei will daß „ Preußen in Deutschland aufgehe.“ Dagegen erklären alle anderen mehr oder weniger konstitutionellen oder contrerevolutionären Parteien die „unausführbaren Zumuthungen,“ wie sie es nennen, die man von Frankfurt aus stellt, für unvereinbar mit der Würde des preußischen Staates. Preußen, diese Großmacht, könne sich keine Bedingungen von Frankfurt aus vorschreiben lassen. Besonders ergrimmt ist unsere Bourgevisie über den Entwurf über die definitive Centralgewalt, wonach die einzelnen deutschen Regierungen fortan nicht mehr das Recht haben, ständige Gesandschaften im In- und Auslande zu halten u. s. w. Diese Stockpreußen reißen bereits die deutschen Kokarden von ihren Hüten, sie wollen Preußen sein, nichts als Preußen und keine Deutschen.
Auch unter den Soldaten hat man bereits eine gewisse Aufregung, hinsichtlich der dem Reichsverweser zugedachten Huldigung zu verbreiten gewußt. Nicht wenige Offiziere und Soldaten weigern sich bestimmt, dem „östreichischen Prinzen“ zu huldigen. Die Soldaten des 24. Regiments sollen übereingekommen sein, zu dem am 6. August festgesetzten Huldigungstage, drei Hurrah's zu bringen. Das erste Hurrah dem Könige, das zweite dem Prinzen von Preußen und das dritte dem preußischen Volke. Auch unsere gesammte Presse, mit Ausnahme der demokratischen Blätter, sprechen sich im Sinne des spezifischen Preußenthums aus.
Das Ministerium soll keine erheblichen Einwendungen gegen den Verfassungsentwurf, wie er jetzt von der Kommission entworfen ist, machen wollen. Vielmehr soll es entschlossen sein den Verfassungsentwurf, das Kommunal- und Bürgerwehrgesetz so schnell wie möglich vereinbaren zu lassen und alsdann die Vereinbarer nach Hause zu schicken. Es sollen dann sogleich die zwei verfassungsmäßigen Kammern einberufen und ihnen alle anderen Gesetze vorgelegt werden.
Das Ministerium hat eine Deputation, bestehend aus zwei Kammergerichtsräthen und zwei Räthen aus dem Ministerium des Innern, nach dem Großherzogthum Posen mit den ausgedehntesten Vollmachten abgesandt. Sie soll die ganze Provinz durchreisen, und sich überall von den Anklagen gegen die politischen Gefangenen genaue Kenntniß verschaffen; wo nicht ganz gravirende Thatsachen vorliegen soll sie die sofortige Entlassung der Gefangenen bewirken.‒ Das Ministerium scheint der von der Vereinbarer-Versammlung eingesetzten Kommission zur Untersuchung der polnischen Angelegenheiten zuvorkommen zu wollen.
Der frühere Handelsminister, Herr v. Patow, soll die Stelle des Regierungspräsidenten in Potsdam, oder wie Einige sagen, des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg angenommen haben.
Die verfassungswidrige Hereinziehung des Militärs in die Hauptstat hat zu einer furchtbaren Erbitterung zwischen Bürgern und Soldaten geführt. Schon mehrmals ist es seit einigen Wochen zu Konflikten gekommen und kleine Neckereien geben zu förmlichen Kämpfen Veranlassung. Die Soldaten werden von den Offizieren gegen Bürger und Volk aufgehetzt. Die Reaktion hofft schon im Stillen durch einen großen Schlag bald wieder an's Ruder zu kommen.
@xml:id#ar059_006
@typejArticle
@facs0294
[ 7 ] Berlin, 26. Juli.
In Paris soll es an 70,000 Spießbürger gegeben haben, an denen die große Revolution gänzlich spurlos vorüberging, ohne sie zu berühren. Daß es in unserer lieben Stadt auch eine gute Anzahl solcher Leute giebt (sie bilden den Kern „meiner lieben Berliner“), das beweist dieVoss. Ztg. täglich. Wie der Berliner Weißbierphilister kannegießert, beweist unter Anderem folgendes Citat der „Vossischen“:
‒ Die Aufhebung des eximirten Gerichtsstandes für Kriminalsachen ist von dem Justizminister Hrn. Märker augenscheinlich deßhalbbeantragt worden, um die Einführung der Geschwornengerichte vorzubereiten, da es zu viele Schwierigkeiten machen würde, wenn man besondere Geschwornengerichte für Eximirte und für Nicht-Eximirte einrichten wollte!!!
Wie sehr übrigens das „Ministerium der That“ sich mit der Ausführung der Märzversprechungen zu beschäftigen gedenkt, geht ebenfalls aus folgender Nachricht der Voss. Ztg. hervor:
‒ Dem Vernehmen nach wird das Institut der Geschwornengerichte zunächst, eben so wie es mit dem durch das Gesetz vom 17. Juli 1846 eingeführten öffentlichen und mündlichen Gerichtsverfahren der Fall gewesen ist, nur für die Residenz Berlin versuchsweise eingeführt werden. Die Ausdehnung dieses Gerichtsverfahrens auf die Provinzen ist noch mit zu großen Lokal-und Personalschwierigkeiten verknüpft (!) Ueberdies hängt die Bildung der Geschwornengerichte selbst noch wesentlich von der Vollendung der Kommunalverfassungen (!!) und der Bürgerwehrordnung (!!) ab.
@xml:id#ar059_007
@typejArticle
@facs0294
[ 34 ] Aus dem Osnabrück'schen, 23. Juli.
Hr. Dettmold hat von seinen Wählern folgendes Sendschreiben erhalten:
Hochzuverehrender Herr Abgeordneter!
Als im Mai d. J. die erste Nachricht von der für unseren Bezirk auf Sie gefallenen Wahl zur Abgeordnetenstelle nach Frankfurt in unsere Gegend gelangte: da ergriff sofort die Mehrheit Ihrer im hiesigen Kirchspiel wohnenden und nicht einst unzahlreichen Mandanten sein mit Unmuth gepaartes Mißtrauen darob, daß man unter Uebergehung uns näher stehender und besser bekannter Persönlichkeiten in Ihnen einen uns so fern stehenden und bis dahin von uns so wenig gekannten Mann zu jener Stelle empfohlen und ausersehen hatte. Dieses Mißtrauen wurde auch nicht gemindert durch die von einer Seite vorzugsweise ausgehende und fast ungestüme Hinweisung auf Ihre politischen Antecendentien, Ihre einstige oppositionelle Stellung zu unserer früheren verhaßten Regierung, so wie durch die besondere Hervorhebung Ihres laugenhaften Witzes, womit sie die Bestrebungen jener Regierung gelegentlich gegeisselt haben mochten, da wir uns keinen Augenblick verhehlten, welche untergeordnete Rolle gerade diese letzte Geisteskraft unter den Kardinaltugenden eines guten Abgeordneten stets spielen müsse. Der letzte Rest der wenigen auf Ihre künftige Wirksamkeit gesetzten Hoffnungen wurde aber vollends vernichtet, als kurz nach Ihrer Wahl das durch den baldigen Verzicht Ihres Vormannes anscheinend bestätigte Gerücht sich verbreitete, Ihre Wahl sei das künstliche und unerfreuliche Ergebniß von gewissen, im hohen Grade hier unbeliebten reaktionären Bestrebungen.
Unsere Befürchtungen, welche wir von Anfang an in Beziehung auf Ihr künftiges Verhalten gehegt haben, sind durch Ihr bisheriges Auftreten in der Frankfurter National-Versammlung in bedauerlicher Weise gerechtfertigt worden!
Hingesandt, um die bis dahin mit Füßen getretenen Rechte des Volks zu wahren und zu festigen, haben Sie sicherm Vernehmen nach sich alldort einer Partei zugestellt, (wir meinen die äußerste rechte Seite) deren Interessen und Wünsche unserer festen Ueberzeugung nach, wenn sie eine Wahrheit würden, erneuerte Bedrängnisse auf das Volk herniederwälzen müßten, einer Partei welche weit entfernt, die Rechte des letzteren zu vertreten, es sich zur Hauptaufgabe gemacht zu haben scheint, reaktionären Regierungen und fürstlichen Sonderinteressen mit maßloser Hingebung zu dienen und das Volk einer neuen Knechtschaft entgegenzuführen.
Doch das Höchste von allem denjenigen, was Sie bis lang in diesem Genre geleistet haben, schien uns dieser Tage in der Art vorbehalten zu sein, wie Sie sich zu der bekannten Erklärung des Gesammtministerii vom 7. Juli verhalten zu müssen geglaubt haben, indem Sie die Verwahrung der übrigen Hannoverschen Abgeordneten gegen jene Erklärung ohne Angabe von Gründen zu unterzeichnen sich weigerten.
Diese Handlung, in ihren Motiven vorläufig noch unaufgeklärt und jener Klarheit und Offenheit durchaus entbehrend, womit ein Volksabgeordneter dem Volke über sein Thun Rechnung zu tragen immer verpflichtet sein möchte, berechtigt uns nach Ihrem bisherigen Verhalten mindestens zu der Vermuthung, daß Sie immer da eine beklagenswerthe Passivität zu verrathen geneigt sind, wo ein kräftiges und rücksichtsloses Auftreten gegen die Uebergriffe der Fürsten und ihrer Räthe allein am Orte wäre.
In dieser Veranlassung können wir Ihnen nicht vorenthalten, daß Sie für Ihre Bemühungen, in Verbindung mit der obengenannten Partei etwa die Sonderinteressen von Fürsten und reaktionären Regierungen auf Kosten des Volks und seiner wohl erworbenen Rechte zu fördern, sich diesseitigen Verlangens und Wünschens nach einem andern Prätexte umsehen mögen, als den jedenfalls fehlsamen unserer Abgeordneten- und Mandatschaft und daß ‒ wir bezweifeln nicht im noch zu verlautbarenden Einverständniß mit sämmtlichen übrigen Mitmandanten ‒ wir demnach keinen Tag froher begrüßen werden, als den, welcher uns die Kunde bringt, daß Sie Ihr auch von uns Ihnen übertragenes Mandat niedergelegt haben.
Nach dieser unumwundenen Erklärung wissen Sie, was Sie zu thun haben! Sie werden insbesondere nicht des verwegenen Gedankens sein, daß die Stellung eines Abgeordneten als ein reines Geschenk zu betrachten sei, welches, einmal erhascht, man um jeden Preis, mit Zähigkeit und auch selbst dann behalten dürfe, wenn man das Vertrauen der Uebertragenden nicht mehr besitzt und diese es zurückverlangen. Denn unseres Erachtens giebt es für einen Abgeordneten seinen Mandanten gegenüber auch Pflichten, deren oberste die ist, die billigen Wünsche und Interessen derselben nicht zu verhöhnen, sondern zu berücksichtigen. In der Voraussetzung, daß Sie zum wenigsten in diesem Punkte mit Ihren Mandanten übereinstimmen werden, erwarten wir von Ihrer Ehrenhaftigkeit, daß Sie unbekümmert um etwa entgegengesetzte Interessen und Wünsche Solcher, welche hier mitzureden nicht berufen sind, sich beeilen werden einen Sitz aufzugeben, auf welchem Sie nach der bestimmten Ansicht von einer großen, in ihrer Gesammtheit allhier noch nicht einmal aufgetretenen Anzahl Solcher, in deren Namen Sie dazu berufen sind, nicht ferner mit Segen wirken können.
@xml:id#ar059_008
@typejArticle
@facs0294
[ * ] Breslau, 24. Juli.
Hier circulirt eine Illustration, worin Wiljalba Frickel, Hofkünstler, Ritter etc. abgebildet ist. Er steht auf einer Bühne und macht dem Publikum Künste vor.
Hofkünstler. Wie Sie wissen, meine Herrschaften, wurden in diese Sparbüchse 60 Millionen gelegt?
Publikum. Ja!
Hofkünstler. Nun so passen Sie gefälligst auf! Aber sehen Sie nur nach ‒ Alles fest verschlossen ‒ nichts vorbereitet; ‒ Alles ohne Apparat. ‒ 1! 2! 3! ‒ Allons! futscht! ‒ Bitte, wollen Sie gefälligst nachsetzen? ‒ Es ist nichts mehr darin! ‒ Alles leer!
Publikum. Da Capo! Da Capo!
Hofkünstler. Da bitte ich ein so gütiges und nachsichtiges Publikum, die Büchse durch milde Beiträge wieder zu füllen, und dann werde ich mir erlauben, das Kunststück sofort zu wiederholen!
@xml:id#ar059_009
@typejArticle
@facs0294
Posen, 24. Juli.
Die Gazeta Polska berichtet: Wir erfahren, daß Ludwig Mieroslawski in dieser Nacht um 11 1/2 Uhr mit Postpferden von der Posener Festung weggefahren wurde. Wohin? Das ist ungewiß; man meint, nach Frankreich.
@xml:id#ar059_010
@typejArticle
@facs0294
Altona, 25. Juli.
Morgen Abend werden Beseler und Prof. Christiansen (nicht Graf Rev.-Preetz) über Altona, wo sich ihnen der Abg. Kaufmann Semper anschließen wird, nach Frankfurt reisen, um die Centralgewalt zur energischen Wiederaufnahme des Krieges zu bewegen. Die Grafen Pourtales und Münster sind heute hier durch nach Berlin gegangen.
@xml:id#ar059_011
@typejArticle
@facs0294
Altona, 26. Juli.
Bis jetzt bloßes Gerücht ist, daß die Dänen gestern bei Schleimünde, in der Nähe von Cappeln, gelandet und deshalb in Schleswig Generalmarsch geschlagen worden.‒
[(H. B. H.)]
@xml:id#ar059_012
@typejArticle
@facs0294
[ * ] Rendsburg, 26. Juli.
Die heutige „Schleswig-Holst. Zeitung“ enthält die offizielle Proklamation der Regierung, daß die Unterhandlungen abgebrochen sind und die Feindseligkeiten wieder begonnen haben.‒ Ferner ein definitives Preßgesetz, wonach die Preßvergehen nach den gewöhnlichen Gesetzen beurtheilt werden.
@xml:id#ar059_013
@typejArticle
@facs0294
Wiesbaden, 26. Juli.
Aus glaubwürdiger Quelle wird mir soeben versichert, daß die Nassauischen Truppen, welche letzthin ihre Mitwirkung bei Entwaffnung der hiesigen Bürgerwehr verweigerten, durch Beschluß des Reichsministeriums nach dem Bundesland Limburg gesendet und preußische Regimenter (wahrscheinlich aus Posen?) nach Nassau gelegt werden sollten.
@xml:id#ar059_014
@typejArticle
@facs0294
München, 22. Juli.
In den letzten Tagen dieser Woche waren je ein Kommando von 100 Mann der hiesigen Garnison nach den Dörfern Pasing und Ismanning abgegangen, um als Exekutionstruppen in genannte Ortschaften und Umgegend verlegt zu werden, weil daselbst seit einiger Zeit beharrlich die Steuerzahlung verweigert worden war. Dieselben kehrten aber, da die Widerspänstigen sich bereit erklärten ihren Verpflichtungen nachzukommen, bereits gestern Abend wieder hieher zurück.
[(A. A. Z.)]
@xml:id#ar059_015
@typejArticle
@facs0294
[ * ] Wien, 22. Juli.
Der Hofkurier aus Innsbruck versichert, daß der Kaiser und die Kaiserin zur Herreise bereit sind und daß sie nächsten Donnerstag oder Freitag hier eintreffen werden. Mit [0295] [Spaltenumbruch] der Rückkehr des Kaisers beginnt eine raschere Entwickelung der noch übrigen Akte des Wiener Drama's.
@xml:id#ar059_016
@typejArticle
@facs0295
[ * ] Wien, 23. Juli.
Der Sicherheitsausschuß hat in seiner heutigen Sitzung folgende Proklamation gegen die Excesse erlassen, deren sich die Nationalgarde am vorigen Donnerstag gegen den Demokratischen Verein schuldig gemacht hat.
„Vorfälle sehr betrübender Art und freier Männer völlig unwürdig, haben am gestrigen Tage und Nachts darauf stattgefunden. Durch Böswillige und Unverständige wurde dabei die persönliche Freiheit, ja das Leben von Staatsbürgern bedroht, das heilige Hausrecht auf's Gröbste verletzt; zugleich fanden Angriffe gegen eine der größten Errungenschaften der Märztage, nämlich gegen das Associationsrecht statt. Leider wurde bei diesen Ereignissen der Ehrenrock unserer Nationalgarde nicht beachtet.
Eine Kommission von Mitgliedern dieses Ausschusses wird die Spuren solcher gewaltthätiger Friedensstörungen zu verfolgen suchen, die nur zu gewiß durch jene Partei hervorgerufen wurden, welche unablässig unsere gewonnene Freiheit bedroht.
An Euch aber theuere Mitbürger gehen die Bitten dieses Ausschusses ihn in seiner schweren Kommission zu unterstützen; Ruhe und Sicherheit während einer Zeit zu wahren, wo die Vertreter der Gesammtmonarchie versammelt sind, um unsere Zukunft zu berathen; bedenkt, daß jedes Vorkommen gewaltthätiger Selbstabhülfe nur von Böswilligen gewünschte Unruhen und Verwirrungen herbeiführen müssen, welche den Feinden der Freiheit zu statten kommen würden.
Holland.
@xml:id#ar059_017
@typejArticle
@facs0295
[ 8 ] Maestricht, 25. Juli.
Das holländische Gouvernement fängt an, wegen der Frankfurter Versammlung unruhig zu werden und hat bereits militärische Maßregeln getroffen, um sich gegen jede insurrektionelle Bewegung zu vertheidigen. Das Journal du Limbourg, welches mitgetheilt hatte, daß die Stadt in Belagerungszustand erklärt sei, widerruft dies heute und sucht die getroffenen Vertheidigungsmaßregeln in einem ganz friedlichen Sinne auseinanderzusetzen. Was man aber sagen und thun mag, so viel ist sicher, daß die Stimmung der ganzen Provinz Limburg dem holländischen Gouvernement seit langer Zeit feindlich ist und daß sie die erste Gelegenheit benutzen wird, um sich von Holland zu trennen. Es ist kein Zweifel mehr darüber, daß eine Trennung der Wunsch Aller ist, der Beamten ausgenommen. Wenn die Stadt daher jetzt nicht in Belagerungszustand gesetzt ist, so geschah es nur deswegen nicht, weil sie sich bereits darin befand. Seit der Revolution von 1830 blieben die Kanonen auf den Wällen aufgefahren und seit dem 24. Februar wurde die Zahl derselben noch vermehrt. Jedenfalls wäre es überflüssig, noch den Belagerungszustand eintreten zu lassen.
Ein anderes Faktum, welches Ihnen eine genaue Idee der Aufregung der Gemüther geben wird, ist ein Beschluß der Behörde.
Am Montag versammelte sich nämlich um 11 Uhr der Stadtrath, um zu überlegen, was unter den obwaltenden Umständen zu thun sei, und wie wir hören, hat man beschlossen, den König in einer Adresse darum anzugehen, die jetzige Vereinigung Limburgs mit Holland aufrecht erhalten zu wollen; für den Fall aber, daß das Gouvernement sich dem Beschluß der Frankfurter Versammlung unterwerfen sollte, die Forderung zu stellen, daß dann auch die Stadt Maestricht zugleich mit dem Rest der Provinz dem deutschen Bunde überlassen werde, damit das ganze Herzogthum nicht in verschiedene Theile zersprengt werde.
Ungarn.
@xml:id#ar059_018
@typejArticle
@facs0295
Pesth, 20. Juli.
Die Ungarn haben am 15. unter dem Kommando des F. M. L. Grafen Berchthold St. Thomas zusammengeschossen und die illyrische Garnison niedergehauen. St. Thomas wurde mit 36 Kanonen beschossen und die Illyrier hatten blos 5 elende Tschaikisten-Kanonen. Graf Berchthold soll unter den Todten sein. Nach der Einnahme von St. Thomas rückten die Maayaren gegen Szegedin vor und stießen hier auf 15-18,000 vereinigte Serbier und Illyrier. Hier kam es zum blutigen Kampfe und die Illyrier erkämpften den Sieg.
Italien.
@xml:id#ar059_019_c
@typejArticle
@facs0295
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 29. Juli 1848. In: MEGA2 I/7. S. 432.]
[ * ] Mirandola, 18. Juli.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
@xml:id#ar059_020_c
@typejArticle
@facs0295
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 29. Juli 1848. In: MEGA2 I/7. S. 432.]
[ * ] Florenz, 19. Juli.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
@xml:id#ar059_021_c
@typejArticle
@facs0295
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 29. Juli 1848. In: MEGA2 I/7. S. 432.]
[ X ] Rom, 18. Juli.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
@xml:id#ar059_022_c
@typejArticle
@facs0295
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 29. Juli 1848. In: MEGA2 I/7. S. 432.]
[ 27 ] Neapel, 17.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Großbritannien.
@xml:id#ar059_023
@typejArticle
@facs0295
[ * ] London, 26. Juli.
In der gestrigen Sitzung des Oberhauses wurde mehreren Eisenbahnbills und der Bill zur Suspension der Habeas-Corpus-Akte in Irland die königliche Sanktion ertheilt.
ImUnterhausekam nach längeren Verhandlungen über Armengesetzdetails der deutsch-dänische Waffenstillstandzur Sprache. Herr D'Israeli erbat sich Auskunft über diese merkwürdige Unterhandlung. „Der Waffenstillstand, vom König von Dänemark unterzeichnet, wurde in Berlin ebenfalls vom König von Preußen ratifizirt. Darauf hat der preußische General Wrangel ihn zurückgewiesen. Hat Lord Palmerston uns über diese noch nie dagewesene Art der Diplomatie etwas mitzutheilen? Ist es eine Thatsache, daß der König von Preußen unter der gegenwärtigen neuen Konstitution Deutschlands (welche selbst der König von Preußen nicht zu verstehen scheint) unserer Regierung angezeigt hat, er habe keine Vollmacht den Waffenstillstand zu ratifiziren, daß er zu seinem Erstaunen gefunden hat, er sei seiner souveränen Attribute beraubt, und daß er in Folge dessen auch allen sonstigen diplomatischen Verkehr mit dem Hofe von St. James abzubrechen gedenkt?“
Lord Palmerston geht des Breiteren auf die Geschichte des Waffenstillstandes ein. Der Waffenstillstand sei nicht formell ratifizirt, aber nach Berlin geschickt, und die von Preußen gemachten Aenderungen von Dänemark angenommen worden. Man habe nun erwarten können die Sache sei abgemacht. Da habe der General Wrangel neue Schwierigkeiten aus seiner Stellung zum deutschen Bunde erhoben. Doch sei nach heute Morgen eingegangenen Depeschen von Berlin alle Wahrscheinlichkeit da, daß auch diese Schwierigkeiten beseitigt würden.
Hr. Urquhart interpellirte wegen der russischen Invasion in den Donauprovinzen.
Lord Palmerston hatte noch keine positive Nachricht über den Einmarsch weder der Russen noch der Türken. Sollten die Russen aber wirklich eingerückt sein, so werde dies geschehen sein im Einverständniß mit dem Souverain dieser Länder, dem Sultan, und dies sei in Uebereinstimmung mit der specifischen Stellung die Rußland gegenüber der Türkei zu diesen Provinzen habe.
Sir W. Molesworth brachte dann seine Motion wegen der Kolonialverwaltung ein. Die Debatte wurde auf 14 Tage vertagt und das Haus trennte sich nach 12 Uhr.
Im Innern des Landes wurde die Ruhe weiter nicht mehr gestört. Das Gouvernement entfaltet überall seine Truppenmacht.
‒ InCork wandte sich ein Hr. J. O'Connor an die betreffenden Beamten wegen eines Erlaubnißscheins zum Besitz von einer Flinte. Die anwesenden Konstables erhoben Einwand und der Chef des Burau's erklärte ihm, daß er ja, wie eben berichtet, Mitglied eines ungesetzlichen Klubs sei. Antwort: Ich bin Mitglied des Verbrecherklubs. Der Bureauchef: Nun dann muß ich Ihnen nach meinen Instruktionen die Erlaubniß verweigern. Der Ansuchende bemerkt: Ich besitze umfangreiche Gebäude und Grundstücke; wollen Sie mir gefälligst sagen, wie ich mein Eigenthum beschützen soll? Einer der Polizisten bemerkte: der Verbrecherklub wird Sie wohl beschützen. Der Vorige: Ich bin so würdig als Sie, Waffen zu tragen und zahle mehr Steuern als Sie. Half Alles nicht. Der Schein wurde verweigert. Da antwortete der Abgewiesene: Nun gut, so will ich Ihnen hiermit sagen, daß ich meine Waffen, die ich besitze, nicht ausliefere, sondern mit meinem Leben vertheidigen werde. Einem andern Bürger, Straßenbauunternehmer und Civilingenieur, der schon seit 35 Jahren Hausbesitzer in der Stadt ist, ging es ebenso. Der Beamte rersicherte laut, daß er für die ganze Stadt nur äußerst wenige Erlaubnißscheine geben könne. Das zeigt, daß in dieser Stadt desto mehr Repeaser sind.
@xml:id#ar059_024
@typejArticle
@facs0295
[ * ] Dublin, 25. Juli.
Die Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte fängt an ihre Wirkung zu zeigen. Die Klubs der Konföderirten haben sich nämlich gestern Abend aufgelöst. Ihr Führer O'Brien entfernte sich schon am vorigen Samstag; nach einer eben eingetroffenen Nachricht soll er indeß verhaftet sein. ‒ Da die beiden Journale „Nation“ und „Felon“ bisher immer wieder mit sehr aufrührerischen Artikeln erschienen, welche aus dem Gefängniß von Newgate datirt waren und die Unterschrift der verhafteten Redakteure trugen, so hat die Gefängnißverwaltung sich ins Mittel gelegt, und den Verhafteten verboten, ferner derartige Sachen zu veröffentlichen.
Französische Republik.
@xml:id#ar059_025
@typejArticle
@facs0295
[ 12 ] Paris, 26 Juli.
O Jammer, o Schrecken: die Rente ist um 2 Prozent gefallen: sage zwei Prozent, ein Tag nach Abschluß der Anleihe! Wie hat das zugegangen? Ist plötzlich der Glaube an Rothschild oder an den Staat gesunken? Ist Cavaignac nicht mehr Diktator? Alles nicht! Die christliche Brüderlichkeit der Bourgevis ist von der brüderlichen Judenschaft des Rothschilds und Goudchaux geprellt worden. Ja, Rothschild und Goudchaux, und Goudchaux und Rothschild haben miteinander und durcheinander operirt. Als nach der Februarrevolution Herr Goudchaux zu Herrn Rothschild kam, und die Einbezahlung der mit Guizot abgeschlossenen 200 Millionen verlangte, weigerte Rothschild sich geradezu Geld zu schaffen. „Herr Rothschild, sagte Goudchaux, ich bin der Banquier des National.“ „„Ich kenne die Firma nicht.““ „Herr Rothschild, der National ist jetzt die Republik, und ich bin deren Banquier.“ „„Ich kenne das Haus nicht!““ „Herr Rothschild, ich bin der Finanzminister der Republik; Sie haben mit dem frühern Staat ein Anlehen geschlossen, und Staat ist Staat.“ ‒
„„Allerdings Staat ist Staat, aber Euer Staat steht noch nicht und der alte Staat hat gestanden.““ ‒ „Herr Rothschild, wenn Sie nicht zahlen, so werde ich ohne Sie fertig werden. Die neunzehn Millionen, die Sie bereits vom frühern Anlehn vorgeschossen haben, behalte ich in meiner Tasche, in der Tasche der Republik.“ „„Herr Goudchaux, die 19 Millionen, wenn sie in Ihrer Tasche sind, sind in guter Tasche, aber Sie werden nicht ohne mich fertig werden; Sie werden zu mir zurückkommen. Hören Sie, was ich Ihnen sage: Wir sind doch beide Bankiers, wir wollen doch beide was verdienen; hören Sie, brechen Sie mit dem National und wir wollen uns schon arrangiren!““ ‒ „Was, ich soll mit dem National brechen? ich soll mit der Republik brechen, ich, der Finanzminister? die Republik ist reich, die Republik braucht Ihr Geld nicht ‒ der Patriotismus und der Republikanismus sind bessere Bankiers als Sie. Adieu Herr Rothschild, Sie wissen, der Adel ist abgeschafft, man sagt nicht mehr Herr Baron!“
Nun öffnete Herr Goudchaux die Bank und zahlte à porte ouverte, mit offner Thüre, in der Hoffnung, daß das Geld, was durch die eine Thüre herausging, durch die Thüre des Republikanismus wieder herein kommen würde! Eitle Hoffnung. Die Bank wurde leer; Goudchaux, der Finanzminister stürzte, aber Goudchaux, der Banquier des National, blieb ‒ der Republikanismus brachte kein Geld ein; da kamen Garnier Pagés und Duclerc, die wollten förmlichen Handel treiben zu Gunsten der Republik, um ihr auf diesem Wege Geld zu verschaffen. ‒ Auch sie fielen! Inzwischen traten die neuen Wahlen in dem Departement der Seine ein. Die Reaktion hatte Fortschritte gemacht, und Herr Achillé Fould durfte sich als Kandidat auf die Liste setzen. Es fehlte an Finanzleuten in der Kammer, und Herr Fould dachte: laßt mich erst Volksrepräsentant sein, so werde ich gewiß Finanzminister werden. Es war damals Mode, daß jeder Kandidat im Programm ein Glaubensbekenntniß an allen Straßen veröffentlichte. Hr. Fould schickte sein bogenlanges Glaubensbekenntniß, seinen detaillirten Finanzplan dem Siécle ein. „Herr Goudchaux“, heißt es in diesem System, „Sie sind mein Freund; aber trotzdem sind Sie ein Ekel gewesen; Sie haben die Bank thorenweit geöffnet, und die Rothschild's haben Ihnen das Geld vor der Nase weggeholt. Sie wissen, in solchen Dingen bin ich aufrichtig; und in meiner Lage habe ich die Republik und meine Aktionäre lieber, als Herrn Rothschild mit den Seinigen. Ich bin vom linken Seineufer und er ist vom rechten! Warum haben Sie die Bank nicht fest zu gehalten!“
Herr Fould wird nicht gewählt; er wurde weder Volksrepräsentant noch Minister; aber der National fiel auch, und die Republik war auch im Fallen! ‒ Und Thiers erstand wie ein Phönix aus den rauchenden Trümmern der Juniereignisse.‒ Geld! Geld! Ein Königreich für ein Pferd, die Republik für Geld! Die Worte des weisen Nathan gingen in Erfüllung! Goudchaux gab den National auf, ging zu Rothschild zurück und wurde Finanzminister! Das Geschäft war schon privatim mit Rothschild abgeschlossen, noch ehe Goudchaux in die Kammer trat, und Rothschild hatte schon alle seine Papiere zu 77 losgeschlagen, noch ehe Goudchaux in der Kammer den Cours von 75 Fr. 25 Ct. angezeigt hatte! Rothschild hat mit einem Male seine 19 Millionen wieder bekommen, und Goudchaux der Finanzminister, ist der Banquier Rothschilds geworden. Nach diesem Coup mußte die Rente natürlich fallen. Die Debats von heute aber sagen: „Nein, daß die Renten gefallen sind, kommt daher, weil jeder Mann seine alten Papiere quitt sein wollte, um sich an dem neuen Darlehn zu betheiligen.“ Schöner Grund! Sind denn Renten nicht Renten und werde ich hingehn und Renten verkaufen, um an demselben Tage sie wieder einzukaufen, wenn ich gewiß weiß, daß sie immer mehr und mehr gesucht werden! Wenigstens haben die kleinern französischen Bourgeois etwas für ihren Verlust; nämlich 1) die Gründe des Debats; 2) das Bewußtsein, Rothschild und der Republik geholfen zu haben; 3) die Hoffnung, durch neue Spekulation ihren Verlust ersetzen zu können, seitdem der Agiotage ein so schönes Feld geöffnet ist.
Neben der Rente der Prozeß; das sind die beiden wichtigsten Dinge in Paris, und das sind auch die Hauptpunkte, die vom Journale Rothschild's besprochen werden. 150 Insurgenten sind mit einem Male wieder in der Ban Lieu verhaftet worden, und man wüthet gegen die Gastfreundlichkeit der Wirthe, die ihnen in Batignoles, Clichy u. s. w. Asyl gegeben haben. Aus dem Hospitale werden Frauen geholt, um in die Festung gesteckt zu werden. Solches geschah mit einer Grisette, Namens Mirbey, die beschuldigt ist ihre rothe Shawle hergegeben zu haben, um als Fahne in einer Barrikade aufgesteckt zu werden. Ueber 120 Grisetten gehören zur ersten Kategorie der Angeklagten: das heißt, werden vor ein Kriegsgericht gestellt werden! Dies muß wohl auch der Grund sein, warum in einem besondern Artikel über die Klubs es ausdrücklich untersagt ist, Weiber zuzulassen. Flocon trat zu Gunsten der Frauen auf; aber der Generalprokurator Dupin, der das Amendement gestellt: die Weiber können nicht Mitglieder eines Klubs sein, verschaffte der „Moral“ die Ober- [0296] Hand auf Kosten der Galanterie! Der frühere Bürgermeister Grand-Champ vom zwölften Arrondissement ist ebenfalls verhaftet worden. Aber am Schlimmsten ist man mit den Leuten daran, von denen man nicht weiß, wie man sie verhaften oder ob man sie verhaften soll. Caussidiere! Das ist ein fürchterlicher Name noch immer. Caussidiere war weder vor noch hinter den Barrikaden gewesen, aber sein Name war dahinter gewesen; und jetzt ist man in der größten Verlegenheit. Die Kommission hat ihn schon einmal vorladen lassen. Caussidiere ist nicht erschienen. Ein zweites Mal hat er ihr schriftlich mit der größten Verächtlichkeit geantwortet, und soll jetzt, wie es heißt, die Kammer davon in Kenntniß setzen. Inmitten dieser Verhaftungen und Einkerkerungen, dieser Transportationen und Deportationen sproßt die Natur in der größten Freigebigkeit auf. Nie sah man einem so üppigen, einem so ergiebigen Herbste entgegen. Aber an dieser gesegneten Aerndte haftet der Fluch! Allenthalben, wo man das dichte Korn schneidet, findet man darunter todte Insurgenten, die sich verblutet haben in diesen Saatfeldern, weil sie, wie Hunde gehetzt, nirgends ein Obdach fanden für ihre Wunden!
‒ So eben verlautet die Nachricht, daß die exekutive Gewalt beschlossen hat, den Italiänern zu Hülfe zu eilen. Oudinot ist bereits nach den Alpen abgereist.
@xml:id#ar059_026
@typejArticle
@facs0296
Paris, 26. Juli.
Der Moniteur bringt uns diesen Morgen 82 neue Sous-Präfekte, darunter mehrere Zeitungsschreiber Drucker etc.
‒ Die Zahl der auf Staatskosten in der Nähe von Paris und einigen Departements beschäftigten Arbeiter betrug am 24. Juli 12,140. Die Zahl der durch Almosen unterstützten ehemaligen Glieder der Nationalwerkstätten erreichte an demselbem Tage mehr als das Doppelte.
‒ Achthundert der angesehensten Bürger des gefürchteten 12ten Pariser Stadtbezirks haben in einer Bittschrift, die Boissel gestern der Nationalversammlung überreichte, wieder auf Bewaffnung angetragen.
‒ Ein Rescript des Ministers des Innern und des Krieges untersagt von heute an allen Zutritt zu den Junigefangenen in den Forts und sonstigen Gefängnissen. Man will einem neuen Komplott auf die Spur gekommen sein. Dieses Verbot erstreckt sich selbst auf die Repräsentanten, deren Mandat souverain ist.
‒ Gabriel Delessert, Expolizeipräfekt, den die Februarhitze nach London trieb, traf vorgestern in Paris ein, stieg zu Passy im Landhause seines Bruders Francois ab und setzt heute, mit einem Passe der Republik versehen, seine Reise in das Waadtland, seiner ursprünglichen Heimath, fort.
‒ Es heißt, König Ferdinand von Neapel habe allen Höfen eine Protestation gegen die Ernennung des Herzogs von Genua, Sohns des Königs von Sardinien, zum Könige von Sizilien, zugesandt. Um diesem Protest Nachdruck zu verschaffen, sei eine Armee von 19 bis 20,000 Mann auf dem Wege nach Palermo.
‒ Die Bank von Paris wird sich bei dem neuen Anleihen mit 25 Millionen Franken betheiligen.
‒ Die beiden Zwillingsblätter Commerce und Patrie werden heute im Amtszimmer des Notars Potier abermals zum Kauf ausgeboten. Der ehemalige Redakteur, Maurin, ein junger Israelit vom reinsten publizistischen Wasser, der in Marseille bei der Deputirtenwahl glänzend durchfiel, erklärt zwar in der Gazette des Tribunaux, daß dieses Ausgebot nur ein Scheingeschäft sei, dessen Zweck wäre, ihn um eine bedeutende Aktienzahl zu prellen. Wir setzen in seine Behauptung keinen Zweifel. Das Pariser Zeitungswesen ist reines Monopol der Kapitalisten.
‒ Ueber den Verein des Palais-National giebt dessen Präsident Glais-Bizoin folgende Details:
1) Der Verein des Palais-National besteht aus 256 Unterschriften, die alle ihren Beitrag bezahlt haben; unter ihnen zwei Minister. Kein anderer Verein, selbst der der Rue Poitiers könnte sich einer so großen Anzahl Subseribenten rühmen.
2) Der Verein, weit entfernt, unter Caussidieres, Louis Blanc's Ledru-Rollin's oder Lamartine's Schutze zu stehn, hat Niemals Einen einzigen dieser Repräsentanten als Mitglied gezählt.
3) Der Verein erkennt keine andere Prinzipien an, als diejenigen, die im Konstitutions-Entwurfe niedergelegt sind.
4) Der Verein unterstützt aus vollen Kräften die exekutive Gewalt, den General Cavaignac.
Nationalversammlung. Sitzung vom 26. Juli. Präsident Marrast eröffnet dieselbe um 2 Uhr. Achtzehn neue Amendements zu dem berüchtigten Klubgesetze werden vertheilt, darunter auch eins vom Deputirten Brives, das den Klubgliedern eine Uniform vorschreibt! Die übrigen sind nicht minder lächerlich, denn sie lassen vom Vereinsrecht nicht viel mehr als den leeren Namen.
Der Bericht über das Umprägungsgesetz der Kupfer- oder Scheidemünze wird vorgelegt.
Unter allgemeiner Aufmerksamkeit besteigt dann Thiers die Bühne und will seinen Bericht über den Proudhon'schen Vorschlag, allen Eigenthümern zu Gunsten ihrer Pächter und Miether sowie des Staatsschatzes 1/3 ihrer Einkünfte abzuziehen, dem Präsidenten überreichen.
Zahlreiche Stimmen: Lesen Sie ihn vor!
Thiers liest ihn vor. Derselbe ist von ziemlicher Länge und wiederholt im Anfange die obigen Hauptbestimmungen des Vorschlages fast wörtlich. Auf diese Weise, fährt der Berichterstatter fort, will Hr. Proudhon die Regierung in den Stand setzen die 45 Centimensteuer, die Erbschafts- und Donations-Abgaben, die Salzgefälle, Getränkezölle u. s. w. abzuschaffen, aller Abgaben, die am meisten auf dem Volk lasten. Man kenne diese Proposition bereits aus dem unterdrückten Proudhon'schen Journale „le Représentent du Peuple“, in welchem sie zuerst in sehr aufrührerischer Form erschienen. Hr. Thiers erzählt dann die bekannten Erklärungen Proudhon's im Schooße des Finanzausschusses, wonach Proudhon durch seinen Vorschlag keineswegs die Grundpfeiler des Staates, Eigenthum und Familie, habe stürzen wollen. Seine Absicht sei lediglich gewesen, dem Staate in seiner Unterstützung des Handels und der Industrie zu Hülfe zu kommen. Er behalte sich derartige Vorschläge auf später vor. Der Ausschuß habe sich vorläufig jedoch mit nichts weiter als mit Prüfung des vorliegenden Vorschlags zu beschäftigen gehabt und sein Beschluß gehe auf unbedingte Verwerfung des Antrages. Derselbe trage keinen finanziellen Charakter, sondern sei ein Raub (spoliation), der Handel und Industrie vollends ruiniren müsse, wenn man ihn annähme. In Frankreich gebe es eine unendliche Masse kleiner Eigenthümer, deren Renten kaum zur Deckung ihrer Bedürfnisse hinreiche und die alle ruinirt würden. Von völlig schreiendem Unrecht zeuge die Stelle seines Antrages, welche eine willkürliche Prorogation der Miethverträge verlange. Ebenso irrthümlich sei die Berechnung des Antragstellers, der den Ertrag seiner Maßregel auf 320 Millionen anschlage. Der ganze Antrag sei lediglich darauf berechnet, die Böswilligkeit der ohnedies saumseligen Schuldner zu stählen, ein Vorhaben, das ebenso ungerecht als wenig ehrenvoll. (Lärm zur Linken.)
Proudhon: Bürgerpräsident! Ihr habt mehr als einen Bericht gehört; ihr habt eine Anklage gehört. In diesem Bericht kenne ich meinen Vorschlag kaum wieder. Ohne denselben gedruckt vor mir zu haben, kann ich nicht darauf antworten. Man hat meinen Antrag entstellt, oder ihn nicht verstanden (Lärm), oder ihn nicht verstehen wollen. (Noch stärkerer Lärm.) Dieses Mißverständniß muß aufgehellt werden. Ich verlange die Diskussion des Berichts auf Sonnabend.
Dieß wird genehmigt.
Boudet erhebt sich, um die Anzüglichkeiten des Berichterstatters Thiers rücksichtlich der Einführung von Progressivsteuern zu bekämpfen. Er widerrufe seine früheren Vorträge über denselben Gegenstand.
Thiers erklärt, daß die Progressivsteuer die Familien mit Furcht erfülle.
Cavaignac besteigt die Tribüne und erklärt, daß er mit Erstaunen diese Behauptung höre, welche einen Vorwurf des von der Regierung selbst vorgelegten Progressivsteuer-Gesetzentwurfs in sich berge.
Thiers widerspricht, daß er einen solchen Vorwurf habe aussprechen wollen.
Unter starkem Geräusch geht die Versammlung zur Tagesordnung, Klubdiskussion, über.
(4 Uhr.)
Nach 4 Uhr. ‒ Ein wahrer Platzregen von Amendements war auf den Art. 13 gefallen, der bekanntlich von den politischen und den andern Vereinen handelt.
Die Kommission, deren Prüfung sie alle unterworfen worden waren, hat sie in folgende Redaktion zusammengeschmolzen:
§ 1. Jede geheime Gesellschaft ist untersagt.
§ 2. Ihre Glieder sind mit 1/2-bis 2jähriger Gefängniß- und 500 bis 1000 Fr. Geldstrafe zu verurtheilen.
§ 3. Für die Chefs dieser Gesellschaften sind obige Strafen zu verdoppeln.
Während der heftigen Diskussion, die sich hierüber entspann, wurden abermals fünf Amendements gestellt.
Da gar kein Ende vorauszusehen, so trug Boudet auf aberma lige Vertagung der Diskussion auf morgen an und die Versammlung ging unverrichteter Sache um 6 Uhr auseinander.
Die Amendements drehen sich hauptsächlich um die Frage:
Was ist eine geheime Gesellschaft?
Morgen wird Europa die Antwort auf diese Frage erfahren.
Türkei.
@xml:id#ar059_027
@typejArticle
@facs0296
Konstantinopel, 12. Juli.
Die Pforte scheint den Angelegenheiten der Donaufürstenthümer allen Ernst zuzuwenden. Vorigen Freitag nahm der Sultan selbst die Revue eines Armeekorps ab, bestehend aus 12 Bataillonen Infanterie, 1200 Mann Kavallerie und einer Batterie von 12 Kanonen, welche Tags darauf nach der untern Donau aufgebrochen sind. Außerdem ist an das jetzt disponible Armeekorps bei Bagdad die Ordre gesandt worden, in Eilmärschen der Hauptstadt zuzueilen, um nach Befinden verwendet zu werden. Um die egyptischen Verhältnisse nicht zu einem Bruche mit der Pforte, der die ganze Macht derselben lähmen müßte, heranreifen zu lassen, ist der Justizminister eiligst in besonderer Mission dahin abgereist, und man erwartet eine friedliche Lösung der etwa entstandenen Streitpunkte. Die Gränzen nach Griechenland sind von den aus Phthiotis herübergekommenen Aufständischen in der Art gesäubert worden, daß sie genöthigt wurden, wieder nach Phthiotis hinüberzuziehen, wo seitdem der Aufstand durch Parteigängerkrieg wieder in vollen Flammen steht. Das Haupt des beigelegten Aufstands in Albanien ist hieher gebracht und dem Sultan vorgestellt worden, der sich an der kleinen wilden Räubergestalt wenig erbaut haben soll. ‒ Man redet stark von einem bedeutenden Aufstande in der Umgegend von Tauris. ‒ Das gestern hier angekommene Dampfschiff von Galacz bringt die Nachricht mit, daß russische Truppen schon in der Wallachei eingerückt seien und Bukarest besetzt haben.
[(D. A. Z)]
@xml:id#ar059_028
@typejArticle
@facs0296
‒ Zu der sich weithin ausbreitenden Cholera soll nun auch die Pest gekommen sein. Doch streiten sich die Aerzte noch ob die verdächtigen Erkrankungen wirkliche Pestfälle seien.
[(A.A.Z.)]
Nachtrag.
@xml:id#ar059_029
@typejArticle
@facs0296
[ * ] Frankfurt, 27. Juli.
National-Versammlung. Abstimmung in der Polenfrage: 1) Ruge's Antrag auf Berufung eines Europäischen Kongresses; 2) der von Blum; 3) von Schulseka; 4) von Dieringer, Thinnes etc. verworfen; dagegen wird der erste Antrag des Ausschusses mit 342 gegen 31 Stimmen angenommen (139 von der Linken enthielten sich der Abstimmung). Sodann angenommen: Giskra's Amendement statt: „auf weitere Vorlage der Preußischen Regierung,“ die Worte zu setzen: „auf weitere Vorlage der Centralgewalt.“
Genff's Antrag über III und IV des Ausschußberichtes verworfen. Lychnowsky's Antrag: „Die bestimmte Erwartung zu Preußen ausgesprochen, daß es den Deutschen im polnischen Theile von Posen ihre Nationalität unter allen Umständen sichern werde“ angenommen.
Hennig's Antrag über IV des Ausschußberichtes zur Tagesordnung zu schreiten, angenommen.
Schäffrath's Antrag auf einen Zusatz zu V der Ausschußanträge: Die Theilung Polens sei ein schmachvolles Unrecht, und auf einen Zusatz zu Punkt VI: die Nationalversammlung erkennt die heilige Pflicht des deutschen Volkes, zur Wiederherstellung eines selbstständigen Polens mitzuwirken, wird mit 331 gegen 101 verworfen (26 enthielten sich des Stimmens).
Handels-Nachrichten.
gap: insignificant
@typejAnnouncements
@facs0296
@typejAn
@facs0296
Schiffahrts-Anzeige. Köln, 28. Juli 1848.
Angekommen: C. Königsfeld von Duisburg; Wwe. H. Dunk von Mannheim.
Abgefahren: A. Meyer nach Duisburg; Val. Pfaff nach Mainz.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich J. A. Orts; nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr L. Ducoffre; nach Andernach und Neuwied J. Krämer und M. Wiebel; nach Koblenz, der Mosel und Saar L. Tillmann; nach der Mosel, Trier und der Saar F. Bayer; nach Mainz Joh. Acker; nach dem Niedermain Fr. Gerling; nach dem Mittel-und Obermain C. Hegewein; nach Heilbronn G. A. Klee; nach Kannstadt und Stuttgart L. Hermann; nach Worms und Mannheim And. Rauth;
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Willms Köln Nr.20
Ferner: Nach Amsterdam Kapt. Berns Köln Nr. 4
@typejAn
@facs0296
Wasserstand.
Köln, am 28. Juli. Rheinhöhe 8′ 4″
@typejAn
@facs0296
Allen Verwandten und Freunden machen wir hiermit, statt besonderer Meldung, die traurige Anzeige von dem gestern Morgen 1/4 vor elf Uhr erfolgten Hinscheiden unseres innigst geliebten Gatten und Vaters Christian Moll.
Derselbe starb nach vierwöchentlichem schmerzlichem Krankenlager, gestärkt mit den Heilsmitteln der k. Kirche.
Die hinterbliebene Gattin und Kinder. Köln, den 28. Juli 1848.
@typejAn
@facs0296
Ein junger Mann sucht eine Komptoir-oder Reife-Stelle und kann gute Zeugnisse aufweisen. Die Expedition sagt wer.
@typejAn
@facs0296
Ein Uhrmacher-Lehrling gesucht bei J. Koch, Breitstraße 96.

[Spaltenumbruch]
@typejAn
@facs0296
Volksblätter redigirt von J. Schanemann und Heinrich Benary erscheinen in Berlin, Montag, Mittwoch und Freitag, Abends 6 Uhr.
Man abonnirt bei Reuter und Stargard, Charlottenstraße 54, und in der Expedition, Kommandantenstraße 42. Auswärts bei allen preußischen Postämtern für 21 Sgr. das Vierteljahr.
Der Zweck dieser Zeitschrift ist über das Wesen und die Bestrebungen der Demokratie unter allen Volksklassen Licht zu zu verbreiten. Sie bespricht die hiesigen Klubbverhandlungen, deren Organ sie ist, und ist daher vor allen hier erscheinenden Zeitungen am meisten geeignet, über das Wirken der Berliner Demokratie Nachricht zu geben.
@typejAn
@facs0296
Der freie Staatsbürger,Volksblatt aus Franken, erscheint wöchentlich drei Mal und kostet im ganzen Umfang des Königreichs Baiern jährlich 3 Fl. halbjährlich 1 Fl. 30 Krz. Außerhalb Baiern findet ein entsprechender Postaufschlag Statt. Alle Postämter nehmen Bestellungen an.
Dieses Volksblatt, das Organ der demokratischen Partei in und um Nürnberg, besteht seit dem April d. J. und wird auch in Zukunft, wie bisher, allen Anfechtungen der von der Bourgeoisie unterstützten Bureaukratie Trotz bieten. Sein Gründer und Redakteur, Gustav Drezel, ist zwar durch brutale Polizeiwillkür aus der hiesigen Stadt verwiesen, leitet aber aus der Ferne das Blatt und unterstützt es durch seine Beiträge.
Nürnberg, im Juli.
Die Expedition des „freien Staatsbürgers.“
@typejAn
@facs0296
Ich mache alle Freunde der deutschen Einheit, alle Feinde dynastischer Sonder-Interessen auf die G-Korrespondenz aus Berlin in der Kölnischen Zeitung vom 28. Juli aufmerksam A. K-‒n.
@typejAn
@facs0296
Frische Rheinfische sind zu den billigsten Preisen zu haben bei Joh. Lülsdorff, Lindgasse 21.
@typejAn
@facs0296
Futter gegen Mäuse, Ratten, Wanzen und Schwaben. Thurnmarkt Nro. 39.

[Spaltenumbruch]
@typejAn
@facs0296
Während der Dauer der Assisen täglich table d'hôte zu 12 Sgr. per Couvert incl. 1/2 Flasche guten Wein, und zu jeder Stunde alle der Saison angemessene kalte und warme Speisen à la carte, und billige reine Weine bei
Friedrich Knipper im Pfälzerhof, Appellhofs-Platz 17.
@typejAn
@facs0296
Gerichtlicher Verkauf.
Am Samstag, den 29. Juli 1848, Morgens 9 Uhr, wird der Unterzeichnete auf dem Markte in der Apostelnstraße zu Köln 1 Tafelklavier, 1 Consoltischchen, 1 runden Tisch, 1 Sopha und 6 Stühle, alles von Mahagoniholz, 6 dito von Palisanderholz, 2 große Spiegel in übergoldetem Rahmen, 1 Spiegeltischchen, 1 Ofen u.s.w. öffentlich meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher, Penningsfeld.
@typejAn
@facs0296
Ein tüchtiger Ladengehülfe, mit guten Zeugnissen versehen, sucht eine Stelle in einem Kolonial- oder Material-Waarengeschäft, und könnte auch bei seinen vielseitigen Bekanntschaften die Platzgeschäfte besorgen. Die Expedition sagt wer.
@typejAn
@facs0296
Frankfurter Hof in Köln
Im Mittelpunkt der Stadt gelegen, empfiehlt sich derselbe durch seine elegante Einrichtung und billige Preise Logis und Frühstück 15 Sgr. Diner 1/2 Flasche Wein 16 Sgr.
Edmund Leonhard.
@typejAn
@facs0296
Tanzlehrer Millewitsch ertheilt fortwährend Unterricht, nach einem neuen Lehrkursus in 5 Tagen. Großen Griechenmarkt Nr. 33.
@typeimprint
@facs0296
Der Gerant, Korff.
Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.