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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 230. Köln, Samstag den 24. Februar. 1849.
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Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.
Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.
Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.
Nur frankirte Briefe werden angenommen.
Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.
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Uebersicht.
Deutschland. Berlin. (Der hiesige Gewerbestand. ‒ Programm der Nationalzeitung). Posen. (Miroslawski in Palermo). Wien. (Welden und die Wiener Bourgeoisie ‒ Das 23. Armeebülletin. ‒ Die Uebergabe der Festung Essegg. ‒ Finanzabschluß für den Monat Dezember. ‒ Die österreichische Note. ‒ Windisch-Grätz und die Juden. ‒ Die Wiener Flüchtlinge). Prag. (Weigerung der Rekruten. ‒ Studenten. ‒ Preßprozeß).
Polen. Von der russischen Gränze. (Truppenmärsche aus Polen). Warschau. (Steinkeller).
Ungarn. (23. Bülletin. ‒ Vom Kriegsschauplatze). Von der siebenbürgischen Gränze. (Die Lage des Landes).
Schweiz. Bern. (Sizilianische Anträge. ‒ Neuwall).
Franz. Republik. Paris. (Spione in der „Reforme.“ ‒ Die „N. Rh. Ztg.“ ‒ Die Assemblee National. ‒ Die Bonapartes. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung).
Italien. (Der katholische Kongreß. ‒ Circularnote Muzarellis. ‒ Galetti an die Toskaner. ‒ Dekret der toskanischen Regierung. ‒ Entlassung des toskanischen Kriegsministers ‒ Vereidigung der Truppen. ‒ Rom. (Tedeum in der Paulskiche. ‒ Die heilige Allianz). Turin. (Vorbereitung zur Intervention in Rom).
Großbritannien. London. (Parlament).
Deutschland.
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[ X ] Berlin, 21. Februar.
Nachstehend abermals ein Beitrag zur Kenntniß der Stimmung im hiesigen Gewerbestande. Am 18. hielten etwa 1500 Schneider, sowohl Patent- als Innungsmeister, eine Zusammenkunft in Villa Colonna, um das neue Gewerbegesetz zu besprechen. Es gab sich im Ganzen eine große Unzufriedenheit mit demselben kund, die jedoch durchaus nicht auf prinzipiellen Ursachen beruhete, sondern nur auf dem allgemein gefühlten aber unklaren Bedürfniß einer Besserung der materiellen Noth. Denn es wurden in dieser Versammlung Anträge der entgegengesetztesten Art angenommen. Einerseits nämlich ward die Ernennung einer Kommission beschlossen, welche in Verbindung mit den übrigen Gewerben, Anträge ganz reaktionärer Natur an das Ministerium formuliren soll. Namentlich wurde der Kommission aufgegeben zu fordern: 1. daß die Bewilligung zur Anlegung von Magazinen fertiger Gegenstände fortan nur von den Innungen, nicht von den Gewerberäthen gegeben werden soll; 2. auf Antrag der Damenschneider, daß den Nätherinnen das Handwerk ganz gelegt werde. Andererseits dagegen ward ein Antrag auf Ordnung der gewerblichen Verhältnisse nach socialistischen Prinzipien und eine in diesem Sinne abgefaßte Petition an die Kammern, welche die Anlegung von Nationalwerkstätten und Nationalmagazinen im ganzen Lande fordert, fast einstimmig angenommen.
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Berlin.
Wir freuen uns, anerkennen zu dürfen, daß die National-Zeitung heute endlich einmal einen Artikel enthält, welcher vollständig mit ihrem ausgegebenen Programm übereinstimmt. Leider ist es aber wiederum nicht eigenes Erzeugniß, sondern Abdruck aus der Ostseezeitung: „Petition der vereinigten Waschfrauen an den Handelsminister v. d. Heydt“
[(N. Pr. Z.)]
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Posen, 17. Febr.
Der „Gazeta polska“ wird aus Palermo vom 1. Februar geschrieben: Vor zwei Monaten traf hier Ludwig Mieroslawski ein, an welchen von der Sicilianischen Regierung das Ansuchen ergangen war, die Landarme zu reorganisiren. Nach einem §. der Verfassung ist der Regierungs-Präsident zugleich Oberbefehlshaber der Armee, deshalb erhielt Miroslawski die Würde eines Generalstabs-Chefs der Armee, in der That ist er aber wirklicher Heeranführer.
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[ 61 ] Wien, 18. Febr.
Die Erfindungen der Welden'schen Banditenphantasie haben Früchte getragen. Man hat auf den Glacis nach beliebigen Menschen, meist wehrlosen, erschreckten Frauen, geschossen, und streut im Publikum aus, sie hätten Attentate gegen die heilige Mörderschaar des gekrönten Olmützer Kannibalensprößlings in der Schürze getragen. Die Luft ist erstickend, blutheiß, die Henkerbestialität scheint auf den Kulminationspunkt gekommen zu sein, ein höheres Stadium kann sie wenigstens kaum erreichen. ‒ Die Bourgeoisie beeilte sich Welden's, nach Menschenmord lechzende Raketenerklärung mit einer Ergebenheits-Adresse zu beantworten, wie keine ähnliche in den Eingeweiden eines räudigen Hundes entstanden ist. ‒ Die Bourgeois, welche zu Welden kamen, wollen beitragen, fernere Attentate unmöglich zu machen, sie wollen Ruhe, Ordnung und Sicherheit mit herstellen helfen. Wie sehr dieser Mordfanatiker diese Bourgeoiskanaille verachtet, hat er schon mehrmals bewiesen, so auch jetzt. Er antwortete unter anderm: „Die radikalen Blätter (wo sind sie?) haben zwar den geringen Werth aller Ergebenheits- und Beifalls-Adressen deduzirt (er nimmt also Notiz von Ihnen), weil man sogar wisse, wie derlei nur auf Geheiß und durch einige Wohldiener zu Stande gebracht würden. ‒ Wenigstens dürfte hier eine Ausnahme gemacht worden sein, denn, was mir eine Versammlung wohldenkender Bürger übergibt, war von mir nicht provozirt (wie etwa die Granate und Rakete), und ist wohl eher, um dem Unsinn und der Böswilligkeit entgegen zu treten, entstanden, mit welchen in letzter Zeit die humansten Verfügungen Seitens des verblendeten Theils der Einwohner und selbst von Mitgliedern der Behörden mißdeutet und verdreht wurden.“
Der Ton der ersten Armeebülletins war so, daß man hätte meinen sollen, es würde kaum ein zweites zu erscheinen brauchen. Gleichwohl sind wir heute schon am 23sten angelangt, an dem inhaltlosesten, lügenhaftesten von allen bisherigen. Eperies, Kaschau, Miskolcz, mein naiver Herr Welden, sind also, der magyarischen Feigheit zum Trotz, wieder in der Gewalt der Magyaren! Sonderbarer Widerspruch mit Ihrem genialen Schweigen und lügenhaften Behaupten! Görgey, sagen Sie, hat eine starke Macht, aber die Herren Schlick, Götz, Schulzig werden ihn bei Miskolcz zusammenhauen. Görgey, Dembinski und Bem, ja, sie werden euch vor Miskolcz, Szolnok und in Siebenbürgen Stoff zu neuen Bülletins liefern, wartet nur!
Die heutige Wiener Zeitung bringt die Nachricht, die Festung Essegg, nach Bathyani's Entweichen zuletzt von Földvary kommandirt, habe sich ohne Schwertstreich, mithin durch Verrath, übergeben. Dieser Verrath scheint von der niederträchtigsten Art gewesen zu sein, da Bathyani's Entweichen, die Uebernahme des Kommando's durch Földvary und die Uebergabe an die kaiserliche Mörderbande in ein Nu zusammenfällt.
Diese Wiener Zeitung überrascht uns auch wieder mit einem Finanzabschluß für den Monat Dezember, in welchem unter anderm prangen, für die Armee (die sich selbsternährende italienische und ungarische Räuberhorde abgerechnet) 6,463,886 Fl. Das macht für's Jahr mehr als 77 1/2 Millionen, nota bene ohne Italien und Ungarn, die über die Hälfte des Reichs bilden. Siegreiche Aussichten! ‒ Für die Finanzwache 376,000 Fl. oder jährlich über 4 Millionen; für Zinsen 4,205,480, für den Dalai-Lamadienst in specie 418,061; für die Sicherheit (?) 58,000 (jede Gemeinde muß nota bene die Staatsspione und Polizeibüttel selber erhalten). Das ganze Ministerium des Unterrichts kostet nur ebensoviel, wie die hohen Staatsspione, nämlich 58,000 Fl. Die Einnahme beträgt 7,665,986, die Ausgabe 15,000,000 angeblich. Seit dem 1. November bis zum Schluß Dezembers beträgt die Einnahme 13,995,882, die Ausgabe 30,289,359 Fl.
Ueber die Note vom 4ten sagt die „Ostdeutsche Post“: „Was seit den ersten Jahren dieses Jahrhunderts aus der Geschichte Europa's verschwunden war, ein ernstlich drohender Zwiespalt zwischen Oestreich und Preußen, steht leibhaftig (ich erschrecke) vor uns.“ ‒ Das ist der nie vertilgbare, urgermanische liebe Bierblödsinn, der den Flitter für baare Münze nimmt. Aber so reden alle unsere Teutonen-Blätter. Das Ostdeutsche Pöstchen krümmt sich, aber es hütet sich wohlweislich, über die Note entrüstet zu sein; zarte Schmerzensseufzer sind sein Ultraradikalismus, sein Muth richtet sich nach dem Zauber des Standrechts.
Die Sache des von den in Gratz garnisonirten Chevauxlegers-Banditen Windischgrätz fast ermordeten Redakteurs Gretschnipp ist in eine neue Phase getreten. Nicht diese Banditen werden bestraft, nein Gretschnipp soll noch obendrein kriminaliter behandelt werden, weil er es gewagt, sich mit einem Messer wider Mörder zu vertheidigen. Was ich erzähle, ist kein Spaß. Die Gratzer Zeitung mußte in einem langen Aufsatze die Bluthenker Tamerlan's als vorzüglich-gut konduitisirte Leute darstellen, die sich einer solchen That rühmen dürfen. Sie mußte erzählen, daß noch 15 andere Banditen sich gestellt, um das Loos ihrer verleumdeten Mordgesellen zu theilen; sie mußte erzählen, daß der von den Oestreichern verübte Diebstahl ein Irrthum sein müsse, indem die gestohlenen Effekten bei einem Civilisten gefunden worden. Daß die Soldatenmeute dieselben an den Civilisten verschachert, ist Nebensache.
Windischgrätz, der die Juden vor einiger Zeit noch ziemlich zart behandelte, ist, da sie sich nicht auf die 80 Mill. eingelassen haben, nunmehr ergrimmt wider dieselben. Er hat sie daher in Ungarn mit Kriegskontributionen besteuert und das Ministerium erhebt ganz munter die alte Toleranzsteuer mit 1,200,000 Fl. von ihnen. Wie gefallen Ihnen Angesichts solcher Thatsachen die „Seufzer“, wie Kuranda sagt, des Kremsierer Hans Jörgel, der aber monatlich an 700,000 Fl. C. M. kostet? Dieser Kremsierer Hans Jörgel will namentlich nicht recht an die Judenemanzipation. Die Sache hängt nicht sowohl mit der Religion, als damit zusammen, daß man glaubt, die Judenemanzipation würde die Nichtjuden erst zu rechten Knechten machen, indem sie durch die Industrie der Juden neben dem Genuß der standrechtlichen Zustände obendrein noch Bettler, Proletarier würden. Man fühlt in Oestreich im ganzen Volke, daß das Judenvolk dort die nichtswürdigste Sorte von Bourgeoisie und den gemeinsten Schacher repräsentirt, und darin liegt die ganze Antipathie wider das Judengesindel.
Dalai-Lama will Venedig durchaus haben. Mit den Ballonbomben aber geht's nicht; Dalai-Lama will beim Pascha von Egypten Schiffe kaufen; er will so viel Schiffe haben, daß die französische Flotte vor seiner entlaufen soll.
Wenn nach einem Umschwung der Dinge unsere frühern Demokratenhelden die Zügel wieder in die Hand bekommen, dann werden wir probablement noch 10 Reaktionen durchmachen müssen. Mehrere derselben haben sich nun als wahre Hundsfötter gezeigt. Ich habe Ihnen dies Gelichter von Anfang an in der rechten Farbe denunzirt, und ihnen das Unglück Wiens großentheils zugeschrieben; ich muß ihnen heute namentlich den frühern Redakteur des „Grad' aus“ denunziren. In den „Grenzboten“, für welche derselbe jetzt im Tagelohn arbeitet, schreibt er unter anderm: „Das östreichische Volk muß bereit sein, den entfesselten Wahnsinn im Westen zu bändigen. Er nennt Windischgrätz ein blindes Werkzeug der Geschichte und europäischen Kultur; er gönnt ihm einen Platz in der Wal- [Fortsetzung]
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Mein viermonatlicher Aufenthalt in Hoch-Californien unter den Goldwühlern.
(Fortsetzung).
Sonntag 25. Juni. Wir haben sammt und sonderlich Verzicht geleistet, auf Sonntag zu arbeiten. Es ist wahrlich genug, sechs volle Tage zu arbeiten, wie wir es thun. Unsere Arbeit in der vergangenen Woche war nicht sehr ergiebig: 19 Unzen Gold. Abends wägen wir das Gold ab und vertheilen es unter uns.
José, der eine hübsche Summe zusammengebracht hat, thut in seinen müssigen Stunden weiter nichts, als daß er nachsieht, ob auch sein Schatz gehörig in Sicherheit ist, und dann wägt er ihn zwei, dreimal, um zu sehen, ob ja kein Körnchen ihm abhanden gekommen ist, bei welcher Operation er alle Heiligen aus dem Kalender und alle indianische Genien aus dem Heidenthume anruft. Einem Gelübde zufolge, das er vor seiner Abreise aus Monterey gemacht, hat er den 4ten Theil seines Schatzes bei Seite gelegt für die dicke Frau, wie er die Jungfrau Maria nennt, wahrscheinlich, um sie dem „großen Geiste“ würdiger Weise zur Seite zu stellen. Aber ich vermuthe, daß der der heiligen Jungfrau zugedachte Theil täglich kleiner wird, und daß José nicht ehrlich mit ihr verfährt. Wir haben heute beschlossen, uns etwas weiter nach oben zu ziehen, weil die Mormonen Gruben zu bevölkert werden und man uns einige unserer Arbeitsinstrumente gestohlen hat. Nur eins dabei thut mir leid, daß ich nämlich mich vom Fandango trennen muß, und von 2 oder 3 Senorita's, die ich so gewohnt war, dort jeden Abend anzutreffen.
Sonntag, 2. Juli. Gestern verließen wir unserm Beschlusse gemäß die Mormonen Gruben, und setzten unsern Weg am Amerikanerflusse hinauf fort. Donnerstag faßten wir den Entschluß und am andern Morgen besuchte ich in Gesellschaft Bradleys und Macphails die verschiedenen Lager, um dort unsere Cradles anzubringen. Es hielt nicht schwer. Von allen Seiten machte man uns Angebote.
An 6-8 Individuen waren insbesondere sehr aufdringlich und da sie mit uns durchaus Geschäfte machen wollten: so kamen wir auf den Einfall, unsere beiden Maschinen an den Meistbietenden zu versteigern. Ich selbst besaß nicht das nöthige Talent eines Auktionators. Drum übernahm Bradley das Amt und lud, von einer der Cradles herab, die Herren Geschäftsfreunde ein, ihre Gebote zu thun. Unsere Idee erwies sich als vortrefflich. Das höchste Gebot, das uns vorher für die größte der beiden Maschinen gemacht worden, bestand in 160 Doll. Bradleys Reden und Witze brachten es weit darüber hinaus. Nachdem seine unermüdliche Beredsamkeit der Waare alle möglichen Lobsprüche ertheilt hatte, rief er plötzlich aus: „Wissen Sie auch, Gentlemen, daß diese Cradle die nämliche ist, in welcher das 2 3/4 Unzen schwere Goldkorn, d. h. das prächtigste, das je in den Mormonen Gruben gefunden worden, eben durchpassiren wollte, als hier der Gentleman zu meiner Rechten es bemerkte und nach den bewunderungswürdigen Gesetzen dieser erstaunlichen Etablissements in legitimen Besitz nahm?“ Alles lachte, und was uns besonders freute, Einer überbot den Andern, so daß die Maschine endlich für 195 Doll., zahlbar in Goldsand, nach dem Satz von 14 Doll. die Unze oder mit einem Diskonto von 10 pCt. bei Zahlung in Silbergeld, losgeschlagen wurde. Die andere Cradle wurde hierauf zu 180 Dollars versteigert. Wir gewannen also 375 Dollars (1,987 1/2 Fr.), die uns in Goldsand ausgezahlt wurden.
Unser Weg sollte uns vor der Mühle vorbeiführen, wo das erste Gold entdeckt worden. Wir nahmen uns vor, diesen höchst interessanten Punkt in Augenschein zu nehmen und schickten überallhin unsere Blicke, ihn auszuspüren, als in einem Augenblick, wo wir am wenigsten daran dachten, ein Flintenschuß loskrachte und wir zugleich aus dem Gebüsch einen Mann in weißleinenen Hosen, damhirschledernen spanischen Stiefeln, den großen Sombrero (Hut) der Mexikaner auf dem Kopf und eine Büchse auf der Schulter hervortreten sahen. Es war Hr. Marschal, Kapitän Suters Associe, in eigener Person. Er machte jagend die Inspektionsrunde, um die 50-60 für seine Rechnung arbeitenden Indianer zu beaufsichtigen, die er mit Waaren, namentlich mit Whisky, und „Pisco“ (einheimischem Branntwein) bezahlte. Diese Unglücklichen konsumirten den Pisco in erstaunlichen Massen. Etwas weiter arbeiteten wieder circa 100 Indianer unter den nämlichen Bedingungen für Rechnung des Kapitäns.
3. Juli. Wir haben uns mitten in einer steilbegränzten Bergschlucht einen vielversprechenden Platz ausgesucht und unsere im Fort Suter gekauften indianischen Körbe hingeschafft. Wir füllen sie mit Erde; in die von uns selbst geflochtenen Handhaben stecken wir lange von nahen Bäumen abgeschnittene Stangen und tragen sie hierauf an den etwas entfernten Fluß und beginnen hier auf alte Weise, das Mineral herauszuwaschen. Heute waren wir sehr glücklich; die Ergebnisse sind entschieden besser, als wir in den Mormonen Gruben hätten erwarten können. Der Boden ist hier viel mehr mit Gold geschwängert, als weiter unten. Doch bringt das Tragen des Minerals nach dem Flusse einen großen Zeitaufwand und viele Anstrengung mit sich. Ich bin diesen Abend auch wirklich so ermüdet, daß ich mich kaum zur Oeffnung meines Tagebuchs und zur Eintragung dieser Note entschließen konnte.
4. Juli. Als wir heute früh mit unsern gefüllten Körben nach dem Flusse gehen wollten, frug uns Lacosse plötzlich: „Weshalb leben denn unsere Pferde wie Gentlemen, während die Gentlemen arbeiten, wie Pferde?“ Wir mußten sämmtlich lachen und waren erstaunt, nicht eher diese Bemerkung gemacht zu haben. Wenige Augenblicke später empfingen die Pferde unsere Last und schafften sie nach dem Flusse. Nachmittags feierten die Meisten der hier anwesenden Goldgräber den Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeit. Es wurde eine Art Fest improvisirt, dessen Hauptbestandtheil Toaste und patriotische Lieder waren. Bradley hielt eine gute Rede aus dem Stegreif.
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[Deutschland]
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@facs1264
[Fortsetzung] halla. Und solche Kerle dürfen als „Wiener Flüchtlinge“ das Mitleid Europas in Anspruch nehmen.
Wenn ihnen sog. Wiener Flüchtlinge vorkommen, so prüfen Sie dieselben erst, denn sie sind entweder blose Kretinen, Schuselka-Genies oder Gauner. Der achtbaren sind nur wenige.
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@facs1264
Prag, 15. Febr.
So eben höre ich daß einige Compagnien Militär nach dem Berauner Kreis beordert wurden, weil sich das Volk dort gegen die Recrutirung sträubt. Dasselbe vernimmt man aus dem Klattauer, Pilsner, Saazer Kreise, aus Reichenberg und seiner Umgegend. Die Leute sagen: „Wir wollen unsre Söhne nicht zur Schmälerung der Freiheit hergeben, wir gehorchen nur wenn der Reichstag die Recrutirung anordnet etc.“ Das Volk hat sich zu einem passiven Widerstand entschlossen; es will ruhig bleiben aber sich nicht zur Rekrutirung stellen. Auch aus andern östreichischen Ländern, z. B. Oberöstreich wird Ihnen wahrscheinlich ähnliches berichtet werden. Bei solchen Umständen dürfte die kürzlich in Kremsier vorgekommene Interpellation hinsichtlich der ohne Bewilligung des Reichstags angeordneten Recrutirung von doppeltem Gewicht seyn. ‒ Die Studentendeputation erhielt vom Minister den Bescheid, daß nur jene Studirenden von der Assentirung zeitweilig befreit (in die dritte Liste gesetzt) werden sollen, welche im Schuljahr 1847 durchaus Vorzugsclassen erhalten hatten (denn im Jahr 1848 wurden wenig Prüfungen gemacht.) Die tschechischen Studenten mußten, weil der Aulasaal auf Anordnung des Rector Magnificus gesperrt blieb, eine Versammlung im Hofe des Carolinums halten. Der Ausschuß hatte den Antrag gemacht „eine öffentliche Erklärung an das Volk zur Verständigung über die Recrutirungsangelegenheit an die Studenten“ zu verfassen. Als die Debatten vorgestern eröffnet werden sollten, hatte Dr. Hofmeister zwar den Saal öffnen lassen, aber nur unter den Bedingungen zur Verfügung gestellt daß die Studenten nicht auf die Bänke steigen, nicht rauchen und einander als eigentlichen Studenten das Wort verstatten sollten. (Hiermit sollte Dr. Schladkowski, der das den Juniusereignissen vorangehende Placat mit veranlaßt hatte, von der Debatte ausgeschlossen sein.) Die Studenten brachten dem Dr. Sladkowski ein „Lebehoch“, und gingen ohne Debatte auseinander. ‒ Unser erster Preßproceß am 12. fand eine außerordentliche Theilnahme. Das Resultat war vorauszusehen, denn die Sache griff tief in die Parteiungen unsrer Stadt ein, die seit den Pfingsttagen fortdauern. Der Beklagte, Bürger Peschina, welcher den ehemaligen Commandanten der Kleinseitner Nationalgarde, Schebelka, als Denuncianten beim Hradschiner Kriegsgericht in einem hiesigen Blatte dargestellt hatte, wurde von den Geschwornen freigesprochen.
[(A. A. Z.)]
Polen.
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@facs1264
Von der russischen Grenze, 15. Febr.
Die neuesten Nachrichten von Reisenden aus Rußland lauten dahin, daß sich nun doch die Heeresmacht dieses nordischen Kolosses seiner westlichen Grenze näher und näher wälzt. Die Garden, welche Petersburg nur in wichtigen Momenten verlassen, sollen in Wilna eingerückt sein, wo ein Reisender das schöne Gardekosakenregiment gesehen haben will. In Polen herrscht Ruhe, die russische Polizei und die russischen Strafen, die das Wiederholen politischer Wühlereien denselben Subjekten unmöglich machen, sichern mehr noch die Ruhe in Polen als die Kanonen der Citadelle Warschau's und die russischen Truppen. Die strenge Absperrung der polnisch-russischen Grenze vor dem materiellen und geistigen Einschmuggeln aller gefährlich scheinenden Neuerungen wird unerbittlich durchgeführt. In diesen Tagen z. B. kehrte ein polnischer Geistlicher, der emigrirt war, nach Polen zurück, nachdem er von dem Fürsten Statthalter und selbst aus Petersburg seine Begnadigung und Amnestie erhalten hatte. Bis zum polnischen Grenzamte Szczppiorno begleitete den Amnestirten ‒ Jastrzebski mit Namen, einer seiner Freunde aus dem Poseuschen mit einem vollkommen gültigen preußischen Passe, in der Absicht, denselben in Kalisch den polnisch-russischen Behörden vorzustellen. Sobald jedoch die Angelegenheit am Grenzamte amtlich erörtert war wurde dem preußischen Begleiter angedeutet, sofort zurückzukehren, der Amnestirte dagegen wurde von einer Kosakeneskorte nach Kalisch transportirt, und aller Wahrscheinlichkeit nach wird ihm wohl nie die Gelegenheit werden, demokratische Ideen zu verbreiten.
[(Bresl. Ztg.)]
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@facs1264
Warschau, 10. Febr.
Das Bureau des Warschauer Oberpolizeimeisters fordert fast täglich durch Zeitungen verschiedene Personen, welche sich aus dem Königreich ohne Paß entfernt oder nach Ablauf ihrer Urlaubszeit im Auslande verblieben sind, auf, bei Strafe der Sequestration des ganzen Vermögens und ewiger Verbannung schleunigst zurückzukehren. In einer der letzten Citationen finden wir mit Erstaunen auch den Namen des bekannten Bankiers Peter Steinkeller, der im Lande durch großartige industrielle Unternehmungen sich die allgemeine Anerkennung im hohen Grade erworben hatte.
[(Osts. Ztg.)]
(Dieser Steinkeller ist derselbe, der die berühmten Zellenwagen, genannt Steinkellerka, zum Transport der Gefangenen nach Sibirien erfunden hat.)
Ungarn.
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@facs1264
Edition: [Friedrich Engels: 23. Bulletin – Vom Kriegsschauplatz, vorgesehen für: MEGA2, I/8. ]
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@facs1264
Von der siebenbürgischen Gränze
schreibt man der Breslauer Zeitung folgenden germanisch-walachisch-kaiserlichen Heulartikel, der übrigens die Infamien der k. k. Generale bestätigt:
Es fällt auf, daß die östreichische Regierung trotz wiederholter Aufforderungen von Seiten der Sachsen und Romanen, die seit Mai v. J. im blutigen Bürgerkrieg mit den Magyaren verwickelt sind, keine ausreichende Truppenmasse nach Siebenbürgen geworfen hat, wodurch das schöne Land den gräßlichsten Verwüstungen Preis gegeben ist und die Verzweiflung der der östreichischen Krone treu ergebenen Bevölkerung aufs Höchste angefacht werden mußte. Dies scheint auch der Grund zu sein, daß sich bei Vielen die Ansicht bildete, es sei hierbei auf eine Nothwendigkeit russischer Hülfe gemünzt und läge ein politischer Plan in Bezug auf Ländertheilungen in der nördlichen Türkei im Hintergrunde. Wahrhaft betrübend gestaltet sich aber das Loos der Deutschen in den untern Gegenden, denn bei aller Hingebung für die Sache, der sie sich anschließen, scheinen sie überall nur dazu bestimmt, den ganzen bittern Kelch des Bürgerkrieges zu leeren. Während sie im Sachsenboden für die Sache des Kaisers durch das Schwert des Szeklers leiden müssen, bluten sie hinwiederum im Banat, wo sie die Partei des Magyarismus mit Hartnäckigkeit verfochten haben, unter den Gräuelthaten kroatischer Horden. So hat der nach Suplikatz Tode zum serbischen Woywoden ernannte General Theodorovich gleich nach dem Einzuge in das von seinen deutschen Bewohnern mit einem allseitig angestaunten Heldenmuth vertheidigte Weißkirchen ein schreckliches Blutgericht unter der männlichen Bevölkerung gehalten, indem er 400 aufhängen und von der übrigen Volksmenge jeden fünfzigsten Mann erschießen ließ. So wird in dem frommen Oestreich gegenwärtig Krieg geführt und zwar nicht etwa von den wilden Horden der Szekler, sondern von den k. k. Generalen. Derlei Gräuelthaten lassen erst die Erscheinungen des 30jährigen Krieges innerlich verstehen und viele derselben könnten, ohne einen Anachronismus besorgen zu müssen, als Illustrationen den Geschichtsbüchern des 17. Jahrhunderts eingeheftet werden. ‒ Wie es heißt, will man die Reichsdomänen in Ungarn für das neue Anlehen, das sehr schwierig ist, hypotheziren und Graf Almassy als Chef der Kameraldirektion in Ofen, ist eifrig damit beschäftigt, den Nennwerth derselben zu entziffern. Vielleicht hängt damit auch die endliche Lösung der ungarischen Banknotenfrage zusammen.
Schweiz.
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@facs1264
Bern, 19. Febr.
Der sizilianische Abgesandte, Herr Vito Beltrami, hat eine Zuschrift an den Bundesrath gerichtet, die über den Zweck seiner Mission endlich nähern Aufschluß gibt. Sizilien ist geneigt, behufs Auflösung der Kapitulation mit Neapel und Entschädigung der Offiziere und Soldaten für seinen Theil einen angemessenen Beitrag zu leisten, sofern die Auflösung noch während dieses Krieges stattfinde.
‒ Der Ritter v. Reuwall, Geschäftsträger der deutschen Centralgewalt, hat Bern plötzlich verlassen, worüber nun verschiedene Gerüchte zirkuliren. Man weiß nicht, ob er bloß Urlaub [Fortsetzung]
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@facs1264
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@facs1264
Webers-Creek, 6. Juli. Eine weitere mehrtägige Erfahrung in der Nähe der Mühle überzeugte uns von dem großen Zeitverlust und der vielen Mühe beim Transport des Minerals nach dem Flusse. Deshalb kamen wir überein, uns nach einer günstigeren Stelle umzusehen. So lange wir in der Mühle waren, hörten wir beständig davon reden, daß man im „Webers-Creek“ das Gold in größerer Masse finde. So wollten wir denn unser Glück auf jener Seite versuchen. Unter „Webers-Creek“ versteht man einen kleinen Bach, einen nördlichen Zufluß der „amerikanischen Gabel“ (Fork) oder des Amerikanerflusses. Denn beide Benennungen sind im Gebrauch. Am Morgen brachen wir auf und waren Abends an Ort und Stelle. Auf unserm Wege trafen wir überall Arbeiter („Goldarbeiter“ im eigentlichen Sinne), Zelte, Lager. Heute früh standen wir zeitig auf und suchten alsbald eine passende Stelle für unsere Arbeiten.
Wir fanden bald, etwa 15 engl. Meilen vom Einfluß des Weber's-Creek in die „amerikanische Gabel“, einen Ort, für den wir uns entschieden Es war ein wirkliches Lager, zwar nicht so zahlreich, wie bei den Mormonen-Gruben, aber doch aus vielen Leuten bestehend. Die Einen arbeiteten im Flußbette selbst, die Andern, und ihrer waren die Meisten, durchstöberten die von den Bergen herabsteigenden Schluchten. Jene gewannen mehr an Masse, diese erlangten größere und werthvollere Stücke. Man sagt uns, daß die Bergspalten sehr reich sind, die Ausbeutung des Flußbettes aber sicherer ist. Im Gebirge findet man sehr häufig Goldkörner von mehreren Unzen, oft aber trifft man auch halbe Tage lang gar nichts, während man im Flußbett stets sicher ist, täglich wenigstens 1 Unze, bisweilen aber mehr, zu gewinnen. Diese Gründe bestimmten uns, das Arbeiten im Wasser vorzuziehen. Unsere erste Sorge war auf Zusammensetzung einer „Cradle“ gerichtet. In einer Bude fanden wir Bretter zum Verkauf, doch war der verlangte Preis so enorm, daß wir nicht Handels einig wurden. Wir suchten uns also das nöthige Holz im Walde und das Werk gelang uns mit Hülfe eines Schiffszimmermanns, der, sehr höflich und zuvorkommend gegen uns, blos 30 Dollars täglichen Arbeitslohn ausbedang. Wir haben stark gearbeitet; die Hitze, hier viel ärger als an der Küste, war erdrückend; doch genug, es ist überstanden.
8. Juli. Während wir nach dem Mittagessen uns einen Augenblick Ruhe gönnten, entstand im Lager plötzlich ein großer Lärm. Alles stürzte aus den Zelten, rief die Nachbarn und drängte sich um eine Reitergruppe. Bradley und ich gingen gleich den Uebrigen hin. Es war Oberst Mason, der mit seinem Adjutanten und einer Eskorte den Goldminen einen Besuch abstattete, um der Regierung in Washington darüber zu berichten. Bradley bot sich ihm für das Lager von Weber's-Creek zum Führer an. Als er ins Zelt zurückkam, theilte er uns mit, daß der Oberst und seine Eskorte noch den nämlichen Abend nach dem Fort des Capitän Suter abreisen werde. Bradley nahm mich bei Seite und frug um meine Ansicht, ob ich dies nicht für eine gute Gelegenheit hielte, um unser bis jetzt gesammeltes Gold dem Kapitän zu übersenden, der gegen angemessene Kommissionsgebühren es weiter an einen Kaufmann in Monterey konsigniren würde. Die Menge unseres Goldes setzte uns bereits in Verlegenheit und wir waren stets in wahrer Todesangst, es möchte uns irgend ein Unglück zustoßen. „Das ist der Augenblick“, sagte Bradley weiter, „um unsern Gewinnst in Sicherheit zu bringen“. Er kannte den Obersten, da er unter ihm gedient und erbot sich, wenn der Vorschlag Beifall finde, den Transport unserer Reichthümer zum Kapitän Suter selber zu übernehmen.
Der Vorschlag hatte etwas Vernünftiges an sich und der Oberst hatte auf eine Anfrage geantwortet, daß er sehr gern die Begleitung Bradley's annehme. Wir versammelten uns demgemäß, das von uns gesammelte Gold wurde vor unsern Augen gewogen, und es ergab sich, daß wir, sechs Personen an der Zahl, durch noch nicht 20tägige Arbeit 27 Pfund und 8 Unzen Gold (auf 4000 Dollars geschätzt) gewonnen hatten. Bradley gab uns Quittung und verpflichtete sich, eine Empfangsbescheinigung vom Kapitän Suter zurückzubringen. Jetzt wurde das Gold in einen kleinen Mantelsack gethan, gehörig verwahrt und auf das beste auf eins von unsern Pferden gepackt, das Bradley neben sich mitführen sollte. Er selbst bewaffnete sich mit Büchse und Pistolen, und reiste endlich gegen Abend mit dem Obersten ab.
Mittwoch, 12. Juli. Endlich hatten wir unsre „Cradles“ fertig und begaben uns Montags an die Arbeit. Den Sonntag benutzte ich zu einem Besuch in den nahen Lagern. Ich fand eine große Zahl der Goldwühler an intermittirenden Fiebern leidend. Ich wundre mich nicht darüber. Die schlechte Nahrung, die unaufhörliche Sonnenhitze, der Einfluß der feuchten Nächte: das genügt, um gefährliche Krankheiten zu erzeugen. Montags arbeiteten wir nun tüchtig, scharrten, gruben, hackten und füllten und schwenkten unsre „Cradles“. Am Abende ergab sich folgender Ertrag: mit der einen Maschine hatten wir 9, mit der andern 7 1/2 Unzen (insgesammt 1346 Fr. 20 Cent.) gewonnen. Früh kehrte Bradley zurück. Suter hatte Alles zu unserer Zufriedenheit geordnet. Gegen Abend kam ein Mann zu mir, der das intermittirende Fieber hatte und frug, ob ich ihm Medizin ablassen könnte. Ich gab ihm China und rieth ihm an, sich für einige Zeit auszuruhen und zu pflegen. Am andern Tage sah ich ihn aber in seinen fieberfreien Augenblicken so hastig arbeiten, wie irgend einen Andern. Es hatte sich bald das Gerücht verbreitet, daß sich ein Doktor im Lager befinde, und jetzt werde ich von allen Seiten gerufen, denn die Zahl der Kranken ist groß. Für jeden Besuch erhalte ich in der Regel 1 Unze Gold. Das ist eine vortheilhaftere und weniger angreifende Arbeit, als die an der „Cradle“. Schade, daß die Leute nicht blos meinen Rath sondern auch Medizin brauchen. Ich habe von letzterer nur noch einen kleinen Vorrath, den ich für unsre Gesellschaft bestimmt habe. Von denen, die den ganzen Tag am Ufer der Sonnenhitze ausgesetzt arbeiten, sind bereits mehrere unterlegen. Auch die Dyffenterie fordert bereits Opfer. Die Lage ist nicht heiter.
(Fortsetzung folgt.)
[1265]
[Schweiz]
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[Fortsetzung] erhalten hat oder zurückberufen worden ist. ‒ Als Geschäftsträger in Paris und Wien hat der Bundesrath die Herren Barmann und Dr. Kern bestätigt, so wie auch einstweilen sämmtliche Handelsconsuln, bis nach Eingang sämmtlicher Jahresberichte das politische Departement einen Generalrapport über ihre Verrichtungen erstattet haben wird.
[(S. N. Z.)]
Französische Republik.
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[ 17 ] Paris, 21. Febr.
Die „Reforme“ hat Glück mit ihren Redaktoren; der dritte Spion ist bereits in ihrem Personale seit Februar vorigen Jahres entlarvt und vor die Thür gesetzt worden. Gleich nach dem Februar Delahodde, den man mit Lamartinischer Großmuth, trotz Aufdeckung aller seiner Schliche, nicht erschoß, sondern ‒ mit beispielloser Phantasterei, durch die der sonst so praktische Caussidiere sich selbst lächerlich machte ‒ im Polizeigebäude bei Wasser, Brod und einer scharf geladenen Pistole einsperrte, hoffend, er werde sich selber hinrichten, was der Lumpazius natürlich unterließ und zuletzt auf den Knieen herumfahrend und schluchzend die Sentimentalität der Februaristen rege machte, so daß sie ihm den Laufpaß gaben. Und dieser Delahodde hatte eine Rolle auf der Redaktion gespielt, während er allabendlich seine Berichte an den louisphilippschen Polizeiminister Delessert spedirte und die übrigen Reformchefs mit dem trefflichsten Netz von Polizistik umspannt hielt. Hiernach Chenu. Anjetzt ist es ein in Baiern geborner Franzose, der, wie jene seine Vorläufer, bis auf 200 Fr. monatlich von der Polizei verdiente und 300 auf der unglückseligen „Reforme“, der er die ausländischen Nachrichten übersetzte. Dieser Mensch hat noch am 29. Januar den Redakteur en chef in die fatalste Klemme gebracht, indem er denunzirte, daß die Deputation der Mobiloffiziere im Redaktionslokal geschlafen, um sich über den etwaigen Losbruch mit den Redaktoren zu verständigen. Geht das so fort, dann hat der „Corfaire“ recht, wenn er höhnt: „wo der Herren Demokraten drei zusammen sind im Namen ihrer lieben Göttin Republik, da sind zwei, mindestens ein Spion darunter, Amen.
Unter den hiesigen Deutschen ist eine reaktionäre Klike, die in zwei Lesesälen geradezu erklärt hat, sie werde nicht mehr hinkommen, wofern die „Neue Rhein. Zeitg.“ nicht abgeschafft werde. Jedenfalls ist das ein gutes Thermometer für die von der Zeitung ausgehende Wirkung.
„Die Karnevalszeit ist ohne besondere Merkwürdigkeit verstrichen und die Republik trauert in Sack und Asche (sagt Assemblee Nationale) für ihre Mai- und Junisünden, und wir rufen das höchste Gericht des Himmels herab auf die Schädel ihrer Verführer.“ Aber wahrscheinlich ist, daß dies Mole'sche Schurkenjournal, worin Lotterbuden, wie ein Granier Cassagnac, Capo Feuillide und Lavalette, und ein Redakteur der belgischen Emancipation Giftmischerei treiben, wenn es nicht aus Geldmangel zu Kreuz kriecht, (wie vorige Woche es hieß) eines schönen Morgens vor dem Volksgerichte seine Sünden abbüßen wird.
Die Bonapartes machen sich viel verhaßter, als wir sie machen könnten; sie wollen z B. der Mürat'schen Familie fünf Millionen Fr. Entschädigungen geben. Und der Lucian Mürat, sieht er doch aus wie ein wohlgemästeter Pachter Feldkümmel, der keinen Bettelsack umzuhängen braucht!
Die Bauern werden immer ungehaltener über die Nichterfüllung der vielen napoleonischen Versprechungen. Die Legitimisten sehen freudigzitternd nach der Uhr, die Orleanisten reiben die Hände. „Aber halt! noch stehen wir da!“ sagte mir ein Clubchef mit verächtlichem Mundzucken.
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Paris, 21. Februar.
Der Moniteur enthält in seinen vier Beilagen mehrere Ausschlußberichte. Unter andern auch den Text der mit einigen südamerikanischen Staaten sowie mit den Sandwichs-Inseln abgeschlossenen oder noch abzuschliessenden Handelsverträge.
‒ Sämmtliche Morgenblätter besprechen die Ledru-Rollin'schen Interpellationen über Italien.
„Bürger Ledru-Rollin sagt: „La Republique“, hat den Schleier aufgehoben, den das Ministerium über seine Pläne in Bezug auf Italien gern decken möchte. Diese Pläne beständen zunächst darin weder die Alpenarmee vorrücken, noch in Civita Vecchia eine Interventionsarmee an's Land steigen zu lassen, welche die römische Constituante mit Bajonetten auseinanderjagen könnte; sie beständen vielmehr in einem ganz andern Plane. Karl Albert habe es nämlich übernommen, seinen unglücklichen Feldzug vom vorigen Jahre an der Adda durch einen Kreuzzug gegen die Römer gut zu machen und Se. Heiligkeit wieder auf den irdischen Thron zu setzen. Karl Albert habe aber den Kabinetten vorgestellt, daß er sich außerhalb seiner Staaten nicht wagen dürfte; daß es den Genuesen leicht einfallen könnte, auch eine piemontesische Republik zu proklamiren u. s. w. u. s. w. Worauf dann vom Mächtebunde beschlossen worden sei, dem Karl Albert durch ein französisch-englisches Geschwader mit starker Artillerie den Rücken zu decken. Dieses Geschwader werde vor Genua kreuzen und die Marmorstadt, sobald sie sich rühre, in Grund und Boden schießen. Von der glücklichen Vollbringung dieses Heldenplanes werde es abhängen, ob man den (doppelseitigen) König Karl Albert wieder in den Schooß der 1815ner heil. Allianz aufnehmen könne oder nicht? … ‥ Die Verlegenheit, mit der Drouin de Lhuys antwortete, bewies, daß Ledru-Rollin den Nagel auf den Kopf getroffen.“
Wir übergehen das Geheul der übrigen Journale.
‒ Die Nachricht eines deutschen Blattes: Oestreich wolle den Brüsseler Kongreß nicht beschicken, wenn die theilnehmenden Mächte sich nicht verpflichten, die Wiener Verträge von 1815 als Grundlage der Verhandlungen anzuerkennen, platzte heute wie eine Bombe in den ministeriellen Kreisen.
‒ Auf die Berichte über die Entdeckung von Goldsand in unseren afrikanischen Kolonieen am Atlas und Senegal, hat die Regierung beschlossen, amtliche Nachforschungen anstellen zu lassen. Sie selbst möchte zuerst das neue Californien ausbeuten; aber wir fürchten, ihre Emissäre finden nichts als gemeinen Streusand.
‒ Die Brea-Verurtheilten sind noch nicht erschossen. Präsident Bonaparte, an den ihre Vertheidiger zuletzt recurrirten, hat erklärt, er wolle vorher die Akten genau durchlesen, ehe er sein letztes Wort spreche.
‒ Das Proudhon'sche Journal „Le Peuple“ meldet: daß man in Lyon soeben eine Zweigbank zur großen Pariser Volksbank einrichte.
Wie in Paris, so sind auch dort an die Straßen Zettel angeschlagen worden, welche zur Theilnahme einladen und auf denen man liest:
Zweck der Volksbank.
1) Allen Theilnehmern (Adherenten) zinslosen Credit (credit gratuit) zu verschaffen, die den Arbeiter, Handelsleute und Consumenten aus dem Joche des Wuchers befreit das sie jetzt drückt.
2) Direkten und gegenseitigen Austausch aller Produkte solcher gestalt einzurichten, daß die gefräßigen Zwischenhändler wegfallen, die bisher von einem Theil des Waarenpreises lebten, der natürlich den Arbeiter trifft d. h. seinen Lohn schmälert.
3) Durch Ersparung von fünf Milliarden Frk., welche die Produktion Frankreichs allein jährlich an jene Parasiten zahlt, die Möglichkeit zu finden, diese fünf Milliarden der Consumtion zuzuwenden, und dadurch die allgemeinen Arbeitsverhältnisse dergestalt zu mehren, daß der Lohn des Arbeiters vier Mal höher steigt.
Um diesen Zweck zu erreichen, erwartet die Volksbank einzig und allein den sofortigen Beitritt der Arbeiter. Beitreten kann Jeder, ohne einen Sou in die Kasse zu zahlen. Aktionär wird man, indem man während 10 Monaten, monatlich 50 Centimen abliefert. Man erhält über diese 5 Frk. eine Aktie, welche sich die Volksbank, jedoch ohne Dividende und Zinsen, von dem Augenblicke an zurückzuzahlen verpflichtet, wo die Bank ein Guthaben (über ihr Betriebskapital) besitzt, das stark genug ist, um damit marschiren zu können. Dieses Guthaben wird durch einen Abzug von 2 Prozent auf alle Eskomptirungen gebildet.
Die Lyoner Berichte melden, daß auch dort das Proletariat sich in Masse bei dem Succursaale betheilige. An einigen Straßenecken sind diese Zettel, wie in Paris, von den Bourgeois (jenen Parasiten) im Zorne, abgerissen und mit Füßen getreten worden.
‒ Dem Journal des Debats (siehe seinen Börsenbericht) ist aus Brüssel die Nachricht zugegangen: Colloredo habe bei Eröffnung der Brüsseler Konferenzen erklärt, daß Oesterreich sich sofort zurückziehen würde, wenn nicht sämmtliche Theilnehmer im Namen ihrer Kabinette die Erllärung abgäben, daß sie die Wiener Verträge von 1815 als Grundlage der Verhandlungen annehmen. Oesterreich und seine Bundesgenossen (Preußen und Rußland) seien fest entschlossen, jene Verträge in ihrem ganzen Umfange nach aufrecht zu erhalten.
‒ Ein neues Journal mit dem pompösen Titel: „La Tribune des Peuples“ wird in diesen Tagen vom Stapel laufen. Gründer ist ein Pole, der ehemals Flügeladjudant des Kaisers Nikolaus war und jetzt hier in Paris als Flüchtling lebt! Hauptredaktoren sollen sein: 1) Michelet, der mystische Verfasser der mystischen Geschichte etc. 2) Cyprian Robert, der neulich wegen seines panslavistischen Schimpfens gegen die Deutschen und Ungarn im College de France ausgepfiffen werden sollte oder noch ausgepfiffen werden wird.
‒ Die Nationalversammlung widmete heute die ganze Sitzung dem Geist und Magen verderbenden, aus 115 Artikeln bestehenden Wahlgesetze.
‒ In der Rue de Poitiers hört man von nichts als den nächsten Wahl-Operationen sprechen. Diese Herren beabsichtigen den Falsifikations-Prozeß der öffentlichen Meinung so geschickt einzuleiten, daß der Cavaignac'sche „Credit“ heute ausruft:
„Die Royalisten treiben ihre Manövers mit einer solchen Unverschämtheit, daß sie gewiß an ihrer letzten Conspiration sind… Einige ihrer Chefs ahnen dieses auch mit Beben und warnen darum ihre Parteigänger vor allzu großem Eifer… D'ici à quelques mois, ils seront au pied du mur.“
Uebrigens herrscht eine rasende Confusion unter ihnen.
Auch die Pagnerre-Garnier-Barthelemy'sche Republique modérée, die am Quai d'Orsoy Abends Glühwein trinkt, hat ein weitschweifiges Manifest erlassen, das sie in allen Morgenblättern breit tritt.
Von der Volkspartei ist zu melden, daß sie sich trotz aller Faucher'schen Verschwörungen täglich mächtiger und stärker erhebt. Ihrer Unerschütterlichkeit wird es gelingen, auch das platte Land aufzuklären, ehe die Russen bei uns einrücken.
‒ Neues Californien in Afrika! Ein gewisser Oberst Kaveloski, der lange Zeit die Minen Sibiriens studirte und jüngst Nordafrika besuchte, hat an den Ufern der Flüsse Ramla, Dys, Gonka, Benisch-Angol und Gamanil weite Sandstrecken entdeckt, welche viel Goldstoff enthalten. Die „Opinion publique“ enthält heute die ersten Nachrichten hierüber. Kein Zweifel, daß ganz Paris an die Ufer jener Flüsse eilt, um den quästionirten Sand zu waschen und sich zum Millionär zu machen.
National-Versammlung. Sitzung vom 21. Februar. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast.
An der Tagesordnung ist Fortsetzung der Wahlgesetzdebatte.
Artikel 58 (vom Votum der Soldaten etc. etc. handelnd) war an den Ausschuß zurückgewiesen worden, weil Charras (rechte Hand Cavaignacs) beantragt hatte, man solle bei dem unter der provisorischen Regierung befolgten Systeme bleiben.
Billault besteigt deshalb zuerst die Bühne, um als Berichterstatter zu erklären, daß der Ausschuß dem Charraschen Antrage beitrete. Demnach laute der Artikel 58 folgendermaßen:
„Alle unter den Fahnen befindlichen Land- und Seesoldaten üben ihr Stimmrecht auf dem Platze aus, auf dem sie sich gerade befinden. Sie werden Departementsweise abgetheilt und die hierdurch entstehenden Sektionen von den ältesten Offizieren unter Beiziehung einer aus vier Gemeinen bestehenden Scrutatoren-Kommission präsidirt etc.“
Brunet, Dahirel, Hanncye, Callet und einige andere unbekannte Größen streiten sich lange über diese Rückkehr zu einer Maßregel der verhaßten provisorischen Regierung.
Endlich geht der Artikel 58 durch.
Mit ziemlicher Schnelligkeit folgen ihm die Artikel 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72 und 73.
Die Debatte, nicht örtliche Details berührend, bietet für das Ausland kein direktes Interesse.
Die Bänke sind ziemlich spärlich besetzt und kein Mensch widmet der Diskussion die gebührende Aufmerksamkeit.
Artikel 73 lautet ursprünglich:
„Zu Volksvertretern können nicht gewählt werden:
1. die nach Artikel 28, 34, 42 und 335 des Code pènal und 102 des gegenwärtigen Wahlgesetzes zu entehrenden Strafen verurtheilten Individuen;
2. der Individuen, welche wegen Diebstahls, Escroquerie, Mißbrauch des Vertrauens und Wucherei verurtheilt wurden.“
Pierre Leroux trägt darauf an, den Zwischensatz:
„und wegen Ehebruchs,“
einzuschalten Er entwickelt seinen Antrag in trefflicher Weise. Er sagt, man müsse vor Allem konsequent sein. Die Versammlung, ein Ausfluß der Volkssouveränität, schließe z. B. einen Bürger von der Volksvertretung aus, der wegen Diebstahl verurtheilt worden. Gut. Aber wenn dieser Bürger seine Strafe erlitten und der Gesellschaft zurückgegeben ist und das Volk, der Souverain, ihn seines Vertrauens werth findet, mit welchem Recht nehmt Ihr Euch heraus, diesen Gewählten von dieser Bühne zurückzustoßen. Das ist eine Beleidigung des Souverains denn das Gesetz ist gerächt worden.
Mit demselben Recht, mit welchem ihr Euch also anmaßt, einen bestraften Dieb auszuschließen, müßtet Ihr auch den Ehebrecher ausstoßen, denn Ehebruch ist vor Allem ein Eingriff in die Eigenthumsrechte. Thut Ihr dies nicht, so brecht Ihr die Volkssouveränität. (Sturm rechts und Beifall links unterbrach den Redner sehr häufig.) Jawohl, ruft P. Leroux, Ihr brecht die Volkssouveränität.
Billault, Berichterstatter, bekämpft den Zwischensatz mit vielem Pathos und sagt, Pierre Leroux habe nur auf Artikel 73 (§ 7) ein Epigramm machen wollen.
Pierre Leroux protestirt energisch gegen diese Deutung. Dies sei persönlich. Billault solle auf dem prinzipiellen Felde bleiben. (Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!)
Eine ungeheure Agitation herrscht im Saale. Zwei Abstimmungen durch Aufstehen und Sitzenbleiben sind zweifelhaft. Endlich wird um 6 1/2 Uhr der Antrag mit 286 gegen 229 Stimmen angenommen. (Links Bravos.)
Das ist der erste Triumph des Kommunisten Leroux auf der Bühne.
In Zukunft ist der Ehebrecher vom Volksmandat ausgeschlossen.
Schluß 6 3/4 Uhr.
Italien.
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@facs1265
[ * ]
Die doppelte Proklamation der Republik zu Rom und Florenz hat alle europäischen Monarchieen in Bewegung gesetzt. Der Bourbone von Neapel soll in einen wahren Wuthausfall gerathen sein, als er die letzten Ereignisse erfuhr. Karl Albert und sein Odilon-Gioberti stießen einen Schrei des Entsetzens aus.
Um eine auf allgemeinem Stimmrecht beruhende Regierung anzugreifen, bedarf es indessen eines Vorwandes. Den Vorwand bietet diesmal der Pabst. Martinez de la Rosa hat den Plan eines Kongresses der katholischen Mächte ausgeheckt, um den Pabst in seine weltliche Macht wieder einzusetzen. „Der Kongreß solle stattfinden in einer centralen und geeigneten Stadt. Frankreich und Oestreich würden daran Theil nehmen mehr als Rathgeber, denn als Agenten. Eine Intervention würde adoptirt werden zu dem einzigen Zwecke der Restauration des Pabstes und der Erhaltung seiner Autorität in Rom und einigen andern bedeutendern Städten. Frankreichs Pflicht wäre es, eine Observationseskader zu schicken, die Oestreichs, die Gränzen am Po zu besetzen, und die Neapels, eine entsprechende Bewegung im Süden zu machen.“„Die kriegführende Rolle, fährt die durch die Times veröffentlichte Note fort, wird Spanien, Baiern, Portugal anvertraut werden oder andern sekundären katholischen Staaten, so daß die großen Mächte kein Mißtrauen fassen und das europäische Gleichgewicht nicht gestört wird. Man berechnet, daß 5 bis 10,000 Mann zur Erreichung dieses Zweckes hinreichen werden, da die Freunde des Pabstes sehr zahlreich sind in allen Theilen seiner Staaten. Die Constituante von Piemont und Toskana wird unmittelbar Opposition einlegen, aber eine kräftige Zurechtweisung von Seiten Frankreichs und Oestreichs wird sie schon zur Ruhe bringen und ohne sie wird die Faktion in den päbstlichen Staaten offenbar machtlos sein. Die Ausführung dieses Plans wäre ein prächtiges Ding. Es ist klar, daß die Regulirung der päbstlichen Angelegenheiten das nothwendige Vorspiel der Wiederherstellung der Ordnung und der Unterdrückung des Socialismus in Sizilien ist. (Der alte Martinez fabelt.) Noch mehr, diese Kombination würde Spanien wieder heben und die Verbesserung seiner europäischen Position würde seinen Gläubigern vortheilhafte Resultate sichern.“
Also schließlich, so sehr beherrscht der Geist des Jahrhunderts selbst die contrerevolutionärsten Donquixote, schließlich ist der Zweck dieses katholisch-feudalistischen Kreuzzugs das Steigen der spanischen Papiere. Kein Kreuzzug mehr möglich als unter den Auspizien der Börsenheiligen.
C. E. Muzarelli (Mitglied des römischen Vollziehungsausschusses) hat folgende Cirkularnote erlassen an sämmtliche römische Konsuln und Bevollmächtigte im Auslande.
„Bürger, die römische konstituirende Versammlung hat mit einer ungeheuren Majorität die Entschließungen angenommen, die Sie in dem an Sie von mir überschickten Grunddekret bezeichnet finden. Die Regierungskommission ist provisorisch in ihrem Amte bestätigt. Ich werde Ihnen in Zukunft die weiteren Verfügungen der konstituirenden Versammlung mittheilen. Bei Empfang des Gegenwärtigen haben sie all Ihren Eifer aufzubieten, um die Anerkennung der römischen Republik von der Regierung, bei der Sie akkreditirt sind, zu erwirken. Die aus dem freien Volkswillen hervorgegangene Republik ist faktisch und rechtlich die legitimste Regierung von der Welt.“
Gleichzeitig hat Galetti im Namen der konstituirenden Versammlung folgenden Aufruf an Toskana erlassen:
„Toskaner, Eure Regierung ist die unsrige, Ihr habt es ausgesprochen. Mögen sich diese Regierungen so eng verbinden, daß wir in den Augen der Welt und Italiens nur eine Nation bilden. Wir haben die Formel der Brüderlichkeit in der Nacht vom 8. Oktober proklamirt. Diese Formel ist Euch ebenso wenig unbekannt, als sie es dem Capitol war. Gehen wir Hand in Hand, und die italienische Constituante wird das Siegel sein auf dem Vertrage der Nation.“
Der toskanische Moniteur vom 15. Februar enthält in seinem offiziellen Theile folgendes Dekret:
„Die provisorische Regierung von Toskana nimmt mit einer brüderlichen Freude die Adresse an, welche von der italienischen Emigration an sie gerichtet worden ist und ihr edles Anerbieten nach allen Kräften an der Vertheidigung unsrer Freiheit mitzuwirken. Sie dekretirt: Die italienischen, in Toskana residirenden Emigranten sind bevollmächtigt, sich militärisch zu organisiren. Ihr Korps wird unter den Befehl des Ministers des Innern gestellt sein, dem die Ausführung dieses Dekrets hiermit übertragen wird.“
Der Kriegsminister Mariano d'Ayala, der sich seit 5 Tagen in den Festungswerken nicht hatte sehen lassen, und dem man die Duldung eines Theils der stattgehabten soldatischen Unordnungen vorwirft, hat seine Entlassung eingereicht. d'Apice wird an seine Stelle treten.
Am 14. Morgens leisteten die Truppen von Toskana der provisorischen Regierung den Diensteid; hierauf steckten die Soldaten das rothe Band ins Knopfloch und fraternisirten mit dem Volke.
Am 15. erschien eine Adresse an die Linientruppen, worin man sie ermahnt, das Vaterland und ihre Pflichten als Bürger und Italiener nicht der Anhänglichkeit an einen Mann zu opfern.
Am Abend des 14. begab sich d'Apice an der Spitze einer militärischen Expedition nach Empoli, wo einige Unordnungen vorgefallen waren.
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@facs1265
[ * ] Rom, 11. Febr.
Heute, Sonntag, wurde zu Ehren der neuen römischen Republik in der Peterskirche ein Te Deum gesungen. Die Geistlichen des Vatican hatten sich geweigert den Altardienst zu verrichten. Derselbe fand ohne die geringste Unruh statt; einige Reihen der neu organisirten Miliz trugen Fackeln; alle Glieder der Constituante waren anwesend. Der Anblick war imposant. Diese Feier wird in der ganzen Welt ein Echo finden.
‒ Die drei Glieder, welche in den Executivausschuß gewählt wurden, haben die auf sie gefallene Wahl angenommen und den Quirinalpalast bezogen. Muzzarelli, mit dem Auslande beschäftigt, hat an alle Agenten, welche die Römische Republik bei den verschiedenen Cabinetten vertreten, ein Rundschreiben gerichtet, worin er sie auffordert, die Anerkennung der Römischen Republik zu erwirken und den Cabinetten die Absichten der Executive mitzutheilen, die in neuester Zeit so sehr mißdeutet wurden.
‒ Man erzählt sich hier, daß eine Art heil. Allianz zwischen Oestreich, Neapel, Spanien und Frankreich zur Wiederherstellung des Pabstes auf seinen Thron geschlossen worden. Doch das jagt hier wenig Schrecken ein, unter so schillernden Farben diese Hiobsposten auch von Gaëta aus verbreitet werden.
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@facs1265
[ * ] Turin, 16. Febr.
Das Ministerium Gioberti, das bereits gegenüber der republikanischen Bewegung Genua's den Deckmantel des Demokratismus fallen ließ, tritt jetzt vollständig auf Seite der Contrerevolution, und arbeitet, unterstützt von der Majorität der Kammer, auf eine Allianz mit Oestreich hin. Nicht genug, daß es die italienische Constituante zurückweist, es bereitet geradezu eine Intervention in Toskana und Rom vor. In der Kammer führt es zwar noch eine sehr zurückhaltende Sprache; gestern interpellirt, ob es die römische Republik anerkennen werde, erklärte es, die Sache sei noch zu neu, man habe noch nicht darüber beschließen können, und setzte die einfache Tagesordnung durch; dieselbe einfache Tagesordnung ging durch bei der Interpellation wegen Schließung des Genueser Volksklubs. Aber während ihm das Faktum in der Kammer „noch zu neu“ ist, sammelt das Kabinet bei Sarzana ein Heer von zehntausend Mann mit 16 Kanonen, unter dem Kommando des wegen reaktionärer Umtriebe entlassenen Exkriegsministers La Marmora. Was dies Lager bedeuten soll, ist klar. Sarzana liegt an der äußersten Ostgränze des genuesischen Gebiets, am Fuß der Apenninen, da wo sich die beiden Straßen über Pontremoli und das Gebirge nach Parma, und über Lucca an der Küste entlang nach Pisa und Florenz theilen. Unter dem Vorwande einer Demonstration gegen die Oestreicher in Mo- [1266] dena und Parma stellt man so ein Heer, 10 Meilen von Pisa und 20 Meilen von Florenz auf. Es ist sehr wünschenswerth, daß die Intervention bald erfolge; sie bricht dem Verräther Karl Albert den Hals.
Großbritannien.
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@facs1266
London, 21. Febr.
In der gestrigen Sitzung des Unterhauses kam Hrn. Baillies Motion wegen einer Untersuchung über die Klagen der Bewohner von Ceylon und Britisch-Gaiana und über die in der Verwaltung dieser Kolonien nöthigen Aenderungen. Die Debatte, ziemlich schwerfällig und gedehnt, war jedoch nicht ohne Interesse. Natürlich spielte die Handelsfreiheit und die Aufhebung der Differentialzölle für die Kolonien eine Hauptrolle. Ricardo, Hume, Hawes, Molesworth, Peel, Ruffell, d'Israeli betheiligten sich an ihr. Zuletzt wurde die Untersuchung, unter Zustimmung der Regierung, beschlossen.
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@facs1266
Dublin, 20. Febr.
Der Prozeß gegen Duffy dauert noch fort. Gestern sprach der Vertheidiger während sieben Stunden. Als er auf die Repealfrage zu sprechen kam, und dabei die Verdienste des Angeklagten um Irlands erstrebte Unabhängigkeit ans Licht stellte, sprang plötzlich zum großen Erstaunen des Richters und zum Gelächter des Publikums einer der Geschwornen auf, klatschte mit Macht und schrie aus vollem Halse: hört, hört, hört, hört! Wenn der Mann seiner Begeisterung treu bleibt, wird Duffy nicht verurtheilt, da nach englischem Gesetz die Geschwornen einstimmig sein müssen.
[Redakteur en chef: Karl Marx. ]
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@facs1266
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@facs1266
[ * ] Köln, 23. Febr.
Das Zuchtpolizeigericht hat heute in dem Steuerverweigerungsprozeß gegen Kinkel ein freisprechendes Urtheil erlassen.
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@facs1266
Hamm.
Die „N. Rh. Z.“ hat den Herrn Müllensiefer, Abgeordneten des Kreises Bochum, einen „Novemberdavonläufer“ und „Preußenvereinler“ genannt.
Ein Preußenvereinler stimmt nicht für:
1) Abschaffung der Todesstrafe; 2) das von Gottes Gnaden; 3) der Orden; 4) der Aufhebung des Jagdrechts, obgleich M. mit seinem Bruder ein Kapital von mindestens 3000 Thlrn. einbüßte.
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@facs1266
[ * ] Neustadt, Cleve-Berg, 20. Febr.
Wie den gottbegnadeten Beamten auf dem Lande, nach den contrerevolutionären Schlägen, der Kamm geschwollen, möge folgender Vorfall beweisen: Am 16. Februar hielt der Steuerempfänger Kühne von Gummersbach, ein civilversorgter Officier, hier einen Local-Empfang ab; dies war den Bewohnern unserer Bürgermeisterei, Sonntags vorher, vor den Kirchthüren bekannt gemacht worden, obgleich dieselben noch nicht im Besitze ihrer Steuerauszüge waren. Wilhelm Rötger, 73 Jahr alt und Gottlieb Rötger, 68 Jahr alt, aus der Höh. einem Hofe in der zur Bürgermeisterei Neustadt gehörenden Gemeinde Wiedenest, zwei gutmüthige Bauersleute, kommen Morgens gegen 11 Uhr in die Wirthsstube des Gasthofes, wo der p. Kühne den Empfang abhält und erklären demselben: sie wünschten die fälligen Steuerquoten zu bezahlen, hätten aber noch keine Auszüge empfangen und erbäten sich daher hierüber separat Quittung. Kühne antwortet ihnen hierauf: „Ei was! was besondere Quittungen, das thu ich nicht!“ Hierauf bemerkt ihm der G. Rötger, es sei nun einmal abgelesen, sie sollten heute bezahlen, sie wollten sich dieserhalb keinen Executionskosten aussetzen und ersuchten daher den Herrn Empfänger das Geld anzunehmen und zu notiren; er könnte ihnen dann ja beim folgenden Empfange, wo sie wohl im Besitz ihrer Auszüge sein würden, nachträglich quittiren. p. Kühne entgegnet jedoch hierauf in barschem Tone: „Ei was! was! h'raus! h'raus!“ packt den einen nach dem andern beim Arm, und stößt diese alten Leute, mir nichts, dir nichts, zur Thür hinaus. Das sind die Fortschritte, welche diese gottbegnadeten Seelen seit der November-Revolution in der Humanität gemacht haben.
Als später diese Leute den Schutz des hiesigen Bürgermeisters nachsuchen, verweis't sie dieser mit ihrer Beschwerde an die landräthliche Behörde. Was diese thun wird? wer weiß es?! ‒
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@facs1266
Die Elberfelder Zeitung bringt in ihrer heutigen Nummer einen Artikel gegen meinen Vater, der keine Erwiederung verdient. Der schamlose Artikel geht offenbar von der hiesigen reaktionären Beamtenwelt aus, die meinen Vater seiner volksthümlichen Richtung wegen unten allen Umständen aus seiner Stellung verdrängen wollen. Nichts leichter, als einen wehrlosen 77jährigen Greis unter der Maske der Anonymität anzugreifen, Nichts dem Charakter der „Elberfelder Zeitung“ angemessener, als sich zur Herberge solcher feigen Infamieen zu machen.
Der Einsender jenes Artikels und der Redakteur, der ihn aufnahm, mögen unter sich selbst ausmachen, wer von Beiden der gemeinere Schuft ist.
Arnsberg, den 6. Februar 1849.
Restor Kindermann, (entlassener O.-L.-G.-Referendar.)
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@facs1266
Berlin, 16. Februar.
Zur Krautjunker- und Geldsackkammer wurden ferner gewählt:
Provinz Preußen.
Ober-Präsident Flottwell, Landrath Brauns, Inquisitions-Direktor von Neitzschütz, Professor Rosenkranz, Dr Geritz, Bischof von Ermeland, Ober-Präsident von Auerswald, Justiz-Kommissarius Tamnau, Ober-Landesgerichts-Rath Maurach, Gutsbesitzer Büttler, Gutsbesitzer von Franzius, Landrath von Lavergne-Peguilhen, Gutsbesitzer Lefebvre auf Risau, Präsident Bornemann, Oberförster Kettner.
Provinz Posen.
Pilarski aus Posen, von Brodowski.
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@facs1266
Ich bin in ihrem Blatte schon mehreremale ein Gegenstand der Erwähnung gewesen.
Ich erkläre hiermit, daß die darin ausgesprochenen Verdächtigungen und Anschuldigungen reaktionärer Umtriebe, so weit sie mich betreffen, rein erdichtet sind. Ohne auf die näheren Details einzugehen, bemerke ich nur noch, daß ich mit Herrn Goedsche in gar keiner Beziehung stehe, und daß ich zur Beschäftigung im hiesigen Ober-Post-Amte hergesandt worden bin, und zu keinem anderen Zwecke.
Der Einsender der betreffenden Artikel ist in Bezug auf mich entweder falsch unterrichtet, oder hat sich zu einer Unlauterkeit durch selbstsüchtige Zwecke verleiten lassen.
Köln, den 18. Februar
Ritter, kgl. Postsekretär.
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Köln, 17. Febr.
Gestern Morgen standen, um doch wo möglich politisch Angeklagte aus allen Ständen zu haben, 5 Soldaten vor ihren Richtern; angeklagt am 21. Novbr. v. J. „einen entfernten Versuch auf Hochverrath gemacht zu haben“ und wurden gegen alles Erwarten 3 derselben zu einer längeren Festungsstrafe verurtheilt und wie's Gerücht besagt 2 zu einer 1 1/2 jährigen und 1 zu einer einjährigen, und hat der Herr And. Frictius die Untersuchung geleitet event. die Bestrafung beantragt.
Damit die preußischen Bürger sehen, wie ihre Angehörigen behandelt werden, wenn dieselben das Glück haben, in königl. Soldatendienste zu stehen, wollen wir in Folgendem eine kurze buchstäblich getreue Darstellung der ganzen Sache geben. Am vorhergenannten Tage trafen sich ungefähr 30 - 40 Soldaten in einem hiesigen Bierhause und wurde ihnen, da der Wirth desselben P. Kranz besorgte, daß selbige in einen Conflict mit den anwesenden Bürgern gerathen möchten, ein Zimmer eingeräumt, wo einer von ihnen den Vorschlag machte, eine geschlossene Gesellschaft zu bilden, deren Zweck Unterstützung der Krone und deren Name Verbrüderung der Soldaten unter sich zur Unterstützung der Krone sein sollte, welcher Vorschlag allgemein angenommen und in Folge dessen ein Pionier, August Roelle, zum Präses ernannt wurde, welcher diese Stelle mit der Bemerkung annahm, daß er nur für den einen Abend präsidiren wolle und nur um Ruhe und Ordnung so viel ihm möglich zu erhalten und daß am nächstfolgenden Versammlungstage ein neuer Präsident gewählt werden sollte. Zugleich muß hierbei bemerkt werden, daß bereits eine geschlossene Militär-Gesellschaft besteht. Weiteres liegt gegen denselben nicht vor.
Im Laufe des Gesprächs wurde ein Artillerist von der Handwerks-Kompagnie der 8. Artillerie-Brigade, Namens Schöpker, von einem Andern aufgefordert, einen Traum zu erzählen, den er am vergangenen Tage gehabt hatte und den er bereits in der Kaserne erzählt hatte, und erzählte dieser Folgendes: „Da er unwohl gewesen sei, sei er von der Arbeit zurückgeblieben, habe sich auf's Bett gelegt und Folgendes geträumt. In Köln sei's an einem Tage zum Ausbruch zwischen Bürger und Militär gekommen, das Blutbad sei auf beiden Seiten furchtbar gewesen und sei endlich ein Infanterist vor die Front getreten und habe gesagt, „ob sie denn noch länger auf ihre Väter und Brüder schießen sollten?“ da sei der größte Theil derselben auf Seite der Bürger getreten, die Offiziere aber allein stehen geblieben. Und ist dieses das Ganze, welches gegen den Artilleristen vorliegt.
Gegen den Infanteristen war weiter nichts ausgesagt, als daß er den Vorschlag gemacht haben sollte, es möge ein Jeder, um dem Wirth die Kosten zu vergüten, einen Silbergroschen bezahlen. Es war nemlich früher vorgeschlagen, daß alle, die an der Gesellschaft Theil nehmen wollten, sich unterzeichnen sollten, und war hierfür von dem Wirthe Papier angeschafft worden.
Es wurde aber statt des vorgeschlagenen Groschen 6 Pfg. als genügend erkannt und solche entrichtet. Auch soll derselbe ausgesagt haben, die Soldaten sollten sich in den jetzigen Zeiten nur passiv verhalten. (Man erinnere sich, daß es jene glorreiche Zeit des passiven Widerstandes war.) Weitere Aussagen waren auch gegen diesen Angeklagten nicht vorhanden. Pionier Reimsberg, der 4., war angeklagt, die Liste angefertigt zu haben und hatte selber das Verbrechen begangen, die vorgeschlagenen und genehmigten Titel der Gesellschaft auf einen Bogen Papier geschrieben zu haben und darauf Acht gegeben, daß Jeder seine 6 Pfg. richtig bezahlte. Der 5., Musketier Lack, wußte selbst nicht, was er gethan hatte und wessen er angeklagt war, sind letztere beide freilich freigesprochen worden, weil diese zu strafen doch ein wenig zu arg gewesen wäre.
Daß auf obige Thatsachen diese Unglücklichen, wenn sie das Glück gehabt hätten, vor einem öffentlichen Gerichte, mit unverantwortlichem Richter, zu stehen, nicht bestraft hätten werden können, ist zwar so selbstredend, daß es keiner weiteren Auslegung bedarf, und wollen wir zum Schluß nur noch einige Bemerkungen machen, die vielleicht irgend einen menschlich gesinnten Rechtsgelehrten veranlassen möchten, sich, wenn es möglich wäre, dieser Sache anzunehmen, wiewohl wir obendrein noch die Hoffnung nicht aufgeben, daß das Urtheil die höhere Bestätigung nicht erhalten werde.
Nach unserer Verfassung vom 5. Dez. v. J. gehören alle gemeine Verbrechen, die nicht ausdrücklich in den Kriegsartikeln stehen, vor's öffentliche Gericht, und glaube ich nicht, daß des Verbrechens „Versuch auf Hochverrath“ in den Kriegsartikeln gedacht ist Dann ferner, daß es doch eins der höchsten Güter ist, welches wir besitzen, unverantwortliche Richter zu haben, und die Richter im Kriegsrecht schwören müssen, so zu sprechen, daß sie ihren Urtheilsspruch vor Gott und Sr. Maj. dem Könige verantworten können, und durch diesen Eid gewiß die Unverantwortlichkeit der Richter aufgehoben wird. Ferner, daß der einzige Zeuge, ein gewisser Haman, ebenfalls von der Handwerkskompagnie, der auch im Verdacht als Denunziant steht, der etwas Gravirendes aussagt, eine derartige Aussage macht, daß es positiv unmöglich ist, alles zu behalten, und ein stenographischer Bericht nicht wörtlicher sein könnte, in einigen Punkten, wo irren nicht möglich ist, den Aussagen sämmtlicher anderer Zeugen schnurstracks widerspricht, welches gewiß seine Aussagen gelind genommen, verdächtigt, und verlieren wir die Hoffnung noch nicht, daß bei einer gründlichen Revision der Akten die Freisprechung der sämmtlichen Angeklagten erfolgen wird, und selbst wenn obige Angeklagte sich disciplinarisch verfehlt hätten, ein 3monatlicher Untersuchungsarrest, wie selbige ihn bereits erlitten haben, gewiß mehr Strafe ist als zuviel.
Meteorologische Beobachtungen.
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Civilstand der Stadt Köln.
Den 14. Februar 1849.
Heirathen.
(13.) Sebast. Mohr, Schusterm., Witwer, v. Weilbach, und Maria Anna Sib. Hochmuth, v. hier. ‒ Joh, Jos. Gitschthaler, Klempner, Witwer, v. Deusch-Pontafel, und Maria Sophia Schweinem, v. hier. ‒ Everh. Münch, Tagl., Witwer, v. Gymnich, und Elisab. Elsen, v. Remagen. ‒ Joh. Peter Thelen, Nagelschmidges., v. Siersdorf, und Agnes Jansen, v. Worringen. ‒ Heinr. Schmitz, Schusterges., v. Bürvenich, und Ther. Palm, v. Ahrweiler. ‒ Peter Joh. Hond, Feldwebel, v. Geldern, und Constant. Heuser, v hier. ‒ Mich. Jos. Bierekoven, Cassirer bei der Gas-Gesellschaft, v. Friesheim, und Anna Margar. Klein, v. hier. ‒ Heinr. Christ, Koch, Steinhauer, und Gertr. Odendahl, beide v. hier. ‒ Joh. Fettel. schoß, Tagl. v. Bickendorf, und Anna Maria Brühl, v. hier. ‒ Peter Schreiner, Schusterm., v. hier, und Pauline Berners, v. Montjoie. ‒ Peter Cremer, Dachdeckerges. und Maria Cathr. Ockenfeld, beide v. hier ‒ Theod, Roeseler, Gerberges. v. hier, und Maria Sib. Tolles, v. Düren. ‒ Peter Knautz Schreiner, und Magdal. Heuterkes. beide v. hier. ‒ Joh. Rein. Reiff, Bäcker und Conditor, v. Lich, und Anna Gertr. Küpper, Witwe Axer, v. hier. ‒ Joh. Schumacher Tagl., v. Pützfeld, und Maria Magdal. Kirschbaum, v. hier. ‒ Peter Wim. Breuer, Gastwirth, v. Mülheim, und Maria Ther. Franc. Preis, v. Münster. ‒ Peter Dens, Schifferkn., und Cathar. Hinseler, beide v. hier. ‒ Joh. Leon. Bolberg. Schneider, Witwer, v. Altenrath, und Anna Maria Könntgen, v. Gilsdorf.
Den 15. Februar. 1849.
Geburten.
(14.) Emil Ludw. Gotthold S. v. Ludw. Schwartz, Dampfschifffahrts-Angestellter, Straßburgerg. ‒ Albrecht Erich Otto, S. v: Heinr Aug. Weyer, Gastw, Lupusecke. ‒ Math. S. v. Math. Steinweg, Kleiderm. Malzmühle. ‒ Gerh. Jos. Maria, S v. Peter Jos. Maria Schnorrenberg, Schlosserm., Rechtschule. ‒ Herm, S. v. Joh. Albrings, Fuhrm., Ehrenstr. ‒ os., S. v. Heinr. Winnen, Kutscher, Thurnm. ‒ Maria Wilhelm. Margar., T. v. Peter Jos. Wolter, Kammmacher, gr. Griechenm. ‒ Anna Maria und Peter Jos, Zwill. v. Wilh. Engelbert, Zuckerarb., Follerstr. ‒ Herm. Jos, S. v. dem verstorb. Jos. Linnarz, Gärtner, Schafenstr. ‒ Peter, S. v. Joh. Zottmann, ohne Gew., Maximinenstr. ‒ Elisab., T. v. Friedr. Loesch, Schuhm., Kupferg. ‒ Ein unehel. Mädchen.
Sterbefälle.
Franz Peter Busen, 7 M. alt, Filzengr. ‒ Cathar. Pileur, Witwe Erven, 84 J. alt, Cäciliensp. ‒ Clem. Ferdin. Siegen, 5 M. alt, Thieboldsg. ‒ Ein unehel. Mädchen.
Den 16. Februar. 1849.
Geburten.
Anna, T. v. Laur. Esser, Rheinarbeiter., kl. Griechenm. ‒ Peter, S. v. Jos. Esser, Schreinerm., kl. Griechenm. ‒ Anna Maria Huberta, T. v. Math. Ockenfeld, Maurer, Eulengarteng. ‒ Joh. Gottl., S. v. Theod Giesen, Drechsler, Severinstr. ‒ Ernst Jos., S. v. Joh. Karl Ritzenhoff, Advokat-Anwalt, Berlich. ‒ Maria Elisab. Wilhelm., T. v. Wilh. Schnepp, Glaser, und Anstr., Rothgerberb. ‒ Heinr., S. v. Peter Becker, Schuhm., Maximinenstr. ‒ Theod., S. v Theod. Oster, Tagl., Thürmchensw. ‒ Peter, S. v. Peter Dernen, Schuster, Thieboldsg. ‒ Franc. Amalia, T. v. Joh. Jos. Theod. Firmenich. Kfm., Königstr. ‒ Lucas, S. v. Casp. Hover, Seidenw., Maximinenstr.
Sterbefälle
Anna Maria Hubert. Becker, 1 J. 2 M. alt, am alten Ufer. ‒ Margar. Brendel, 14 T alt, Ursulastr. ‒ Georg Ortmann, Maurerhandlanger, 51 J. alt, verheir., Ortmannsg. ‒ Christian Eck, 13 M. alt, Gereonsw. ‒ Servatz Wolfsberg, Naturalienkabinet-Besitzer, 47 J. alt, verheir., Hoferg. ‒ Margar. Rheindorf, 32 J. alt, unverh, Schilderg.
Heiraths-Ankündigungen.
(18.) Friedr. Wilh. Lehnhof, Porzellan- und Glashändler, Hahnenstr., und Amalia Ida Kaiser, zu Mülheim. ‒ Joh. Gottl. Ignaz Haucke, Hülfsbote beim Ober-Post-Amte, St. Apernstraße, und Anna Jos. Schweigert, früher zu Bonn, seit kurzem St. Apernstr. ‒ Joh. Engel. Schmidt, Oberkellner, und Amalia Ther Haselbach, beide Butterm. ‒ Wilh. Diedr. Eberh. Bredenbach, Hausirer, Wittwer, und Anna Cathar. Pilger, Wittwe Schmitz, beide Tipsg. ‒ Heinr. Adolph Strothmann, Feldwebel, Blankenheimerhof-Kaserne, und Maria Dorothea Maihöfener, Benesisstr. ‒ Gottfr. Knepp, Tagl., u. Elisab. Metsinger, Wittwe Lütgen, beide Kranenb. ‒ Heinr. Pott, Tagl. und Ther. Hahn, beide Hoferg. ‒ Domin. Halffen, Tagl., Friesenw., und Cathar. Renner, Klingelp. ‒ Jos. Lehalle, Hutm., Schilderg, und Urs. Büllesfeld, unter Sachsenh. ‒ Joh. Jacob Lanio, Schreinerges., Poststr., und Apoll. Gau, Peterstr. ‒ Joh. Landmann, Maurerm., Wittwer, Bayardsg., und Lisette And iessen, Panthaleonstr ‒ Friedr. Jacob Bernh. Strebel, Kfm., Trankg., und Maria Helena Strebel, zu Eyrichshofen. ‒ Joh. Wilh. Dornhausen, Schreiner, zu Neuß, früher zu Köln, und Maria Cathar. Geller zu Neuß. ‒ Heinr. Pott, Tagl., und Ther. Hahn, beide Hoferg. ‒ Joh. Theod. Kames, Kanonier, Dominikaner-Kaserne, und Helena Foermer, Engg. ‒ Heinr. Wilh. Rohde, Hauskn., Heum., und Ther. Esch, Altem. ‒ Wilh. Küpper, Tagl., kl. Spitzeng., und Elisab. Peterhoff, zu Daubenrath.
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Gerichtlicher Verkauf.
Am Mittwoch den 28. Februar 1849, Vormittags elf Uhr, wird der Unterzeichnete auf dem Apostelnmarkte zu Köln, verschiedene Mobilar-Gegenstände, als: Tische, Stühle, Schränke, Spiegel, ein Stubenofen mit Röhren etc., dem Meist- und Letztbietenden gegen gleich baare Zahlung öffentlich verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher, Simons.
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In der Hutfabrik von Mertés an den vier Winden können noch 3 Arbeiter: 1 Galettier und 2 Monteurs, wovon der eine auch façonniren kann, dauernde Beschäftigung finden.
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Vertilgungsfutter gegen Mäuse, Ratten und Schwaben, Thurnmarkt Nr. 39.
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Heilsame Erfindung.
Das neu erfundene Compressorium oder Urinsperrer, welches von vielen Aerzten für heilsam anerkannt und die Eigenschaft besitzt, daß das nächtliche Einnässen ins Bett bei Knaben, so wie auch bei Erwachsenen durchaus verhütet wird, und sich schon nach höchstens monatlichem Gebrauch entbehrlich macht. Gegen portofreie Einsendung des Betrags und Angabe des Alters erhält man Instrument nebst Gebrauchs-Anweisung für 2 Thlr. bei H. J. Frankenheim in Bleicherode bei Nordhausen.
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Das bekannte große Kleider-Magazin von L. Emanuel befindet sich jetzt Obenmarspforten 5, und empfiehlt sein reichhaltiges Lager in allen möglichen Herrenkleidern zu den billigsten Preisen und reellster Bedienung.
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General-Versammlung des Arbeiter-Vereins Sonntag den 25. Februar, Nachmittags präzise 2 Uhr, im Dickopf-(Eiser'schen) Saale.
Kassenöffnung 1 Uhr.
Das Comite.
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Bei dem heute bei mir bei festlicher Musik stattfindenden großen Bankett werde ich nebst dem Bier, äußerst gute Weine und sonstige Getränke, auch kalte Speisen verabreichen.
Johann Dickopf, im Eiser'schen Saale.
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CONCERT.
Samstag den 24. Februar: im Stollwerk'schen Vaudeville-Theater.
Gegeben von den Geschwister Oettl, Tyroler Alpensänger-Quartett, in Verbindung mit Max Homeier, Virtuos auf der chrommatischen Zither. Eintritt à Person 5 Sgr Anfang 7 Uhr. Programm wird an der Kassa abgegeben.
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Kalkbrennerei.
Hiermit zeige ich einem geehrten Publikum ergebenst an, daß ich meine Kalkbrennerei wieder in Betrieb gesetzt habe, und täglich frischer Kalk von jeder Qualität zu haben ist.
Worringen, den 22. Februar 1849.
Fr. Ott.
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Samstag den 24. Februar 7 1/2 Uhr wird zur Feier der vorigjährigen französischen Revolution ein großes Bankett im Dickopf-(Eiser'schen) Saale gehalten.
Eintrittskarten sind zu 2 1/2 Sgr. im Freischütz bei Hamspohn,
bei Gebr. Josty,
im Dickopf'schen Lokale,
im Kranz bei Simons,
bei Legermann, Follerstraße zu haben.
Die Lieder werden am Eingang gratis vertheilt.
Die Eintrittskarte ist gut für ein Glas Bier Damen haben freien Eintritt.
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Ein weißer Jagdhund mit braunem Behang und braun gefleckt entlaufen. Dem Wiederbringer eine Vergütung.
Altenmarkt Nr. 34.
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Englischer Brustsyrup.
Untrügliches Mittel gegen Husten und Brustverschleimung ist nur allein ächt bei Gebr. Fabry, Altenmarkt Nr. 10.
F Weidenbach, Obenmarspforten Nr. 42.
J. Meist, Siegburgergasse in Deutz.
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Puppentheater.
Die politische Art Schulden zu bezahlen.
Lustspiel. Anfang halb 7 Uhr.
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Der Gerant Korff.
Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher 17.