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[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.

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Liebe, christ-katholische Seelen!

In unsern eben vorgelesenen Textesworten erregen insbesondere zwey Personen unsere Aufmerksamkeit, nämlich Bileam und sein Esel, der erstere war ein Philosoph, der sich, wie die Geschichte lehret, mit geheimen Künsten abgab, und das Fach der Magie und der Segensprecherey so gut verstand, als unser selige Pater Gaßner oder als Cagliostro. Der andere aber war ein unvernünftiges Thier, und zwar gerade aus derjenigen Klasse, die wir unter allen andern für die dummste halten. Denn wenn wir einen recht simpelhaften, einfältigen, unwissenden Kerl, einen Kerl, der nicht seine zehn Finger zusammen zählen kann, bezeichnen wollen, wie nennen wir ihn - ihr Fuhrleute, ihr Müllerpursche, ihr Packknechte, ihr Post-Officianten, ihr befederbuschte Herren, wie nennet ihr ihn? - Ihr nennt ihn einen Esel.

Und doch entsteht in causa substrata die Frage: welcher von beyden scharfsichtiger, vollkommener

Liebe, christ-katholische Seelen!

In unsern eben vorgelesenen Textesworten erregen insbesondere zwey Personen unsere Aufmerksamkeit, nämlich Bileam und sein Esel, der erstere war ein Philosoph, der sich, wie die Geschichte lehret, mit geheimen Künsten abgab, und das Fach der Magie und der Segensprecherey so gut verstand, als unser selige Pater Gaßner oder als Cagliostro. Der andere aber war ein unvernünftiges Thier, und zwar gerade aus derjenigen Klasse, die wir unter allen andern für die dummste halten. Denn wenn wir einen recht simpelhaften, einfältigen, unwissenden Kerl, einen Kerl, der nicht seine zehn Finger zusammen zählen kann, bezeichnen wollen, wie nennen wir ihn – ihr Fuhrleute, ihr Müllerpursche, ihr Packknechte, ihr Post-Officianten, ihr befederbuschte Herren, wie nennet ihr ihn? – Ihr nennt ihn einen Esel.

Und doch entsteht in causa substrata die Frage: welcher von beyden scharfsichtiger, vollkommener

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[263/0263] Liebe, christ-katholische Seelen! In unsern eben vorgelesenen Textesworten erregen insbesondere zwey Personen unsere Aufmerksamkeit, nämlich Bileam und sein Esel, der erstere war ein Philosoph, der sich, wie die Geschichte lehret, mit geheimen Künsten abgab, und das Fach der Magie und der Segensprecherey so gut verstand, als unser selige Pater Gaßner oder als Cagliostro. Der andere aber war ein unvernünftiges Thier, und zwar gerade aus derjenigen Klasse, die wir unter allen andern für die dummste halten. Denn wenn wir einen recht simpelhaften, einfältigen, unwissenden Kerl, einen Kerl, der nicht seine zehn Finger zusammen zählen kann, bezeichnen wollen, wie nennen wir ihn – ihr Fuhrleute, ihr Müllerpursche, ihr Packknechte, ihr Post-Officianten, ihr befederbuschte Herren, wie nennet ihr ihn? – Ihr nennt ihn einen Esel. Und doch entsteht in causa substrata die Frage: welcher von beyden scharfsichtiger, vollkommener

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Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/263>, abgerufen am 30.03.2024.