Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

Er gieng nach Hause zum ernsten Schlaf,
und hofte, daß ihm vielleicht träume, er sei der
Traum.


Nro. 37. Eine auserlesene Kabinetsdrüse.

Neues Testament.

Der September war so schön, der die schön¬
ste Rose, Wina, versezt hatte, daß dem Notar
Rock, Stube und Stadt zu enge wurde; er woll¬
te ein wenig in die weite Welt hinaus. Er rei¬
sete unsäglich gern, besonders in unbekannte Ge¬
genden, weil er unterwegs glaubte, es sey mög¬
lich, daß ihm eines der romantischsten lieblichsten
Abentheuer zuflattere, von dem er noch je gelesen.
Daher war das erste, was er in einer neuen Stadt
machte, kleine Stundenreisen um sie herum. Hatt'
er aber lange da gewohnt, so lief er zu Zeiten in
eine neue Gasse ein, und machte sich mit besonde¬
rem Vergnügen glaublich, er sei eben auf Reisen
in einer ganz fremden Stadt, aus der er noch da¬
zu die Freude hatte, in seiner anzulangen, sobald
er nur um die Ecke umbog. Ja sah er nicht träu¬

Er gieng nach Hauſe zum ernſten Schlaf,
und hofte, daß ihm vielleicht traͤume, er ſei der
Traum.


Nro. 37. Eine auserleſene Kabinetsdruͤſe.

Neues Teſtament.

Der September war ſo ſchoͤn, der die ſchoͤn¬
ſte Roſe, Wina, verſezt hatte, daß dem Notar
Rock, Stube und Stadt zu enge wurde; er woll¬
te ein wenig in die weite Welt hinaus. Er rei¬
ſete unſaͤglich gern, beſonders in unbekannte Ge¬
genden, weil er unterwegs glaubte, es ſey moͤg¬
lich, daß ihm eines der romantiſchſten lieblichſten
Abentheuer zuflattere, von dem er noch je geleſen.
Daher war das erſte, was er in einer neuen Stadt
machte, kleine Stundenreiſen um ſie herum. Hatt'
er aber lange da gewohnt, ſo lief er zu Zeiten in
eine neue Gaſſe ein, und machte ſich mit beſonde¬
rem Vergnuͤgen glaublich, er ſei eben auf Reiſen
in einer ganz fremden Stadt, aus der er noch da¬
zu die Freude hatte, in ſeiner anzulangen, ſobald
er nur um die Ecke umbog. Ja ſah er nicht traͤu¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0054" n="46"/>
        <p>Er gieng nach Hau&#x017F;e zum ern&#x017F;ten Schlaf,<lb/>
und hofte, daß ihm vielleicht tra&#x0364;ume, er &#x017F;ei der<lb/>
Traum.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#aq #b">N</hi> <hi rendition="#aq #sup">ro</hi> <hi rendition="#b">. 37. Eine auserle&#x017F;ene Kabinetsdru&#x0364;&#x017F;e.</hi><lb/>
        </head>
        <argument>
          <p rendition="#c"><hi rendition="#g">Neues Te&#x017F;tament</hi>.</p>
        </argument><lb/>
        <p>Der September war &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n, der die &#x017F;cho&#x0364;<lb/>
&#x017F;te Ro&#x017F;e, Wina, ver&#x017F;ezt hatte, daß dem Notar<lb/>
Rock, Stube und Stadt zu enge wurde; er woll¬<lb/>
te ein wenig in die weite Welt hinaus. Er rei¬<lb/>
&#x017F;ete un&#x017F;a&#x0364;glich gern, be&#x017F;onders in unbekannte Ge¬<lb/>
genden, weil er unterwegs glaubte, es &#x017F;ey mo&#x0364;<lb/>
lich, daß ihm eines der romanti&#x017F;ch&#x017F;ten lieblich&#x017F;ten<lb/>
Abentheuer zuflattere, von dem er noch je gele&#x017F;en.<lb/>
Daher war das er&#x017F;te, was er in einer neuen Stadt<lb/>
machte, kleine Stundenrei&#x017F;en um &#x017F;ie herum. Hatt'<lb/>
er aber lange da gewohnt, &#x017F;o lief er zu Zeiten in<lb/>
eine neue Ga&#x017F;&#x017F;e ein, und machte &#x017F;ich mit be&#x017F;onde¬<lb/>
rem Vergnu&#x0364;gen glaublich, er &#x017F;ei eben auf Rei&#x017F;en<lb/>
in einer ganz fremden Stadt, aus der er noch da¬<lb/>
zu die Freude hatte, in &#x017F;einer anzulangen, &#x017F;obald<lb/>
er nur um die Ecke umbog. Ja &#x017F;ah er nicht tra&#x0364;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0054] Er gieng nach Hauſe zum ernſten Schlaf, und hofte, daß ihm vielleicht traͤume, er ſei der Traum. Nro. 37. Eine auserleſene Kabinetsdruͤſe. Neues Teſtament. Der September war ſo ſchoͤn, der die ſchoͤn¬ ſte Roſe, Wina, verſezt hatte, daß dem Notar Rock, Stube und Stadt zu enge wurde; er woll¬ te ein wenig in die weite Welt hinaus. Er rei¬ ſete unſaͤglich gern, beſonders in unbekannte Ge¬ genden, weil er unterwegs glaubte, es ſey moͤg¬ lich, daß ihm eines der romantiſchſten lieblichſten Abentheuer zuflattere, von dem er noch je geleſen. Daher war das erſte, was er in einer neuen Stadt machte, kleine Stundenreiſen um ſie herum. Hatt' er aber lange da gewohnt, ſo lief er zu Zeiten in eine neue Gaſſe ein, und machte ſich mit beſonde¬ rem Vergnuͤgen glaublich, er ſei eben auf Reiſen in einer ganz fremden Stadt, aus der er noch da¬ zu die Freude hatte, in ſeiner anzulangen, ſobald er nur um die Ecke umbog. Ja ſah er nicht traͤu¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/54
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/54>, abgerufen am 25.04.2024.