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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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43. Hundsposttag.

Matthieu's vier Pfingsttage und Jubileum.


Es ist ein Kunstgrif, daß ich wahre Spitzbuben-
Szenen in den höhern Ständen vorher französisch
niederschreibe und dann vertiere, wie Boileau seine
welken Verse vorher in Prose aufsetzte. -- Da mir
am 43. Hundstage gelegen ist -- weil der edle Maz
darin seinen Flamin sogar mit Aufopferung seiner
Tugend und des Lords zu retten sucht --: so gedenk
ich ihn aus dem Französischen, worin ich ihn ge¬
schrieben, so getreu ins Deutsche zu übersetzen, daß
mein französischer Autor selber mir seinen Beifall
schenken soll.

Kaum hörte Matthieu, daß Klotildens und Fla¬
mins Mutter aus London gekommen: so marschierte
dieser Reinecke aus seinem Fuchsbau nach Flachsen¬
fingen, weil er sich die Ehre, Flamin zu erlösen,
von niemand nehmen lassen wollte. Er grif, seines
Feuers ungeachtet, dem Zufall selten vor, sondern
er paßte und schob nur da oder dort nach: -- wie
in einem Roman, so häkeln sich im Leben tausend

43. Hundspoſttag.

Matthieu's vier Pfingſttage und Jubileum.


Es iſt ein Kunſtgrif, daß ich wahre Spitzbuben-
Szenen in den hoͤhern Staͤnden vorher franzoͤſiſch
niederſchreibe und dann vertiere, wie Boileau ſeine
welken Verſe vorher in Proſe aufſetzte. — Da mir
am 43. Hundstage gelegen iſt — weil der edle Maz
darin ſeinen Flamin ſogar mit Aufopferung ſeiner
Tugend und des Lords zu retten ſucht —: ſo gedenk
ich ihn aus dem Franzoͤſiſchen, worin ich ihn ge¬
ſchrieben, ſo getreu ins Deutſche zu uͤberſetzen, daß
mein franzoͤſiſcher Autor ſelber mir ſeinen Beifall
ſchenken ſoll.

Kaum hoͤrte Matthieu, daß Klotildens und Fla¬
mins Mutter aus London gekommen: ſo marſchierte
dieſer Reinecke aus ſeinem Fuchsbau nach Flachſen¬
fingen, weil er ſich die Ehre, Flamin zu erloͤſen,
von niemand nehmen laſſen wollte. Er grif, ſeines
Feuers ungeachtet, dem Zufall ſelten vor, ſondern
er paßte und ſchob nur da oder dort nach: — wie
in einem Roman, ſo haͤkeln ſich im Leben tauſend

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[373/0383] 43. Hundspoſttag. Matthieu's vier Pfingſttage und Jubileum. Es iſt ein Kunſtgrif, daß ich wahre Spitzbuben- Szenen in den hoͤhern Staͤnden vorher franzoͤſiſch niederſchreibe und dann vertiere, wie Boileau ſeine welken Verſe vorher in Proſe aufſetzte. — Da mir am 43. Hundstage gelegen iſt — weil der edle Maz darin ſeinen Flamin ſogar mit Aufopferung ſeiner Tugend und des Lords zu retten ſucht —: ſo gedenk ich ihn aus dem Franzoͤſiſchen, worin ich ihn ge¬ ſchrieben, ſo getreu ins Deutſche zu uͤberſetzen, daß mein franzoͤſiſcher Autor ſelber mir ſeinen Beifall ſchenken ſoll. Kaum hoͤrte Matthieu, daß Klotildens und Fla¬ mins Mutter aus London gekommen: ſo marſchierte dieſer Reinecke aus ſeinem Fuchsbau nach Flachſen¬ fingen, weil er ſich die Ehre, Flamin zu erloͤſen, von niemand nehmen laſſen wollte. Er grif, ſeines Feuers ungeachtet, dem Zufall ſelten vor, ſondern er paßte und ſchob nur da oder dort nach: — wie in einem Roman, ſo haͤkeln ſich im Leben tauſend

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/383>, abgerufen am 29.03.2024.