Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Funfzig Maximen
25. Maxime.

Bey Hochzeit-Gedichten ist ein weites Feld,
wo sich die kriechende Poeten tapfer lustig ma-
chen können, zumal, wenn sie Hoffnung haben,
auch ein fettes Maul mit von der Hochzeit zu
nehmen. Der arme Cupido muß sich in tau-
send Gestalten da verwandeln lassen; die Berg-
werke
geben die artigsten Einfälle ab, daß der
Bräutigam werde bey seiner Braut in den
Schacht steigen, und darinn ein- und ausfah-
ren. Die vier Jahres-Zeiten geben einen ar-
tigen Schwank ab. Der Winter ist gut zum
Heyrathen, damit die Braut einen Bettwärmer
habe; der Sommer aber, daß ihr der Bräuti-
gam in den Hundstagen das heisse Ober-Bette
abnehme, und sich in solches verwandle. Die
Namen des Bräutigams, oder der Braut, ge-
ben die poßirlichsten Wort-Spiele ab; nicht
minder die Profeßion, die der Bräutigam, oder
der Braut Vater, treibet. Jst der Bräutigam
ein Schneider: So spricht der Poet: Er werde
mit seiner Nadel der Braut schon tüchtige Knopf-
Löcher zu machen wissen. Jst er ein Glaser:
So werde er ihr am rechten Oertgen Scheiben
einsetzen, etc.

26. Maxime.

Bey Namens-Tagen weiß der kriechende
Poete hundert, und zur Noth mehr oder weni-
ger, Personen anzuführen, die eben den Vor-
namen
gehabt, mit denen sein Patron, dem er
gern den Beutel mit Manier fegen mögte, ver-

glichen
Funfzig Maximen
25. Maxime.

Bey Hochzeit-Gedichten iſt ein weites Feld,
wo ſich die kriechende Poeten tapfer luſtig ma-
chen koͤnnen, zumal, wenn ſie Hoffnung haben,
auch ein fettes Maul mit von der Hochzeit zu
nehmen. Der arme Cupido muß ſich in tau-
ſend Geſtalten da verwandeln laſſen; die Berg-
werke
geben die artigſten Einfaͤlle ab, daß der
Braͤutigam werde bey ſeiner Braut in den
Schacht ſteigen, und darinn ein- und ausfah-
ren. Die vier Jahres-Zeiten geben einen ar-
tigen Schwank ab. Der Winter iſt gut zum
Heyrathen, damit die Braut einen Bettwaͤrmer
habe; der Sommer aber, daß ihr der Braͤuti-
gam in den Hundstagen das heiſſe Ober-Bette
abnehme, und ſich in ſolches verwandle. Die
Namen des Braͤutigams, oder der Braut, ge-
ben die poßirlichſten Wort-Spiele ab; nicht
minder die Profeßion, die der Braͤutigam, oder
der Braut Vater, treibet. Jſt der Braͤutigam
ein Schneider: So ſpricht der Poet: Er werde
mit ſeiner Nadel der Braut ſchon tuͤchtige Knopf-
Loͤcher zu machen wiſſen. Jſt er ein Glaſer:
So werde er ihr am rechten Oertgen Scheiben
einſetzen, ꝛc.

26. Maxime.

Bey Namens-Tagen weiß der kriechende
Poete hundert, und zur Noth mehr oder weni-
ger, Perſonen anzufuͤhren, die eben den Vor-
namen
gehabt, mit denen ſein Patron, dem er
gern den Beutel mit Manier fegen moͤgte, ver-

glichen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0084" n="76"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Funfzig Maximen</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">25. Maxime.</hi> </head><lb/>
          <p>Bey <hi rendition="#fr">Hochzeit-Gedichten</hi> i&#x017F;t ein weites Feld,<lb/>
wo &#x017F;ich die <hi rendition="#fr">kriechende</hi> Poeten tapfer lu&#x017F;tig ma-<lb/>
chen ko&#x0364;nnen, zumal, wenn &#x017F;ie Hoffnung haben,<lb/>
auch ein fettes Maul mit von der Hochzeit zu<lb/>
nehmen. Der <hi rendition="#fr">arme Cupido</hi> muß &#x017F;ich in tau-<lb/>
&#x017F;end Ge&#x017F;talten da verwandeln la&#x017F;&#x017F;en; die <hi rendition="#fr">Berg-<lb/>
werke</hi> geben die artig&#x017F;ten Einfa&#x0364;lle ab, daß der<lb/>
Bra&#x0364;utigam werde bey &#x017F;einer Braut in den<lb/><hi rendition="#fr">Schacht</hi> &#x017F;teigen, und darinn ein- und ausfah-<lb/>
ren. Die <hi rendition="#fr">vier Jahres-Zeiten</hi> geben einen ar-<lb/>
tigen Schwank ab. Der <hi rendition="#fr">Winter</hi> i&#x017F;t gut zum<lb/>
Heyrathen, damit die Braut einen Bettwa&#x0364;rmer<lb/>
habe; der <hi rendition="#fr">Sommer</hi> aber, daß ihr der Bra&#x0364;uti-<lb/>
gam in den Hundstagen das hei&#x017F;&#x017F;e Ober-Bette<lb/>
abnehme, und &#x017F;ich in &#x017F;olches verwandle. Die<lb/><hi rendition="#fr">Namen</hi> des Bra&#x0364;utigams, oder der Braut, ge-<lb/>
ben die <hi rendition="#fr">poßirlich&#x017F;ten Wort-Spiele</hi> ab; nicht<lb/>
minder die <hi rendition="#fr">Profeßion,</hi> die der Bra&#x0364;utigam, oder<lb/>
der Braut Vater, treibet. J&#x017F;t der Bra&#x0364;utigam<lb/>
ein Schneider: So &#x017F;pricht der Poet: Er werde<lb/>
mit &#x017F;einer <hi rendition="#fr">Nadel</hi> der Braut &#x017F;chon tu&#x0364;chtige Knopf-<lb/>
Lo&#x0364;cher zu machen wi&#x017F;&#x017F;en. J&#x017F;t er ein <hi rendition="#fr">Gla&#x017F;er:</hi><lb/>
So werde er ihr am rechten Oertgen Scheiben<lb/>
ein&#x017F;etzen, &#xA75B;c.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">26. Maxime.</hi> </head><lb/>
          <p>Bey <hi rendition="#fr">Namens-Tagen</hi> weiß der kriechende<lb/>
Poete hundert, und zur Noth mehr oder weni-<lb/>
ger, Per&#x017F;onen anzufu&#x0364;hren, die <hi rendition="#fr">eben den Vor-<lb/>
namen</hi> gehabt, mit denen &#x017F;ein Patron, dem er<lb/>
gern den Beutel mit Manier fegen mo&#x0364;gte, ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">glichen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0084] Funfzig Maximen 25. Maxime. Bey Hochzeit-Gedichten iſt ein weites Feld, wo ſich die kriechende Poeten tapfer luſtig ma- chen koͤnnen, zumal, wenn ſie Hoffnung haben, auch ein fettes Maul mit von der Hochzeit zu nehmen. Der arme Cupido muß ſich in tau- ſend Geſtalten da verwandeln laſſen; die Berg- werke geben die artigſten Einfaͤlle ab, daß der Braͤutigam werde bey ſeiner Braut in den Schacht ſteigen, und darinn ein- und ausfah- ren. Die vier Jahres-Zeiten geben einen ar- tigen Schwank ab. Der Winter iſt gut zum Heyrathen, damit die Braut einen Bettwaͤrmer habe; der Sommer aber, daß ihr der Braͤuti- gam in den Hundstagen das heiſſe Ober-Bette abnehme, und ſich in ſolches verwandle. Die Namen des Braͤutigams, oder der Braut, ge- ben die poßirlichſten Wort-Spiele ab; nicht minder die Profeßion, die der Braͤutigam, oder der Braut Vater, treibet. Jſt der Braͤutigam ein Schneider: So ſpricht der Poet: Er werde mit ſeiner Nadel der Braut ſchon tuͤchtige Knopf- Loͤcher zu machen wiſſen. Jſt er ein Glaſer: So werde er ihr am rechten Oertgen Scheiben einſetzen, ꝛc. 26. Maxime. Bey Namens-Tagen weiß der kriechende Poete hundert, und zur Noth mehr oder weni- ger, Perſonen anzufuͤhren, die eben den Vor- namen gehabt, mit denen ſein Patron, dem er gern den Beutel mit Manier fegen moͤgte, ver- glichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/84
Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/84>, abgerufen am 19.04.2024.