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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung ersten Theils achtes Buch.
[Spaltenumbruch] Zibet zu thun pflegen. Etliche dage-
gen, die sich nicht groß um den Geruch
bekümmern, thun Myrrhe drunter,
weil dieselbe, wie sie sagen, gut seyn soll,
[Spaltenumbruch] die Kupferflecken im Gesichte zu vertrei-
ben.

Allein diese Milch muß recht schön
roth und klar seyn, und starck, iedoch
nicht nach dem Weinspiritus riechen.

[Ende Spaltensatz]
Das zwantzigste Capitel.
Von der Myrrhe.
[Spaltenumbruch]

DJe Myrrhe ist ein Hartz, rinnet
aus dem aufgeritzten Stamme ei-
nes stachlichten kleinen Bäumgens, wie
helle durchsichtige Tropfen, welche weiß
sind, und dunckelroth, wenn sie äl-
ter werden.

Siehe Fig. 282.

Diese kleinen Bäumlein, deren Blät-
ter dem Ulmenlaube gleich sehen, wach-
sen in Menge in dem glücklichen Ara-
bien,
in Egypten und Africa, sonder-
lich bey den Trogloditen/ daher auch
ihr Zuname entstanden: wie sie denn
um gleicher Ursache willen die Abyßi-
nische Myrrhe
genennet wird, weil ih-
rer gar viel in Abyßinien und des Prie-
ster Johannis Lande
gesammlet
wird.

Man soll aber dieselbige Myrrhe er-
wehlen, welche als wie schöne goldgelbe
Tropfen, hell und durchsichtig ist, sich
leicht zerdrücken läßt, und leichte ist, an-
bey einen bittern Geschmack und einen
starcken ziemlich unangenehmen Ge-
ruch hat: denn also muß die rechte
Stacte in
Tropfen.
Myrrhe oder Stacte in Tropfen se-
hen.

Dagegen darff man nicht glauben,
wenn ein neuer Scribente vorgiebt/ er
müste gestehen, daß alle die Myrrhe,
welche die Spezereyhändler verkauffen,
nicht wie sichs gebühre, beschaffen sey.
Es muß demnach nie keine gute Myrrhe
gewesen seyn, denn sie die Spezerey-
händler von langen Zeiten her verkauf-
fet haben; das wenige aber, das die
Apothecker verkauffen, kaum der Rede
werth ist. Dazu kauffen ja die Apothe-
cker alle die Myrrhe, die sie wiederum
verkauffen, samt allen denen andern
Spezereyen, die sie zu ihren Sachen
nöthig haben, bey den Spezereyhänd-
lern, welches iederman zur Gnüge be-
kannt ist, und wenig Mühe brauchte,
es zu beweisen.

Weil aber dieser Myrrhe gar wenig
zu finden, deshalben muß man mit der-
jenigen zu frieden seyn, welche in klei-
nen Stücklein, oder als wie dicke rothe
[Spaltenumbruch] Tropfen ist, welche helle und durchschei-
nend sind; die, wenn man sie zerbricht,
inwendig kleine weisse rothe Striemen
hat, gleich als ob sie mit dem Nagel
wäre geritzet worden: daher auch der
Name Myrrhe onglee, gekommen: inglei-Myrrhe onglee.
chen muß ein weisser schmierichter Saft
darinne seyn, welcher die von den Alten
so hochgerühmte Stacte ist. Und die-
se Gattung mag zu den allerbesten com-
positionibus
genommen werden, denn sie
mit allen denenjenigen herrlichen Be-
schaffenheiten, die ihr die Scribenten
beylegen, ausgerüstet ist.

Auch ist zu mercken, daß wir die Myr-
rhe
unsortiret in ledernen Ballen, zu
vier bis fünffhundert Pfund schwer, von
Marseille bekommen. Allein, darun-
ter befindet sich nicht wenig Unrath,
Baumrinden und ander unnütze Zeug;
und dieses geschieht gar öfters. Nicht
weniger wird die beste heraus gesucht,
insonderheit, wenn sie in solcher Leute
Hände gerathen, welche die Waaren
auszulesen gewohnt sind. Und die-
ses mag, allem Ansehen nach, unsern
Autor zu sagen bewogen haben, daß bey
den Spezereyhändlern keine gute Myr-
rhe zu finden wäre; denn er würde sol-
ches gewißlich nicht gethan haben, wenn
ihm so viele rechtschaffene Kauffleute
wären bekannt gewesen, welche sie las-
sen, wie sie aus dem Lande kommt, und
noch nicht ausgelesen worden ist.

Die Myrrhe wird sehr starck zur Artz-
ney gebraucht, denn sie vortrefflich die-
net die Wunden zu heilen: auch ist sie
eine der vornehmsten Spezereyen, deren
man sich zu Balsamirung der Cörper
grosser Herren bedienet.

Aus der Myrrhe wird vermittelst
hartgesottener Eyer, aus denen das
Gelbe genommen worden, ein sonder-
licher liquor gemacht, gleichwie aus der
Chymie des Herrn Lemery zu ersehen,
welcher oleum Myrrhae per deliquium, imJm Keller
gefloßnes
Myrthenöl.

Keller geflossenes Myrrhenöl ge-
nennet wird, und die Flecken des Ange-

sichts

Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
[Spaltenumbruch] Zibet zu thun pflegen. Etliche dage-
gen, die ſich nicht groß um den Geruch
bekuͤmmern, thun Myrrhe drunter,
weil dieſelbe, wie ſie ſagen, gut ſeyn ſoll,
[Spaltenumbruch] die Kupferflecken im Geſichte zu vertrei-
ben.

Allein dieſe Milch muß recht ſchoͤn
roth und klar ſeyn, und ſtarck, iedoch
nicht nach dem Weinſpiritus riechen.

[Ende Spaltensatz]
Das zwantzigſte Capitel.
Von der Myrrhe.
[Spaltenumbruch]

DJe Myrrhe iſt ein Hartz, rinnet
aus dem aufgeritzten Stamme ei-
nes ſtachlichten kleinen Baͤumgens, wie
helle durchſichtige Tropfen, welche weiß
ſind, und dunckelroth, wenn ſie aͤl-
ter werden.

Siehe Fig. 282.

Dieſe kleinen Baͤumlein, deren Blaͤt-
ter dem Ulmenlaube gleich ſehen, wach-
ſen in Menge in dem gluͤcklichen Ara-
bien,
in Egypten und Africa, ſonder-
lich bey den Trogloditen/ daher auch
ihr Zuname entſtanden: wie ſie denn
um gleicher Urſache willen die Abyßi-
niſche Myrrhe
genennet wird, weil ih-
rer gar viel in Abyßinien und des Prie-
ſter Johannis Lande
geſammlet
wird.

Man ſoll aber dieſelbige Myrrhe er-
wehlen, welche als wie ſchoͤne goldgelbe
Tropfen, hell und durchſichtig iſt, ſich
leicht zerdruͤcken laͤßt, und leichte iſt, an-
bey einen bittern Geſchmack und einen
ſtarcken ziemlich unangenehmen Ge-
ruch hat: denn alſo muß die rechte
Stacte in
Tropfen.
Myrrhe oder Stacte in Tropfen ſe-
hen.

Dagegen darff man nicht glauben,
wenn ein neuer Scribente vorgiebt/ er
muͤſte geſtehen, daß alle die Myrrhe,
welche die Spezereyhaͤndler verkauffen,
nicht wie ſichs gebuͤhre, beſchaffen ſey.
Es muß demnach nie keine gute Myrrhe
geweſen ſeyn, denn ſie die Spezerey-
haͤndler von langen Zeiten her verkauf-
fet haben; das wenige aber, das die
Apothecker verkauffen, kaum der Rede
werth iſt. Dazu kauffen ja die Apothe-
cker alle die Myrrhe, die ſie wiederum
verkauffen, ſamt allen denen andern
Spezereyen, die ſie zu ihren Sachen
noͤthig haben, bey den Spezereyhaͤnd-
lern, welches iederman zur Gnuͤge be-
kannt iſt, und wenig Muͤhe brauchte,
es zu beweiſen.

Weil aber dieſer Myrrhe gar wenig
zu finden, deshalben muß man mit der-
jenigen zu frieden ſeyn, welche in klei-
nen Stuͤcklein, oder als wie dicke rothe
[Spaltenumbruch] Tropfen iſt, welche helle und durchſchei-
nend ſind; die, wenn man ſie zerbricht,
inwendig kleine weiſſe rothe Striemen
hat, gleich als ob ſie mit dem Nagel
waͤre geritzet worden: daher auch der
Name Myrrhe onglée, gekommen: inglei-Myrrhe onglée.
chen muß ein weiſſer ſchmierichter Saft
darinne ſeyn, welcher die von den Alten
ſo hochgeruͤhmte Stacte iſt. Und die-
ſe Gattung mag zu den allerbeſten com-
poſitionibus
genommen werden, denn ſie
mit allen denenjenigen herrlichen Be-
ſchaffenheiten, die ihr die Scribenten
beylegen, ausgeruͤſtet iſt.

Auch iſt zu mercken, daß wir die Myr-
rhe
unſortiret in ledernen Ballen, zu
vier bis fuͤnffhundert Pfund ſchwer, von
Marſeille bekommen. Allein, darun-
ter befindet ſich nicht wenig Unrath,
Baumrinden und ander unnuͤtze Zeug;
und dieſes geſchieht gar oͤfters. Nicht
weniger wird die beſte heraus geſucht,
inſonderheit, wenn ſie in ſolcher Leute
Haͤnde gerathen, welche die Waaren
auszuleſen gewohnt ſind. Und die-
ſes mag, allem Anſehen nach, unſern
Autor zu ſagen bewogen haben, daß bey
den Spezereyhaͤndlern keine gute Myr-
rhe zu finden waͤre; denn er wuͤrde ſol-
ches gewißlich nicht gethan haben, wenn
ihm ſo viele rechtſchaffene Kauffleute
waͤren bekannt geweſen, welche ſie laſ-
ſen, wie ſie aus dem Lande kommt, und
noch nicht ausgeleſen worden iſt.

Die Myrrhe wird ſehr ſtarck zur Artz-
ney gebraucht, denn ſie vortrefflich die-
net die Wunden zu heilen: auch iſt ſie
eine der vornehmſten Spezereyen, deren
man ſich zu Balſamirung der Coͤrper
groſſer Herren bedienet.

Aus der Myrrhe wird vermittelſt
hartgeſottener Eyer, aus denen das
Gelbe genommen worden, ein ſonder-
licher liquor gemacht, gleichwie aus der
Chymie des Herrn Lemery zu erſehen,
welcher oleum Myrrhæ per deliquium, imJm Keller
gefloßnes
Myrthenoͤl.

Keller gefloſſenes Myrrhenoͤl ge-
nennet wird, und die Flecken des Ange-

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[0303] Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch. Zibet zu thun pflegen. Etliche dage- gen, die ſich nicht groß um den Geruch bekuͤmmern, thun Myrrhe drunter, weil dieſelbe, wie ſie ſagen, gut ſeyn ſoll, die Kupferflecken im Geſichte zu vertrei- ben. Allein dieſe Milch muß recht ſchoͤn roth und klar ſeyn, und ſtarck, iedoch nicht nach dem Weinſpiritus riechen. Das zwantzigſte Capitel. Von der Myrrhe. DJe Myrrhe iſt ein Hartz, rinnet aus dem aufgeritzten Stamme ei- nes ſtachlichten kleinen Baͤumgens, wie helle durchſichtige Tropfen, welche weiß ſind, und dunckelroth, wenn ſie aͤl- ter werden. Dieſe kleinen Baͤumlein, deren Blaͤt- ter dem Ulmenlaube gleich ſehen, wach- ſen in Menge in dem gluͤcklichen Ara- bien, in Egypten und Africa, ſonder- lich bey den Trogloditen/ daher auch ihr Zuname entſtanden: wie ſie denn um gleicher Urſache willen die Abyßi- niſche Myrrhe genennet wird, weil ih- rer gar viel in Abyßinien und des Prie- ſter Johannis Lande geſammlet wird. Man ſoll aber dieſelbige Myrrhe er- wehlen, welche als wie ſchoͤne goldgelbe Tropfen, hell und durchſichtig iſt, ſich leicht zerdruͤcken laͤßt, und leichte iſt, an- bey einen bittern Geſchmack und einen ſtarcken ziemlich unangenehmen Ge- ruch hat: denn alſo muß die rechte Myrrhe oder Stacte in Tropfen ſe- hen. Stacte in Tropfen. Dagegen darff man nicht glauben, wenn ein neuer Scribente vorgiebt/ er muͤſte geſtehen, daß alle die Myrrhe, welche die Spezereyhaͤndler verkauffen, nicht wie ſichs gebuͤhre, beſchaffen ſey. Es muß demnach nie keine gute Myrrhe geweſen ſeyn, denn ſie die Spezerey- haͤndler von langen Zeiten her verkauf- fet haben; das wenige aber, das die Apothecker verkauffen, kaum der Rede werth iſt. Dazu kauffen ja die Apothe- cker alle die Myrrhe, die ſie wiederum verkauffen, ſamt allen denen andern Spezereyen, die ſie zu ihren Sachen noͤthig haben, bey den Spezereyhaͤnd- lern, welches iederman zur Gnuͤge be- kannt iſt, und wenig Muͤhe brauchte, es zu beweiſen. Weil aber dieſer Myrrhe gar wenig zu finden, deshalben muß man mit der- jenigen zu frieden ſeyn, welche in klei- nen Stuͤcklein, oder als wie dicke rothe Tropfen iſt, welche helle und durchſchei- nend ſind; die, wenn man ſie zerbricht, inwendig kleine weiſſe rothe Striemen hat, gleich als ob ſie mit dem Nagel waͤre geritzet worden: daher auch der Name Myrrhe onglée, gekommen: inglei- chen muß ein weiſſer ſchmierichter Saft darinne ſeyn, welcher die von den Alten ſo hochgeruͤhmte Stacte iſt. Und die- ſe Gattung mag zu den allerbeſten com- poſitionibus genommen werden, denn ſie mit allen denenjenigen herrlichen Be- ſchaffenheiten, die ihr die Scribenten beylegen, ausgeruͤſtet iſt. Myrrhe onglée. Auch iſt zu mercken, daß wir die Myr- rhe unſortiret in ledernen Ballen, zu vier bis fuͤnffhundert Pfund ſchwer, von Marſeille bekommen. Allein, darun- ter befindet ſich nicht wenig Unrath, Baumrinden und ander unnuͤtze Zeug; und dieſes geſchieht gar oͤfters. Nicht weniger wird die beſte heraus geſucht, inſonderheit, wenn ſie in ſolcher Leute Haͤnde gerathen, welche die Waaren auszuleſen gewohnt ſind. Und die- ſes mag, allem Anſehen nach, unſern Autor zu ſagen bewogen haben, daß bey den Spezereyhaͤndlern keine gute Myr- rhe zu finden waͤre; denn er wuͤrde ſol- ches gewißlich nicht gethan haben, wenn ihm ſo viele rechtſchaffene Kauffleute waͤren bekannt geweſen, welche ſie laſ- ſen, wie ſie aus dem Lande kommt, und noch nicht ausgeleſen worden iſt. Die Myrrhe wird ſehr ſtarck zur Artz- ney gebraucht, denn ſie vortrefflich die- net die Wunden zu heilen: auch iſt ſie eine der vornehmſten Spezereyen, deren man ſich zu Balſamirung der Coͤrper groſſer Herren bedienet. Aus der Myrrhe wird vermittelſt hartgeſottener Eyer, aus denen das Gelbe genommen worden, ein ſonder- licher liquor gemacht, gleichwie aus der Chymie des Herrn Lemery zu erſehen, welcher oleum Myrrhæ per deliquium, im Keller gefloſſenes Myrrhenoͤl ge- nennet wird, und die Flecken des Ange- ſichts Jm Keller gefloßnes Myrthenoͤl.

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/303>, abgerufen am 29.03.2024.