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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung dritter Theil.
[Spaltenumbruch] könte, indem sie mich versicherte, daß er
so gemeine wäre, als die Steine, und
weiter nichts, als nur die Mühe ihn zu
sammlen, kostete.

Man soll den mineralischen Zino-
ber
erwehlen, welcher hoch an der Far-
be, und so gläntzend und ohne Gestein,
als immer möglich sey. Seit dem der
Spanische Zinober in Franckreich
also seltsam worden, hat man so vieler-
ley Arten desselben gesehen, daß ich
Mühe gnug haben dürffte, wo ich sie
alle beschreiben wolte. Wegen dieser
so grossen Seltsamkeit sieht und hört
man fast nichts, als nach wahrhafti-
gen Spanischen Zinober fragen. Die-
weil auch diejenigen, die ihn verkauf-
fen, ihnen keinen Scrupel und Gewis-
sen machen, wenn sie schon eines für das
andere hingeben, darum geben sie den
von S. Lo dafür, ob er gleich nicht ein
wenig von jenem unterschieden ist, in-
dem der Spanische gläntzend roth, der
von S. Lo aber gar matt siehet, und
noch dazu weit weniger Quecksilber bey
sich führet, unerachtet einige mir ent-
gegen behaupten wollen, daß ein Pfund
Zinober von S. Lo eben so wohl vier-
zehn Untzen Mercurius gebe, als wie
der Spanische: welches ich auch nicht
wiederreden will, weil ich es nicht zur
Probe geführet.

Das Zinoberbergwerck, welches in
der Parochie de la Chapelle en juge, gefun-
den worden, steht in einer losen Erde,
da man stets graben muß, und nie-
mahls schürffen kan. Sie ist voll klei-
ner, doch sonder grosse Wasseradern.
Zu erst ist sie mit einer Ockerfarbe an-
gefärbet, welche sich auch sehr veste an
die Hände legt, wenn man die Erde da-
zwischen reibet, drauf folgen allerhand
und unterschiedene Anbrüche, und un-
ter andern ein gelber Ocher, den Mar-
casiten gleich, mit einer weissen Erde
bedecket, welche sie die Seiffe der Adern
nennen, und nicht an den Fingern kle-
ben bleibt. Ohngefehr auf funffzig
Fuß tieff, findet man ein blaues hartes
Gestein, und zwey oder drey Fuß tieff
den Zinober im Gestein, das anfangs
etwas braun ist, und Staffeln- oder
Banckweise liegt, die Banck zu zwan-
tzig und dreyßig Fuß in die Länge, und
vier bis fünff Fuß dicke. Gantz in der
[Spaltenumbruch] Mitten stickt der Vermillon/ als ein
hellgläntzendes Pulver.

Der Spanische mineralische Zi-
nober/
ob er gleich vielfältig gesuchet
wird, hat dennoch, soviel mir bewust,
keinen andern Nutzen, als daß sie den
Mercur heraus ziehen, aus welchen die
recht erfahrnen Alchymisten, wie sie vor-
geben, rothgülden Ertz, ja selbsten Gold
machen können, wenn sie ihn figiren
und die Farbe geben; denn dem Ge-
wichte nach gleichet er dem Golde. Le-
mery sagt, der natürliche oder minera-
lische Zinober sey ein vermischtes Queck-
silber mit Schwefel, die sich durch Hülf-
fe der unterirdischen Wärme, mit ei-
nander sublimiret hätten, welches bey
nahe auf die Art und Weise, als wie
wir mit dem durch Kunst bereiteten Zi-
nober verfahren, geschehe.

Furetiere hat in seinem Buche an-
gemercket, daß es einen mineralischen
Zinober
gebe, welches ein gantz rother,
schwerer, doch nicht allzuharter Stein
sey, dem Blutstein gleich; derselbe ent-
halte Quecksilber in sich, so von ihm
selbst und ohne Feuer heraus tröpfle.
Er meldet ferner, daß dieser Zinober
in Krain gefunden würde, und mit der
Alten ihrem Minio einerley, dabey aber
giftig sey. Sagt auch, das Wort Zi-
nober
käme vom Griechischen Worte
kinabra her, welches einen Bocks- oder
sonst einen unerträglichen Gestanck be-
deutet: denn, wenn sie den gegrabenen
Zinober aus der Erde hervor ziehen, soll
er, wie Matthiolus berichtet, einen
also wunderlichen Geruch von sich las-
sen, daß sie die Nase verstopfen, und das
Gesichte verdecken müssen, damit sie
nicht dadurch vergiftet werden. Von
dieser letztern Gattung des Zinobers
hätte ich wohl nichts gedacht, wenn ich
nicht glaubte, daß er falsch wäre: und
wenn Matthiolus und Furetiere
nicht bereits verstorben wären, wolte
ich ihnen in diesem Capitel, eben als
wie in vielen andern, unter die Augen
sagen, daß sie von solchen Sachen ge-
schrieben hätten, die sie doch niemahls
gesehen, und die wider die Vernunfft
streiten; und endlich, damit ich es de-
nenjenigen ausreden möchte, welche

glau-
T t 3

Hauptbeſchreibung dritter Theil.
[Spaltenumbruch] koͤnte, indem ſie mich verſicherte, daß er
ſo gemeine waͤre, als die Steine, und
weiter nichts, als nur die Muͤhe ihn zu
ſammlen, koſtete.

Man ſoll den mineraliſchen Zino-
ber
erwehlen, welcher hoch an der Far-
be, und ſo glaͤntzend und ohne Geſtein,
als immer moͤglich ſey. Seit dem der
Spaniſche Zinober in Franckreich
alſo ſeltſam worden, hat man ſo vieler-
ley Arten deſſelben geſehen, daß ich
Muͤhe gnug haben duͤrffte, wo ich ſie
alle beſchreiben wolte. Wegen dieſer
ſo groſſen Seltſamkeit ſieht und hoͤrt
man faſt nichts, als nach wahrhafti-
gen Spaniſchen Zinober fragen. Die-
weil auch diejenigen, die ihn verkauf-
fen, ihnen keinen Scrupel und Gewiſ-
ſen machen, wenn ſie ſchon eines fuͤr das
andere hingeben, darum geben ſie den
von S. Lo dafuͤr, ob er gleich nicht ein
wenig von jenem unterſchieden iſt, in-
dem der Spaniſche glaͤntzend roth, der
von S. Lo aber gar matt ſiehet, und
noch dazu weit weniger Queckſilber bey
ſich fuͤhret, unerachtet einige mir ent-
gegen behaupten wollen, daß ein Pfund
Zinober von S. Lo eben ſo wohl vier-
zehn Untzen Mercurius gebe, als wie
der Spaniſche: welches ich auch nicht
wiederreden will, weil ich es nicht zur
Probe gefuͤhret.

Das Zinoberbergwerck, welches in
der Parochie de la Chapelle en jugé, gefun-
den worden, ſteht in einer loſen Erde,
da man ſtets graben muß, und nie-
mahls ſchuͤrffen kan. Sie iſt voll klei-
ner, doch ſonder groſſe Waſſeradern.
Zu erſt iſt ſie mit einer Ockerfarbe an-
gefaͤrbet, welche ſich auch ſehr veſte an
die Haͤnde legt, wenn man die Erde da-
zwiſchen reibet, drauf folgen allerhand
und unterſchiedene Anbruͤche, und un-
ter andern ein gelber Ocher, den Mar-
caſiten gleich, mit einer weiſſen Erde
bedecket, welche ſie die Seiffe der Adern
nennen, und nicht an den Fingern kle-
ben bleibt. Ohngefehr auf funffzig
Fuß tieff, findet man ein blaues hartes
Geſtein, und zwey oder drey Fuß tieff
den Zinober im Geſtein, das anfangs
etwas braun iſt, und Staffeln- oder
Banckweiſe liegt, die Banck zu zwan-
tzig und dreyßig Fuß in die Laͤnge, und
vier bis fuͤnff Fuß dicke. Gantz in der
[Spaltenumbruch] Mitten ſtickt der Vermillon/ als ein
hellglaͤntzendes Pulver.

Der Spaniſche mineraliſche Zi-
nober/
ob er gleich vielfaͤltig geſuchet
wird, hat dennoch, ſoviel mir bewuſt,
keinen andern Nutzen, als daß ſie den
Mercur heraus ziehen, aus welchen die
recht erfahrnen Alchymiſten, wie ſie vor-
geben, rothguͤlden Ertz, ja ſelbſten Gold
machen koͤnnen, wenn ſie ihn figiren
und die Farbe geben; denn dem Ge-
wichte nach gleichet er dem Golde. Le-
mery ſagt, der natuͤrliche oder minera-
liſche Zinober ſey ein vermiſchtes Queck-
ſilber mit Schwefel, die ſich durch Huͤlf-
fe der unterirdiſchen Waͤrme, mit ei-
nander ſublimiret haͤtten, welches bey
nahe auf die Art und Weiſe, als wie
wir mit dem durch Kunſt bereiteten Zi-
nober verfahren, geſchehe.

Furetiere hat in ſeinem Buche an-
gemercket, daß es einen mineraliſchen
Zinober
gebe, welches ein gantz rother,
ſchwerer, doch nicht allzuharter Stein
ſey, dem Blutſtein gleich; derſelbe ent-
halte Queckſilber in ſich, ſo von ihm
ſelbſt und ohne Feuer heraus troͤpfle.
Er meldet ferner, daß dieſer Zinober
in Krain gefunden wuͤrde, und mit der
Alten ihrem Minio einerley, dabey aber
giftig ſey. Sagt auch, das Wort Zi-
nober
kaͤme vom Griechiſchen Worte
ϰινάβρα her, welches einen Bocks- oder
ſonſt einen unertraͤglichen Geſtanck be-
deutet: denn, wenn ſie den gegrabenen
Zinober aus der Erde hervor ziehen, ſoll
er, wie Matthiolus berichtet, einen
alſo wunderlichen Geruch von ſich laſ-
ſen, daß ſie die Naſe verſtopfen, und das
Geſichte verdecken muͤſſen, damit ſie
nicht dadurch vergiftet werden. Von
dieſer letztern Gattung des Zinobers
haͤtte ich wohl nichts gedacht, wenn ich
nicht glaubte, daß er falſch waͤre: und
wenn Matthiolus und Furetiere
nicht bereits verſtorben waͤren, wolte
ich ihnen in dieſem Capitel, eben als
wie in vielen andern, unter die Augen
ſagen, daß ſie von ſolchen Sachen ge-
ſchrieben haͤtten, die ſie doch niemahls
geſehen, und die wider die Vernunfft
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nenjenigen ausreden moͤchte, welche

glau-
T t 3
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[0483] Hauptbeſchreibung dritter Theil. koͤnte, indem ſie mich verſicherte, daß er ſo gemeine waͤre, als die Steine, und weiter nichts, als nur die Muͤhe ihn zu ſammlen, koſtete. Man ſoll den mineraliſchen Zino- ber erwehlen, welcher hoch an der Far- be, und ſo glaͤntzend und ohne Geſtein, als immer moͤglich ſey. Seit dem der Spaniſche Zinober in Franckreich alſo ſeltſam worden, hat man ſo vieler- ley Arten deſſelben geſehen, daß ich Muͤhe gnug haben duͤrffte, wo ich ſie alle beſchreiben wolte. Wegen dieſer ſo groſſen Seltſamkeit ſieht und hoͤrt man faſt nichts, als nach wahrhafti- gen Spaniſchen Zinober fragen. Die- weil auch diejenigen, die ihn verkauf- fen, ihnen keinen Scrupel und Gewiſ- ſen machen, wenn ſie ſchon eines fuͤr das andere hingeben, darum geben ſie den von S. Lo dafuͤr, ob er gleich nicht ein wenig von jenem unterſchieden iſt, in- dem der Spaniſche glaͤntzend roth, der von S. Lo aber gar matt ſiehet, und noch dazu weit weniger Queckſilber bey ſich fuͤhret, unerachtet einige mir ent- gegen behaupten wollen, daß ein Pfund Zinober von S. Lo eben ſo wohl vier- zehn Untzen Mercurius gebe, als wie der Spaniſche: welches ich auch nicht wiederreden will, weil ich es nicht zur Probe gefuͤhret. Das Zinoberbergwerck, welches in der Parochie de la Chapelle en jugé, gefun- den worden, ſteht in einer loſen Erde, da man ſtets graben muß, und nie- mahls ſchuͤrffen kan. Sie iſt voll klei- ner, doch ſonder groſſe Waſſeradern. Zu erſt iſt ſie mit einer Ockerfarbe an- gefaͤrbet, welche ſich auch ſehr veſte an die Haͤnde legt, wenn man die Erde da- zwiſchen reibet, drauf folgen allerhand und unterſchiedene Anbruͤche, und un- ter andern ein gelber Ocher, den Mar- caſiten gleich, mit einer weiſſen Erde bedecket, welche ſie die Seiffe der Adern nennen, und nicht an den Fingern kle- ben bleibt. Ohngefehr auf funffzig Fuß tieff, findet man ein blaues hartes Geſtein, und zwey oder drey Fuß tieff den Zinober im Geſtein, das anfangs etwas braun iſt, und Staffeln- oder Banckweiſe liegt, die Banck zu zwan- tzig und dreyßig Fuß in die Laͤnge, und vier bis fuͤnff Fuß dicke. Gantz in der Mitten ſtickt der Vermillon/ als ein hellglaͤntzendes Pulver. Der Spaniſche mineraliſche Zi- nober/ ob er gleich vielfaͤltig geſuchet wird, hat dennoch, ſoviel mir bewuſt, keinen andern Nutzen, als daß ſie den Mercur heraus ziehen, aus welchen die recht erfahrnen Alchymiſten, wie ſie vor- geben, rothguͤlden Ertz, ja ſelbſten Gold machen koͤnnen, wenn ſie ihn figiren und die Farbe geben; denn dem Ge- wichte nach gleichet er dem Golde. Le- mery ſagt, der natuͤrliche oder minera- liſche Zinober ſey ein vermiſchtes Queck- ſilber mit Schwefel, die ſich durch Huͤlf- fe der unterirdiſchen Waͤrme, mit ei- nander ſublimiret haͤtten, welches bey nahe auf die Art und Weiſe, als wie wir mit dem durch Kunſt bereiteten Zi- nober verfahren, geſchehe. Furetiere hat in ſeinem Buche an- gemercket, daß es einen mineraliſchen Zinober gebe, welches ein gantz rother, ſchwerer, doch nicht allzuharter Stein ſey, dem Blutſtein gleich; derſelbe ent- halte Queckſilber in ſich, ſo von ihm ſelbſt und ohne Feuer heraus troͤpfle. Er meldet ferner, daß dieſer Zinober in Krain gefunden wuͤrde, und mit der Alten ihrem Minio einerley, dabey aber giftig ſey. Sagt auch, das Wort Zi- nober kaͤme vom Griechiſchen Worte ϰινάβρα her, welches einen Bocks- oder ſonſt einen unertraͤglichen Geſtanck be- deutet: denn, wenn ſie den gegrabenen Zinober aus der Erde hervor ziehen, ſoll er, wie Matthiolus berichtet, einen alſo wunderlichen Geruch von ſich laſ- ſen, daß ſie die Naſe verſtopfen, und das Geſichte verdecken muͤſſen, damit ſie nicht dadurch vergiftet werden. Von dieſer letztern Gattung des Zinobers haͤtte ich wohl nichts gedacht, wenn ich nicht glaubte, daß er falſch waͤre: und wenn Matthiolus und Furetiere nicht bereits verſtorben waͤren, wolte ich ihnen in dieſem Capitel, eben als wie in vielen andern, unter die Augen ſagen, daß ſie von ſolchen Sachen ge- ſchrieben haͤtten, die ſie doch niemahls geſehen, und die wider die Vernunfft ſtreiten; und endlich, damit ich es de- nenjenigen ausreden moͤchte, welche glau- T t 3

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/483>, abgerufen am 28.03.2024.