Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Gassen werden fast menschenleer. Feuerwehrleute, in der Hand klingende Schellen, ziehen die Straßen entlang. Jeder Schritt entlockt den Schellen melodischen Ton.

Dann kommen die Nachtwächter und schlagen die Hioshigi (Eichenklöppel). Von fern hört man den dumpfen Ton der Asakusaglocken.

Der Mond breitet sein blasses Licht über die Blumen von Yoshiwara.

Ein paar Schin-naisänger ziehen, melancholische Liebeslieder singend, mit ihrer Schin-naimusik vorüber.

Da lehnt wohl manchmal hinter dem Geländer einer Veranda ein Freudenmädchen, betrachtet sinnend den Mond und lauscht dem Schin-naigesang.

Dann wirft sie all ihr Geld den Vorübergehenden herunter, um das ganze Schin-nailiebeslied noch einmal zu hören. Und die Kleine steckt sich ihr Seidenpapiertachentuch in den Mund, um ihr Heimwehschluchzen zu ersticken. -- Früge sie aber ein "Gast", warum sie weine, würde sie nur antworten: "Wann seh' ich dich wieder?" -- Und der gutgläubige Fremde freute sich ob dieser Antwort.

Die Gassen werden fast menschenleer. Feuerwehrleute, in der Hand klingende Schellen, ziehen die Straßen entlang. Jeder Schritt entlockt den Schellen melodischen Ton.

Dann kommen die Nachtwächter und schlagen die Hioshigi (Eichenklöppel). Von fern hört man den dumpfen Ton der Asakusaglocken.

Der Mond breitet sein blasses Licht über die Blumen von Yoshiwara.

Ein paar Schin-naisänger ziehen, melancholische Liebeslieder singend, mit ihrer Schin-naimusik vorüber.

Da lehnt wohl manchmal hinter dem Geländer einer Veranda ein Freudenmädchen, betrachtet sinnend den Mond und lauscht dem Schin-naigesang.

Dann wirft sie all ihr Geld den Vorübergehenden herunter, um das ganze Schin-nailiebeslied noch einmal zu hören. Und die Kleine steckt sich ihr Seidenpapiertachentuch in den Mund, um ihr Heimwehschluchzen zu ersticken. — Früge sie aber ein „Gast“, warum sie weine, würde sie nur antworten: „Wann seh’ ich dich wieder?“ — Und der gutgläubige Fremde freute sich ob dieser Antwort.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="preface">
        <p><pb facs="#f0011" n="12"/>
Die Gassen werden fast menschenleer. Feuerwehrleute, in der Hand klingende Schellen, ziehen die Straßen entlang. Jeder Schritt entlockt den Schellen melodischen Ton.</p>
        <p>Dann kommen die Nachtwächter und schlagen die Hioshigi (Eichenklöppel). Von fern hört man den dumpfen Ton der Asakusaglocken.</p>
        <p>Der Mond breitet sein blasses Licht über die Blumen von Yoshiwara.</p>
        <p>Ein paar Schin-naisänger ziehen, melancholische Liebeslieder singend, mit ihrer Schin-naimusik vorüber.</p>
        <p>Da lehnt wohl manchmal hinter dem Geländer einer Veranda ein Freudenmädchen, betrachtet sinnend den Mond und lauscht dem Schin-naigesang.</p>
        <p>Dann wirft sie all ihr Geld den Vorübergehenden herunter, um das ganze Schin-nailiebeslied noch einmal zu hören. Und die Kleine steckt sich ihr Seidenpapiertachentuch in den Mund, um ihr Heimwehschluchzen zu ersticken. &#x2014; Früge sie aber ein &#x201E;Gast&#x201C;, warum sie weine, würde sie nur antworten: &#x201E;Wann seh&#x2019; ich dich wieder?&#x201C; &#x2014; Und der gutgläubige Fremde freute sich ob dieser Antwort.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0011] Die Gassen werden fast menschenleer. Feuerwehrleute, in der Hand klingende Schellen, ziehen die Straßen entlang. Jeder Schritt entlockt den Schellen melodischen Ton. Dann kommen die Nachtwächter und schlagen die Hioshigi (Eichenklöppel). Von fern hört man den dumpfen Ton der Asakusaglocken. Der Mond breitet sein blasses Licht über die Blumen von Yoshiwara. Ein paar Schin-naisänger ziehen, melancholische Liebeslieder singend, mit ihrer Schin-naimusik vorüber. Da lehnt wohl manchmal hinter dem Geländer einer Veranda ein Freudenmädchen, betrachtet sinnend den Mond und lauscht dem Schin-naigesang. Dann wirft sie all ihr Geld den Vorübergehenden herunter, um das ganze Schin-nailiebeslied noch einmal zu hören. Und die Kleine steckt sich ihr Seidenpapiertachentuch in den Mund, um ihr Heimwehschluchzen zu ersticken. — Früge sie aber ein „Gast“, warum sie weine, würde sie nur antworten: „Wann seh’ ich dich wieder?“ — Und der gutgläubige Fremde freute sich ob dieser Antwort.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/11
Zitationshilfe: von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/11>, abgerufen am 24.04.2024.