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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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gerechnet, 12 englische Meilen angestrengt laufen,
und 12 mal die hohe Mauer überspringen mußte,
eine Fatigue, von der man bei uns kaum glauben
würde, daß sie ein Pferd auszuhalten im Stande
sey. Sechs Gentlemen, wie Jokeys sehr elegant in
farbige seidne Jacken und Kappen, lederne Beinklei-
der und Stolpenstiefel gekleidet, ritten das race.
Ich hatte ein vortreffliches Jagdpferd von dem Sohne
meines Wirths erhalten, und konnte daher, die
Bahn kreuzend, sehr gut folgen, um bei jedem
Sprunge gegenwärtig zu seyn.

Man interessirt sich bei solchen Gelegenheiten im-
mer für einen besondern "favourite". Der meine,
und der des ganzen Publikums, war ein außeror-
dentlich schöner Dunkelfuchs, Gamecock genannt,
den ein Herr in Gelb ritt, ein hübscher junger
Mann, von einer angesehenen Familie, und ein vor-
trefflicher Reiter. Das Pferd welches mir, nach die-
sem, am besten gefiel, hieß Rosina, eine dunkel-
braune Stute, von einem Cousin des Capt. B...
geritten, ein schlechter Reiter, in Himmelblau. Das
dritte Pferd an Güte, nach meinem Urtheil, Killar-
ney, war ein starker, aber ziemlich unansehnlicher,
Wallach, von einem jungen Mann geritten, der
mehr Anlage, als schon vollendete Reiterkunst, ver-
rieth. Sein Anzug war Cramoisi. Der vierte Gent-
leman, vielleicht der gewandteste unter den Rei-
tern, aber etwas kraftlos, ritt ein sich nicht beson-
ders auszeichnendes braunes Pferd, und war selbst
auch braun angezogen. Die zwei Uebrigen verdienen

gerechnet, 12 engliſche Meilen angeſtrengt laufen,
und 12 mal die hohe Mauer überſpringen mußte,
eine Fatigue, von der man bei uns kaum glauben
würde, daß ſie ein Pferd auszuhalten im Stande
ſey. Sechs Gentlemen, wie Jokeys ſehr elegant in
farbige ſeidne Jacken und Kappen, lederne Beinklei-
der und Stolpenſtiefel gekleidet, ritten das race.
Ich hatte ein vortreffliches Jagdpferd von dem Sohne
meines Wirths erhalten, und konnte daher, die
Bahn kreuzend, ſehr gut folgen, um bei jedem
Sprunge gegenwärtig zu ſeyn.

Man intereſſirt ſich bei ſolchen Gelegenheiten im-
mer für einen beſondern „favourite“. Der meine,
und der des ganzen Publikums, war ein außeror-
dentlich ſchöner Dunkelfuchs, Gamecock genannt,
den ein Herr in Gelb ritt, ein hübſcher junger
Mann, von einer angeſehenen Familie, und ein vor-
trefflicher Reiter. Das Pferd welches mir, nach die-
ſem, am beſten gefiel, hieß Roſina, eine dunkel-
braune Stute, von einem Couſin des Capt. B…
geritten, ein ſchlechter Reiter, in Himmelblau. Das
dritte Pferd an Güte, nach meinem Urtheil, Killar-
ney, war ein ſtarker, aber ziemlich unanſehnlicher,
Wallach, von einem jungen Mann geritten, der
mehr Anlage, als ſchon vollendete Reiterkunſt, ver-
rieth. Sein Anzug war Cramoiſi. Der vierte Gent-
leman, vielleicht der gewandteſte unter den Rei-
tern, aber etwas kraftlos, ritt ein ſich nicht beſon-
ders auszeichnendes braunes Pferd, und war ſelbſt
auch braun angezogen. Die zwei Uebrigen verdienen

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[228/0252] gerechnet, 12 engliſche Meilen angeſtrengt laufen, und 12 mal die hohe Mauer überſpringen mußte, eine Fatigue, von der man bei uns kaum glauben würde, daß ſie ein Pferd auszuhalten im Stande ſey. Sechs Gentlemen, wie Jokeys ſehr elegant in farbige ſeidne Jacken und Kappen, lederne Beinklei- der und Stolpenſtiefel gekleidet, ritten das race. Ich hatte ein vortreffliches Jagdpferd von dem Sohne meines Wirths erhalten, und konnte daher, die Bahn kreuzend, ſehr gut folgen, um bei jedem Sprunge gegenwärtig zu ſeyn. Man intereſſirt ſich bei ſolchen Gelegenheiten im- mer für einen beſondern „favourite“. Der meine, und der des ganzen Publikums, war ein außeror- dentlich ſchöner Dunkelfuchs, Gamecock genannt, den ein Herr in Gelb ritt, ein hübſcher junger Mann, von einer angeſehenen Familie, und ein vor- trefflicher Reiter. Das Pferd welches mir, nach die- ſem, am beſten gefiel, hieß Roſina, eine dunkel- braune Stute, von einem Couſin des Capt. B… geritten, ein ſchlechter Reiter, in Himmelblau. Das dritte Pferd an Güte, nach meinem Urtheil, Killar- ney, war ein ſtarker, aber ziemlich unanſehnlicher, Wallach, von einem jungen Mann geritten, der mehr Anlage, als ſchon vollendete Reiterkunſt, ver- rieth. Sein Anzug war Cramoiſi. Der vierte Gent- leman, vielleicht der gewandteſte unter den Rei- tern, aber etwas kraftlos, ritt ein ſich nicht beſon- ders auszeichnendes braunes Pferd, und war ſelbſt auch braun angezogen. Die zwei Uebrigen verdienen

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/252>, abgerufen am 28.03.2024.