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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Fünfundzwanzigstes Kapitel.

Ehe Magister Buchius, wie der Klosteramtmann
von Amelungsborn angerathen hatte, noch bei währendem
Tageslicht nach dem Seinigen sah, sahe er doch noch
erst nach der Frau Amtmännin und ihren Kindern.
Wie eine Klucke mit ihren Küken, über denen der Habicht
gewesen ist, fand er sie in einer andern Ecke des Amts¬
hauses kümmerlich in einen Haufen zusammengedrückt,
und die Frau Amtmännin auch nicht mehr im Stande,
ihm das Leben in der Zelle des Bruders Philemon
saurer zu machen als es nöthig war.

"Mein Gott, o du lieber Gott, da ist ja unser
armer Herr Magister noch! O Gott sei Dank!" ächzte
die brave Frau, die ihm sonst gewöhnlich etwas ganz
Anderes nach seinem Altentheil hin bestellen ließ, wenn
sie es ihm nicht, mehr oder weniger durch die Blume,
selber sagte. "O das ist ja das Erste, was Einem
wieder einen Trost giebt! O wo haben denn der Herr
Magister eine bessere Unterkunft gefunden, daß Sie uns
so alleine gelassen haben?" schluchzte, sie dem alten,

Fünfundzwanzigſtes Kapitel.

Ehe Magiſter Buchius, wie der Kloſteramtmann
von Amelungsborn angerathen hatte, noch bei währendem
Tageslicht nach dem Seinigen ſah, ſahe er doch noch
erſt nach der Frau Amtmännin und ihren Kindern.
Wie eine Klucke mit ihren Küken, über denen der Habicht
geweſen iſt, fand er ſie in einer andern Ecke des Amts¬
hauſes kümmerlich in einen Haufen zuſammengedrückt,
und die Frau Amtmännin auch nicht mehr im Stande,
ihm das Leben in der Zelle des Bruders Philemon
ſaurer zu machen als es nöthig war.

„Mein Gott, o du lieber Gott, da iſt ja unſer
armer Herr Magiſter noch! O Gott ſei Dank!“ ächzte
die brave Frau, die ihm ſonſt gewöhnlich etwas ganz
Anderes nach ſeinem Altentheil hin beſtellen ließ, wenn
ſie es ihm nicht, mehr oder weniger durch die Blume,
ſelber ſagte. „O das iſt ja das Erſte, was Einem
wieder einen Troſt giebt! O wo haben denn der Herr
Magiſter eine beſſere Unterkunft gefunden, daß Sie uns
ſo alleine gelaſſen haben?“ ſchluchzte, ſie dem alten,

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[[287]/0295] Fünfundzwanzigſtes Kapitel. Ehe Magiſter Buchius, wie der Kloſteramtmann von Amelungsborn angerathen hatte, noch bei währendem Tageslicht nach dem Seinigen ſah, ſahe er doch noch erſt nach der Frau Amtmännin und ihren Kindern. Wie eine Klucke mit ihren Küken, über denen der Habicht geweſen iſt, fand er ſie in einer andern Ecke des Amts¬ hauſes kümmerlich in einen Haufen zuſammengedrückt, und die Frau Amtmännin auch nicht mehr im Stande, ihm das Leben in der Zelle des Bruders Philemon ſaurer zu machen als es nöthig war. „Mein Gott, o du lieber Gott, da iſt ja unſer armer Herr Magiſter noch! O Gott ſei Dank!“ ächzte die brave Frau, die ihm ſonſt gewöhnlich etwas ganz Anderes nach ſeinem Altentheil hin beſtellen ließ, wenn ſie es ihm nicht, mehr oder weniger durch die Blume, ſelber ſagte. „O das iſt ja das Erſte, was Einem wieder einen Troſt giebt! O wo haben denn der Herr Magiſter eine beſſere Unterkunft gefunden, daß Sie uns ſo alleine gelaſſen haben?“ ſchluchzte, ſie dem alten,

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. [287]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/295>, abgerufen am 29.03.2024.