Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Es ist kaum zu erwarten, daß der Jüngling diejenige Festigkeit des Charakters besitzen könne, die zur Gründung des männlichen Wesens in der vereinigten Person erfordert wird. Nur der reife Mann scheint wahren Anspruch auf eine Liebe machen zu können, welche die Forderungen der Vollkommenheit ausfüllt.

Mir ist es lächerlich, wenn man Jünglingen, die kaum das Knabenalter verlassen haben, einen Anspruch auf edle Liebe einräumen will. Wenigstens wird dann das Wort in einem sehr laxen Sinne genommen.

Sechstes Kapitel.

Körperliche Schönheit.

Verbindungen zwischen Personen, die dem Körper nach häßlich oder indifferent sind, können sehr achtungswerth, sehr edel, ja, in so fern wir bloß auf den Ausdruck der Seelenvereinigung Rücksicht nehmen, von einer gewissen Seite schön seyn. Aber nie wird man sie als Vollkommenheit einer eben so wohl aus Körpern als Seelen zusammengesetzten Person mit Wonne anschauen können.

Alle Romandichter, die uns vollkommene Liebe dargestellt haben, haben die Liebenden schön von Körper dargestellt, und das mit Recht.

Wir denken uns die liebende Person als ein aus zwey Körpern und aus zwey Seelen zusammengesetztes Ganze. Ist uns dieß gegenwärtig, oder erscheint es uns in einem körperlichen Bilde; wie läßt sich die Aufmerksamkeit allein auf das Geistige der Vereinigung richten? Es ist allemahl ein Mißverständniß zwischen den Theilen,

Es ist kaum zu erwarten, daß der Jüngling diejenige Festigkeit des Charakters besitzen könne, die zur Gründung des männlichen Wesens in der vereinigten Person erfordert wird. Nur der reife Mann scheint wahren Anspruch auf eine Liebe machen zu können, welche die Forderungen der Vollkommenheit ausfüllt.

Mir ist es lächerlich, wenn man Jünglingen, die kaum das Knabenalter verlassen haben, einen Anspruch auf edle Liebe einräumen will. Wenigstens wird dann das Wort in einem sehr laxen Sinne genommen.

Sechstes Kapitel.

Körperliche Schönheit.

Verbindungen zwischen Personen, die dem Körper nach häßlich oder indifferent sind, können sehr achtungswerth, sehr edel, ja, in so fern wir bloß auf den Ausdruck der Seelenvereinigung Rücksicht nehmen, von einer gewissen Seite schön seyn. Aber nie wird man sie als Vollkommenheit einer eben so wohl aus Körpern als Seelen zusammengesetzten Person mit Wonne anschauen können.

Alle Romandichter, die uns vollkommene Liebe dargestellt haben, haben die Liebenden schön von Körper dargestellt, und das mit Recht.

Wir denken uns die liebende Person als ein aus zwey Körpern und aus zwey Seelen zusammengesetztes Ganze. Ist uns dieß gegenwärtig, oder erscheint es uns in einem körperlichen Bilde; wie läßt sich die Aufmerksamkeit allein auf das Geistige der Vereinigung richten? Es ist allemahl ein Mißverständniß zwischen den Theilen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0169" n="169"/>
          <p>Es ist kaum zu erwarten, daß der Jüngling diejenige Festigkeit des Charakters besitzen könne, die zur Gründung des männlichen Wesens in der vereinigten Person erfordert wird. Nur der reife Mann scheint wahren Anspruch auf eine Liebe machen zu können, welche die Forderungen der Vollkommenheit ausfüllt.</p>
          <p>Mir ist es lächerlich, wenn man Jünglingen, die kaum das Knabenalter verlassen haben, einen Anspruch auf edle Liebe einräumen will. Wenigstens wird dann das Wort in einem sehr laxen Sinne genommen.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Sechstes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Körperliche Schönheit.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Verbindungen zwischen Personen, die dem Körper nach häßlich oder indifferent sind, können sehr achtungswerth, sehr edel, ja, in so fern wir bloß auf den Ausdruck der Seelenvereinigung Rücksicht nehmen, von einer gewissen Seite schön seyn. Aber nie wird man sie als Vollkommenheit einer eben so wohl aus Körpern als Seelen zusammengesetzten Person mit Wonne anschauen können.</p>
          <p>Alle Romandichter, die uns vollkommene Liebe dargestellt haben, haben die Liebenden schön von Körper dargestellt, und das mit Recht.</p>
          <p>Wir denken uns die liebende Person als ein aus zwey Körpern und aus zwey Seelen zusammengesetztes Ganze. Ist uns dieß gegenwärtig, oder erscheint es uns in einem körperlichen Bilde; wie läßt sich die Aufmerksamkeit allein auf das Geistige der Vereinigung richten? Es ist allemahl ein Mißverständniß zwischen den Theilen,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0169] Es ist kaum zu erwarten, daß der Jüngling diejenige Festigkeit des Charakters besitzen könne, die zur Gründung des männlichen Wesens in der vereinigten Person erfordert wird. Nur der reife Mann scheint wahren Anspruch auf eine Liebe machen zu können, welche die Forderungen der Vollkommenheit ausfüllt. Mir ist es lächerlich, wenn man Jünglingen, die kaum das Knabenalter verlassen haben, einen Anspruch auf edle Liebe einräumen will. Wenigstens wird dann das Wort in einem sehr laxen Sinne genommen. Sechstes Kapitel. Körperliche Schönheit. Verbindungen zwischen Personen, die dem Körper nach häßlich oder indifferent sind, können sehr achtungswerth, sehr edel, ja, in so fern wir bloß auf den Ausdruck der Seelenvereinigung Rücksicht nehmen, von einer gewissen Seite schön seyn. Aber nie wird man sie als Vollkommenheit einer eben so wohl aus Körpern als Seelen zusammengesetzten Person mit Wonne anschauen können. Alle Romandichter, die uns vollkommene Liebe dargestellt haben, haben die Liebenden schön von Körper dargestellt, und das mit Recht. Wir denken uns die liebende Person als ein aus zwey Körpern und aus zwey Seelen zusammengesetztes Ganze. Ist uns dieß gegenwärtig, oder erscheint es uns in einem körperlichen Bilde; wie läßt sich die Aufmerksamkeit allein auf das Geistige der Vereinigung richten? Es ist allemahl ein Mißverständniß zwischen den Theilen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/169
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/169>, abgerufen am 24.04.2024.