Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebentes Kapitel.

Spuren der Rittergalanterie unter den Persern und Arabern.

Wenn man den Geist der Rittergalanterie darin setzt, daß die Achtung des zärteren Geschlechts, oder wenigstens die Begierde, sich vor dessen Augen auszuzeichnen, unmittelbarer Anreitz zu Heldenthaten für den Abentheurer gewesen sey: daß dieser zu Ehren der Schönen Zweykämpfe aufgesucht, Unholde bekämpft, den Preis in Tournieren davon getragen habe: und daß er endlich die Hingebung für seine Gebieterin mit einer Art von ceremoniöser Anbetung öffentlich zu erkennen gegeben habe; so wird man von dieser Galanterie sehr wenig oder gar keine Spuren bey den Orientalern finden.

Jene Vereinigung von kriegerischem Muthe mit sinnlicher Liebe, wovon die älteren arabischen Gedichte zeugen, können für keine Rittergalanterie gehalten werden. Man findet sie bey allen nomadischen Völkern wieder, welche die erste Stufe der Kultur verlassen haben.

Dasjenige, was Herbelot unter dem Artikel Motassem anführt, verdiente eher hierher gezogen zu werden. Eine Frau von der Familie der Abassiden ward von einem griechischen Ritter entführt. Sie rief aus: Motassem, hilf mir! Der Entführer antwortete aus Spott: Da kommt er auf seinem Schecken! und führte sie mit sich weg. Man hinterbrachte dem Motassem diese Geschichte. Er schwur, das Weib zu erretten, und hielt Wort. - Allein dieser durch den

Siebentes Kapitel.

Spuren der Rittergalanterie unter den Persern und Arabern.

Wenn man den Geist der Rittergalanterie darin setzt, daß die Achtung des zärteren Geschlechts, oder wenigstens die Begierde, sich vor dessen Augen auszuzeichnen, unmittelbarer Anreitz zu Heldenthaten für den Abentheurer gewesen sey: daß dieser zu Ehren der Schönen Zweykämpfe aufgesucht, Unholde bekämpft, den Preis in Tournieren davon getragen habe: und daß er endlich die Hingebung für seine Gebieterin mit einer Art von ceremoniöser Anbetung öffentlich zu erkennen gegeben habe; so wird man von dieser Galanterie sehr wenig oder gar keine Spuren bey den Orientalern finden.

Jene Vereinigung von kriegerischem Muthe mit sinnlicher Liebe, wovon die älteren arabischen Gedichte zeugen, können für keine Rittergalanterie gehalten werden. Man findet sie bey allen nomadischen Völkern wieder, welche die erste Stufe der Kultur verlassen haben.

Dasjenige, was Herbelot unter dem Artikel Motassem anführt, verdiente eher hierher gezogen zu werden. Eine Frau von der Familie der Abassiden ward von einem griechischen Ritter entführt. Sie rief aus: Motassem, hilf mir! Der Entführer antwortete aus Spott: Da kommt er auf seinem Schecken! und führte sie mit sich weg. Man hinterbrachte dem Motassem diese Geschichte. Er schwur, das Weib zu erretten, und hielt Wort. – Allein dieser durch den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0038" n="38"/>
        <div n="2">
          <head>Siebentes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Spuren der Rittergalanterie unter den Persern und Arabern.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Wenn man den Geist der Rittergalanterie darin setzt, daß die Achtung des zärteren Geschlechts, oder wenigstens die Begierde, sich vor dessen Augen auszuzeichnen, unmittelbarer Anreitz zu Heldenthaten für den Abentheurer gewesen sey: daß dieser zu Ehren der Schönen Zweykämpfe aufgesucht, Unholde bekämpft, den Preis in Tournieren davon getragen habe: und daß er endlich die Hingebung für seine Gebieterin mit einer Art von ceremoniöser Anbetung öffentlich zu erkennen gegeben habe; so wird man von dieser Galanterie sehr wenig oder gar keine Spuren bey den Orientalern finden.</p>
          <p>Jene Vereinigung von kriegerischem Muthe mit sinnlicher Liebe, wovon die älteren arabischen Gedichte zeugen, können für keine Rittergalanterie gehalten werden. Man findet sie bey allen nomadischen Völkern wieder, welche die erste Stufe der Kultur verlassen haben.</p>
          <p>Dasjenige, was Herbelot unter dem Artikel <hi rendition="#g">Motassem</hi> anführt, verdiente eher hierher gezogen zu werden. Eine Frau von der Familie der Abassiden ward von einem griechischen Ritter entführt. Sie rief aus: Motassem, hilf mir! Der Entführer antwortete aus Spott: Da kommt er auf seinem Schecken! und führte sie mit sich weg. Man hinterbrachte dem Motassem diese Geschichte. Er schwur, das Weib zu erretten, und hielt Wort. &#x2013; Allein dieser durch den
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0038] Siebentes Kapitel. Spuren der Rittergalanterie unter den Persern und Arabern. Wenn man den Geist der Rittergalanterie darin setzt, daß die Achtung des zärteren Geschlechts, oder wenigstens die Begierde, sich vor dessen Augen auszuzeichnen, unmittelbarer Anreitz zu Heldenthaten für den Abentheurer gewesen sey: daß dieser zu Ehren der Schönen Zweykämpfe aufgesucht, Unholde bekämpft, den Preis in Tournieren davon getragen habe: und daß er endlich die Hingebung für seine Gebieterin mit einer Art von ceremoniöser Anbetung öffentlich zu erkennen gegeben habe; so wird man von dieser Galanterie sehr wenig oder gar keine Spuren bey den Orientalern finden. Jene Vereinigung von kriegerischem Muthe mit sinnlicher Liebe, wovon die älteren arabischen Gedichte zeugen, können für keine Rittergalanterie gehalten werden. Man findet sie bey allen nomadischen Völkern wieder, welche die erste Stufe der Kultur verlassen haben. Dasjenige, was Herbelot unter dem Artikel Motassem anführt, verdiente eher hierher gezogen zu werden. Eine Frau von der Familie der Abassiden ward von einem griechischen Ritter entführt. Sie rief aus: Motassem, hilf mir! Der Entführer antwortete aus Spott: Da kommt er auf seinem Schecken! und führte sie mit sich weg. Man hinterbrachte dem Motassem diese Geschichte. Er schwur, das Weib zu erretten, und hielt Wort. – Allein dieser durch den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/38
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/38>, abgerufen am 18.04.2024.