Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Kirchlich politische Theorie.
stern das Ideal einer hervorzubringenden Weltordnung er-
schiene. Auf diesem Punkte entspringen die Theorien. Den
geistigen Sinn und Inhalt der Thatsache reproduciren sie
und stellen ihn als eine Forderung der Vernunft, oder der
Religion, als ein Ergebniß des Gedankens in dem Lichte
einer allgemein gültigen Wahrheit dar. So nehmen sie
die Vollendung des Ereignisses gleichsam in voraus in
Besitz: zugleich kommen sie demselben mächtig zu Hülfe.

Betrachten wir wie das hier geschah.

Kirchlich politische Theorie.

Nicht selten hat man dem katholischen Principe eine
besondere Bedeutung für die monarchische oder aristokrati-
sche Staatsform, eine innere Hinneigung zu denselben zu-
schreiben wollen. Ein Jahrhundert, wie das sechszehnte,
worin dieß Princip in voller Thatkraft und Selbstbestim-
mung auftrat, kann uns hierüber am meisten belehren. In
der That finden wir, daß es sich da in Italien und Spa-
nien an die bestehende Ordnung der Dinge anschloß, in
Deutschland dazu diente der fürstlichen Macht ein neues
Uebergewicht über die Landstände zu verschaffen, in den
Niederlanden die Eroberung beförderte, daß es auch in Ober-
deutschland, in den wallonischen Provinzen mit besonderer
Vorliebe von dem Adel fest gehalten ward. Fragen wir aber
weiter nach, so sind dieß doch nicht die einzigen Sympathien
die es erweckte. Ward es in Cöln von den Patriciern, so
ward es unfern davon in Trier von der Gemeine ergriffen:

12*

Kirchlich politiſche Theorie.
ſtern das Ideal einer hervorzubringenden Weltordnung er-
ſchiene. Auf dieſem Punkte entſpringen die Theorien. Den
geiſtigen Sinn und Inhalt der Thatſache reproduciren ſie
und ſtellen ihn als eine Forderung der Vernunft, oder der
Religion, als ein Ergebniß des Gedankens in dem Lichte
einer allgemein guͤltigen Wahrheit dar. So nehmen ſie
die Vollendung des Ereigniſſes gleichſam in voraus in
Beſitz: zugleich kommen ſie demſelben maͤchtig zu Huͤlfe.

Betrachten wir wie das hier geſchah.

Kirchlich politiſche Theorie.

Nicht ſelten hat man dem katholiſchen Principe eine
beſondere Bedeutung fuͤr die monarchiſche oder ariſtokrati-
ſche Staatsform, eine innere Hinneigung zu denſelben zu-
ſchreiben wollen. Ein Jahrhundert, wie das ſechszehnte,
worin dieß Princip in voller Thatkraft und Selbſtbeſtim-
mung auftrat, kann uns hieruͤber am meiſten belehren. In
der That finden wir, daß es ſich da in Italien und Spa-
nien an die beſtehende Ordnung der Dinge anſchloß, in
Deutſchland dazu diente der fuͤrſtlichen Macht ein neues
Uebergewicht uͤber die Landſtaͤnde zu verſchaffen, in den
Niederlanden die Eroberung befoͤrderte, daß es auch in Ober-
deutſchland, in den walloniſchen Provinzen mit beſonderer
Vorliebe von dem Adel feſt gehalten ward. Fragen wir aber
weiter nach, ſo ſind dieß doch nicht die einzigen Sympathien
die es erweckte. Ward es in Coͤln von den Patriciern, ſo
ward es unfern davon in Trier von der Gemeine ergriffen:

12*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0191" n="179"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kirchlich politi&#x017F;che Theorie</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;tern das Ideal einer hervorzubringenden Weltordnung er-<lb/>
&#x017F;chiene. Auf die&#x017F;em Punkte ent&#x017F;pringen die Theorien. Den<lb/>
gei&#x017F;tigen Sinn und Inhalt der That&#x017F;ache reproduciren &#x017F;ie<lb/>
und &#x017F;tellen ihn als eine Forderung der Vernunft, oder der<lb/>
Religion, als ein Ergebniß des Gedankens in dem Lichte<lb/>
einer allgemein gu&#x0364;ltigen Wahrheit dar. So nehmen &#x017F;ie<lb/>
die Vollendung des Ereigni&#x017F;&#x017F;es gleich&#x017F;am in voraus in<lb/>
Be&#x017F;itz: zugleich kommen &#x017F;ie dem&#x017F;elben ma&#x0364;chtig zu Hu&#x0364;lfe.</p><lb/>
        <p>Betrachten wir wie das hier ge&#x017F;chah.</p><lb/>
        <div n="2">
          <head>Kirchlich politi&#x017F;che Theorie.</head><lb/>
          <p>Nicht &#x017F;elten hat man dem katholi&#x017F;chen Principe eine<lb/>
be&#x017F;ondere Bedeutung fu&#x0364;r die monarchi&#x017F;che oder ari&#x017F;tokrati-<lb/>
&#x017F;che Staatsform, eine innere Hinneigung zu den&#x017F;elben zu-<lb/>
&#x017F;chreiben wollen. Ein Jahrhundert, wie das &#x017F;echszehnte,<lb/>
worin dieß Princip in voller Thatkraft und Selb&#x017F;tbe&#x017F;tim-<lb/>
mung auftrat, kann uns hieru&#x0364;ber am mei&#x017F;ten belehren. In<lb/>
der That finden wir, daß es &#x017F;ich da in Italien und Spa-<lb/>
nien an die be&#x017F;tehende Ordnung der Dinge an&#x017F;chloß, in<lb/>
Deut&#x017F;chland dazu diente der fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Macht ein neues<lb/>
Uebergewicht u&#x0364;ber die Land&#x017F;ta&#x0364;nde zu ver&#x017F;chaffen, in den<lb/>
Niederlanden die Eroberung befo&#x0364;rderte, daß es auch in Ober-<lb/>
deut&#x017F;chland, in den walloni&#x017F;chen Provinzen mit be&#x017F;onderer<lb/>
Vorliebe von dem Adel fe&#x017F;t gehalten ward. Fragen wir aber<lb/>
weiter nach, &#x017F;o &#x017F;ind dieß doch nicht die einzigen Sympathien<lb/>
die es erweckte. Ward es in Co&#x0364;ln von den Patriciern, &#x017F;o<lb/>
ward es unfern davon in Trier von der Gemeine ergriffen:<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0191] Kirchlich politiſche Theorie. ſtern das Ideal einer hervorzubringenden Weltordnung er- ſchiene. Auf dieſem Punkte entſpringen die Theorien. Den geiſtigen Sinn und Inhalt der Thatſache reproduciren ſie und ſtellen ihn als eine Forderung der Vernunft, oder der Religion, als ein Ergebniß des Gedankens in dem Lichte einer allgemein guͤltigen Wahrheit dar. So nehmen ſie die Vollendung des Ereigniſſes gleichſam in voraus in Beſitz: zugleich kommen ſie demſelben maͤchtig zu Huͤlfe. Betrachten wir wie das hier geſchah. Kirchlich politiſche Theorie. Nicht ſelten hat man dem katholiſchen Principe eine beſondere Bedeutung fuͤr die monarchiſche oder ariſtokrati- ſche Staatsform, eine innere Hinneigung zu denſelben zu- ſchreiben wollen. Ein Jahrhundert, wie das ſechszehnte, worin dieß Princip in voller Thatkraft und Selbſtbeſtim- mung auftrat, kann uns hieruͤber am meiſten belehren. In der That finden wir, daß es ſich da in Italien und Spa- nien an die beſtehende Ordnung der Dinge anſchloß, in Deutſchland dazu diente der fuͤrſtlichen Macht ein neues Uebergewicht uͤber die Landſtaͤnde zu verſchaffen, in den Niederlanden die Eroberung befoͤrderte, daß es auch in Ober- deutſchland, in den walloniſchen Provinzen mit beſonderer Vorliebe von dem Adel feſt gehalten ward. Fragen wir aber weiter nach, ſo ſind dieß doch nicht die einzigen Sympathien die es erweckte. Ward es in Coͤln von den Patriciern, ſo ward es unfern davon in Trier von der Gemeine ergriffen: 12*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/191
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/191>, abgerufen am 28.03.2024.