Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch VII. Kap. 1. Fortschritte
gen." Den nächsten Sonntag bestieg ein Jesuit die Kan
zel: einen lutherischen Prediger hat es daselbst niemals wie-
der gegeben. So ging es auch anderwärts 1). Was
Bicken unvollendet gelassen, setzte sein Nachfolger, Johann
Schweikard, eifrig fort. Es war ein Mann der die Freu-
den der Tafel liebte, der aber dabei selbst regierte und ein
ungemeines Talent zeigte. Es gelang ihm die Gegenre-
formation in seinem ganzen Stifte, selbst auf dem Eichs-
felde, zu vollenden. Er sendete eine Commission nach Hei-
ligenstadt, welche binnen 2 Jahren 200 Bürger, unter ihnen
Viele die im protestantischen Glauben ergraut waren, zum
Katholicismus zurückbrachte. Es waren noch einige wenige
übrig: er ermahnte sie persönlich "als ihr Vater und
Hirt," wie er sagte, "aus tiefem getreuem Herzen", und
brachte sie zum Uebertritt. Mit außerordentlichem Vergnü-
gen sah er eine Stadt wieder katholisch, die vor vierzig
Jahren völlig protestantisch gewesen war 2).

So verfuhren nun auch Ernst und Ferdinand von
Cöln, beides baierische Prinzen: der Churfüst Lothar aus
dem Hause Metternich von Trier, ein ausgezeichneter Fürst,
von scharfem Verstand, mit dem Talente die Schwierig-
keiten die sich ihm darboten zu überwinden, prompt in
seiner Justiz, wachsam, um den Vortheil sowohl seines
Landes als seiner Familie zu befördern, auch übrigens leut-
selig und nicht allzu strenge, nur mußte es nicht die Reli-

gion
1) Serarius: Res Moguntinae p. 973.
2) Wolf: Geschichte von Heiligenstadt S. 63. Zwischen 1581
und 1601 zählte man 497 Convertiten, die meisten im Jahre 1598,
wo es 73 waren.

Buch VII. Kap. 1. Fortſchritte
gen.“ Den naͤchſten Sonntag beſtieg ein Jeſuit die Kan
zel: einen lutheriſchen Prediger hat es daſelbſt niemals wie-
der gegeben. So ging es auch anderwaͤrts 1). Was
Bicken unvollendet gelaſſen, ſetzte ſein Nachfolger, Johann
Schweikard, eifrig fort. Es war ein Mann der die Freu-
den der Tafel liebte, der aber dabei ſelbſt regierte und ein
ungemeines Talent zeigte. Es gelang ihm die Gegenre-
formation in ſeinem ganzen Stifte, ſelbſt auf dem Eichs-
felde, zu vollenden. Er ſendete eine Commiſſion nach Hei-
ligenſtadt, welche binnen 2 Jahren 200 Buͤrger, unter ihnen
Viele die im proteſtantiſchen Glauben ergraut waren, zum
Katholicismus zuruͤckbrachte. Es waren noch einige wenige
uͤbrig: er ermahnte ſie perſoͤnlich „als ihr Vater und
Hirt,“ wie er ſagte, „aus tiefem getreuem Herzen“, und
brachte ſie zum Uebertritt. Mit außerordentlichem Vergnuͤ-
gen ſah er eine Stadt wieder katholiſch, die vor vierzig
Jahren voͤllig proteſtantiſch geweſen war 2).

So verfuhren nun auch Ernſt und Ferdinand von
Coͤln, beides baieriſche Prinzen: der Churfuͤſt Lothar aus
dem Hauſe Metternich von Trier, ein ausgezeichneter Fuͤrſt,
von ſcharfem Verſtand, mit dem Talente die Schwierig-
keiten die ſich ihm darboten zu uͤberwinden, prompt in
ſeiner Juſtiz, wachſam, um den Vortheil ſowohl ſeines
Landes als ſeiner Familie zu befoͤrdern, auch uͤbrigens leut-
ſelig und nicht allzu ſtrenge, nur mußte es nicht die Reli-

gion
1) Serarius: Res Moguntinae p. 973.
2) Wolf: Geſchichte von Heiligenſtadt S. 63. Zwiſchen 1581
und 1601 zaͤhlte man 497 Convertiten, die meiſten im Jahre 1598,
wo es 73 waren.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0412" n="400"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VII.</hi><hi rendition="#g">Kap. 1. Fort&#x017F;chritte</hi></fw><lb/>
gen.&#x201C; Den na&#x0364;ch&#x017F;ten Sonntag be&#x017F;tieg ein Je&#x017F;uit die Kan<lb/>
zel: einen lutheri&#x017F;chen Prediger hat es da&#x017F;elb&#x017F;t niemals wie-<lb/>
der gegeben. So ging es auch anderwa&#x0364;rts <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Serarius: Res Moguntinae p.</hi> 973.</note>. Was<lb/>
Bicken unvollendet gela&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;etzte &#x017F;ein Nachfolger, Johann<lb/>
Schweikard, eifrig fort. Es war ein Mann der die Freu-<lb/>
den der Tafel liebte, der aber dabei &#x017F;elb&#x017F;t regierte und ein<lb/>
ungemeines Talent zeigte. Es gelang ihm die Gegenre-<lb/>
formation in &#x017F;einem ganzen Stifte, &#x017F;elb&#x017F;t auf dem Eichs-<lb/>
felde, zu vollenden. Er &#x017F;endete eine Commi&#x017F;&#x017F;ion nach Hei-<lb/>
ligen&#x017F;tadt, welche binnen 2 Jahren 200 Bu&#x0364;rger, unter ihnen<lb/>
Viele die im prote&#x017F;tanti&#x017F;chen Glauben ergraut waren, zum<lb/>
Katholicismus zuru&#x0364;ckbrachte. Es waren noch einige wenige<lb/>
u&#x0364;brig: er ermahnte &#x017F;ie per&#x017F;o&#x0364;nlich &#x201E;als ihr Vater und<lb/>
Hirt,&#x201C; wie er &#x017F;agte, &#x201E;aus tiefem getreuem Herzen&#x201C;, und<lb/>
brachte &#x017F;ie zum Uebertritt. Mit außerordentlichem Vergnu&#x0364;-<lb/>
gen &#x017F;ah er eine Stadt wieder katholi&#x017F;ch, die vor vierzig<lb/>
Jahren vo&#x0364;llig prote&#x017F;tanti&#x017F;ch gewe&#x017F;en war <note place="foot" n="2)">Wolf: Ge&#x017F;chichte von Heiligen&#x017F;tadt S. 63. Zwi&#x017F;chen 1581<lb/>
und 1601 za&#x0364;hlte man 497 Convertiten, die mei&#x017F;ten im Jahre 1598,<lb/>
wo es 73 waren.</note>.</p><lb/>
            <p>So verfuhren nun auch Ern&#x017F;t und Ferdinand von<lb/>
Co&#x0364;ln, beides baieri&#x017F;che Prinzen: der Churfu&#x0364;&#x017F;t Lothar aus<lb/>
dem Hau&#x017F;e Metternich von Trier, ein ausgezeichneter Fu&#x0364;r&#x017F;t,<lb/>
von &#x017F;charfem Ver&#x017F;tand, mit dem Talente die Schwierig-<lb/>
keiten die &#x017F;ich ihm darboten zu u&#x0364;berwinden, prompt in<lb/>
&#x017F;einer Ju&#x017F;tiz, wach&#x017F;am, um den Vortheil &#x017F;owohl &#x017F;eines<lb/>
Landes als &#x017F;einer Familie zu befo&#x0364;rdern, auch u&#x0364;brigens leut-<lb/>
&#x017F;elig und nicht allzu &#x017F;trenge, nur mußte es nicht die Reli-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gion</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[400/0412] Buch VII. Kap. 1. Fortſchritte gen.“ Den naͤchſten Sonntag beſtieg ein Jeſuit die Kan zel: einen lutheriſchen Prediger hat es daſelbſt niemals wie- der gegeben. So ging es auch anderwaͤrts 1). Was Bicken unvollendet gelaſſen, ſetzte ſein Nachfolger, Johann Schweikard, eifrig fort. Es war ein Mann der die Freu- den der Tafel liebte, der aber dabei ſelbſt regierte und ein ungemeines Talent zeigte. Es gelang ihm die Gegenre- formation in ſeinem ganzen Stifte, ſelbſt auf dem Eichs- felde, zu vollenden. Er ſendete eine Commiſſion nach Hei- ligenſtadt, welche binnen 2 Jahren 200 Buͤrger, unter ihnen Viele die im proteſtantiſchen Glauben ergraut waren, zum Katholicismus zuruͤckbrachte. Es waren noch einige wenige uͤbrig: er ermahnte ſie perſoͤnlich „als ihr Vater und Hirt,“ wie er ſagte, „aus tiefem getreuem Herzen“, und brachte ſie zum Uebertritt. Mit außerordentlichem Vergnuͤ- gen ſah er eine Stadt wieder katholiſch, die vor vierzig Jahren voͤllig proteſtantiſch geweſen war 2). So verfuhren nun auch Ernſt und Ferdinand von Coͤln, beides baieriſche Prinzen: der Churfuͤſt Lothar aus dem Hauſe Metternich von Trier, ein ausgezeichneter Fuͤrſt, von ſcharfem Verſtand, mit dem Talente die Schwierig- keiten die ſich ihm darboten zu uͤberwinden, prompt in ſeiner Juſtiz, wachſam, um den Vortheil ſowohl ſeines Landes als ſeiner Familie zu befoͤrdern, auch uͤbrigens leut- ſelig und nicht allzu ſtrenge, nur mußte es nicht die Reli- gion 1) Serarius: Res Moguntinae p. 973. 2) Wolf: Geſchichte von Heiligenſtadt S. 63. Zwiſchen 1581 und 1601 zaͤhlte man 497 Convertiten, die meiſten im Jahre 1598, wo es 73 waren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/412
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/412>, abgerufen am 18.04.2024.