Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebentes Buch. Zweites Capitel.

Indessen erschienen auch die vereinigten Flotten in See;
doch waren die Erfolge ihrer Waffen dieß Mal nicht beson-
ders glücklich. Im September 1538 sehen wir Andrea
Doria
aus den Gewässern von Sta Maura weichen. Die
drei Fahnen der Verbündeten hatten einen Augenblick auf
Castelnuovo im Meerbusen von Cattaro geweht: den türki-
schen Anstrengungen gelang es jedoch dieß Castell wieder
zu erobern.

Eben darum aber fühlte man die Nothwendigkeit um
so dringender sich zusammenzunehmen. Der Kaiser erklärte
im November, daß er im nächsten Frühjahr mit wenigstens
60000 M. im Felde zu erscheinen denke, von welchen die
Hälfte aus Deutschen bestehen sollte. Die kaiserlichen Mi-
nister gaben die Hofnung nicht auf, den König von Frank-
reich
zu ernstlicher Theilnahme herbeizuziehen.

Und in diesem Augenblick nun, wo ein begonnenes ge-
meinschaftliches Unternehmen mit allgemeiner Anstrengung
durchgesetzt werden sollte, -- brachte der unüberlegte Eifer
eines selbstsüchtigen Dieners jene Streitigkeiten in Gang,
welche die deutschen Kräfte, auf die man vorzüglich rech-
nete, in sich selbst aufzureiben, ja eine allgemeine Entzweiung
herbeizuführen drohten.

Anstand zu Frankfurt.

Ein sehr besonderes Schwanken, Hin und wieder-wo-
gen, das wir überhaupt in dem politischen Leben jener Jahre
bemerken. Es sind so viele eigenthümliche Gegensätze vor-
handen, -- der abendländischen Christenheit und der Osma-

Siebentes Buch. Zweites Capitel.

Indeſſen erſchienen auch die vereinigten Flotten in See;
doch waren die Erfolge ihrer Waffen dieß Mal nicht beſon-
ders glücklich. Im September 1538 ſehen wir Andrea
Doria
aus den Gewäſſern von Sta Maura weichen. Die
drei Fahnen der Verbündeten hatten einen Augenblick auf
Caſtelnuovo im Meerbuſen von Cattaro geweht: den türki-
ſchen Anſtrengungen gelang es jedoch dieß Caſtell wieder
zu erobern.

Eben darum aber fühlte man die Nothwendigkeit um
ſo dringender ſich zuſammenzunehmen. Der Kaiſer erklärte
im November, daß er im nächſten Frühjahr mit wenigſtens
60000 M. im Felde zu erſcheinen denke, von welchen die
Hälfte aus Deutſchen beſtehen ſollte. Die kaiſerlichen Mi-
niſter gaben die Hofnung nicht auf, den König von Frank-
reich
zu ernſtlicher Theilnahme herbeizuziehen.

Und in dieſem Augenblick nun, wo ein begonnenes ge-
meinſchaftliches Unternehmen mit allgemeiner Anſtrengung
durchgeſetzt werden ſollte, — brachte der unüberlegte Eifer
eines ſelbſtſüchtigen Dieners jene Streitigkeiten in Gang,
welche die deutſchen Kräfte, auf die man vorzüglich rech-
nete, in ſich ſelbſt aufzureiben, ja eine allgemeine Entzweiung
herbeizuführen drohten.

Anſtand zu Frankfurt.

Ein ſehr beſonderes Schwanken, Hin und wieder-wo-
gen, das wir überhaupt in dem politiſchen Leben jener Jahre
bemerken. Es ſind ſo viele eigenthümliche Gegenſätze vor-
handen, — der abendländiſchen Chriſtenheit und der Osma-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0134" n="122"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/>
            <p>Inde&#x017F;&#x017F;en er&#x017F;chienen auch die vereinigten Flotten in See;<lb/>
doch waren die Erfolge ihrer Waffen dieß Mal nicht be&#x017F;on-<lb/>
ders glücklich. Im September 1538 &#x017F;ehen wir <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119555476">Andrea<lb/>
Doria</persName> aus den Gewä&#x017F;&#x017F;ern von <placeName>Sta Maura</placeName> weichen. Die<lb/>
drei Fahnen der Verbündeten hatten einen Augenblick auf<lb/><placeName>Ca&#x017F;telnuovo</placeName> im Meerbu&#x017F;en von <placeName>Cattaro</placeName> geweht: den türki-<lb/>
&#x017F;chen An&#x017F;trengungen gelang es jedoch dieß Ca&#x017F;tell wieder<lb/>
zu erobern.</p><lb/>
            <p>Eben darum aber fühlte man die Nothwendigkeit um<lb/>
&#x017F;o dringender &#x017F;ich zu&#x017F;ammenzunehmen. Der Kai&#x017F;er erklärte<lb/>
im November, daß er im näch&#x017F;ten Frühjahr mit wenig&#x017F;tens<lb/>
60000 M. im Felde zu er&#x017F;cheinen denke, von welchen die<lb/>
Hälfte aus Deut&#x017F;chen be&#x017F;tehen &#x017F;ollte. Die kai&#x017F;erlichen Mi-<lb/>
ni&#x017F;ter gaben die Hofnung nicht auf, den König von <placeName>Frank-<lb/>
reich</placeName> zu ern&#x017F;tlicher Theilnahme herbeizuziehen.</p><lb/>
            <p>Und in die&#x017F;em Augenblick nun, wo ein begonnenes ge-<lb/>
mein&#x017F;chaftliches Unternehmen mit allgemeiner An&#x017F;trengung<lb/>
durchge&#x017F;etzt werden &#x017F;ollte, &#x2014; brachte der unüberlegte Eifer<lb/>
eines &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;üchtigen Dieners jene Streitigkeiten in Gang,<lb/>
welche die deut&#x017F;chen Kräfte, auf die man vorzüglich rech-<lb/>
nete, in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t aufzureiben, ja eine allgemeine Entzweiung<lb/>
herbeizuführen drohten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>An&#x017F;tand zu <placeName>Frankfurt</placeName>.</head><lb/>
            <p>Ein &#x017F;ehr be&#x017F;onderes Schwanken, Hin und wieder-wo-<lb/>
gen, das wir überhaupt in dem politi&#x017F;chen Leben jener Jahre<lb/>
bemerken. Es &#x017F;ind &#x017F;o viele eigenthümliche Gegen&#x017F;ätze vor-<lb/>
handen, &#x2014; der abendländi&#x017F;chen Chri&#x017F;tenheit und der Osma-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0134] Siebentes Buch. Zweites Capitel. Indeſſen erſchienen auch die vereinigten Flotten in See; doch waren die Erfolge ihrer Waffen dieß Mal nicht beſon- ders glücklich. Im September 1538 ſehen wir Andrea Doria aus den Gewäſſern von Sta Maura weichen. Die drei Fahnen der Verbündeten hatten einen Augenblick auf Caſtelnuovo im Meerbuſen von Cattaro geweht: den türki- ſchen Anſtrengungen gelang es jedoch dieß Caſtell wieder zu erobern. Eben darum aber fühlte man die Nothwendigkeit um ſo dringender ſich zuſammenzunehmen. Der Kaiſer erklärte im November, daß er im nächſten Frühjahr mit wenigſtens 60000 M. im Felde zu erſcheinen denke, von welchen die Hälfte aus Deutſchen beſtehen ſollte. Die kaiſerlichen Mi- niſter gaben die Hofnung nicht auf, den König von Frank- reich zu ernſtlicher Theilnahme herbeizuziehen. Und in dieſem Augenblick nun, wo ein begonnenes ge- meinſchaftliches Unternehmen mit allgemeiner Anſtrengung durchgeſetzt werden ſollte, — brachte der unüberlegte Eifer eines ſelbſtſüchtigen Dieners jene Streitigkeiten in Gang, welche die deutſchen Kräfte, auf die man vorzüglich rech- nete, in ſich ſelbſt aufzureiben, ja eine allgemeine Entzweiung herbeizuführen drohten. Anſtand zu Frankfurt. Ein ſehr beſonderes Schwanken, Hin und wieder-wo- gen, das wir überhaupt in dem politiſchen Leben jener Jahre bemerken. Es ſind ſo viele eigenthümliche Gegenſätze vor- handen, — der abendländiſchen Chriſtenheit und der Osma-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/134
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/134>, abgerufen am 29.03.2024.