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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Drittes Capitel.
zum Trotz, vor ihren Augen ward die verhaßte Veränderung
zu Stande gebracht.

Reformation in der Mark Brandenburg.

In Sachsen trat, wie wir sehen, der Umschwung der
Dinge erst nach dem Abschluß des Frankfurter Anstandes
und auf einmal ein: in Brandenburg bereitete er sich allmäh-
lig mit den Begebenheiten die diesen herbeiführten, vor.

Auch Joachim I hatte die alte Religion durch Bünd-
nisse, wie das hallische, in seinem Lande zu befestigen gemeint.
Er hegte, so gut wie Georg von Sachsen, die Absicht, das-
selbe bis über das Ziel seines Lebens hinaus zu erstrecken.
Bei der Erbtheilung die er zwischen seinen Söhnen veran-
staltete, verpflichtete er sie in aller Form, an den Reichs-
abschieden von Augsburg und Regensburg und dem halli-
schen Bündniß festzuhalten, ja nicht allein sie selbst, son-
dern auch die Kinder die sie hätten, oder die sie noch be-
kommen würden.

Es ist nicht so unerhört, daß ein sterbender Fürst seine
Nachkommen an die von ihm beliebte Regierungsweise auf
alle Zukunft zu binden sucht; eine andere Frage aber ist es,
ob er damit nicht seine eignen Rechte überschreitet, und ob
es jemals eigentlich damit gelungen ist.

Hier entsprang die Vereitelung des Planes gleich aus
dem ersten Versuch die Bedingungen zu vollziehen an die
er geknüpft war.

Zwischen den beiden Brüdern brachen, wie so häufig,
Streitigkeiten über die väterliche Theilung aus. Der jün-
gere von ihnen, Markgraf Johann, glaubte sich durch die

Siebentes Buch. Drittes Capitel.
zum Trotz, vor ihren Augen ward die verhaßte Veränderung
zu Stande gebracht.

Reformation in der Mark Brandenburg.

In Sachſen trat, wie wir ſehen, der Umſchwung der
Dinge erſt nach dem Abſchluß des Frankfurter Anſtandes
und auf einmal ein: in Brandenburg bereitete er ſich allmäh-
lig mit den Begebenheiten die dieſen herbeiführten, vor.

Auch Joachim I hatte die alte Religion durch Bünd-
niſſe, wie das halliſche, in ſeinem Lande zu befeſtigen gemeint.
Er hegte, ſo gut wie Georg von Sachſen, die Abſicht, daſ-
ſelbe bis über das Ziel ſeines Lebens hinaus zu erſtrecken.
Bei der Erbtheilung die er zwiſchen ſeinen Söhnen veran-
ſtaltete, verpflichtete er ſie in aller Form, an den Reichs-
abſchieden von Augsburg und Regensburg und dem halli-
ſchen Bündniß feſtzuhalten, ja nicht allein ſie ſelbſt, ſon-
dern auch die Kinder die ſie hätten, oder die ſie noch be-
kommen würden.

Es iſt nicht ſo unerhört, daß ein ſterbender Fürſt ſeine
Nachkommen an die von ihm beliebte Regierungsweiſe auf
alle Zukunft zu binden ſucht; eine andere Frage aber iſt es,
ob er damit nicht ſeine eignen Rechte überſchreitet, und ob
es jemals eigentlich damit gelungen iſt.

Hier entſprang die Vereitelung des Planes gleich aus
dem erſten Verſuch die Bedingungen zu vollziehen an die
er geknüpft war.

Zwiſchen den beiden Brüdern brachen, wie ſo häufig,
Streitigkeiten über die väterliche Theilung aus. Der jün-
gere von ihnen, Markgraf Johann, glaubte ſich durch die

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[146/0158] Siebentes Buch. Drittes Capitel. zum Trotz, vor ihren Augen ward die verhaßte Veränderung zu Stande gebracht. Reformation in der Mark Brandenburg. In Sachſen trat, wie wir ſehen, der Umſchwung der Dinge erſt nach dem Abſchluß des Frankfurter Anſtandes und auf einmal ein: in Brandenburg bereitete er ſich allmäh- lig mit den Begebenheiten die dieſen herbeiführten, vor. Auch Joachim I hatte die alte Religion durch Bünd- niſſe, wie das halliſche, in ſeinem Lande zu befeſtigen gemeint. Er hegte, ſo gut wie Georg von Sachſen, die Abſicht, daſ- ſelbe bis über das Ziel ſeines Lebens hinaus zu erſtrecken. Bei der Erbtheilung die er zwiſchen ſeinen Söhnen veran- ſtaltete, verpflichtete er ſie in aller Form, an den Reichs- abſchieden von Augsburg und Regensburg und dem halli- ſchen Bündniß feſtzuhalten, ja nicht allein ſie ſelbſt, ſon- dern auch die Kinder die ſie hätten, oder die ſie noch be- kommen würden. Es iſt nicht ſo unerhört, daß ein ſterbender Fürſt ſeine Nachkommen an die von ihm beliebte Regierungsweiſe auf alle Zukunft zu binden ſucht; eine andere Frage aber iſt es, ob er damit nicht ſeine eignen Rechte überſchreitet, und ob es jemals eigentlich damit gelungen iſt. Hier entſprang die Vereitelung des Planes gleich aus dem erſten Verſuch die Bedingungen zu vollziehen an die er geknüpft war. Zwiſchen den beiden Brüdern brachen, wie ſo häufig, Streitigkeiten über die väterliche Theilung aus. Der jün- gere von ihnen, Markgraf Johann, glaubte ſich durch die

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/158>, abgerufen am 29.03.2024.