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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
gel zu haben scheint. Ich fand solchen Boden u. A. auf dem Wege
von Nagasaki zur Omurabucht, sowie in Gumai-gori am Koshiukaido.
Jene fruchtbaren Lössablagerungen, wie sie viele unserer Thalsohlen
begrenzen und auch auf unseren kleinen Plateaulandschaften weit ver-
breitet sind, scheinen ganz zu fehlen*), und auch der produktive
Mergelboden tritt unter dem Schwemmlande nicht in der Ausdehnung
auf, wie man denken sollte.

Genauere Bodenanalysen wurden erst in der neuesten Zeit, vor-
nehmlich von Kinch **), Korschelt ***) und Keller +) ausgeführt.
Bezüglich der Ebene des Kuwanto bestätigen dieselben in vollem Maasse,
was alte Berichte über die Aschenregen melden, welche von den Erup-
tionen des Fuji-san, Asama-yama und anderer Vulkane ausgehend,
zu verschiedenen Zeiten auf sie niederfielen, und was sich aus
Autopsie, sowie den mikroskopischen Untersuchungen ihres Bodens
bereits früher ergeben hatte, dass nämlich die oberste Schicht wesent-
lich aus vulkanischer Asche und Tuff besteht. Der Ackerboden bei
Tokio ist nach Korschelt bis zu einer Tiefe von 6 m ein Cementtuff,
von dem 6 Theile mit gleichviel Sand und 1 Theil gebranntem Kalk
einen guten Cementmörtel geben, der überall angewandt werden kann,
wo es nicht auf grosse Härte ankommt. Dieser Tuffboden besteht aus
85 % Zeolithen und Sesquioxyden, 11 % Mineralsand, 1,5 % Thon,
1,5 % Quarzsand und 1 % organischer Substanz. Mit Recht weist
Kinch auf den auffallend hohen Gehalt (40 %) leicht zersetzbarer
Silikate (eben jener Zeolithe) und die fast fehlende freie Kieselsäure
hin. Der reiche Magneteisengehalt, welchem dieser Tuffboden neben
der organischen Substanz seine dunkelbraune Farbe verdankt, wurde
von Kinch annähernd mit Hülfe eines Magneten bestimmt und ergab
für eine Probe Ackerkrume von Komaba 2,5 %, für eine solche aus
Shimosa sogar 7 % des Gesammtgewichts. Absorptionsvermögen und
Wassercapacität des japanischen Ackerbodens sind gross; weil derselbe
jedoch tiefgründig und durchlassend ist, leidet er selbst nach reichen
Niederschlägen nicht an Nässe.

Dem Vorwiegen der sauren Silicatgesteine, einschliesslich der tra-
chytischen Tuffe und Aschen, woraus die japanische Ackerkrume zum
grossen Theil hervorgegangen ist, entspricht ihre auffallende Armut
++)

*) Wenigstens kann ich mich nicht erinnern, solchen auf all' meinen Wan-
derungen irgendwo begegnet zu sein.
**) Transact. Ass. Soc. of Japan. Vol. VIII. pag. 369--416. 1880.
***) Mitth. d. deutsch. Gesellschaft Ostasiens. Bd. III. pag. 180--201. 1881.
+) Nobbe, Landwirthsch. Versuchs-Stationen. Bd. XXX. pag. 1--86. 1884.
++) Rein, Japan I. pag. 12, 51 u. 52, 103, 550.

I. Land- und Forstwirthschaft.
gel zu haben scheint. Ich fand solchen Boden u. A. auf dem Wege
von Nagasáki zur Ômurabucht, sowie in Gumai-gori am Kôshiukaido.
Jene fruchtbaren Lössablagerungen, wie sie viele unserer Thalsohlen
begrenzen und auch auf unseren kleinen Plateaulandschaften weit ver-
breitet sind, scheinen ganz zu fehlen*), und auch der produktive
Mergelboden tritt unter dem Schwemmlande nicht in der Ausdehnung
auf, wie man denken sollte.

Genauere Bodenanalysen wurden erst in der neuesten Zeit, vor-
nehmlich von Kinch **), Korschelt ***) und Keller †) ausgeführt.
Bezüglich der Ebene des Kuwantô bestätigen dieselben in vollem Maasse,
was alte Berichte über die Aschenregen melden, welche von den Erup-
tionen des Fuji-san, Asama-yama und anderer Vulkane ausgehend,
zu verschiedenen Zeiten auf sie niederfielen, und was sich aus
Autopsie, sowie den mikroskopischen Untersuchungen ihres Bodens
bereits früher ergeben hatte, dass nämlich die oberste Schicht wesent-
lich aus vulkanischer Asche und Tuff besteht. Der Ackerboden bei
Tôkio ist nach Korschelt bis zu einer Tiefe von 6 m ein Cementtuff,
von dem 6 Theile mit gleichviel Sand und 1 Theil gebranntem Kalk
einen guten Cementmörtel geben, der überall angewandt werden kann,
wo es nicht auf grosse Härte ankommt. Dieser Tuffboden besteht aus
85 % Zeolithen und Sesquioxyden, 11 % Mineralsand, 1,5 % Thon,
1,5 % Quarzsand und 1 % organischer Substanz. Mit Recht weist
Kinch auf den auffallend hohen Gehalt (40 %) leicht zersetzbarer
Silikate (eben jener Zeolithe) und die fast fehlende freie Kieselsäure
hin. Der reiche Magneteisengehalt, welchem dieser Tuffboden neben
der organischen Substanz seine dunkelbraune Farbe verdankt, wurde
von Kinch annähernd mit Hülfe eines Magneten bestimmt und ergab
für eine Probe Ackerkrume von Komaba 2,5 %, für eine solche aus
Shimosa sogar 7 % des Gesammtgewichts. Absorptionsvermögen und
Wassercapacität des japanischen Ackerbodens sind gross; weil derselbe
jedoch tiefgründig und durchlassend ist, leidet er selbst nach reichen
Niederschlägen nicht an Nässe.

Dem Vorwiegen der sauren Silicatgesteine, einschliesslich der tra-
chytischen Tuffe und Aschen, woraus die japanische Ackerkrume zum
grossen Theil hervorgegangen ist, entspricht ihre auffallende Armut
††)

*) Wenigstens kann ich mich nicht erinnern, solchen auf all’ meinen Wan-
derungen irgendwo begegnet zu sein.
**) Transact. Ass. Soc. of Japan. Vol. VIII. pag. 369—416. 1880.
***) Mitth. d. deutsch. Gesellschaft Ostasiens. Bd. III. pag. 180—201. 1881.
†) Nobbe, Landwirthsch. Versuchs-Stationen. Bd. XXX. pag. 1—86. 1884.
††) Rein, Japan I. pag. 12, 51 u. 52, 103, 550.
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[26/0046] I. Land- und Forstwirthschaft. gel zu haben scheint. Ich fand solchen Boden u. A. auf dem Wege von Nagasáki zur Ômurabucht, sowie in Gumai-gori am Kôshiukaido. Jene fruchtbaren Lössablagerungen, wie sie viele unserer Thalsohlen begrenzen und auch auf unseren kleinen Plateaulandschaften weit ver- breitet sind, scheinen ganz zu fehlen *), und auch der produktive Mergelboden tritt unter dem Schwemmlande nicht in der Ausdehnung auf, wie man denken sollte. Genauere Bodenanalysen wurden erst in der neuesten Zeit, vor- nehmlich von Kinch **), Korschelt ***) und Keller †) ausgeführt. Bezüglich der Ebene des Kuwantô bestätigen dieselben in vollem Maasse, was alte Berichte über die Aschenregen melden, welche von den Erup- tionen des Fuji-san, Asama-yama und anderer Vulkane ausgehend, zu verschiedenen Zeiten auf sie niederfielen, und was sich aus Autopsie, sowie den mikroskopischen Untersuchungen ihres Bodens bereits früher ergeben hatte, dass nämlich die oberste Schicht wesent- lich aus vulkanischer Asche und Tuff besteht. Der Ackerboden bei Tôkio ist nach Korschelt bis zu einer Tiefe von 6 m ein Cementtuff, von dem 6 Theile mit gleichviel Sand und 1 Theil gebranntem Kalk einen guten Cementmörtel geben, der überall angewandt werden kann, wo es nicht auf grosse Härte ankommt. Dieser Tuffboden besteht aus 85 % Zeolithen und Sesquioxyden, 11 % Mineralsand, 1,5 % Thon, 1,5 % Quarzsand und 1 % organischer Substanz. Mit Recht weist Kinch auf den auffallend hohen Gehalt (40 %) leicht zersetzbarer Silikate (eben jener Zeolithe) und die fast fehlende freie Kieselsäure hin. Der reiche Magneteisengehalt, welchem dieser Tuffboden neben der organischen Substanz seine dunkelbraune Farbe verdankt, wurde von Kinch annähernd mit Hülfe eines Magneten bestimmt und ergab für eine Probe Ackerkrume von Komaba 2,5 %, für eine solche aus Shimosa sogar 7 % des Gesammtgewichts. Absorptionsvermögen und Wassercapacität des japanischen Ackerbodens sind gross; weil derselbe jedoch tiefgründig und durchlassend ist, leidet er selbst nach reichen Niederschlägen nicht an Nässe. Dem Vorwiegen der sauren Silicatgesteine, einschliesslich der tra- chytischen Tuffe und Aschen, woraus die japanische Ackerkrume zum grossen Theil hervorgegangen ist, entspricht ihre auffallende Armut ††) *) Wenigstens kann ich mich nicht erinnern, solchen auf all’ meinen Wan- derungen irgendwo begegnet zu sein. **) Transact. Ass. Soc. of Japan. Vol. VIII. pag. 369—416. 1880. ***) Mitth. d. deutsch. Gesellschaft Ostasiens. Bd. III. pag. 180—201. 1881. †) Nobbe, Landwirthsch. Versuchs-Stationen. Bd. XXX. pag. 1—86. 1884. ††) Rein, Japan I. pag. 12, 51 u. 52, 103, 550.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/46>, abgerufen am 28.03.2024.