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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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8. Keramik.
später vereinigte er die meisten derselben (17 Familien) in dem 6 Ri
entfernten "Koreaner Dorfe" Nayeshirogawa. Ihre Nachkommen
leben und betreiben die Töpferei hier noch immer. Sie haben zwar
die japanische Kleidung, Lebensweise und Sprache angenommen, sich
aber sonst unvermischt erhalten und so körperlich ihren koreanischen
Charakter bewahrt. Es ist ein kräftigerer Menschenschlag als der
japanische, mit intelligenten Zügen, stark hervortretenden Backen-
knochen und spitzem Kinn, wodurch sie sich mehr den Riukiu-Insu-
lanern nähern.

Die erste Generation verfertigte nur Raku-yaki, eine kunstlose,
schwarzglasierte Waare, welche bereits durch andere Koreaner unter
Hideyoshi in Kioto dargestellt wurde. Noch jetzt werden Theedosen,
Töpfe und Näpfe, sowie eine Menge anderer Irdenwaaren nach dieser
Art dargestellt. Andere bereiten Krack-Steingut, wie die Fabrik bei
Kagoshima, noch Andere wirkliches Porzellan aus Amakusa-ishi und
einheimischem Kaolin und verwenden zur Glasur neben ihm Isu-bai.
Doch sind die Produkte ausschliesslich auf den einheimischen Markt
berechnet und keine derselben irgendwie hervorragend.

Was unter dem Namen Satsuma, Satsuma-Faience, Sat-
suma-Steingut
nach Europa kommt, stammt nicht vom Koreaner-
dorfe, sondern wurde früher in dem Orte Tatsuno bei Kagoshima
verfertigt. Vor etwa 20 Jahren ging die Fabrik in die Hände einer
Gesellschaft Samurai, der Toki-gaisha, über, welche sie nach
Tano-ura verlegten, das eine halbe Meile von der Hauptstadt Ka-
goshima an der Bucht prächtig gelegen ist.

Zwischen 1624 und 1644 n. Ch. wurde der weisse Porzellanstein
Kaseda oder Kaseda-ishi entdeckt, der seinen Namen dem Fund-
orte in der Nähe des Städtchens Kaseda verdankt, das in südwestlicher
Richtung von Kagoshima sich befindet. Eine Analyse dieses, mir
nicht näher bekannten Materials bringt Tabelle B. IV. Auch die Ent-
deckung des Kaolins zu Ibusuki*) fällt in jene Zeit. Die Kunst der
polychromen Bemalung führten zwei Koreaner gegen Ende des 18. Jahr-
hunderts ein, nachdem sie dieselbe in Kioto kennen gelernt hatten.

In Tano-ura bereitet man gegenwärtig die Masse aus 13 Theilen
Kaseda, 18 Theilen Ibusuki und 3 Theilen Kirishima-tsuchi, die Glasur

*) Die Kaolinmasse Ibusuki wird aus einer Mischung dreier Kaolinsorten dar-
gestellt, nämlich aus 10 Theilen Neba, 3 Thl. Bara und 5 Thl. Matsuyakubo.
Nara-bai, die Eichenholzasche der Glasur, setzt sich nach Atkinson zusammen aus:
3,33 % Wasser, 8,405 % Kieselsäure, 4,785 % Thonerde, 3,300 % Eisenoxyd,
42,765 % Magnesia, 2,415 %, Potasche 0,74 %, Soda 0,215 %, Kohlensäure 34,145 %.
Der hohe Kohlensäure- und Kalkgehalt beweisen übrigens, dass A. keine reine
Holzasche vor sich haben konnte, sondern eine mit kohlensaurem Kalk vermischte.

8. Keramik.
später vereinigte er die meisten derselben (17 Familien) in dem 6 Ri
entfernten »Koreaner Dorfe« Nayeshirogawa. Ihre Nachkommen
leben und betreiben die Töpferei hier noch immer. Sie haben zwar
die japanische Kleidung, Lebensweise und Sprache angenommen, sich
aber sonst unvermischt erhalten und so körperlich ihren koreanischen
Charakter bewahrt. Es ist ein kräftigerer Menschenschlag als der
japanische, mit intelligenten Zügen, stark hervortretenden Backen-
knochen und spitzem Kinn, wodurch sie sich mehr den Riukiu-Insu-
lanern nähern.

Die erste Generation verfertigte nur Raku-yaki, eine kunstlose,
schwarzglasierte Waare, welche bereits durch andere Koreaner unter
Hideyoshi in Kiôto dargestellt wurde. Noch jetzt werden Theedosen,
Töpfe und Näpfe, sowie eine Menge anderer Irdenwaaren nach dieser
Art dargestellt. Andere bereiten Krack-Steingut, wie die Fabrik bei
Kagoshima, noch Andere wirkliches Porzellan aus Amakusa-ishi und
einheimischem Kaolin und verwenden zur Glasur neben ihm Isu-bai.
Doch sind die Produkte ausschliesslich auf den einheimischen Markt
berechnet und keine derselben irgendwie hervorragend.

Was unter dem Namen Satsuma, Satsuma-Faience, Sat-
suma-Steingut
nach Europa kommt, stammt nicht vom Koreaner-
dorfe, sondern wurde früher in dem Orte Tatsuno bei Kagoshima
verfertigt. Vor etwa 20 Jahren ging die Fabrik in die Hände einer
Gesellschaft Samurai, der Toki-gaisha, über, welche sie nach
Tano-úra verlegten, das eine halbe Meile von der Hauptstadt Ka-
goshima an der Bucht prächtig gelegen ist.

Zwischen 1624 und 1644 n. Ch. wurde der weisse Porzellanstein
Kaseda oder Kaseda-ishi entdeckt, der seinen Namen dem Fund-
orte in der Nähe des Städtchens Kaseda verdankt, das in südwestlicher
Richtung von Kagoshima sich befindet. Eine Analyse dieses, mir
nicht näher bekannten Materials bringt Tabelle B. IV. Auch die Ent-
deckung des Kaolins zu Ibusuki*) fällt in jene Zeit. Die Kunst der
polychromen Bemalung führten zwei Koreaner gegen Ende des 18. Jahr-
hunderts ein, nachdem sie dieselbe in Kiôto kennen gelernt hatten.

In Tano-úra bereitet man gegenwärtig die Masse aus 13 Theilen
Kaseda, 18 Theilen Ibusuki und 3 Theilen Kirishima-tsuchi, die Glasur

*) Die Kaolinmasse Ibusuki wird aus einer Mischung dreier Kaolinsorten dar-
gestellt, nämlich aus 10 Theilen Neba, 3 Thl. Bara und 5 Thl. Matsuyakubo.
Nara-bai, die Eichenholzasche der Glasur, setzt sich nach Atkinson zusammen aus:
3,33 % Wasser, 8,405 % Kieselsäure, 4,785 % Thonerde, 3,300 % Eisenoxyd,
42,765 % Magnesia, 2,415 %, Potasche 0,74 %, Soda 0,215 %, Kohlensäure 34,145 %.
Der hohe Kohlensäure- und Kalkgehalt beweisen übrigens, dass A. keine reine
Holzasche vor sich haben konnte, sondern eine mit kohlensaurem Kalk vermischte.
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[567/0621] 8. Keramik. später vereinigte er die meisten derselben (17 Familien) in dem 6 Ri entfernten »Koreaner Dorfe« Nayeshirogawa. Ihre Nachkommen leben und betreiben die Töpferei hier noch immer. Sie haben zwar die japanische Kleidung, Lebensweise und Sprache angenommen, sich aber sonst unvermischt erhalten und so körperlich ihren koreanischen Charakter bewahrt. Es ist ein kräftigerer Menschenschlag als der japanische, mit intelligenten Zügen, stark hervortretenden Backen- knochen und spitzem Kinn, wodurch sie sich mehr den Riukiu-Insu- lanern nähern. Die erste Generation verfertigte nur Raku-yaki, eine kunstlose, schwarzglasierte Waare, welche bereits durch andere Koreaner unter Hideyoshi in Kiôto dargestellt wurde. Noch jetzt werden Theedosen, Töpfe und Näpfe, sowie eine Menge anderer Irdenwaaren nach dieser Art dargestellt. Andere bereiten Krack-Steingut, wie die Fabrik bei Kagoshima, noch Andere wirkliches Porzellan aus Amakusa-ishi und einheimischem Kaolin und verwenden zur Glasur neben ihm Isu-bai. Doch sind die Produkte ausschliesslich auf den einheimischen Markt berechnet und keine derselben irgendwie hervorragend. Was unter dem Namen Satsuma, Satsuma-Faience, Sat- suma-Steingut nach Europa kommt, stammt nicht vom Koreaner- dorfe, sondern wurde früher in dem Orte Tatsuno bei Kagoshima verfertigt. Vor etwa 20 Jahren ging die Fabrik in die Hände einer Gesellschaft Samurai, der Toki-gaisha, über, welche sie nach Tano-úra verlegten, das eine halbe Meile von der Hauptstadt Ka- goshima an der Bucht prächtig gelegen ist. Zwischen 1624 und 1644 n. Ch. wurde der weisse Porzellanstein Kaseda oder Kaseda-ishi entdeckt, der seinen Namen dem Fund- orte in der Nähe des Städtchens Kaseda verdankt, das in südwestlicher Richtung von Kagoshima sich befindet. Eine Analyse dieses, mir nicht näher bekannten Materials bringt Tabelle B. IV. Auch die Ent- deckung des Kaolins zu Ibusuki *) fällt in jene Zeit. Die Kunst der polychromen Bemalung führten zwei Koreaner gegen Ende des 18. Jahr- hunderts ein, nachdem sie dieselbe in Kiôto kennen gelernt hatten. In Tano-úra bereitet man gegenwärtig die Masse aus 13 Theilen Kaseda, 18 Theilen Ibusuki und 3 Theilen Kirishima-tsuchi, die Glasur *) Die Kaolinmasse Ibusuki wird aus einer Mischung dreier Kaolinsorten dar- gestellt, nämlich aus 10 Theilen Neba, 3 Thl. Bara und 5 Thl. Matsuyakubo. Nara-bai, die Eichenholzasche der Glasur, setzt sich nach Atkinson zusammen aus: 3,33 % Wasser, 8,405 % Kieselsäure, 4,785 % Thonerde, 3,300 % Eisenoxyd, 42,765 % Magnesia, 2,415 %, Potasche 0,74 %, Soda 0,215 %, Kohlensäure 34,145 %. Der hohe Kohlensäure- und Kalkgehalt beweisen übrigens, dass A. keine reine Holzasche vor sich haben konnte, sondern eine mit kohlensaurem Kalk vermischte.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/621>, abgerufen am 19.04.2024.