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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837.

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die Reibung grösser war, 5,8 Fuss. Freilich konnten N002
wir sie nur annähernd bestimmen, indem wir am Ufer N003
an einer passenden Stelle eine Basis von 100 Schritt, N004
die für 200 Fuss angenommen wurde, abschritten, und N005
mittelst der Uhr die Zeit bestimmten, die deutlich sich N006
auszeichnende Eismassen brauchten, um eine ähnliche N007
Erstreckung im Strome zu durchlaufen; indessen konn- N008
ten doch die Abweichungen des von uns gefundenen N009
Resultats von der Wahrheit nicht sehr gross sein. Die N010
Eisschollen waren alle in stengliche Stücke zerklüftet, N011
die senkrecht auf der Oberfläche derselben standen, N012
und mit einer Menge solcher losen Eisstengel war der N013
ganze Uferrand bedeckt.

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Unter den wenigen Conchylien, welche wir am N002
Strande von dem Meere ausgeworfen fanden, erregte N003
besonders der merkwürdige Mytilus polymorphus un- N004
sere Aufmerksamkeit. Pallas hatte ihn zuerst in der N005
Wolga bei Astrakan entdeckt, und Hr. Ehrenberg N006
im vorigen Jahre (1828) bei Berlin im See von Tegel N007
einzeln, und bei Potsdam in der Havel in zahlloser N008
Menge beobachtet. Er fand ihn besonders häufig in N009
der Nähe des Sandkrugs und gleichzeitig mit andern N010
Süsswasser-Conchylien in halbsüssem Seewasser. Da N011
alle übrigen lebenden bekannten Mytilus-Arten See- N012
thiere sind, so hat man an dieser Form einen wich- N013
tigen Beweis, dass sich in der Geognosie nicht immer N014
durch Vorkommen der Mytilus-Form auf Meeresboden N015
schliessen lässt. Derselbe Mytilus ist auch als Mytilus N016
Hagenii
beschrieben worden. Herr Ehrenberg fand N017
ihn später bei Astrakan im Kaspischen Meere sehr N018
zahlreich wieder.

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Den ersten Tag unseres Harrens hatten wir das N002
heiterste Wetter von der Welt, und in einem freund- N003
lichen gemüthlichen Zimmer einquartirt, wäre, ohne N004
die verdriessliche Verzögerung der Reise, unsere Lage N005
gar nicht unangenehm gewesen. Wir hatten aus dem N006
Zimmer die Aussicht auf Memel, das nächste Ziel

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die Reibung grösser war, 5,8 Fuss. Freilich konnten N002
wir sie nur annähernd bestimmen, indem wir am Ufer N003
an einer passenden Stelle eine Basis von 100 Schritt, N004
die für 200 Fuss angenommen wurde, abschritten, und N005
mittelst der Uhr die Zeit bestimmten, die deutlich sich N006
auszeichnende Eismassen brauchten, um eine ähnliche N007
Erstreckung im Strome zu durchlaufen; indessen konn- N008
ten doch die Abweichungen des von uns gefundenen N009
Resultats von der Wahrheit nicht sehr gross sein. Die N010
Eisschollen waren alle in stengliche Stücke zerklüftet, N011
die senkrecht auf der Oberfläche derselben standen, N012
und mit einer Menge solcher losen Eisstengel war der N013
ganze Uferrand bedeckt.

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Unter den wenigen Conchylien, welche wir am N002
Strande von dem Meere ausgeworfen fanden, erregte N003
besonders der merkwürdige Mytilus polymorphus un- N004
sere Aufmerksamkeit. Pallas hatte ihn zuerst in der N005
Wolga bei Astrakan entdeckt, und Hr. Ehrenberg N006
im vorigen Jahre (1828) bei Berlin im See von Tegel N007
einzeln, und bei Potsdam in der Havel in zahlloser N008
Menge beobachtet. Er fand ihn besonders häufig in N009
der Nähe des Sandkrugs und gleichzeitig mit andern N010
Süsswasser-Conchylien in halbsüssem Seewasser. Da N011
alle übrigen lebenden bekannten Mytilus-Arten See- N012
thiere sind, so hat man an dieser Form einen wich- N013
tigen Beweis, dass sich in der Geognosie nicht immer N014
durch Vorkommen der Mytilus-Form auf Meeresboden N015
schliessen lässt. Derselbe Mytilus ist auch als Mytilus N016
Hagenii
beschrieben worden. Herr Ehrenberg fand N017
ihn später bei Astrakan im Kaspischen Meere sehr N018
zahlreich wieder.

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Den ersten Tag unseres Harrens hatten wir das N002
heiterste Wetter von der Welt, und in einem freund- N003
lichen gemüthlichen Zimmer einquartirt, wäre, ohne N004
die verdriessliche Verzögerung der Reise, unsere Lage N005
gar nicht unangenehm gewesen. Wir hatten aus dem N006
Zimmer die Aussicht auf Memel, das nächste Ziel

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[13/0047] N001 die Reibung grösser war, 5,8 Fuss. Freilich konnten N002 wir sie nur annähernd bestimmen, indem wir am Ufer N003 an einer passenden Stelle eine Basis von 100 Schritt, N004 die für 200 Fuss angenommen wurde, abschritten, und N005 mittelst der Uhr die Zeit bestimmten, die deutlich sich N006 auszeichnende Eismassen brauchten, um eine ähnliche N007 Erstreckung im Strome zu durchlaufen; indessen konn- N008 ten doch die Abweichungen des von uns gefundenen N009 Resultats von der Wahrheit nicht sehr gross sein. Die N010 Eisschollen waren alle in stengliche Stücke zerklüftet, N011 die senkrecht auf der Oberfläche derselben standen, N012 und mit einer Menge solcher losen Eisstengel war der N013 ganze Uferrand bedeckt. N001 Unter den wenigen Conchylien, welche wir am N002 Strande von dem Meere ausgeworfen fanden, erregte N003 besonders der merkwürdige Mytilus polymorphus un- N004 sere Aufmerksamkeit. Pallas hatte ihn zuerst in der N005 Wolga bei Astrakan entdeckt, und Hr. Ehrenberg N006 im vorigen Jahre (1828) bei Berlin im See von Tegel N007 einzeln, und bei Potsdam in der Havel in zahlloser N008 Menge beobachtet. Er fand ihn besonders häufig in N009 der Nähe des Sandkrugs und gleichzeitig mit andern N010 Süsswasser-Conchylien in halbsüssem Seewasser. Da N011 alle übrigen lebenden bekannten Mytilus-Arten See- N012 thiere sind, so hat man an dieser Form einen wich- N013 tigen Beweis, dass sich in der Geognosie nicht immer N014 durch Vorkommen der Mytilus-Form auf Meeresboden N015 schliessen lässt. Derselbe Mytilus ist auch als Mytilus N016 Hagenii beschrieben worden. Herr Ehrenberg fand N017 ihn später bei Astrakan im Kaspischen Meere sehr N018 zahlreich wieder. N001 Den ersten Tag unseres Harrens hatten wir das N002 heiterste Wetter von der Welt, und in einem freund- N003 lichen gemüthlichen Zimmer einquartirt, wäre, ohne N004 die verdriessliche Verzögerung der Reise, unsere Lage N005 gar nicht unangenehm gewesen. Wir hatten aus dem N006 Zimmer die Aussicht auf Memel, das nächste Ziel

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/47>, abgerufen am 28.03.2024.