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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842.

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vor etwanigen Ueberfällen der Kirgisen schützen soll- N002
ten 1), den Fusspfad, der hart an dem rechten Ufer N003
des Flusses entlang geht. Auf diesem Wege durch- N004
schneidet man einen besonderen Höhenzug des Iren-

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*) Diese Zahl gründet sich auf die Angabe von Murawieff, N002
der selbst längere Zeit in Khiwa gefangen gehalten wurde. Nach N003
dem 1840 mit dem Khan von Khiwa abgeschlossenen Vertrage, nach N004
welchem die russischen Gefangenen ausgeliefert werden sollten, sind N005
jedoch nur 745 Russen zurückgekehrt, und nach der Aussage der N006
Zurückgekehrten nur 18 in Khiwa geblieben. Der Khan von Khiwa N007
hat übrigens in Folge dieses Vertrages in einem Ferman erklärt, N008
dass alle Christen und ihr Eigenthum unter den Schutz des Khans N009
gestellt würden und künftig unantastbar sein sollten, wodurch nun N010
wohl die Verhältnisse an der Gränze sich anders gestalten, und ei- N011
nen friedlicheren Charakter annehmen werden.

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1) Eine solche Eskorte hatte auch gestern Herr von Hum- N002
boldt erhalten, und erhält überhaupt jeder Reisende an der mitt- N003
leren uralischen Linie, denn die Gränze von Orsk bis Orenburg ist N004
eine der unsichersten des russischen Reiches. Sehr häufig noch ma- N005
chen die Kirgisen, die die Steppen südwärts und westwärts der mitt- N006
leren und unteren Uralischen Linie bewohnen, und die zu der klei- N007
nen Horde gehören, den Uralfluss überschreitend, feindliche Einfälle N008
in das russische Gebiet, und rauben Menschen und Vieh. Die er- N009
steren verkaufen sie den Khiwensen, im Süden des Aralsees, welche N010
die Russen als gute Arbeiter schätzen , und zu ihren weitläufigen N011
Kanalarbeiten in der Oase des Amu-Deria, die sie bewohnen, ge- N012
brauchen, und daher theuer bezahlen. Die Nachbarschaft von Khiwa N013
ist deshalb eine der Hauptursachen des feindlichen Zustandes der N014
Gränze. Man sagt, dass an 6000 Russen in Khiwa in der Gefan- N015
genschaft schmachten *), denen, da sie durch die Steppen von ihrem N016
Vaterlande getrennt sind, ein Entweichen fast unmöglich gemacht N017
ist. Um von den Einfällen der Kirgisen gleich in Kenntniss gesetzt N018
zu sein, sind zwischen den Redouten und Festungen der Linie noch N019
von Zeit zu Zeit hölzerne Warten (sogenannte Majak's, von Balken N020
zusammengefügte, oben etwas abgestumpfte Pyramiden, zu denen von N021
aussen eine Treppe hinaufführt) errichtet, und auf welchen Wacht- N022
posten gestellt sind, die von allen Veränderungen in der Steppe den N023
nächsten Festungen der Linie durch abgesandte Boten oder durch N024
Feuerzeichen berichten müssen. Ausser den Kosaken sind auch noch N025
die Baschkiren zu dem Vorpostendienst an der mittleren uralischen N026
Linie verpflichtet, indem sie statt des früheren Tributs jetzt 15,000 N027
Mann auf ihre eigenen Kosten zu stellen haben, diesen Felddienst N028
zu verrichten.

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vor etwanigen Ueberfällen der Kirgisen schützen soll- N002
ten 1), den Fusspfad, der hart an dem rechten Ufer N003
des Flusses entlang geht. Auf diesem Wege durch- N004
schneidet man einen besonderen Höhenzug des Iren-

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N001
*) Diese Zahl gründet sich auf die Angabe von Murawieff, N002
der selbst längere Zeit in Khiwa gefangen gehalten wurde. Nach N003
dem 1840 mit dem Khan von Khiwa abgeschlossenen Vertrage, nach N004
welchem die russischen Gefangenen ausgeliefert werden sollten, sind N005
jedoch nur 745 Russen zurückgekehrt, und nach der Aussage der N006
Zurückgekehrten nur 18 in Khiwa geblieben. Der Khan von Khiwa N007
hat übrigens in Folge dieses Vertrages in einem Ferman erklärt, N008
dass alle Christen und ihr Eigenthum unter den Schutz des Khans N009
gestellt würden und künftig unantastbar sein sollten, wodurch nun N010
wohl die Verhältnisse an der Gränze sich anders gestalten, und ei- N011
nen friedlicheren Charakter annehmen werden.

[footnote reference] N001
1) Eine solche Eskorte hatte auch gestern Herr von Hum- N002
boldt erhalten, und erhält überhaupt jeder Reisende an der mitt- N003
leren uralischen Linie, denn die Gränze von Orsk bis Orenburg ist N004
eine der unsichersten des russischen Reiches. Sehr häufig noch ma- N005
chen die Kirgisen, die die Steppen südwärts und westwärts der mitt- N006
leren und unteren Uralischen Linie bewohnen, und die zu der klei- N007
nen Horde gehören, den Uralfluss überschreitend, feindliche Einfälle N008
in das russische Gebiet, und rauben Menschen und Vieh. Die er- N009
steren verkaufen sie den Khiwensen, im Süden des Aralsees, welche N010
die Russen als gute Arbeiter schätzen , und zu ihren weitläufigen N011
Kanalarbeiten in der Oase des Amu-Deria, die sie bewohnen, ge- N012
brauchen, und daher theuer bezahlen. Die Nachbarschaft von Khiwa N013
ist deshalb eine der Hauptursachen des feindlichen Zustandes der N014
Gränze. Man sagt, dass an 6000 Russen in Khiwa in der Gefan- N015
genschaft schmachten *), denen, da sie durch die Steppen von ihrem N016
Vaterlande getrennt sind, ein Entweichen fast unmöglich gemacht N017
ist. Um von den Einfällen der Kirgisen gleich in Kenntniss gesetzt N018
zu sein, sind zwischen den Redouten und Festungen der Linie noch N019
von Zeit zu Zeit hölzerne Warten (sogenannte Majak's, von Balken N020
zusammengefügte, oben etwas abgestumpfte Pyramiden, zu denen von N021
aussen eine Treppe hinaufführt) errichtet, und auf welchen Wacht- N022
posten gestellt sind, die von allen Veränderungen in der Steppe den N023
nächsten Festungen der Linie durch abgesandte Boten oder durch N024
Feuerzeichen berichten müssen. Ausser den Kosaken sind auch noch N025
die Baschkiren zu dem Vorpostendienst an der mittleren uralischen N026
Linie verpflichtet, indem sie statt des früheren Tributs jetzt 15,000 N027
Mann auf ihre eigenen Kosten zu stellen haben, diesen Felddienst N028
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[189/0207] N001 vor etwanigen Ueberfällen der Kirgisen schützen soll- N002 ten 1), den Fusspfad, der hart an dem rechten Ufer N003 des Flusses entlang geht. Auf diesem Wege durch- N004 schneidet man einen besonderen Höhenzug des Iren- [footnote reference] N001 *) Diese Zahl gründet sich auf die Angabe von Murawieff, N002 der selbst längere Zeit in Khiwa gefangen gehalten wurde. Nach N003 dem 1840 mit dem Khan von Khiwa abgeschlossenen Vertrage, nach N004 welchem die russischen Gefangenen ausgeliefert werden sollten, sind N005 jedoch nur 745 Russen zurückgekehrt, und nach der Aussage der N006 Zurückgekehrten nur 18 in Khiwa geblieben. Der Khan von Khiwa N007 hat übrigens in Folge dieses Vertrages in einem Ferman erklärt, N008 dass alle Christen und ihr Eigenthum unter den Schutz des Khans N009 gestellt würden und künftig unantastbar sein sollten, wodurch nun N010 wohl die Verhältnisse an der Gränze sich anders gestalten, und ei- N011 nen friedlicheren Charakter annehmen werden. [footnote reference] N001 1) Eine solche Eskorte hatte auch gestern Herr von Hum- N002 boldt erhalten, und erhält überhaupt jeder Reisende an der mitt- N003 leren uralischen Linie, denn die Gränze von Orsk bis Orenburg ist N004 eine der unsichersten des russischen Reiches. Sehr häufig noch ma- N005 chen die Kirgisen, die die Steppen südwärts und westwärts der mitt- N006 leren und unteren Uralischen Linie bewohnen, und die zu der klei- N007 nen Horde gehören, den Uralfluss überschreitend, feindliche Einfälle N008 in das russische Gebiet, und rauben Menschen und Vieh. Die er- N009 steren verkaufen sie den Khiwensen, im Süden des Aralsees, welche N010 die Russen als gute Arbeiter schätzen , und zu ihren weitläufigen N011 Kanalarbeiten in der Oase des Amu-Deria, die sie bewohnen, ge- N012 brauchen, und daher theuer bezahlen. Die Nachbarschaft von Khiwa N013 ist deshalb eine der Hauptursachen des feindlichen Zustandes der N014 Gränze. Man sagt, dass an 6000 Russen in Khiwa in der Gefan- N015 genschaft schmachten *), denen, da sie durch die Steppen von ihrem N016 Vaterlande getrennt sind, ein Entweichen fast unmöglich gemacht N017 ist. Um von den Einfällen der Kirgisen gleich in Kenntniss gesetzt N018 zu sein, sind zwischen den Redouten und Festungen der Linie noch N019 von Zeit zu Zeit hölzerne Warten (sogenannte Majak's, von Balken N020 zusammengefügte, oben etwas abgestumpfte Pyramiden, zu denen von N021 aussen eine Treppe hinaufführt) errichtet, und auf welchen Wacht- N022 posten gestellt sind, die von allen Veränderungen in der Steppe den N023 nächsten Festungen der Linie durch abgesandte Boten oder durch N024 Feuerzeichen berichten müssen. Ausser den Kosaken sind auch noch N025 die Baschkiren zu dem Vorpostendienst an der mittleren uralischen N026 Linie verpflichtet, indem sie statt des früheren Tributs jetzt 15,000 N027 Mann auf ihre eigenen Kosten zu stellen haben, diesen Felddienst N028 zu verrichten.

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural02_1842/207>, abgerufen am 20.04.2024.