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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Von einem sterbenden Waldsohne.

Im Winter 1831.

Wer hätte das vor Zeiten von dem Einsiedler
im Felsenthale gedacht! Die Thatlosigkeit nach dem
bewegten Leben, die Abgeschiedenheit von den Men-
schen hätte ihn schier zum Narren gemacht.

Es ist wunderbar gekommen. Nur die großen
Sorgen und kleinen Leiden eines Waldpfarrers, nur
der einförmige und doch so vielseitige und viel-
bedeutende Zustand einer Waldgemeinde in seiner
Ursprünglichkeit und Abgeschlossenheit ist das Rechte
für ihn, das ihn gerettet hat.

Nun hat er sich hineingelebt in die Verhält-
nisse, kennt jedes seiner Pfarrkinder inwendig wie
auswendig und leitet es mit seinen Beispielen.

Es wüthet jetzt eine böse Seuche in den
Winkelwäldern; es wird uns der Friedhof zu klein,
und wir können schier die Todtengräber nicht auf-
treiben; die kräftigsten Männer liegen auf dem
Krankenbette.


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Von einem ſterbenden Waldſohne.

Im Winter 1831.

Wer hätte das vor Zeiten von dem Einſiedler
im Felſenthale gedacht! Die Thatloſigkeit nach dem
bewegten Leben, die Abgeſchiedenheit von den Men-
ſchen hätte ihn ſchier zum Narren gemacht.

Es iſt wunderbar gekommen. Nur die großen
Sorgen und kleinen Leiden eines Waldpfarrers, nur
der einförmige und doch ſo vielſeitige und viel-
bedeutende Zuſtand einer Waldgemeinde in ſeiner
Urſprünglichkeit und Abgeſchloſſenheit iſt das Rechte
für ihn, das ihn gerettet hat.

Nun hat er ſich hineingelebt in die Verhält-
niſſe, kennt jedes ſeiner Pfarrkinder inwendig wie
auswendig und leitet es mit ſeinen Beiſpielen.

Es wüthet jetzt eine böſe Seuche in den
Winkelwäldern; es wird uns der Friedhof zu klein,
und wir können ſchier die Todtengräber nicht auf-
treiben; die kräftigſten Männer liegen auf dem
Krankenbette.


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[355/0365] Von einem ſterbenden Waldſohne. Im Winter 1831. Wer hätte das vor Zeiten von dem Einſiedler im Felſenthale gedacht! Die Thatloſigkeit nach dem bewegten Leben, die Abgeſchiedenheit von den Men- ſchen hätte ihn ſchier zum Narren gemacht. Es iſt wunderbar gekommen. Nur die großen Sorgen und kleinen Leiden eines Waldpfarrers, nur der einförmige und doch ſo vielſeitige und viel- bedeutende Zuſtand einer Waldgemeinde in ſeiner Urſprünglichkeit und Abgeſchloſſenheit iſt das Rechte für ihn, das ihn gerettet hat. Nun hat er ſich hineingelebt in die Verhält- niſſe, kennt jedes ſeiner Pfarrkinder inwendig wie auswendig und leitet es mit ſeinen Beiſpielen. Es wüthet jetzt eine böſe Seuche in den Winkelwäldern; es wird uns der Friedhof zu klein, und wir können ſchier die Todtengräber nicht auf- treiben; die kräftigſten Männer liegen auf dem Krankenbette. 23*

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/365>, abgerufen am 19.04.2024.