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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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II. Der Kampf der Theile im Organismus.
auftritt, sich eventuell gleich fast in einem ganzen Gewebe
verbreiten kann. Und was so gezüchtet ist, ist also wieder
das zum Leben Kräftigste, eventuell die kräftigste Reaction auf
Reize Gebende, seien letztere nun physikalischer oder chemi-
scher Natur und, falls bis zur Uebercompensation des Ver-
brauchten durch den Reiz gekräftigt wird, die Fähigkeit zur
Arbeitshyperplasie.

Aus diesen so gezüchteten allgemeinen Eigenschaften wird
secundär erst wieder aber gleichzeitig die Auslese im Kampfe
um's Dasein dasjenige züchten, was dem ganzen Individuum
dienlich ist. Diese Züchtung wird dadurch erleichtert, dass
in Folge der durch den Kampf der Zellen erfolgenden weiteren
Verbreitung der neuen kräftigeren Eigenschaften der neue Cha-
rakter gleich mit entschiedenerer Bedeutung auftritt, und wenn
er nützlich ist, gleich in höherem Maasse förderlich zur Geltung
kommt, oder wenn er nachtheilig, wieder durch Selbstelimina-
tion aus der Reihe des Lebenden verschwindet.

Auch direct gestaltend kann der Kampf der Theile bei
den Zellen wirken, indem er einmal solche Zellen erhält, wel-
chen eine günstigere Lage zu den Blutgefässen, zu der Fläche,
von welcher die Nahrung zu ihnen kommt, eigen ist, anderer-
seits unter Einwirkung von Reizen, sofern dieselben selber be-
stimmt gestaltet sind, wie der Druck in den Knochen, der
Zug in den Sehnen, Bändern und Fascien, worüber in dem
Kapitel der Reizwirkung ausführlicher erörtert werden wird.

3. Der Kampf der Gewebe.

Auch zwischen den verschiedenen Geweben ist natürlich
ein Kampf möglich. Indessen, da es ein Kampf heterogener
Dinge ist, so kann er nicht, wie der Kampf der Molekel und
der der Zellen, zur Auslese des Besseren führen, er kann nicht
die Entwickelung des Organismenreiches durch Steigerung der

II. Der Kampf der Theile im Organismus.
auftritt, sich eventuell gleich fast in einem ganzen Gewebe
verbreiten kann. Und was so gezüchtet ist, ist also wieder
das zum Leben Kräftigste, eventuell die kräftigste Reaction auf
Reize Gebende, seien letztere nun physikalischer oder chemi-
scher Natur und, falls bis zur Uebercompensation des Ver-
brauchten durch den Reiz gekräftigt wird, die Fähigkeit zur
Arbeitshyperplasie.

Aus diesen so gezüchteten allgemeinen Eigenschaften wird
secundär erst wieder aber gleichzeitig die Auslese im Kampfe
um’s Dasein dasjenige züchten, was dem ganzen Individuum
dienlich ist. Diese Züchtung wird dadurch erleichtert, dass
in Folge der durch den Kampf der Zellen erfolgenden weiteren
Verbreitung der neuen kräftigeren Eigenschaften der neue Cha-
rakter gleich mit entschiedenerer Bedeutung auftritt, und wenn
er nützlich ist, gleich in höherem Maasse förderlich zur Geltung
kommt, oder wenn er nachtheilig, wieder durch Selbstelimina-
tion aus der Reihe des Lebenden verschwindet.

Auch direct gestaltend kann der Kampf der Theile bei
den Zellen wirken, indem er einmal solche Zellen erhält, wel-
chen eine günstigere Lage zu den Blutgefässen, zu der Fläche,
von welcher die Nahrung zu ihnen kommt, eigen ist, anderer-
seits unter Einwirkung von Reizen, sofern dieselben selber be-
stimmt gestaltet sind, wie der Druck in den Knochen, der
Zug in den Sehnen, Bändern und Fascien, worüber in dem
Kapitel der Reizwirkung ausführlicher erörtert werden wird.

3. Der Kampf der Gewebe.

Auch zwischen den verschiedenen Geweben ist natürlich
ein Kampf möglich. Indessen, da es ein Kampf heterogener
Dinge ist, so kann er nicht, wie der Kampf der Molekel und
der der Zellen, zur Auslese des Besseren führen, er kann nicht
die Entwickelung des Organismenreiches durch Steigerung der

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[96/0110] II. Der Kampf der Theile im Organismus. auftritt, sich eventuell gleich fast in einem ganzen Gewebe verbreiten kann. Und was so gezüchtet ist, ist also wieder das zum Leben Kräftigste, eventuell die kräftigste Reaction auf Reize Gebende, seien letztere nun physikalischer oder chemi- scher Natur und, falls bis zur Uebercompensation des Ver- brauchten durch den Reiz gekräftigt wird, die Fähigkeit zur Arbeitshyperplasie. Aus diesen so gezüchteten allgemeinen Eigenschaften wird secundär erst wieder aber gleichzeitig die Auslese im Kampfe um’s Dasein dasjenige züchten, was dem ganzen Individuum dienlich ist. Diese Züchtung wird dadurch erleichtert, dass in Folge der durch den Kampf der Zellen erfolgenden weiteren Verbreitung der neuen kräftigeren Eigenschaften der neue Cha- rakter gleich mit entschiedenerer Bedeutung auftritt, und wenn er nützlich ist, gleich in höherem Maasse förderlich zur Geltung kommt, oder wenn er nachtheilig, wieder durch Selbstelimina- tion aus der Reihe des Lebenden verschwindet. Auch direct gestaltend kann der Kampf der Theile bei den Zellen wirken, indem er einmal solche Zellen erhält, wel- chen eine günstigere Lage zu den Blutgefässen, zu der Fläche, von welcher die Nahrung zu ihnen kommt, eigen ist, anderer- seits unter Einwirkung von Reizen, sofern dieselben selber be- stimmt gestaltet sind, wie der Druck in den Knochen, der Zug in den Sehnen, Bändern und Fascien, worüber in dem Kapitel der Reizwirkung ausführlicher erörtert werden wird. 3. Der Kampf der Gewebe. Auch zwischen den verschiedenen Geweben ist natürlich ein Kampf möglich. Indessen, da es ein Kampf heterogener Dinge ist, so kann er nicht, wie der Kampf der Molekel und der der Zellen, zur Auslese des Besseren führen, er kann nicht die Entwickelung des Organismenreiches durch Steigerung der

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/110>, abgerufen am 28.03.2024.