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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Der Verbrennungsprozeß.
bekannt gewordenen Theorie geschöpften Voraussetzungen vervollkomm-
nete Methoden herzuleiten, den Erfolg also, wenigstens zum größten
Teile, voraus zu berechnen.

Einen solchen Weg hat auch die Entwicklung der beiden hoch-
wichtigen Teile der heutigen Technik genommen, welche die Überschrift
dieses Kapitels bilden. Ja, das Erwähnte trifft, mehr als in anderen
Fällen, gerade bei der Heizung und Beleuchtung besonders scharf zu.
Das eigentliche Erfindungszeitalter der Heizung und Beleuchtung konnte,
der Lage der Sache nach, erst beginnen, nachdem es der Naturwissen-
schaft gegen Ende des vorigen Jahrhunderts gelungen war, für die
Natur derjenigen elementaren Erscheinung, welche uns Licht und Wärme
schafft, des Feuers nämlich, die richtige Erklärung zu finden. Daher
gehört die Entwicklung der Heizung und Beleuchtung erst unserem Jahr-
hundert an; wie so viele andere Erfindungen, hat dasselbe auch die
früher so äußerst primitiven Einrichtungen des vorliegenden Zweiges
der Technik in verhältnismäßig kurzer Zeit auf eine Stufe der Vollen-
dung gebracht, welche einem weiteren Fortschritt auf diesem Gebiete,
wenigstens in näher liegenden Zeiten, Grenzen zu setzen scheint.

Wenn wir demnach in dem Folgenden ein kurzes und übersicht-
liches Bild der Erfindungen auf dem Gebiete der Beleuchtung und
Heizung geben wollen, so wird sich, zur Erleichterung des Verständnisses
der zu berührenden Dinge, kaum eine bessere Einleitung für dieses
Kapitel denken lassen, als ein historischer Überblick über die Forschungen,
welche rücksichtlich der Natur des Feuers, des Verbrennungs-
prozesses
, wie wir heute sagen müssen, angestellt worden sind. Daran
wird sich dann eine kurze Darstellung der Resultate dieser Forschungen,
als der Basis für das heutige Beleuchtungs- und Heizungswesen, an-
zuschließen haben.

Der Verbrennungsprozeß.

Wie groß die Wichtigkeit ist, die der Mensch, selbst im Kindheits-
zustande, dem Feuer beimaß, geht aus der göttlichen Verehrung hervor,
welche im grauen Altertum allgemein, heute noch von einigen unberührt
gebliebenen Völkern, sowohl den wohlthätigen, wie den verderblichen
Wirkungen desselben gezollt wurde. Derselbe Gedanke spricht sich in
der griechischen Prometheussage aus, welche die Neuerschaffung des
Menschengeschlechtes und die Nutzbarmachung des Feuers gewissermaßen
in eine und dieselbe Periode legt. Erst dann, als man den göttlich
verehrten Wesen menschliche Form verlieh, begann sich der forschende
Geist mit der Untersuchung der Natur des bis dahin unter die Götter
versetzten Elementes zu beschäftigen. Aber die griechischen Naturphilo-
sophen, besonders Demokrit, konnten in dieser Beziehung nicht zu
treffenden Vorstellungen kommen, weil sie das Feuer als etwas rein
Materielles betrachteten; ein Fehler, welcher von den Naturforschern und
Philosophen der folgenden Jahrhunderte in gleicher Weise gemacht

Der Verbrennungsprozeß.
bekannt gewordenen Theorie geſchöpften Vorausſetzungen vervollkomm-
nete Methoden herzuleiten, den Erfolg alſo, wenigſtens zum größten
Teile, voraus zu berechnen.

Einen ſolchen Weg hat auch die Entwicklung der beiden hoch-
wichtigen Teile der heutigen Technik genommen, welche die Überſchrift
dieſes Kapitels bilden. Ja, das Erwähnte trifft, mehr als in anderen
Fällen, gerade bei der Heizung und Beleuchtung beſonders ſcharf zu.
Das eigentliche Erfindungszeitalter der Heizung und Beleuchtung konnte,
der Lage der Sache nach, erſt beginnen, nachdem es der Naturwiſſen-
ſchaft gegen Ende des vorigen Jahrhunderts gelungen war, für die
Natur derjenigen elementaren Erſcheinung, welche uns Licht und Wärme
ſchafft, des Feuers nämlich, die richtige Erklärung zu finden. Daher
gehört die Entwicklung der Heizung und Beleuchtung erſt unſerem Jahr-
hundert an; wie ſo viele andere Erfindungen, hat dasſelbe auch die
früher ſo äußerſt primitiven Einrichtungen des vorliegenden Zweiges
der Technik in verhältnismäßig kurzer Zeit auf eine Stufe der Vollen-
dung gebracht, welche einem weiteren Fortſchritt auf dieſem Gebiete,
wenigſtens in näher liegenden Zeiten, Grenzen zu ſetzen ſcheint.

Wenn wir demnach in dem Folgenden ein kurzes und überſicht-
liches Bild der Erfindungen auf dem Gebiete der Beleuchtung und
Heizung geben wollen, ſo wird ſich, zur Erleichterung des Verſtändniſſes
der zu berührenden Dinge, kaum eine beſſere Einleitung für dieſes
Kapitel denken laſſen, als ein hiſtoriſcher Überblick über die Forſchungen,
welche rückſichtlich der Natur des Feuers, des Verbrennungs-
prozeſſes
, wie wir heute ſagen müſſen, angeſtellt worden ſind. Daran
wird ſich dann eine kurze Darſtellung der Reſultate dieſer Forſchungen,
als der Baſis für das heutige Beleuchtungs- und Heizungsweſen, an-
zuſchließen haben.

Der Verbrennungsprozeß.

Wie groß die Wichtigkeit iſt, die der Menſch, ſelbſt im Kindheits-
zuſtande, dem Feuer beimaß, geht aus der göttlichen Verehrung hervor,
welche im grauen Altertum allgemein, heute noch von einigen unberührt
gebliebenen Völkern, ſowohl den wohlthätigen, wie den verderblichen
Wirkungen desſelben gezollt wurde. Derſelbe Gedanke ſpricht ſich in
der griechiſchen Prometheusſage aus, welche die Neuerſchaffung des
Menſchengeſchlechtes und die Nutzbarmachung des Feuers gewiſſermaßen
in eine und dieſelbe Periode legt. Erſt dann, als man den göttlich
verehrten Weſen menſchliche Form verlieh, begann ſich der forſchende
Geiſt mit der Unterſuchung der Natur des bis dahin unter die Götter
verſetzten Elementes zu beſchäftigen. Aber die griechiſchen Naturphilo-
ſophen, beſonders Demokrit, konnten in dieſer Beziehung nicht zu
treffenden Vorſtellungen kommen, weil ſie das Feuer als etwas rein
Materielles betrachteten; ein Fehler, welcher von den Naturforſchern und
Philoſophen der folgenden Jahrhunderte in gleicher Weiſe gemacht

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[277/0295] Der Verbrennungsprozeß. bekannt gewordenen Theorie geſchöpften Vorausſetzungen vervollkomm- nete Methoden herzuleiten, den Erfolg alſo, wenigſtens zum größten Teile, voraus zu berechnen. Einen ſolchen Weg hat auch die Entwicklung der beiden hoch- wichtigen Teile der heutigen Technik genommen, welche die Überſchrift dieſes Kapitels bilden. Ja, das Erwähnte trifft, mehr als in anderen Fällen, gerade bei der Heizung und Beleuchtung beſonders ſcharf zu. Das eigentliche Erfindungszeitalter der Heizung und Beleuchtung konnte, der Lage der Sache nach, erſt beginnen, nachdem es der Naturwiſſen- ſchaft gegen Ende des vorigen Jahrhunderts gelungen war, für die Natur derjenigen elementaren Erſcheinung, welche uns Licht und Wärme ſchafft, des Feuers nämlich, die richtige Erklärung zu finden. Daher gehört die Entwicklung der Heizung und Beleuchtung erſt unſerem Jahr- hundert an; wie ſo viele andere Erfindungen, hat dasſelbe auch die früher ſo äußerſt primitiven Einrichtungen des vorliegenden Zweiges der Technik in verhältnismäßig kurzer Zeit auf eine Stufe der Vollen- dung gebracht, welche einem weiteren Fortſchritt auf dieſem Gebiete, wenigſtens in näher liegenden Zeiten, Grenzen zu ſetzen ſcheint. Wenn wir demnach in dem Folgenden ein kurzes und überſicht- liches Bild der Erfindungen auf dem Gebiete der Beleuchtung und Heizung geben wollen, ſo wird ſich, zur Erleichterung des Verſtändniſſes der zu berührenden Dinge, kaum eine beſſere Einleitung für dieſes Kapitel denken laſſen, als ein hiſtoriſcher Überblick über die Forſchungen, welche rückſichtlich der Natur des Feuers, des Verbrennungs- prozeſſes, wie wir heute ſagen müſſen, angeſtellt worden ſind. Daran wird ſich dann eine kurze Darſtellung der Reſultate dieſer Forſchungen, als der Baſis für das heutige Beleuchtungs- und Heizungsweſen, an- zuſchließen haben. Der Verbrennungsprozeß. Wie groß die Wichtigkeit iſt, die der Menſch, ſelbſt im Kindheits- zuſtande, dem Feuer beimaß, geht aus der göttlichen Verehrung hervor, welche im grauen Altertum allgemein, heute noch von einigen unberührt gebliebenen Völkern, ſowohl den wohlthätigen, wie den verderblichen Wirkungen desſelben gezollt wurde. Derſelbe Gedanke ſpricht ſich in der griechiſchen Prometheusſage aus, welche die Neuerſchaffung des Menſchengeſchlechtes und die Nutzbarmachung des Feuers gewiſſermaßen in eine und dieſelbe Periode legt. Erſt dann, als man den göttlich verehrten Weſen menſchliche Form verlieh, begann ſich der forſchende Geiſt mit der Unterſuchung der Natur des bis dahin unter die Götter verſetzten Elementes zu beſchäftigen. Aber die griechiſchen Naturphilo- ſophen, beſonders Demokrit, konnten in dieſer Beziehung nicht zu treffenden Vorſtellungen kommen, weil ſie das Feuer als etwas rein Materielles betrachteten; ein Fehler, welcher von den Naturforſchern und Philoſophen der folgenden Jahrhunderte in gleicher Weiſe gemacht

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/295>, abgerufen am 25.04.2024.