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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Heizungsanlagen.
würde es sehr lange dauern, ehe sich beim Heizen in einem Raume
eine gleichmäßige Temperatur einstellt, wenn nicht durch die Temperatur-
erhöhung zugleich Schwankungen in der Dichtigkeit der Luftteile und
damit eine Bewegung derselben einträte; vermöge dieser, durch das
Aufsteigen der wärmeren und das Herabsinken der kälteren Luft ver-
anlaßten Strömungen, kommen immer neue Luftteile an die Heizflächen,
so daß doch in verhältnismäßig kurzer Zeit eine gleichmäßige Er-
wärmung stattfinden würde, wenn nicht andere äußere Ursachen der-
selben wenigstens einigermaßen hindernd in den Weg träten. Zu diesen
Ursachen gehört in erster Linie das Entweichen warmer Luft nach außen
durch die stets vorhandenen Spalten der Thüren und Fenster; dann
aber nehmen auch die Wände fortwährend Wärme auf und geben sie
nach außen ab. Dieser Ausgleich findet naturgemäß um so leb-
hafter statt, je größer die Differenz der außen und innen herrschenden
Temperatur ist.

Wir erkennen aber auch, daß die Heizung einen regen Anteil an
einer von selbst erfolgenden, kontinuierlichen Ventilation, einem langsam
stattfindenden Luftwechsel unserer Zimmer hat, daß sie also nicht nur
Wärme spendet, sondern auch, wenigstens zum Teil, für die Verbesserung
der Zimmerluft sorgt.

Außer dieser wohlthätigen Wirkung der Heizung stellen sich aber
leider in vielen Fällen Verschlechterungen der Zimmerluft ein. Zunächst
verbreiten viele Brennmaterialien Staub; andere, wie das Petroleum,
erzeugen üblen Geruch, während unverbrannt ausströmendes Gas so-
gar vergiftend wirkt. Aber auch schlechte Heizungsanlagen reißen ent-
weder zu viel Wärme mit sich fort und veranlassen die Bewohner,
möglichst gar nicht zu lüften, oder sie verbreiten Rauch in den
Wohnungen.

Am schlimmsten ist aber das Entweichen schädlicher Gase aus den
Heizanlagen selbst. Hierher gehört in erster Linie der Austritt des
höchst giftig wirkenden, vermöge seines spezifischen Gewichtes sich
schnell durch die Luft verbreitenden Kohlenoxydgases, welches sich so-
fort bildet, wenn Verbrennung bei ungenügendem Luftzutritt stattfindet.
In diesem Falle wird eine Verbreitung des giftigen Gases dann er-
folgen, wenn ihm der Weg nach außen verschlossen ist; es diffundiert
durch die Ofenwände in die Zimmerluft.

Von großer Bedeutung ist auch eine andere gesundheitswidrige
Einwirkung der Heizung, nämlich die Herabsetzung des Feuchtigkeits-
gehalts der Luft. Es handelt sich hierbei keineswegs um den ab-
soluten Wassergehalt, sondern um den relativen, d. h. darum, wie weit
der Feuchtigkeitsgehalt von dem der herrschenden Temperatur ent-
sprechenden Sättigungsmaximum entfernt liegt. Haben wir z. B. in
einem Zimmer eine Temperatur von 8° C., so beträgt die Sättigungs-
menge, d. h. die in 1 Kubikmeter dieser Luft im besten Falle ent-
haltene Wassermenge nach genauen Bestimmungen 8,3 g. Ist diese

Heizungsanlagen.
würde es ſehr lange dauern, ehe ſich beim Heizen in einem Raume
eine gleichmäßige Temperatur einſtellt, wenn nicht durch die Temperatur-
erhöhung zugleich Schwankungen in der Dichtigkeit der Luftteile und
damit eine Bewegung derſelben einträte; vermöge dieſer, durch das
Aufſteigen der wärmeren und das Herabſinken der kälteren Luft ver-
anlaßten Strömungen, kommen immer neue Luftteile an die Heizflächen,
ſo daß doch in verhältnismäßig kurzer Zeit eine gleichmäßige Er-
wärmung ſtattfinden würde, wenn nicht andere äußere Urſachen der-
ſelben wenigſtens einigermaßen hindernd in den Weg träten. Zu dieſen
Urſachen gehört in erſter Linie das Entweichen warmer Luft nach außen
durch die ſtets vorhandenen Spalten der Thüren und Fenſter; dann
aber nehmen auch die Wände fortwährend Wärme auf und geben ſie
nach außen ab. Dieſer Ausgleich findet naturgemäß um ſo leb-
hafter ſtatt, je größer die Differenz der außen und innen herrſchenden
Temperatur iſt.

Wir erkennen aber auch, daß die Heizung einen regen Anteil an
einer von ſelbſt erfolgenden, kontinuierlichen Ventilation, einem langſam
ſtattfindenden Luftwechſel unſerer Zimmer hat, daß ſie alſo nicht nur
Wärme ſpendet, ſondern auch, wenigſtens zum Teil, für die Verbeſſerung
der Zimmerluft ſorgt.

Außer dieſer wohlthätigen Wirkung der Heizung ſtellen ſich aber
leider in vielen Fällen Verſchlechterungen der Zimmerluft ein. Zunächſt
verbreiten viele Brennmaterialien Staub; andere, wie das Petroleum,
erzeugen üblen Geruch, während unverbrannt ausſtrömendes Gas ſo-
gar vergiftend wirkt. Aber auch ſchlechte Heizungsanlagen reißen ent-
weder zu viel Wärme mit ſich fort und veranlaſſen die Bewohner,
möglichſt gar nicht zu lüften, oder ſie verbreiten Rauch in den
Wohnungen.

Am ſchlimmſten iſt aber das Entweichen ſchädlicher Gaſe aus den
Heizanlagen ſelbſt. Hierher gehört in erſter Linie der Austritt des
höchſt giftig wirkenden, vermöge ſeines ſpezifiſchen Gewichtes ſich
ſchnell durch die Luft verbreitenden Kohlenoxydgaſes, welches ſich ſo-
fort bildet, wenn Verbrennung bei ungenügendem Luftzutritt ſtattfindet.
In dieſem Falle wird eine Verbreitung des giftigen Gaſes dann er-
folgen, wenn ihm der Weg nach außen verſchloſſen iſt; es diffundiert
durch die Ofenwände in die Zimmerluft.

Von großer Bedeutung iſt auch eine andere geſundheitswidrige
Einwirkung der Heizung, nämlich die Herabſetzung des Feuchtigkeits-
gehalts der Luft. Es handelt ſich hierbei keineswegs um den ab-
ſoluten Waſſergehalt, ſondern um den relativen, d. h. darum, wie weit
der Feuchtigkeitsgehalt von dem der herrſchenden Temperatur ent-
ſprechenden Sättigungsmaximum entfernt liegt. Haben wir z. B. in
einem Zimmer eine Temperatur von 8° C., ſo beträgt die Sättigungs-
menge, d. h. die in 1 Kubikmeter dieſer Luft im beſten Falle ent-
haltene Waſſermenge nach genauen Beſtimmungen 8,3 g. Iſt dieſe

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[327/0345] Heizungsanlagen. würde es ſehr lange dauern, ehe ſich beim Heizen in einem Raume eine gleichmäßige Temperatur einſtellt, wenn nicht durch die Temperatur- erhöhung zugleich Schwankungen in der Dichtigkeit der Luftteile und damit eine Bewegung derſelben einträte; vermöge dieſer, durch das Aufſteigen der wärmeren und das Herabſinken der kälteren Luft ver- anlaßten Strömungen, kommen immer neue Luftteile an die Heizflächen, ſo daß doch in verhältnismäßig kurzer Zeit eine gleichmäßige Er- wärmung ſtattfinden würde, wenn nicht andere äußere Urſachen der- ſelben wenigſtens einigermaßen hindernd in den Weg träten. Zu dieſen Urſachen gehört in erſter Linie das Entweichen warmer Luft nach außen durch die ſtets vorhandenen Spalten der Thüren und Fenſter; dann aber nehmen auch die Wände fortwährend Wärme auf und geben ſie nach außen ab. Dieſer Ausgleich findet naturgemäß um ſo leb- hafter ſtatt, je größer die Differenz der außen und innen herrſchenden Temperatur iſt. Wir erkennen aber auch, daß die Heizung einen regen Anteil an einer von ſelbſt erfolgenden, kontinuierlichen Ventilation, einem langſam ſtattfindenden Luftwechſel unſerer Zimmer hat, daß ſie alſo nicht nur Wärme ſpendet, ſondern auch, wenigſtens zum Teil, für die Verbeſſerung der Zimmerluft ſorgt. Außer dieſer wohlthätigen Wirkung der Heizung ſtellen ſich aber leider in vielen Fällen Verſchlechterungen der Zimmerluft ein. Zunächſt verbreiten viele Brennmaterialien Staub; andere, wie das Petroleum, erzeugen üblen Geruch, während unverbrannt ausſtrömendes Gas ſo- gar vergiftend wirkt. Aber auch ſchlechte Heizungsanlagen reißen ent- weder zu viel Wärme mit ſich fort und veranlaſſen die Bewohner, möglichſt gar nicht zu lüften, oder ſie verbreiten Rauch in den Wohnungen. Am ſchlimmſten iſt aber das Entweichen ſchädlicher Gaſe aus den Heizanlagen ſelbſt. Hierher gehört in erſter Linie der Austritt des höchſt giftig wirkenden, vermöge ſeines ſpezifiſchen Gewichtes ſich ſchnell durch die Luft verbreitenden Kohlenoxydgaſes, welches ſich ſo- fort bildet, wenn Verbrennung bei ungenügendem Luftzutritt ſtattfindet. In dieſem Falle wird eine Verbreitung des giftigen Gaſes dann er- folgen, wenn ihm der Weg nach außen verſchloſſen iſt; es diffundiert durch die Ofenwände in die Zimmerluft. Von großer Bedeutung iſt auch eine andere geſundheitswidrige Einwirkung der Heizung, nämlich die Herabſetzung des Feuchtigkeits- gehalts der Luft. Es handelt ſich hierbei keineswegs um den ab- ſoluten Waſſergehalt, ſondern um den relativen, d. h. darum, wie weit der Feuchtigkeitsgehalt von dem der herrſchenden Temperatur ent- ſprechenden Sättigungsmaximum entfernt liegt. Haben wir z. B. in einem Zimmer eine Temperatur von 8° C., ſo beträgt die Sättigungs- menge, d. h. die in 1 Kubikmeter dieſer Luft im beſten Falle ent- haltene Waſſermenge nach genauen Beſtimmungen 8,3 g. Iſt dieſe

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/345>, abgerufen am 29.03.2024.