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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Farben und das Färben.
Walzenmangel. Das Gewebe wird auf Holzkeulen fest aufgewickelt,
auf eine horizontale Tischplatte gelegt und durch Hin- und Herbewegen
eines ungemein schweren, darauf gebrachten Kastens hin- und hergerollt,
oder aber es wird die Keule zwischen zwei unter Druck befindliche
Walzen gelegt und durch Hin- und Herdrehen dieser letzteren gleich-
artig behandelt. Zum Ebenen und Glätten der Waren gehören
allerdings noch eine Reihe von Nebenoperationen, insbesondere das
Einsprengen, zuweilen Dämpfen etc., doch können diese hier nicht be-
handelt werden. Eine häufig erforderliche Zwischenoperation zwischen
anderen Appreturprozeduren bildet das Trocknen der Gewebe. Durch
äußerst verschiedenartig konstruierte Maschinen wird das gegenwärtig
besorgt, und gab bereits Fig. 217 ein Bild einer solchen Maschine.
Sind die Gewebe mit Wasser oder Waschflüssigkeit gesättigt, so entnäßt
man sie auch wohl vor der Überlieferung in den eigentlichen Trocken-
apparat oder der Trockenmaschine mittels Centrifugen. Das sind im
großen ganzen die Hauptappreturoperationen, welche die Gewebe je
nach ihrer Beschaffenheit und ihrem Material durchzumachen haben.
Den Schluß der Appretur bilden meistens das Falten, Legen, Messen
der fertigen Waren, Operationen, für deren Ausübung zahlreiche
Maschinen erfunden worden sind.


2. Die Farben und das Färben.

Zu allen Zeiten, unter allen Himmelsstrichen und bei allen Völkern
finden wir den Sinn für Farben, wenn auch in mehr oder minder
entwickelter Form. Die Natur giebt die Anregung, indem uns das
Sonnenlicht von allen Gegenständen gebrochen, d. h. farbig zurückstrahlt.
Der erwachende Intellekt des Menschen war aber nicht mit dem zu-
frieden, was die Natur bot, der Mensch wollte selbst nach seinem Ge-
schmacke eingreifen. Sein erstes Ziel war die Schmückung des eigenen
Leibes, das weitere der Aufputz der ihn zunächst umgebenden Gegen-
stände. In Ermangelung von Kleidungsstücken begann der auf niederer
Kulturstufe stehende Mensch mit der Bemalung des eigenen Körpers,
sei es in Form bloßer wirklicher Bemalung oder in Form der dauer-
hafteren Tättowierung. Die Reste beider Liebhabereien finden wir ja
noch heute bei den zivilisiertesten Völkern. Die Modedame bemalt sich,
der Soldat, der Handwerker etc. läßt sich auf den Arm ein mehr oder
weniger kunstvolles Bild tättowieren. Als die Bekleidung begann,
erwachte natürlich auch das Streben, dieser einige Buntheit zu ver-
leihen. Man machte aber die Beobachtung, daß die Farben, die zum

Die Farben und das Färben.
Walzenmangel. Das Gewebe wird auf Holzkeulen feſt aufgewickelt,
auf eine horizontale Tiſchplatte gelegt und durch Hin- und Herbewegen
eines ungemein ſchweren, darauf gebrachten Kaſtens hin- und hergerollt,
oder aber es wird die Keule zwiſchen zwei unter Druck befindliche
Walzen gelegt und durch Hin- und Herdrehen dieſer letzteren gleich-
artig behandelt. Zum Ebenen und Glätten der Waren gehören
allerdings noch eine Reihe von Nebenoperationen, insbeſondere das
Einſprengen, zuweilen Dämpfen ꝛc., doch können dieſe hier nicht be-
handelt werden. Eine häufig erforderliche Zwiſchenoperation zwiſchen
anderen Appreturprozeduren bildet das Trocknen der Gewebe. Durch
äußerſt verſchiedenartig konſtruierte Maſchinen wird das gegenwärtig
beſorgt, und gab bereits Fig. 217 ein Bild einer ſolchen Maſchine.
Sind die Gewebe mit Waſſer oder Waſchflüſſigkeit geſättigt, ſo entnäßt
man ſie auch wohl vor der Überlieferung in den eigentlichen Trocken-
apparat oder der Trockenmaſchine mittels Centrifugen. Das ſind im
großen ganzen die Hauptappreturoperationen, welche die Gewebe je
nach ihrer Beſchaffenheit und ihrem Material durchzumachen haben.
Den Schluß der Appretur bilden meiſtens das Falten, Legen, Meſſen
der fertigen Waren, Operationen, für deren Ausübung zahlreiche
Maſchinen erfunden worden ſind.


2. Die Farben und das Färben.

Zu allen Zeiten, unter allen Himmelsſtrichen und bei allen Völkern
finden wir den Sinn für Farben, wenn auch in mehr oder minder
entwickelter Form. Die Natur giebt die Anregung, indem uns das
Sonnenlicht von allen Gegenſtänden gebrochen, d. h. farbig zurückſtrahlt.
Der erwachende Intellekt des Menſchen war aber nicht mit dem zu-
frieden, was die Natur bot, der Menſch wollte ſelbſt nach ſeinem Ge-
ſchmacke eingreifen. Sein erſtes Ziel war die Schmückung des eigenen
Leibes, das weitere der Aufputz der ihn zunächſt umgebenden Gegen-
ſtände. In Ermangelung von Kleidungsſtücken begann der auf niederer
Kulturſtufe ſtehende Menſch mit der Bemalung des eigenen Körpers,
ſei es in Form bloßer wirklicher Bemalung oder in Form der dauer-
hafteren Tättowierung. Die Reſte beider Liebhabereien finden wir ja
noch heute bei den ziviliſierteſten Völkern. Die Modedame bemalt ſich,
der Soldat, der Handwerker ꝛc. läßt ſich auf den Arm ein mehr oder
weniger kunſtvolles Bild tättowieren. Als die Bekleidung begann,
erwachte natürlich auch das Streben, dieſer einige Buntheit zu ver-
leihen. Man machte aber die Beobachtung, daß die Farben, die zum

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[392/0410] Die Farben und das Färben. Walzenmangel. Das Gewebe wird auf Holzkeulen feſt aufgewickelt, auf eine horizontale Tiſchplatte gelegt und durch Hin- und Herbewegen eines ungemein ſchweren, darauf gebrachten Kaſtens hin- und hergerollt, oder aber es wird die Keule zwiſchen zwei unter Druck befindliche Walzen gelegt und durch Hin- und Herdrehen dieſer letzteren gleich- artig behandelt. Zum Ebenen und Glätten der Waren gehören allerdings noch eine Reihe von Nebenoperationen, insbeſondere das Einſprengen, zuweilen Dämpfen ꝛc., doch können dieſe hier nicht be- handelt werden. Eine häufig erforderliche Zwiſchenoperation zwiſchen anderen Appreturprozeduren bildet das Trocknen der Gewebe. Durch äußerſt verſchiedenartig konſtruierte Maſchinen wird das gegenwärtig beſorgt, und gab bereits Fig. 217 ein Bild einer ſolchen Maſchine. Sind die Gewebe mit Waſſer oder Waſchflüſſigkeit geſättigt, ſo entnäßt man ſie auch wohl vor der Überlieferung in den eigentlichen Trocken- apparat oder der Trockenmaſchine mittels Centrifugen. Das ſind im großen ganzen die Hauptappreturoperationen, welche die Gewebe je nach ihrer Beſchaffenheit und ihrem Material durchzumachen haben. Den Schluß der Appretur bilden meiſtens das Falten, Legen, Meſſen der fertigen Waren, Operationen, für deren Ausübung zahlreiche Maſchinen erfunden worden ſind. 2. Die Farben und das Färben. Zu allen Zeiten, unter allen Himmelsſtrichen und bei allen Völkern finden wir den Sinn für Farben, wenn auch in mehr oder minder entwickelter Form. Die Natur giebt die Anregung, indem uns das Sonnenlicht von allen Gegenſtänden gebrochen, d. h. farbig zurückſtrahlt. Der erwachende Intellekt des Menſchen war aber nicht mit dem zu- frieden, was die Natur bot, der Menſch wollte ſelbſt nach ſeinem Ge- ſchmacke eingreifen. Sein erſtes Ziel war die Schmückung des eigenen Leibes, das weitere der Aufputz der ihn zunächſt umgebenden Gegen- ſtände. In Ermangelung von Kleidungsſtücken begann der auf niederer Kulturſtufe ſtehende Menſch mit der Bemalung des eigenen Körpers, ſei es in Form bloßer wirklicher Bemalung oder in Form der dauer- hafteren Tättowierung. Die Reſte beider Liebhabereien finden wir ja noch heute bei den ziviliſierteſten Völkern. Die Modedame bemalt ſich, der Soldat, der Handwerker ꝛc. läßt ſich auf den Arm ein mehr oder weniger kunſtvolles Bild tättowieren. Als die Bekleidung begann, erwachte natürlich auch das Streben, dieſer einige Buntheit zu ver- leihen. Man machte aber die Beobachtung, daß die Farben, die zum

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/410>, abgerufen am 29.03.2024.