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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Das Opium.
übt bei Einspritzungen unter die Haut eine wohlthuende, schmerzstillende
Wirkung aus.

Von den chemischen Bestandteilen des Opiums ist das soeben ge-
nannte Morphium, von dem das Opium ca. 6 % enthält, das wichtigste,
weil es diesem hauptsächlich seine Wirkung verdankt. Aber noch andere
organische Basen, wie das Narkotin (ca. 7 %), das Kodein (fast 1 %)
und endlich das Narcein (ca. 9 %), deren Wirkungen dem Morphium
sehr nahe kommen, sind darin enthalten, neben organischen Säuren,
Fetten, Harzen, gummiähnlichen Extraktivstoffen und Wasser.

Der Hanf, die Koka und der Hopfen.

An der Seite des Opiums müssen auch noch Hanf, Koka und
Hopfen genannt werden. Aus dem Safte der Hanfpflanze (Cannabis
sativa
) wird eine Substanz gewonnen, die Haschisch genannt wird und
deren Bereitung und Wirkung dem Opium sehr ähnlich ist. Den Genuß
des Haschisch findet man hauptsächlich in Persien, Indien, Arabien und
in den meisten Teilen Afrikas. Die Blätter der Koka (Erythroxylon
Coca
) werden hauptsächlich von den Bergindianern benutzt und sollen
-- sehr mäßig verwendet -- zu außerordentlichen körperlichen Anstren-
gungen befähigen, während größere Dosen dem Opium ähnliche
Wirkungen bervorrufen. Der Genuß der Koka geschieht durch Kauen
der getrockneten, oder frischen, mit etwas ungelöschtem Kalk bestreuten
Blätter. Schließlich gehört auch der Hopfen unter die narkotischen
Genußmittel, wenn er sich auch von allen anderen ganz wesentlich da-
durch unterscheidet, daß er niemals allein genossen wird, sondern stets
in Gemeinschaft mit anderen Stoffen, wie im Biere, bei dem wir ihn
kennen lernten.

Dr. Max Weitz.

d) Butter und Kunstbutter.

Die Butter und der Ersatz derselben, die Kunstbutter oder "Mar-
garine", wie die gesetzlich vorgeschriebene Bezeichnung für letztere lautet,
gehören zweifellos zu den wichtigsten für unsere Ernährung bestimmten
Fetten. Die Kunstbutter wird von vielen Seiten, besonders von wissen-
schaftlicher, ebenso warm verteidigt, als von manchen anderen Seiten
hart angegriffen, und ist auch der für die unteren Kreise sehr unglücklich
gewählte Ausdruck "Margarine" für Kunstbutter sehr wahrscheinlich
nur dem Wunsche entsprungen, bei der Benennung dieses Surrogates
das Wort "Butter" überhaupt zu vermeiden.

Um den wirklichen Wert der Kunstbutter zu erkennen, muß man
erst untersuchen, ob wir überhaupt einen Ersatz für die Butter nötig
haben, wobei wir als unbestritten annehmen wollen, daß die Butter
unter den zum Kochen verwendeten Fettarten die wohlschmeckendste ist,

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Das Opium.
übt bei Einſpritzungen unter die Haut eine wohlthuende, ſchmerzſtillende
Wirkung aus.

Von den chemiſchen Beſtandteilen des Opiums iſt das ſoeben ge-
nannte Morphium, von dem das Opium ca. 6 % enthält, das wichtigſte,
weil es dieſem hauptſächlich ſeine Wirkung verdankt. Aber noch andere
organiſche Baſen, wie das Narkotin (ca. 7 %), das Kodeïn (faſt 1 %)
und endlich das Narceïn (ca. 9 %), deren Wirkungen dem Morphium
ſehr nahe kommen, ſind darin enthalten, neben organiſchen Säuren,
Fetten, Harzen, gummiähnlichen Extraktivſtoffen und Waſſer.

Der Hanf, die Koka und der Hopfen.

An der Seite des Opiums müſſen auch noch Hanf, Koka und
Hopfen genannt werden. Aus dem Safte der Hanfpflanze (Cannabis
sativa
) wird eine Subſtanz gewonnen, die Haſchiſch genannt wird und
deren Bereitung und Wirkung dem Opium ſehr ähnlich iſt. Den Genuß
des Haſchiſch findet man hauptſächlich in Perſien, Indien, Arabien und
in den meiſten Teilen Afrikas. Die Blätter der Koka (Erythroxylon
Coca
) werden hauptſächlich von den Bergindianern benutzt und ſollen
— ſehr mäßig verwendet — zu außerordentlichen körperlichen Anſtren-
gungen befähigen, während größere Doſen dem Opium ähnliche
Wirkungen bervorrufen. Der Genuß der Koka geſchieht durch Kauen
der getrockneten, oder friſchen, mit etwas ungelöſchtem Kalk beſtreuten
Blätter. Schließlich gehört auch der Hopfen unter die narkotiſchen
Genußmittel, wenn er ſich auch von allen anderen ganz weſentlich da-
durch unterſcheidet, daß er niemals allein genoſſen wird, ſondern ſtets
in Gemeinſchaft mit anderen Stoffen, wie im Biere, bei dem wir ihn
kennen lernten.

Dr. Max Weitz.

d) Butter und Kunſtbutter.

Die Butter und der Erſatz derſelben, die Kunſtbutter oder „Mar-
garine“, wie die geſetzlich vorgeſchriebene Bezeichnung für letztere lautet,
gehören zweifellos zu den wichtigſten für unſere Ernährung beſtimmten
Fetten. Die Kunſtbutter wird von vielen Seiten, beſonders von wiſſen-
ſchaftlicher, ebenſo warm verteidigt, als von manchen anderen Seiten
hart angegriffen, und iſt auch der für die unteren Kreiſe ſehr unglücklich
gewählte Ausdruck „Margarine“ für Kunſtbutter ſehr wahrſcheinlich
nur dem Wunſche entſprungen, bei der Benennung dieſes Surrogates
das Wort „Butter“ überhaupt zu vermeiden.

Um den wirklichen Wert der Kunſtbutter zu erkennen, muß man
erſt unterſuchen, ob wir überhaupt einen Erſatz für die Butter nötig
haben, wobei wir als unbeſtritten annehmen wollen, daß die Butter
unter den zum Kochen verwendeten Fettarten die wohlſchmeckendſte iſt,

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[547/0565] Das Opium. übt bei Einſpritzungen unter die Haut eine wohlthuende, ſchmerzſtillende Wirkung aus. Von den chemiſchen Beſtandteilen des Opiums iſt das ſoeben ge- nannte Morphium, von dem das Opium ca. 6 % enthält, das wichtigſte, weil es dieſem hauptſächlich ſeine Wirkung verdankt. Aber noch andere organiſche Baſen, wie das Narkotin (ca. 7 %), das Kodeïn (faſt 1 %) und endlich das Narceïn (ca. 9 %), deren Wirkungen dem Morphium ſehr nahe kommen, ſind darin enthalten, neben organiſchen Säuren, Fetten, Harzen, gummiähnlichen Extraktivſtoffen und Waſſer. Der Hanf, die Koka und der Hopfen. An der Seite des Opiums müſſen auch noch Hanf, Koka und Hopfen genannt werden. Aus dem Safte der Hanfpflanze (Cannabis sativa) wird eine Subſtanz gewonnen, die Haſchiſch genannt wird und deren Bereitung und Wirkung dem Opium ſehr ähnlich iſt. Den Genuß des Haſchiſch findet man hauptſächlich in Perſien, Indien, Arabien und in den meiſten Teilen Afrikas. Die Blätter der Koka (Erythroxylon Coca) werden hauptſächlich von den Bergindianern benutzt und ſollen — ſehr mäßig verwendet — zu außerordentlichen körperlichen Anſtren- gungen befähigen, während größere Doſen dem Opium ähnliche Wirkungen bervorrufen. Der Genuß der Koka geſchieht durch Kauen der getrockneten, oder friſchen, mit etwas ungelöſchtem Kalk beſtreuten Blätter. Schließlich gehört auch der Hopfen unter die narkotiſchen Genußmittel, wenn er ſich auch von allen anderen ganz weſentlich da- durch unterſcheidet, daß er niemals allein genoſſen wird, ſondern ſtets in Gemeinſchaft mit anderen Stoffen, wie im Biere, bei dem wir ihn kennen lernten. Dr. Max Weitz. d) Butter und Kunſtbutter. Die Butter und der Erſatz derſelben, die Kunſtbutter oder „Mar- garine“, wie die geſetzlich vorgeſchriebene Bezeichnung für letztere lautet, gehören zweifellos zu den wichtigſten für unſere Ernährung beſtimmten Fetten. Die Kunſtbutter wird von vielen Seiten, beſonders von wiſſen- ſchaftlicher, ebenſo warm verteidigt, als von manchen anderen Seiten hart angegriffen, und iſt auch der für die unteren Kreiſe ſehr unglücklich gewählte Ausdruck „Margarine“ für Kunſtbutter ſehr wahrſcheinlich nur dem Wunſche entſprungen, bei der Benennung dieſes Surrogates das Wort „Butter“ überhaupt zu vermeiden. Um den wirklichen Wert der Kunſtbutter zu erkennen, muß man erſt unterſuchen, ob wir überhaupt einen Erſatz für die Butter nötig haben, wobei wir als unbeſtritten annehmen wollen, daß die Butter unter den zum Kochen verwendeten Fettarten die wohlſchmeckendſte iſt, 35*

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/565>, abgerufen am 29.03.2024.