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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Seifenfabrikation.
allmählich in die normalen fettsauren Alkalien übergehen. Eine eigen-
tümliche Wirkung hat auf die erhaltene gleichartige Mischung von Seife
mit überschüssiger Lauge und Glycerin, den sogenannten Seifenleim,
das Kochsalz. Schon bei geringem Zusatz desselben wird die Seife
als weißliche flockige Masse abgeschieden; sie wird also durch das
Kochsalz unlöslich gemacht. Man kennt kein besseres Mittel, um die
Kernseife aus dem Seifenleim abzuscheiden, als das "Aussalzen" derselben,
welches daher als ein besonders wichtiger Akt der Seifenfabrikation
betrachtet werden muß. Es ergiebt sich hieraus, daß die sogenannten
Leimseifen auch nach dem Erstarren neben der Seife große Mengen
von Wasser, Alkali und Glycerin enthalten, während Kernseifen, eben
infolge des Aussalzens, überwiegend aus reiner Seife bestehen.

Nach diesen Erörterungen wollen wir an einem Beispiel, der
Herstellung der Talgkernseife, die praktischen Handgriffe des Seifen-
sieders näher betrachten.

Das Kochen der Seife, wozu Natronlauge und Talg gebraucht
werden, erfolgt in einem nach unten verjüngten eingemauerten Metall-
kessel (s. Fig. 453), welcher am oberen Ende einen aus hölzernen

[Abbildung] Fig. 453.

Seifenkessel.

Dauben bestehenden Aufsatz, den "Sturz", trägt, um das Übersteigen
der schäumenden Masse zu verhüten. Zur Heizung verwendet man
freies Feuer oder auch hoch gespannten Dampf von 150 bis 160° C.
Man kocht das Fett unter allmählichem Zusatz von starker Lauge, bis
eine herausgeholte Probe des Seifenleims auf Glas klar erstarrt.
Dann fügt man zum Aussalzen etwa 12 % Kochsalz hinzu und be-
fördert durch das "Klarsieden" bei bedecktem Kessel die vollständige Aus-
scheidung der Seife. Ist endlich der Schaum verschwunden, und steigen
nur noch hin und wieder große Blasen auf (das "Aufpoltern"), so hat

Die Seifenfabrikation.
allmählich in die normalen fettſauren Alkalien übergehen. Eine eigen-
tümliche Wirkung hat auf die erhaltene gleichartige Miſchung von Seife
mit überſchüſſiger Lauge und Glycerin, den ſogenannten Seifenleim,
das Kochſalz. Schon bei geringem Zuſatz desſelben wird die Seife
als weißliche flockige Maſſe abgeſchieden; ſie wird alſo durch das
Kochſalz unlöslich gemacht. Man kennt kein beſſeres Mittel, um die
Kernſeife aus dem Seifenleim abzuſcheiden, als das „Ausſalzen“ derſelben,
welches daher als ein beſonders wichtiger Akt der Seifenfabrikation
betrachtet werden muß. Es ergiebt ſich hieraus, daß die ſogenannten
Leimſeifen auch nach dem Erſtarren neben der Seife große Mengen
von Waſſer, Alkali und Glycerin enthalten, während Kernſeifen, eben
infolge des Ausſalzens, überwiegend aus reiner Seife beſtehen.

Nach dieſen Erörterungen wollen wir an einem Beiſpiel, der
Herſtellung der Talgkernſeife, die praktiſchen Handgriffe des Seifen-
ſieders näher betrachten.

Das Kochen der Seife, wozu Natronlauge und Talg gebraucht
werden, erfolgt in einem nach unten verjüngten eingemauerten Metall-
keſſel (ſ. Fig. 453), welcher am oberen Ende einen aus hölzernen

[Abbildung] Fig. 453.

Seifenkeſſel.

Dauben beſtehenden Aufſatz, den „Sturz“, trägt, um das Überſteigen
der ſchäumenden Maſſe zu verhüten. Zur Heizung verwendet man
freies Feuer oder auch hoch geſpannten Dampf von 150 bis 160° C.
Man kocht das Fett unter allmählichem Zuſatz von ſtarker Lauge, bis
eine herausgeholte Probe des Seifenleims auf Glas klar erſtarrt.
Dann fügt man zum Ausſalzen etwa 12 % Kochſalz hinzu und be-
fördert durch das „Klarſieden“ bei bedecktem Keſſel die vollſtändige Aus-
ſcheidung der Seife. Iſt endlich der Schaum verſchwunden, und ſteigen
nur noch hin und wieder große Blaſen auf (das „Aufpoltern“), ſo hat

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[843/0861] Die Seifenfabrikation. allmählich in die normalen fettſauren Alkalien übergehen. Eine eigen- tümliche Wirkung hat auf die erhaltene gleichartige Miſchung von Seife mit überſchüſſiger Lauge und Glycerin, den ſogenannten Seifenleim, das Kochſalz. Schon bei geringem Zuſatz desſelben wird die Seife als weißliche flockige Maſſe abgeſchieden; ſie wird alſo durch das Kochſalz unlöslich gemacht. Man kennt kein beſſeres Mittel, um die Kernſeife aus dem Seifenleim abzuſcheiden, als das „Ausſalzen“ derſelben, welches daher als ein beſonders wichtiger Akt der Seifenfabrikation betrachtet werden muß. Es ergiebt ſich hieraus, daß die ſogenannten Leimſeifen auch nach dem Erſtarren neben der Seife große Mengen von Waſſer, Alkali und Glycerin enthalten, während Kernſeifen, eben infolge des Ausſalzens, überwiegend aus reiner Seife beſtehen. Nach dieſen Erörterungen wollen wir an einem Beiſpiel, der Herſtellung der Talgkernſeife, die praktiſchen Handgriffe des Seifen- ſieders näher betrachten. Das Kochen der Seife, wozu Natronlauge und Talg gebraucht werden, erfolgt in einem nach unten verjüngten eingemauerten Metall- keſſel (ſ. Fig. 453), welcher am oberen Ende einen aus hölzernen [Abbildung Fig. 453. Seifenkeſſel.] Dauben beſtehenden Aufſatz, den „Sturz“, trägt, um das Überſteigen der ſchäumenden Maſſe zu verhüten. Zur Heizung verwendet man freies Feuer oder auch hoch geſpannten Dampf von 150 bis 160° C. Man kocht das Fett unter allmählichem Zuſatz von ſtarker Lauge, bis eine herausgeholte Probe des Seifenleims auf Glas klar erſtarrt. Dann fügt man zum Ausſalzen etwa 12 % Kochſalz hinzu und be- fördert durch das „Klarſieden“ bei bedecktem Keſſel die vollſtändige Aus- ſcheidung der Seife. Iſt endlich der Schaum verſchwunden, und ſteigen nur noch hin und wieder große Blaſen auf (das „Aufpoltern“), ſo hat

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 843. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/861>, abgerufen am 16.04.2024.