Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas der Ertz-Schelm ermordt sei-
nen leiblichen Vatter Ruben.

ALs einest Pilatus in seinem Pallast/ vnter dem
Fenster einen annemblichen Herbst-Lufft schöpffte/
ahe er in dem nechst angräntzenden Garten einen
überauß fruchtbaren Apffelbaum/ worauff die zeitige
Früchten vnd schönes Obst ihme dergestalten die Zähn kitz-
leten/ daß er offentlich zu verstehen gabe/ er möchte sol-
ches Eva-Confeet verkosten. Kaum das solches der Hoff-
Schalck Judas vernommen/ ist er alsbald mit eylfertigen
Füssen in den Garten gestigen/ daselbsten ein Prob-Stuck
seiner künfftigen Diebs-Stuck erwisen/ vnd das beste
Obst entfrembdet/ als ihm aber solche Frechheit vnd keckes
Bueben-Stuck der alte Ruben, deme der Garten zugehö-
rig/ scharff verwisen/ vnd vngezweifflet den Judam mit
schmächlichen Schelm vnd Diebs-Titul bewillkombt/ hat
es ihme dermassen den Busen verwundt/ weilen er als ein
bißheriger Hoffmann dergleichen Grüß nicht gewohnt/
daß er in einem vngezäumbten Grimmen einen grossen
Stein erwischt/ mit demselben den Ruben also an die
Schläff getroffen/ daß er alsobald geistloß nidergesuncken
vnd Todts verblichen. Hat also der Ertz-Bößwicht seinem
leiblichen Vattern/ den er zwar nicht gekennt/ noch von
ihme erkannt worden/ mit mörderischen Händen erlegt/
vnd ihme das Leben genommen/ von deme er das Leben
ererbt. O Kinder! O Kinder! Kinder hüt euch doch/
daß ihr euere liebe Eltern nicht belaydiget.

Ein brillender Löw in Affrica, ein reissender Wolff
in Apulia, ein blutdurstiges Tiger in Armenia, ein giff-
tiger Drach in Epiro, ein schädlicher Beer in Scotia, ein

wilder
Y 2

Judas der Ertz-Schelm ermordt ſei-
nen leiblichen Vatter Ruben.

ALs eineſt Pilatus in ſeinem Pallaſt/ vnter dem
Fenſter einen annemblichen Herbſt-Lufft ſchoͤpffte/
ahe er in dem nechſt angraͤntzenden Garten einen
uͤberauß fruchtbaren Apffelbaum/ worauff die zeitige
Fruͤchten vnd ſchoͤnes Obſt ihme dergeſtalten die Zaͤhn kitz-
leten/ daß er offentlich zu verſtehen gabe/ er moͤchte ſol-
ches Eva-Confeet verkoſten. Kaum das ſolches der Hoff-
Schalck Judas vernommen/ iſt er alsbald mit eylfertigen
Fuͤſſen in den Garten geſtigen/ daſelbſten ein Prob-Stuck
ſeiner kuͤnfftigen Diebs-Stuck erwiſen/ vnd das beſte
Obſt entfrembdet/ als ihm aber ſolche Frechheit vnd keckes
Bueben-Stuck der alte Ruben, deme der Garten zugehoͤ-
rig/ ſcharff verwiſen/ vnd vngezweifflet den Judam mit
ſchmaͤchlichen Schelm vnd Diebs-Titul bewillkombt/ hat
es ihme dermaſſen den Buſen verwundt/ weilen er als ein
bißheriger Hoffmann dergleichen Gruͤß nicht gewohnt/
daß er in einem vngezaͤumbten Grimmen einen groſſen
Stein erwiſcht/ mit demſelben den Ruben alſo an die
Schlaͤff getroffen/ daß er alſobald geiſtloß nidergeſuncken
vnd Todts verblichen. Hat alſo der Ertz-Boͤßwicht ſeinem
leiblichen Vattern/ den er zwar nicht gekennt/ noch von
ihme erkannt worden/ mit moͤrderiſchen Haͤnden erlegt/
vnd ihme das Leben genommen/ von deme er das Leben
ererbt. O Kinder! O Kinder! Kinder huͤt euch doch/
daß ihr euere liebe Eltern nicht belaydiget.

Ein brillender Loͤw in Affrica, ein reiſſender Wolff
in Apulia, ein blutdurſtiges Tiger in Armenia, ein giff-
tiger Drach in Epiro, ein ſchaͤdlicher Beer in Scotia, ein

wilder
Y 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0207" n="171"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#aq">Judas</hi> <hi rendition="#b">der Ertz-Schelm ermordt &#x017F;ei-<lb/>
nen leiblichen Vatter Ruben.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>Ls eine&#x017F;t <hi rendition="#aq">Pilatus</hi> in &#x017F;einem Palla&#x017F;t/ vnter dem<lb/>
Fen&#x017F;ter einen annemblichen Herb&#x017F;t-Lufft &#x017F;cho&#x0364;pffte/<lb/>
ahe er in dem nech&#x017F;t angra&#x0364;ntzenden Garten einen<lb/>
u&#x0364;berauß fruchtbaren Apffelbaum/ worauff die zeitige<lb/>
Fru&#x0364;chten vnd &#x017F;cho&#x0364;nes Ob&#x017F;t ihme derge&#x017F;talten die Za&#x0364;hn kitz-<lb/>
leten/ daß er offentlich zu ver&#x017F;tehen gabe/ er mo&#x0364;chte &#x017F;ol-<lb/>
ches Eva-Confeet verko&#x017F;ten. Kaum das &#x017F;olches der Hoff-<lb/>
Schalck <hi rendition="#aq">Judas</hi> vernommen/ i&#x017F;t er alsbald mit eylfertigen<lb/>
Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en in den Garten ge&#x017F;tigen/ da&#x017F;elb&#x017F;ten ein Prob-Stuck<lb/>
&#x017F;einer ku&#x0364;nfftigen Diebs-Stuck erwi&#x017F;en/ vnd das be&#x017F;te<lb/>
Ob&#x017F;t entfrembdet/ als ihm aber &#x017F;olche Frechheit vnd keckes<lb/>
Bueben-Stuck der alte <hi rendition="#aq">Ruben,</hi> deme der Garten zugeho&#x0364;-<lb/>
rig/ &#x017F;charff verwi&#x017F;en/ vnd vngezweifflet den <hi rendition="#aq">Judam</hi> mit<lb/>
&#x017F;chma&#x0364;chlichen Schelm vnd Diebs-Titul bewillkombt/ hat<lb/>
es ihme derma&#x017F;&#x017F;en den Bu&#x017F;en verwundt/ weilen er als ein<lb/>
bißheriger Hoffmann dergleichen Gru&#x0364;ß nicht gewohnt/<lb/>
daß er in einem vngeza&#x0364;umbten Grimmen einen gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Stein erwi&#x017F;cht/ mit dem&#x017F;elben den <hi rendition="#aq">Ruben</hi> al&#x017F;o an die<lb/>
Schla&#x0364;ff getroffen/ daß er al&#x017F;obald gei&#x017F;tloß niderge&#x017F;uncken<lb/>
vnd Todts verblichen. Hat al&#x017F;o der Ertz-Bo&#x0364;ßwicht &#x017F;einem<lb/>
leiblichen Vattern/ den er zwar nicht gekennt/ noch von<lb/>
ihme erkannt worden/ mit mo&#x0364;rderi&#x017F;chen Ha&#x0364;nden erlegt/<lb/>
vnd ihme das Leben genommen/ von deme er das Leben<lb/>
ererbt. O Kinder! O Kinder! Kinder hu&#x0364;t euch doch/<lb/>
daß ihr euere liebe Eltern nicht belaydiget.</p><lb/>
        <p>Ein brillender Lo&#x0364;w in <hi rendition="#aq">Affrica,</hi> ein rei&#x017F;&#x017F;ender Wolff<lb/>
in <hi rendition="#aq">Apulia,</hi> ein blutdur&#x017F;tiges Tiger in <hi rendition="#aq">Armenia,</hi> ein giff-<lb/>
tiger Drach in <hi rendition="#aq">Epiro,</hi> ein &#x017F;cha&#x0364;dlicher Beer in <hi rendition="#aq">Scotia,</hi> ein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 2</fw><fw place="bottom" type="catch">wilder</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0207] Judas der Ertz-Schelm ermordt ſei- nen leiblichen Vatter Ruben. ALs eineſt Pilatus in ſeinem Pallaſt/ vnter dem Fenſter einen annemblichen Herbſt-Lufft ſchoͤpffte/ ahe er in dem nechſt angraͤntzenden Garten einen uͤberauß fruchtbaren Apffelbaum/ worauff die zeitige Fruͤchten vnd ſchoͤnes Obſt ihme dergeſtalten die Zaͤhn kitz- leten/ daß er offentlich zu verſtehen gabe/ er moͤchte ſol- ches Eva-Confeet verkoſten. Kaum das ſolches der Hoff- Schalck Judas vernommen/ iſt er alsbald mit eylfertigen Fuͤſſen in den Garten geſtigen/ daſelbſten ein Prob-Stuck ſeiner kuͤnfftigen Diebs-Stuck erwiſen/ vnd das beſte Obſt entfrembdet/ als ihm aber ſolche Frechheit vnd keckes Bueben-Stuck der alte Ruben, deme der Garten zugehoͤ- rig/ ſcharff verwiſen/ vnd vngezweifflet den Judam mit ſchmaͤchlichen Schelm vnd Diebs-Titul bewillkombt/ hat es ihme dermaſſen den Buſen verwundt/ weilen er als ein bißheriger Hoffmann dergleichen Gruͤß nicht gewohnt/ daß er in einem vngezaͤumbten Grimmen einen groſſen Stein erwiſcht/ mit demſelben den Ruben alſo an die Schlaͤff getroffen/ daß er alſobald geiſtloß nidergeſuncken vnd Todts verblichen. Hat alſo der Ertz-Boͤßwicht ſeinem leiblichen Vattern/ den er zwar nicht gekennt/ noch von ihme erkannt worden/ mit moͤrderiſchen Haͤnden erlegt/ vnd ihme das Leben genommen/ von deme er das Leben ererbt. O Kinder! O Kinder! Kinder huͤt euch doch/ daß ihr euere liebe Eltern nicht belaydiget. Ein brillender Loͤw in Affrica, ein reiſſender Wolff in Apulia, ein blutdurſtiges Tiger in Armenia, ein giff- tiger Drach in Epiro, ein ſchaͤdlicher Beer in Scotia, ein wilder Y 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/207
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/207>, abgerufen am 28.03.2024.