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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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hat nichts verschweigen können.
Kindern fast die letzte Würckung; wordurch mir von der Natur
gleichsam zum Stillschweigen veranlasset werden. Aber gleich-
wol Stillschweigen ist ein rare Kunst. Der Patriarch Abra-
ham bekommt von GOtt dem Allmächtigen ein Befehl/ er solle
ihm seinen einigen Sohn Jsaac auf dem Berg aufopffern: da-
zumahl ware Jsaac 24. Jahr alt. Abraham ohne weitern Ver-
zug reist bey nächtlicher Weil von seinem Ort Barsabea genannt
hinweg/ und eylt den geraden Weg samt dem Sohn und Dienern
nach dem Berg Calvaria, allwo ihm GOtt durch ein feurige
Säulen hat angedeut/ daß daselbst das Ort seye/ wo solches Opf-
fer solle vollbracht werden.

Es hat ja der fromme Patriarch hiervon der Sara als seiner
liebsten und werthisten Frau Gemahlin alle Nachricht geben/ und
ihr sein vorhabende Reiß/ und dero Ursach umbständig geoffen-
bahret? Nein/ nein/ sie wuste nicht im geringsten etwas/ er sagte
ihr gar nichts von solchem hohen Geschäfft; dann er gedachte/
daß er ein geheime Sach niemand soll vertrauen/ noch ausschwä-
tzen. Aber der Sara wohl/ dann sie ist dein Weib mein Abra-
ham/ ihr sollst du es ja entdecken? Weib hin/ Weib her: Sie ist
gar fromm/ fromm hin/ fromm her: Es wird ihr nit ein wenig ver-
schmachen: Verschmach hin/ verschmach her. Warum aber die-
ses Abraham? Sie hätts nit können verschweigen/ antwortet er/
sie hätt das Maul nit können halten/ dann die Weiber verstehen
sich nit auf die Opera Taciti.

O! mein heiliger Patriarch/ du hättest ja ihrs scharpff kön-
nen auferlegen/ daß sie solches keinem einigen offenbahre/ da
geredt/ laß bey leib nicht weiter kommen/ etc. ja wohl da ge-
redt/ die Sara hätt es ihrem liebsten Sohn nicht können ver-
bergen: aber da geredt/ mein Kind/ hätt sie gesagt; Jsaac hät-
te es vermuthlich einem aus dem Gesind ihme vertrautisten ge-
offenbahret/ aber da geredt mein Kerl/ damit es nit weiter komme/
dieser hätte in der Still einer Dienst-Magd/ etwan der Cammer-
Jungfrau/ so er vor andern gern sihet/ diese neue Zeitung beyge-

bracht/
A 2

hat nichts verſchweigen koͤnnen.
Kindern faſt die letzte Wuͤrckung; wordurch mir von der Natur
gleichſam zum Stillſchweigen veranlaſſet werden. Aber gleich-
wol Stillſchweigen iſt ein rare Kunſt. Der Patriarch Abra-
ham bekommt von GOtt dem Allmaͤchtigen ein Befehl/ er ſolle
ihm ſeinen einigen Sohn Jſaac auf dem Berg aufopffern: da-
zumahl ware Jſaac 24. Jahr alt. Abraham ohne weitern Ver-
zug reiſt bey naͤchtlicher Weil von ſeinem Ort Barſabea genannt
hinweg/ und eylt den geraden Weg ſamt dem Sohn und Dienern
nach dem Berg Calvaria, allwo ihm GOtt durch ein feurige
Saͤulen hat angedeut/ daß daſelbſt das Ort ſeye/ wo ſolches Opf-
fer ſolle vollbracht werden.

Es hat ja der fromme Patriarch hiervon der Sara als ſeiner
liebſten und werthiſten Frau Gemahlin alle Nachricht geben/ und
ihr ſein vorhabende Reiß/ und dero Urſach umbſtaͤndig geoffen-
bahret? Nein/ nein/ ſie wuſte nicht im geringſten etwas/ er ſagte
ihr gar nichts von ſolchem hohen Geſchaͤfft; dann er gedachte/
daß er ein geheime Sach niemand ſoll vertrauen/ noch ausſchwaͤ-
tzen. Aber der Sara wohl/ dann ſie iſt dein Weib mein Abra-
ham/ ihr ſollſt du es ja entdecken? Weib hin/ Weib her: Sie iſt
gar fromm/ fromm hin/ fromm her: Es wird ihr nit ein wenig ver-
ſchmachen: Verſchmach hin/ verſchmach her. Warum aber die-
ſes Abraham? Sie haͤtts nit koͤnnen verſchweigen/ antwortet er/
ſie haͤtt das Maul nit koͤnnen halten/ dann die Weiber verſtehen
ſich nit auf die Opera Taciti.

O! mein heiliger Patriarch/ du haͤtteſt ja ihrs ſcharpff koͤn-
nen auferlegen/ daß ſie ſolches keinem einigen offenbahre/ da
geredt/ laß bey leib nicht weiter kommen/ ꝛc. ja wohl da ge-
redt/ die Sara haͤtt es ihrem liebſten Sohn nicht koͤnnen ver-
bergen: aber da geredt/ mein Kind/ haͤtt ſie geſagt; Jſaac haͤt-
te es vermuthlich einem aus dem Geſind ihme vertrautiſten ge-
offenbahret/ aber da geredt mein Kerl/ damit es nit weiter komme/
dieſer haͤtte in der Still einer Dienſt-Magd/ etwan der Cammer-
Jungfrau/ ſo er vor andern gern ſihet/ dieſe neue Zeitung beyge-

bracht/
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[3/0015] hat nichts verſchweigen koͤnnen. Kindern faſt die letzte Wuͤrckung; wordurch mir von der Natur gleichſam zum Stillſchweigen veranlaſſet werden. Aber gleich- wol Stillſchweigen iſt ein rare Kunſt. Der Patriarch Abra- ham bekommt von GOtt dem Allmaͤchtigen ein Befehl/ er ſolle ihm ſeinen einigen Sohn Jſaac auf dem Berg aufopffern: da- zumahl ware Jſaac 24. Jahr alt. Abraham ohne weitern Ver- zug reiſt bey naͤchtlicher Weil von ſeinem Ort Barſabea genannt hinweg/ und eylt den geraden Weg ſamt dem Sohn und Dienern nach dem Berg Calvaria, allwo ihm GOtt durch ein feurige Saͤulen hat angedeut/ daß daſelbſt das Ort ſeye/ wo ſolches Opf- fer ſolle vollbracht werden. Es hat ja der fromme Patriarch hiervon der Sara als ſeiner liebſten und werthiſten Frau Gemahlin alle Nachricht geben/ und ihr ſein vorhabende Reiß/ und dero Urſach umbſtaͤndig geoffen- bahret? Nein/ nein/ ſie wuſte nicht im geringſten etwas/ er ſagte ihr gar nichts von ſolchem hohen Geſchaͤfft; dann er gedachte/ daß er ein geheime Sach niemand ſoll vertrauen/ noch ausſchwaͤ- tzen. Aber der Sara wohl/ dann ſie iſt dein Weib mein Abra- ham/ ihr ſollſt du es ja entdecken? Weib hin/ Weib her: Sie iſt gar fromm/ fromm hin/ fromm her: Es wird ihr nit ein wenig ver- ſchmachen: Verſchmach hin/ verſchmach her. Warum aber die- ſes Abraham? Sie haͤtts nit koͤnnen verſchweigen/ antwortet er/ ſie haͤtt das Maul nit koͤnnen halten/ dann die Weiber verſtehen ſich nit auf die Opera Taciti. O! mein heiliger Patriarch/ du haͤtteſt ja ihrs ſcharpff koͤn- nen auferlegen/ daß ſie ſolches keinem einigen offenbahre/ da geredt/ laß bey leib nicht weiter kommen/ ꝛc. ja wohl da ge- redt/ die Sara haͤtt es ihrem liebſten Sohn nicht koͤnnen ver- bergen: aber da geredt/ mein Kind/ haͤtt ſie geſagt; Jſaac haͤt- te es vermuthlich einem aus dem Geſind ihme vertrautiſten ge- offenbahret/ aber da geredt mein Kerl/ damit es nit weiter komme/ dieſer haͤtte in der Still einer Dienſt-Magd/ etwan der Cammer- Jungfrau/ ſo er vor andern gern ſihet/ dieſe neue Zeitung beyge- bracht/ A 2

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/15>, abgerufen am 25.04.2024.