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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas hvt etliche gute Werck gethan/
sehen/ beyn Kauffleuten lieb und werth/ dann er verzehrte ein ehr-
liches Geld/ beyn Weibern nicht übel angesehen; dann vermuth-
lich er ohne dergleichen wildes Geflügel-Werck nicht wird gewesen
seyn; dann Lucas der erbare Evangelist nur schrifftlich verfasset/
daß er Tag und Nacht in Prassen gelebt/ das andere seye leicht in
ein Consequenz zuziehen/ zumalen der Syllogismus in Frisiso-
morum
mit den in Barbara zimlich kan vertragen: Bey der Nacht
aber/ da er zuvor dem Baccho zimlich geopffert/ fallt ihm ein gäh-
linger Steck-Catharr/ und anbey ein Accidens von einem Schlag/
das hat ihm geschwind den Garaus gemacht/ und ist er dem gera-
den Weeg zum Teuffel gefahren. Der Kerl hat vorher nichts als
Glück über Glück gehabt/ und hat wol geheissen/ je grösser der
Schelm/ je besser das Glück.

Lazarus entgegen ein armer und elender Bettler hat vor der
Thür des besagten reichen Prassers die äusserste Noth gelitten/ so
gar nicht können theilhafftig werden der Brößlein Brodt/ so von
der Tafel dieses reichen Gesellen gefallen/ er ware von Männig-
lich verlassen/ biß er endlich/ Zweiffels ohne vor grosser Hungers-
Noth gestorben/ aber von den lieben Englen gleich in den Schoos
Abrahae getragen worden; diesen hat der verdammte Gesell aus der
Tieffe der Höll erblickt/ und demnach geschwind sein Stimm gantz
flehentlich zu dem Vatter Abraham erhebt/ er wolte doch zulassen/
daß Lazarus nur ihme einen eintzigen Tropffen Wasser möchte spen-
diren. Abraham schlagt ihms rund ab/ es kan nicht seyn/ es wird
nicht seyn/ es soll auch nicht seyn; Fili recordare, sagt ihme die
Ursach/ daß er das Gute schon in der Welt empfangen; Reci-
pisti.

Hugo Cardinalis legt diese Wort aus/ als habe der reichs
Mann seinen Lohn schon auf der Welt empfangen und eingenom-
men/ dann ob er schon einen sehr lasterhafften und gottlosen Wan-
del geführet/ so hat er doch etwan eines oder das andere gute Werck
gethan/ und solches das ewige Leben nicht verdient/ so hat GOtt
ihme es mit Zeitlichen Güteren und anderm Wolergehen belohnt.

Dann

Judas hvt etliche gute Werck gethan/
ſehen/ beyn Kauffleuten lieb und werth/ dann er verzehrte ein ehr-
liches Geld/ beyn Weibern nicht uͤbel angeſehen; dann vermuth-
lich er ohne dergleichen wildes Gefluͤgel-Werck nicht wird geweſen
ſeyn; dann Lucas der erbare Evangeliſt nur ſchrifftlich verfaſſet/
daß er Tag und Nacht in Praſſen gelebt/ das andere ſeye leicht in
ein Conſequenz zuziehen/ zumalen der Syllogismus in Friſiſo-
morum
mit den in Barbara zimlich kan vertragen: Bey der Nacht
aber/ da er zuvor dem Baccho zimlich geopffert/ fallt ihm ein gaͤh-
linger Steck-Catharꝛ/ und anbey ein Accidens von einem Schlag/
das hat ihm geſchwind den Garaus gemacht/ und iſt er dem gera-
den Weeg zum Teuffel gefahren. Der Kerl hat vorher nichts als
Gluͤck uͤber Gluͤck gehabt/ und hat wol geheiſſen/ je groͤſſer der
Schelm/ je beſſer das Gluͤck.

Lazarus entgegen ein armer und elender Bettler hat vor der
Thuͤr des beſagten reichen Praſſers die aͤuſſerſte Noth gelitten/ ſo
gar nicht koͤnnen theilhafftig werden der Broͤßlein Brodt/ ſo von
der Tafel dieſes reichen Geſellen gefallen/ er ware von Maͤnnig-
lich verlaſſen/ biß er endlich/ Zweiffels ohne vor groſſer Hungers-
Noth geſtorben/ aber von den lieben Englen gleich in den Schoos
Abrahæ getragen worden; dieſen hat der verdammte Geſell aus der
Tieffe der Hoͤll erblickt/ und demnach geſchwind ſein Stimm gantz
flehentlich zu dem Vatter Abraham erhebt/ er wolte doch zulaſſen/
daß Lazarus nur ihme einen eintzigen Tropffen Waſſer moͤchte ſpen-
diren. Abraham ſchlagt ihms rund ab/ es kan nicht ſeyn/ es wird
nicht ſeyn/ es ſoll auch nicht ſeyn; Fili recordare, ſagt ihme die
Urſach/ daß er das Gute ſchon in der Welt empfangen; Reci-
piſti.

Hugo Cardinalis legt dieſe Wort aus/ als habe der reichs
Mann ſeinen Lohn ſchon auf der Welt empfangen und eingenom-
men/ dann ob er ſchon einen ſehr laſterhafften und gottloſen Wan-
del gefuͤhret/ ſo hat er doch etwan eines oder das andere gute Werck
gethan/ und ſolches das ewige Leben nicht verdient/ ſo hat GOtt
ihme es mit Zeitlichen Guͤteren und anderm Wolergehen belohnt.

Dann
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[140/0152] Judas hvt etliche gute Werck gethan/ ſehen/ beyn Kauffleuten lieb und werth/ dann er verzehrte ein ehr- liches Geld/ beyn Weibern nicht uͤbel angeſehen; dann vermuth- lich er ohne dergleichen wildes Gefluͤgel-Werck nicht wird geweſen ſeyn; dann Lucas der erbare Evangeliſt nur ſchrifftlich verfaſſet/ daß er Tag und Nacht in Praſſen gelebt/ das andere ſeye leicht in ein Conſequenz zuziehen/ zumalen der Syllogismus in Friſiſo- morum mit den in Barbara zimlich kan vertragen: Bey der Nacht aber/ da er zuvor dem Baccho zimlich geopffert/ fallt ihm ein gaͤh- linger Steck-Catharꝛ/ und anbey ein Accidens von einem Schlag/ das hat ihm geſchwind den Garaus gemacht/ und iſt er dem gera- den Weeg zum Teuffel gefahren. Der Kerl hat vorher nichts als Gluͤck uͤber Gluͤck gehabt/ und hat wol geheiſſen/ je groͤſſer der Schelm/ je beſſer das Gluͤck. Lazarus entgegen ein armer und elender Bettler hat vor der Thuͤr des beſagten reichen Praſſers die aͤuſſerſte Noth gelitten/ ſo gar nicht koͤnnen theilhafftig werden der Broͤßlein Brodt/ ſo von der Tafel dieſes reichen Geſellen gefallen/ er ware von Maͤnnig- lich verlaſſen/ biß er endlich/ Zweiffels ohne vor groſſer Hungers- Noth geſtorben/ aber von den lieben Englen gleich in den Schoos Abrahæ getragen worden; dieſen hat der verdammte Geſell aus der Tieffe der Hoͤll erblickt/ und demnach geſchwind ſein Stimm gantz flehentlich zu dem Vatter Abraham erhebt/ er wolte doch zulaſſen/ daß Lazarus nur ihme einen eintzigen Tropffen Waſſer moͤchte ſpen- diren. Abraham ſchlagt ihms rund ab/ es kan nicht ſeyn/ es wird nicht ſeyn/ es ſoll auch nicht ſeyn; Fili recordare, ſagt ihme die Urſach/ daß er das Gute ſchon in der Welt empfangen; Reci- piſti. Hugo Cardinalis legt dieſe Wort aus/ als habe der reichs Mann ſeinen Lohn ſchon auf der Welt empfangen und eingenom- men/ dann ob er ſchon einen ſehr laſterhafften und gottloſen Wan- del gefuͤhret/ ſo hat er doch etwan eines oder das andere gute Werck gethan/ und ſolches das ewige Leben nicht verdient/ ſo hat GOtt ihme es mit Zeitlichen Guͤteren und anderm Wolergehen belohnt. Dann

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/152>, abgerufen am 28.03.2024.