Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas hat keine gute Meynung/
Schein/ daß selbiger solle still halten? Abulensis giebt hierauf
die Antwort/ es wäre in dem Himmel ein grosse Unordnung
gewesen/ wann eines wäre gestanden/ und das andere nicht/
seye demnach rathsamer/ wann eines gehe/ daß auch das an-
dere gehe/ und wann eines stehe/ daß auch das andere stehe/ etc.
Was Sonn und Mond im Himmel/ das seynd auch Weib
und Mann im Haus/ wie dann dem Egyptischen Joseph nicht
übel getraumet/ als er im Schlaf gesehen/ daß Sonn und
Mond ihne verehren und anbeten/ wodurch Vatter und Mut-
ter verstanden worden; wann nun er die Sonn ist als das grösse-
re Liecht/ und sie der Mond als das mindere Liecht/ so stehet es
überaus wol/ wann sie beyde einhellig seyn/ und wol zusammen
stimmen/ was eins will/ das wölle auch das andere/ wordurch
die GOTT gefällige Lieb und werthe Einigkeit im Ehestand er-
halten wird.

Anno 1317. wurde zu Mäyntz im Creutzgang der Thum-
Kirchen begraben Heinrich/ mit dem Zunamen Frauenlob/ des-
sen Leichnam von seinem Haus biß zu besagtem Ort lauter Wei-
ber getragen/ und ihne sehr Wehemüthig beklagt/ die Ursach
ware/ weil er in seinem Leben dem Weiblichen Geschlecht zu
Ehren und Ruhm viel schöne Lieder gedicht; unter andern Cere-
Albertus
Argent.
monien ward so viel Weins auf sein Grab gegossen/ daß solcher
durch den Creutzgang geflossen.

Diesem seynd die Weiber hoch verpflicht gewesen/ aber
noch mehrer und weit mehrer dem Heiligen Paulo, dieser Apo-
stolischen Welt-Posaunen/ massen er viel dem Weiblichen Ge-
schlecht zu Ehren und Nutz geschrieben: unter andern dringet
Ad Eph.
c.
5.
und gibt er allen Ehe Männern folgende Lehr: Viri diligite Uxo-
res vestras, sicut Christus Ecclesiam, &c.
Jhr Männer liebet
eure Weiber/ wie Christus seine Kirchen.

Solcher Lehr in fleissig nachkommen Herr Laurentius
Schlaf/ vorhin ein gewester Student und Praeceptor, welcher
ein sehr reiche jedoch alte Handels-Frau zur Ehe genommen/
mit der er in gröster Lieb und Einigkeit gelebt/ unangesehen/ sie

den

Judas hat keine gute Meynung/
Schein/ daß ſelbiger ſolle ſtill halten? Abulenſis giebt hierauf
die Antwort/ es waͤre in dem Himmel ein groſſe Unordnung
geweſen/ wann eines waͤre geſtanden/ und das andere nicht/
ſeye demnach rathſamer/ wann eines gehe/ daß auch das an-
dere gehe/ und wann eines ſtehe/ daß auch das andere ſtehe/ ꝛc.
Was Sonn und Mond im Himmel/ das ſeynd auch Weib
und Mann im Haus/ wie dann dem Egyptiſchen Joſeph nicht
uͤbel getraumet/ als er im Schlaf geſehen/ daß Sonn und
Mond ihne verehren und anbeten/ wodurch Vatter und Mut-
ter verſtanden worden; wann nun er die Sonn iſt als das groͤſſe-
re Liecht/ und ſie der Mond als das mindere Liecht/ ſo ſtehet es
uͤberaus wol/ wann ſie beyde einhellig ſeyn/ und wol zuſammen
ſtimmen/ was eins will/ das woͤlle auch das andere/ wordurch
die GOTT gefaͤllige Lieb und werthe Einigkeit im Eheſtand er-
halten wird.

Anno 1317. wurde zu Maͤyntz im Creutzgang der Thum-
Kirchen begraben Heinrich/ mit dem Zunamen Frauenlob/ deſ-
ſen Leichnam von ſeinem Haus biß zu beſagtem Ort lauter Wei-
ber getragen/ und ihne ſehr Wehemuͤthig beklagt/ die Urſach
ware/ weil er in ſeinem Leben dem Weiblichen Geſchlecht zu
Ehren und Ruhm viel ſchoͤne Lieder gedicht; unter andern Cere-
Albertus
Argent.
monien ward ſo viel Weins auf ſein Grab gegoſſen/ daß ſolcher
durch den Creutzgang gefloſſen.

Dieſem ſeynd die Weiber hoch verpflicht geweſen/ aber
noch mehrer und weit mehrer dem Heiligen Paulo, dieſer Apo-
ſtoliſchen Welt-Poſaunen/ maſſen er viel dem Weiblichen Ge-
ſchlecht zu Ehren und Nutz geſchrieben: unter andern dringet
Ad Eph.
c.
5.
und gibt er allen Ehe Maͤnnern folgende Lehr: Viri diligite Uxo-
res veſtras, ſicut Chriſtus Eccleſiam, &c.
Jhr Maͤnner liebet
eure Weiber/ wie Chriſtus ſeine Kirchen.

Solcher Lehr in fleiſſig nachkommen Herꝛ Laurentius
Schlaf/ vorhin ein geweſter Student und Præceptor, welcher
ein ſehr reiche jedoch alte Handels-Frau zur Ehe genommen/
mit der er in groͤſter Lieb und Einigkeit gelebt/ unangeſehen/ ſie

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0192" n="180"/><fw type="header" place="top">Judas hat keine gute Meynung/</fw><lb/>
Schein/ daß &#x017F;elbiger &#x017F;olle &#x017F;till halten? <hi rendition="#aq">Abulen&#x017F;is</hi> giebt hierauf<lb/>
die Antwort/ es wa&#x0364;re in dem Himmel ein gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">U</hi>nordnung<lb/>
gewe&#x017F;en/ wann eines wa&#x0364;re ge&#x017F;tanden/ und das andere nicht/<lb/>
&#x017F;eye demnach rath&#x017F;amer/ wann eines gehe/ daß auch das an-<lb/>
dere gehe/ und wann eines &#x017F;tehe/ daß auch das andere &#x017F;tehe/ &#xA75B;c.<lb/>
Was Sonn und Mond im Himmel/ das &#x017F;eynd auch Weib<lb/>
und Mann im Haus/ wie dann dem Egypti&#x017F;chen Jo&#x017F;eph nicht<lb/>
u&#x0364;bel getraumet/ als er im Schlaf ge&#x017F;ehen/ daß Sonn und<lb/>
Mond ihne verehren und anbeten/ wodurch Vatter und Mut-<lb/>
ter ver&#x017F;tanden worden; wann nun er die Sonn i&#x017F;t als das gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
re Liecht/ und &#x017F;ie der Mond als das mindere Liecht/ &#x017F;o &#x017F;tehet es<lb/>
u&#x0364;beraus wol/ wann &#x017F;ie beyde einhellig &#x017F;eyn/ und wol zu&#x017F;ammen<lb/>
&#x017F;timmen/ was eins will/ das wo&#x0364;lle auch das andere/ wordurch<lb/>
die GOTT gefa&#x0364;llige Lieb und werthe Einigkeit im Ehe&#x017F;tand er-<lb/>
halten wird.</p><lb/>
        <p>Anno 1317. wurde zu Ma&#x0364;yntz im Creutzgang der Thum-<lb/>
Kirchen begraben Heinrich/ mit dem Zunamen Frauenlob/ de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Leichnam von &#x017F;einem Haus biß zu be&#x017F;agtem Ort lauter Wei-<lb/>
ber getragen/ und ihne &#x017F;ehr Wehemu&#x0364;thig beklagt/ die <hi rendition="#fr">U</hi>r&#x017F;ach<lb/>
ware/ weil er in &#x017F;einem Leben dem Weiblichen Ge&#x017F;chlecht zu<lb/>
Ehren und Ruhm viel &#x017F;cho&#x0364;ne Lieder gedicht; unter andern <hi rendition="#aq">Cere-</hi><lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Albertus<lb/>
Argent.</hi></note> <hi rendition="#aq">moni</hi>en ward &#x017F;o viel Weins auf &#x017F;ein Grab gego&#x017F;&#x017F;en/ daß &#x017F;olcher<lb/>
durch den Creutzgang geflo&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;em &#x017F;eynd die Weiber hoch verpflicht gewe&#x017F;en/ aber<lb/>
noch mehrer und weit mehrer dem Heiligen <hi rendition="#aq">Paulo</hi>, die&#x017F;er Apo-<lb/>
&#x017F;toli&#x017F;chen Welt-Po&#x017F;aunen/ ma&#x017F;&#x017F;en er viel dem Weiblichen Ge-<lb/>
&#x017F;chlecht zu Ehren und Nutz ge&#x017F;chrieben: unter andern dringet<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Ad Eph.<lb/>
c.</hi> 5.</note> und gibt er allen Ehe Ma&#x0364;nnern folgende Lehr: <hi rendition="#aq">Viri diligite Uxo-<lb/>
res ve&#x017F;tras, &#x017F;icut Chri&#x017F;tus Eccle&#x017F;iam, &amp;c.</hi> Jhr Ma&#x0364;nner liebet<lb/>
eure Weiber/ wie Chri&#x017F;tus &#x017F;eine Kirchen.</p><lb/>
        <p>Solcher Lehr in flei&#x017F;&#x017F;ig nachkommen Her&#xA75B; <hi rendition="#aq">Laurentius</hi><lb/>
Schlaf/ vorhin ein gewe&#x017F;ter Student und <hi rendition="#aq">Præceptor</hi>, welcher<lb/>
ein &#x017F;ehr reiche jedoch alte Handels-Frau zur Ehe genommen/<lb/>
mit der er in gro&#x0364;&#x017F;ter Lieb und Einigkeit gelebt/ unange&#x017F;ehen/ &#x017F;ie<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">den</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0192] Judas hat keine gute Meynung/ Schein/ daß ſelbiger ſolle ſtill halten? Abulenſis giebt hierauf die Antwort/ es waͤre in dem Himmel ein groſſe Unordnung geweſen/ wann eines waͤre geſtanden/ und das andere nicht/ ſeye demnach rathſamer/ wann eines gehe/ daß auch das an- dere gehe/ und wann eines ſtehe/ daß auch das andere ſtehe/ ꝛc. Was Sonn und Mond im Himmel/ das ſeynd auch Weib und Mann im Haus/ wie dann dem Egyptiſchen Joſeph nicht uͤbel getraumet/ als er im Schlaf geſehen/ daß Sonn und Mond ihne verehren und anbeten/ wodurch Vatter und Mut- ter verſtanden worden; wann nun er die Sonn iſt als das groͤſſe- re Liecht/ und ſie der Mond als das mindere Liecht/ ſo ſtehet es uͤberaus wol/ wann ſie beyde einhellig ſeyn/ und wol zuſammen ſtimmen/ was eins will/ das woͤlle auch das andere/ wordurch die GOTT gefaͤllige Lieb und werthe Einigkeit im Eheſtand er- halten wird. Anno 1317. wurde zu Maͤyntz im Creutzgang der Thum- Kirchen begraben Heinrich/ mit dem Zunamen Frauenlob/ deſ- ſen Leichnam von ſeinem Haus biß zu beſagtem Ort lauter Wei- ber getragen/ und ihne ſehr Wehemuͤthig beklagt/ die Urſach ware/ weil er in ſeinem Leben dem Weiblichen Geſchlecht zu Ehren und Ruhm viel ſchoͤne Lieder gedicht; unter andern Cere- monien ward ſo viel Weins auf ſein Grab gegoſſen/ daß ſolcher durch den Creutzgang gefloſſen. Albertus Argent. Dieſem ſeynd die Weiber hoch verpflicht geweſen/ aber noch mehrer und weit mehrer dem Heiligen Paulo, dieſer Apo- ſtoliſchen Welt-Poſaunen/ maſſen er viel dem Weiblichen Ge- ſchlecht zu Ehren und Nutz geſchrieben: unter andern dringet und gibt er allen Ehe Maͤnnern folgende Lehr: Viri diligite Uxo- res veſtras, ſicut Chriſtus Eccleſiam, &c. Jhr Maͤnner liebet eure Weiber/ wie Chriſtus ſeine Kirchen. Ad Eph. c. 5. Solcher Lehr in fleiſſig nachkommen Herꝛ Laurentius Schlaf/ vorhin ein geweſter Student und Præceptor, welcher ein ſehr reiche jedoch alte Handels-Frau zur Ehe genommen/ mit der er in groͤſter Lieb und Einigkeit gelebt/ unangeſehen/ ſie den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/192
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/192>, abgerufen am 19.04.2024.