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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 264. Wirkung der L. C. -- Umfang. Einleitung.
einer rein factischen Frage abhängt, deren Bejahung auf
keine Weise aus dem Daseyn der L. C. an sich gefolgert
werden kann (b). Dagegen muß auf der anderen Seite
unbedingt eingeräumt werden, daß die L. C. großentheils
ähnliche Wirkungen herbeiführt, wie die welche aus
der Mora oder der mala fides folgen, wenngleich aus ver-
schiedenen Gründen (c).

Die Frage ist aber nun noch genauer für die Mora
und die mala fides besonders zu erörtern.

A. Mora.

Zur regelmäßigen Begründung der Mora wird erfor-
dert, daß der Schuldner zur Erfüllung seiner Verpflichtung
aufgefordert werde, und sie ohne Grund unterlasse. Es
ist daher keine Mora vorhanden, wenn zwar eine Schuld
selbst anerkannt ist, aber der Betrag derselben noch nicht
feststeht; ferner wenn die Schuld selbst als zweifelhaft an-
zusehen ist. Wenn also der aufgeforderte Schuldner sich
verklagen läßt, so hängt die Annahme einer Mora von
den Umständen ab. Sie ist anzunehmen, wenn er ohne
Grund, oder aus offenbar unhaltbaren Gründen, nur um
den Gegner hinzuhalten, die Erfüllung verweigert; nicht

(b) Diese richtige Auffassung,
daß das Daseyn der Mora und
der mala fides stets eine facti
quaestio
ist, findet sich bei Byn-
kershoek
obss. VIII. 12, Leyser

83. 5 und 99. 6, Kierulff S. 277
bis 281, Wächter H. 3 S. 106
bis 108.
(c) Leyser (Note b) übersieht
Dieses, und behauptet deshalb
irrig, es dürfe nicht immer von
der L. C. an auf Ersatz der Früchte
erkannt werden, weil nicht immer
die mala fides mit der L. C. ver-
bunden sey.
VI. 6

§. 264. Wirkung der L. C. — Umfang. Einleitung.
einer rein factiſchen Frage abhängt, deren Bejahung auf
keine Weiſe aus dem Daſeyn der L. C. an ſich gefolgert
werden kann (b). Dagegen muß auf der anderen Seite
unbedingt eingeräumt werden, daß die L. C. großentheils
ähnliche Wirkungen herbeiführt, wie die welche aus
der Mora oder der mala fides folgen, wenngleich aus ver-
ſchiedenen Gründen (c).

Die Frage iſt aber nun noch genauer für die Mora
und die mala fides beſonders zu erörtern.

A. Mora.

Zur regelmäßigen Begründung der Mora wird erfor-
dert, daß der Schuldner zur Erfüllung ſeiner Verpflichtung
aufgefordert werde, und ſie ohne Grund unterlaſſe. Es
iſt daher keine Mora vorhanden, wenn zwar eine Schuld
ſelbſt anerkannt iſt, aber der Betrag derſelben noch nicht
feſtſteht; ferner wenn die Schuld ſelbſt als zweifelhaft an-
zuſehen iſt. Wenn alſo der aufgeforderte Schuldner ſich
verklagen läßt, ſo hängt die Annahme einer Mora von
den Umſtänden ab. Sie iſt anzunehmen, wenn er ohne
Grund, oder aus offenbar unhaltbaren Gründen, nur um
den Gegner hinzuhalten, die Erfüllung verweigert; nicht

(b) Dieſe richtige Auffaſſung,
daß das Daſeyn der Mora und
der mala fides ſtets eine facti
quaestio
iſt, findet ſich bei Byn-
kershoek
obss. VIII. 12, Leyser

83. 5 und 99. 6, Kierulff S. 277
bis 281, Wächter H. 3 S. 106
bis 108.
(c) Leyſer (Note b) überſieht
Dieſes, und behauptet deshalb
irrig, es dürfe nicht immer von
der L. C. an auf Erſatz der Früchte
erkannt werden, weil nicht immer
die mala fides mit der L. C. ver-
bunden ſey.
VI. 6
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[81/0099] §. 264. Wirkung der L. C. — Umfang. Einleitung. einer rein factiſchen Frage abhängt, deren Bejahung auf keine Weiſe aus dem Daſeyn der L. C. an ſich gefolgert werden kann (b). Dagegen muß auf der anderen Seite unbedingt eingeräumt werden, daß die L. C. großentheils ähnliche Wirkungen herbeiführt, wie die welche aus der Mora oder der mala fides folgen, wenngleich aus ver- ſchiedenen Gründen (c). Die Frage iſt aber nun noch genauer für die Mora und die mala fides beſonders zu erörtern. A. Mora. Zur regelmäßigen Begründung der Mora wird erfor- dert, daß der Schuldner zur Erfüllung ſeiner Verpflichtung aufgefordert werde, und ſie ohne Grund unterlaſſe. Es iſt daher keine Mora vorhanden, wenn zwar eine Schuld ſelbſt anerkannt iſt, aber der Betrag derſelben noch nicht feſtſteht; ferner wenn die Schuld ſelbſt als zweifelhaft an- zuſehen iſt. Wenn alſo der aufgeforderte Schuldner ſich verklagen läßt, ſo hängt die Annahme einer Mora von den Umſtänden ab. Sie iſt anzunehmen, wenn er ohne Grund, oder aus offenbar unhaltbaren Gründen, nur um den Gegner hinzuhalten, die Erfüllung verweigert; nicht (b) Dieſe richtige Auffaſſung, daß das Daſeyn der Mora und der mala fides ſtets eine facti quaestio iſt, findet ſich bei Byn- kershoek obss. VIII. 12, Leyser 83. 5 und 99. 6, Kierulff S. 277 bis 281, Wächter H. 3 S. 106 bis 108. (c) Leyſer (Note b) überſieht Dieſes, und behauptet deshalb irrig, es dürfe nicht immer von der L. C. an auf Erſatz der Früchte erkannt werden, weil nicht immer die mala fides mit der L. C. ver- bunden ſey. VI. 6

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/99>, abgerufen am 29.03.2024.