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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
Seji heredem ex semisse, si paret, Sejum Aulo Agerio
centum dare oportere, N. Negidium in quinquaginta
condemna.

Die verschiedene Art, in welcher der Beklagte durch sein
Benehmen verpflichtet werden konnte, wird sogleich genauer
angegeben werden.

Zuvor aber muß die Veränderung erwähnt werden,
die in diesem Verfahren schon zur Zeit der alten Juristen
eingetreten ist. Darüber sagt Callistratus wörtlich Fol-
gendes (o): "Nach dem gegenwärtigen Gerichtsgebrauch
wird kein Beklagter mehr gezwungen, schon vor dem Prätor
in eine solche Vorverhandlung über vorgelegte Fragen sich
einzulassen; vielmehr wird dieser Theil des Verfahrens, so
wie jede andere Beweisführung über Thatsachen, dem Judex
überlassen. Daher sind denn auch die interrogatoriae
actiones
fast ganz außer Gebrauch gekommen (p)."


(o) L. 1 § 1 eod.
(p) L. cit. "Interrogatoriis
autem actionibus hodie non
utimur ... minus frequentan-
tur et in desuetudinem abierunt."

Es ist oben erwähnt worden, daß
das alte Verfahren meist nur zur
Bequemlichkeit diente, und diese
konnte auch vor dem Judex hin-
länglich versorgt werden. In
Einem (vergleichungsweise gewiß
seltenen) Fall konnte dasselbe noth-
wendig seyn zur Abwendung von
Gefahr (Note m), und in diesem
einzigen Fall mögen sie denn auch
noch angewendet worden seyn, so
lange der ordo judiciorum mit
seinen strengen Formeln bestand.
Auch sagt ja der Jurist nicht, daß
sie durchaus verschwunden seyen,
sondern nur, daß sie wenig mehr
vorkämen (minus frequentantur),
und dieser unbestimmte Ausdruck
mag absichtlich gebraucht seyn mit
Rücksicht auf jenen einzelnen Fall.
Es ist wohl zu bemerken, daß die
Nothwendigkeit der int. act.
für diesen Fall in derselben Stelle,
und nur wenige Worte vorher,
bemerklich gemacht wird.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Seji heredem ex semisse, si paret, Sejum Aulo Agerio
centum dare oportere, N. Negidium in quinquaginta
condemna.

Die verſchiedene Art, in welcher der Beklagte durch ſein
Benehmen verpflichtet werden konnte, wird ſogleich genauer
angegeben werden.

Zuvor aber muß die Veränderung erwähnt werden,
die in dieſem Verfahren ſchon zur Zeit der alten Juriſten
eingetreten iſt. Darüber ſagt Calliſtratus wörtlich Fol-
gendes (o): „Nach dem gegenwärtigen Gerichtsgebrauch
wird kein Beklagter mehr gezwungen, ſchon vor dem Prätor
in eine ſolche Vorverhandlung über vorgelegte Fragen ſich
einzulaſſen; vielmehr wird dieſer Theil des Verfahrens, ſo
wie jede andere Beweisführung über Thatſachen, dem Judex
überlaſſen. Daher ſind denn auch die interrogatoriae
actiones
faſt ganz außer Gebrauch gekommen (p).“


(o) L. 1 § 1 eod.
(p) L. cit. „Interrogatoriis
autem actionibus hodie non
utimur … minus frequentan-
tur et in desuetudinem abierunt.“

Es iſt oben erwähnt worden, daß
das alte Verfahren meiſt nur zur
Bequemlichkeit diente, und dieſe
konnte auch vor dem Judex hin-
länglich verſorgt werden. In
Einem (vergleichungsweiſe gewiß
ſeltenen) Fall konnte daſſelbe noth-
wendig ſeyn zur Abwendung von
Gefahr (Note m), und in dieſem
einzigen Fall mögen ſie denn auch
noch angewendet worden ſeyn, ſo
lange der ordo judiciorum mit
ſeinen ſtrengen Formeln beſtand.
Auch ſagt ja der Juriſt nicht, daß
ſie durchaus verſchwunden ſeyen,
ſondern nur, daß ſie wenig mehr
vorkämen (minus frequentantur),
und dieſer unbeſtimmte Ausdruck
mag abſichtlich gebraucht ſeyn mit
Rückſicht auf jenen einzelnen Fall.
Es iſt wohl zu bemerken, daß die
Nothwendigkeit der int. act.
für dieſen Fall in derſelben Stelle,
und nur wenige Worte vorher,
bemerklich gemacht wird.
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[24/0046] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Seji heredem ex semisse, si paret, Sejum Aulo Agerio centum dare oportere, N. Negidium in quinquaginta condemna. Die verſchiedene Art, in welcher der Beklagte durch ſein Benehmen verpflichtet werden konnte, wird ſogleich genauer angegeben werden. Zuvor aber muß die Veränderung erwähnt werden, die in dieſem Verfahren ſchon zur Zeit der alten Juriſten eingetreten iſt. Darüber ſagt Calliſtratus wörtlich Fol- gendes (o): „Nach dem gegenwärtigen Gerichtsgebrauch wird kein Beklagter mehr gezwungen, ſchon vor dem Prätor in eine ſolche Vorverhandlung über vorgelegte Fragen ſich einzulaſſen; vielmehr wird dieſer Theil des Verfahrens, ſo wie jede andere Beweisführung über Thatſachen, dem Judex überlaſſen. Daher ſind denn auch die interrogatoriae actiones faſt ganz außer Gebrauch gekommen (p).“ (o) L. 1 § 1 eod. (p) L. cit. „Interrogatoriis autem actionibus hodie non utimur … minus frequentan- tur et in desuetudinem abierunt.“ Es iſt oben erwähnt worden, daß das alte Verfahren meiſt nur zur Bequemlichkeit diente, und dieſe konnte auch vor dem Judex hin- länglich verſorgt werden. In Einem (vergleichungsweiſe gewiß ſeltenen) Fall konnte daſſelbe noth- wendig ſeyn zur Abwendung von Gefahr (Note m), und in dieſem einzigen Fall mögen ſie denn auch noch angewendet worden ſeyn, ſo lange der ordo judiciorum mit ſeinen ſtrengen Formeln beſtand. Auch ſagt ja der Juriſt nicht, daß ſie durchaus verſchwunden ſeyen, ſondern nur, daß ſie wenig mehr vorkämen (minus frequentantur), und dieſer unbeſtimmte Ausdruck mag abſichtlich gebraucht ſeyn mit Rückſicht auf jenen einzelnen Fall. Es iſt wohl zu bemerken, daß die Nothwendigkeit der int. act. für dieſen Fall in derſelben Stelle, und nur wenige Worte vorher, bemerklich gemacht wird.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/46>, abgerufen am 29.03.2024.