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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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Einleitung.

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Ich bitte Sie bei den gegenwärtigen Vorträgen durchaus die
rein wissenschaftliche Absicht derselben vor Augen zu haben. Wie
die Wissenschaft überhaupt, so ist Wissenschaft der Kunst an sich
interessant, auch ohne äußeren Zweck. So viele zum Theil unwichtige
Gegenstände ziehen die allgemeine Wißbegierde und selbst den wissen-
schaftlichen Geist auf sich; sonderbar, wenn es eben die Kunst nicht ver-
möchte, dieser eine Gegenstand, der fast allein die höchsten Gegenstände
unserer Bewunderung in sich schließt.

Der ist noch sehr weit zurück, dem die Kunst nicht als ein ge-
schlossenes, organisches und ebenso in allen seinen Theilen nothwendiges
Ganzes erschienen ist, als es die Natur ist. Fühlen wir uns unauf-
haltsam gedrungen, das innere Wesen der Natur zu schauen, und jenen
fruchtbaren Quell zu ergründen, der so viele große Erscheinungen mit
ewiger Gleichförmigkeit und Gesetzmäßigkeit aus sich herausschüttet, wie
viel mehr muß es uns interessiren, den Organismus der Kunst zu
durchdringen, in der aus der absoluten Freiheit sich die höchste Einheit
und Gesetzmäßigkeit herstellt, die uns die Wunder unseres eignen

1 Der Anfang dieser Einleitung, welcher ausführt, "daß die Kunst ein großer
und würdiger Gegenstand nicht nur überhaupt des Philosophen, sondern auch
vorzüglich des neueren Philosophen sey", ist hier weggefallen, da er mit der
Vorlesung über die Kunst in der Methode des akademischen Studiums (oben
S. 344 ff.) fast gleichlautend ist. Es ist also die genannte Vorlesung zugleich
als der Anfang der Einleitung in die Philosophie der Kunst anzusehen. D. H.
Einleitung.

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Ich bitte Sie bei den gegenwärtigen Vorträgen durchaus die
rein wiſſenſchaftliche Abſicht derſelben vor Augen zu haben. Wie
die Wiſſenſchaft überhaupt, ſo iſt Wiſſenſchaft der Kunſt an ſich
intereſſant, auch ohne äußeren Zweck. So viele zum Theil unwichtige
Gegenſtände ziehen die allgemeine Wißbegierde und ſelbſt den wiſſen-
ſchaftlichen Geiſt auf ſich; ſonderbar, wenn es eben die Kunſt nicht ver-
möchte, dieſer eine Gegenſtand, der faſt allein die höchſten Gegenſtände
unſerer Bewunderung in ſich ſchließt.

Der iſt noch ſehr weit zurück, dem die Kunſt nicht als ein ge-
ſchloſſenes, organiſches und ebenſo in allen ſeinen Theilen nothwendiges
Ganzes erſchienen iſt, als es die Natur iſt. Fühlen wir uns unauf-
haltſam gedrungen, das innere Weſen der Natur zu ſchauen, und jenen
fruchtbaren Quell zu ergründen, der ſo viele große Erſcheinungen mit
ewiger Gleichförmigkeit und Geſetzmäßigkeit aus ſich herausſchüttet, wie
viel mehr muß es uns intereſſiren, den Organismus der Kunſt zu
durchdringen, in der aus der abſoluten Freiheit ſich die höchſte Einheit
und Geſetzmäßigkeit herſtellt, die uns die Wunder unſeres eignen

1 Der Anfang dieſer Einleitung, welcher ausführt, „daß die Kunſt ein großer
und würdiger Gegenſtand nicht nur überhaupt des Philoſophen, ſondern auch
vorzüglich des neueren Philoſophen ſey“, iſt hier weggefallen, da er mit der
Vorleſung über die Kunſt in der Methode des akademiſchen Studiums (oben
S. 344 ff.) faſt gleichlautend iſt. Es iſt alſo die genannte Vorleſung zugleich
als der Anfang der Einleitung in die Philoſophie der Kunſt anzuſehen. D. H.
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[[357]/0033] Einleitung. — — — — — — — — — — — — — 1 Ich bitte Sie bei den gegenwärtigen Vorträgen durchaus die rein wiſſenſchaftliche Abſicht derſelben vor Augen zu haben. Wie die Wiſſenſchaft überhaupt, ſo iſt Wiſſenſchaft der Kunſt an ſich intereſſant, auch ohne äußeren Zweck. So viele zum Theil unwichtige Gegenſtände ziehen die allgemeine Wißbegierde und ſelbſt den wiſſen- ſchaftlichen Geiſt auf ſich; ſonderbar, wenn es eben die Kunſt nicht ver- möchte, dieſer eine Gegenſtand, der faſt allein die höchſten Gegenſtände unſerer Bewunderung in ſich ſchließt. Der iſt noch ſehr weit zurück, dem die Kunſt nicht als ein ge- ſchloſſenes, organiſches und ebenſo in allen ſeinen Theilen nothwendiges Ganzes erſchienen iſt, als es die Natur iſt. Fühlen wir uns unauf- haltſam gedrungen, das innere Weſen der Natur zu ſchauen, und jenen fruchtbaren Quell zu ergründen, der ſo viele große Erſcheinungen mit ewiger Gleichförmigkeit und Geſetzmäßigkeit aus ſich herausſchüttet, wie viel mehr muß es uns intereſſiren, den Organismus der Kunſt zu durchdringen, in der aus der abſoluten Freiheit ſich die höchſte Einheit und Geſetzmäßigkeit herſtellt, die uns die Wunder unſeres eignen 1 Der Anfang dieſer Einleitung, welcher ausführt, „daß die Kunſt ein großer und würdiger Gegenſtand nicht nur überhaupt des Philoſophen, ſondern auch vorzüglich des neueren Philoſophen ſey“, iſt hier weggefallen, da er mit der Vorleſung über die Kunſt in der Methode des akademiſchen Studiums (oben S. 344 ff.) faſt gleichlautend iſt. Es iſt alſo die genannte Vorleſung zugleich als der Anfang der Einleitung in die Philoſophie der Kunſt anzuſehen. D. H.

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. [357]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/33>, abgerufen am 29.03.2024.