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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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welche über dises Wasser gemachet An. 1703. im Augstmonat. Jch habe
auch domahls in das Wasser geschüttet allerhand Geister und Säfte/ wor-
mit man die Sauren/ oder Alcalischen Saltze zu erforschen pflegt/ als die
Tincturam Tornaesolis, den Salarmoniacgeist/ Viol Syrup, und aber keine
merkliche Enderung gespürt/ allein von angiessung des in Wasser-aufgelöß-
ten Sublimats hat sich oben gezeiget ein Häutlein von vilen Regenbogen
Farben/ und von dem Weinstein Saltz ist das Badwasser Milchweiß wor-
den/ welches letstere gemeinlich auch in unseren Brunnenwasseren kan wahr-
genommen werden/ daß daher in die Gedanken gerahten bin/ es könte man-
che frömde Baden-Cur eingestellet/ und mit gleichem Nutzen durch unsere
gemeine Wasser ersetzet werden.

Von disem Bad gehen wir fort auf Nider Urnen/ bey welchem
Dorff vor Zeiten ein vestes Schloß gestanden/ Windegk genant/ so nun
zerstöret. Es hat, dises Dorff An. 1703. von einem den 2. 13. Augstm. ur-
plötzlichen

Wolkenbruch

und daher aufgeloffenen Bergwasseren/ grossen Schaden/ und Gefahr völli-
ger überschwemmung/ außgestanden. Abends zwischen 6. und 7. Uhren/
nachdeme vorher der ganze Tag hell gewesen/ hat sich ein Wolkenbruch bey
ganzen Eimeren außgelähret/ worvon sonderlich der Dorff- und Fallende
Bach aufgeloffen/ ausser dem Dorff sich wunderbarer Weise vereiniget/
und hernach mit gesamter Macht dem Dorff zu getrungen/ daselbst alles
unter Wasser gesetzet/ die Dämme/ und Hecken durchbrochen/ die Keller/ und
untere Böden in den Häuseren angefüllet/ so das jedermann müssen sich auf
die oberen Böden/ oder in erhöchtere Häuser flüchten/ alle Bruken/ und
Stäge weggeführt/ die Mauren selbs hin und wider umgeworffen/ die Bäu-
me theils von ihren Rinden durch antreibung allerhand Steinen/ Holz/
entblösset/ oder gar weggeschwemmet. Eine Walche und Mülle/ welche den
ersten Anfall haben müssen außhalten/ und also auch ein Stall mit einem
Heugaden sind von Grund umgekehret worden/ und ist in gleicher Gefahr
des Untergangs gestanden eine andere Mülle/ so weiter unten gegen dem
Dorff ligt/ weilen auch da bereits einiche Haußecke weggestossen/ die Räder/
und andere Zugehörd/ mit grossen Steinen theils zerquetschet/ theils ange-
füllet worden. Ein anders Hauß in dasiger Gegne ist unter Augen des Be-
sitzers/ nach deme sich die Bewohnere mit Noth salviren können/ eingefallen.
Under demselben stuhnde ein Stall/ in welchen sich eine Tochter geflöchnet/
welche aber samt ihrem Fluchthauß zu Grund gangen. Vil sein auf die
Bäume gestiegen/ um der Wassersnoht zu entgehen; vil haben mit Weib

und

welche uͤber diſes Waſſer gemachet An. 1703. im Augſtmonat. Jch habe
auch domahls in das Waſſer geſchüttet allerhand Geiſter und Saͤfte/ wor-
mit man die Sauren/ oder Alcaliſchen Saltze zu erforſchen pflegt/ als die
Tincturam Tornæſolis, den Salarmoniacgeiſt/ Viol Syrup, und aber keine
merkliche Enderung geſpuͤrt/ allein von angieſſung des in Waſſer-aufgeloͤß-
ten Sublimats hat ſich oben gezeiget ein Haͤutlein von vilen Regenbogen
Farben/ und von dem Weinſtein Saltz iſt das Badwaſſer Milchweiß wor-
den/ welches letſtere gemeinlich auch in unſeren Brunnenwaſſeren kan wahr-
genommen werden/ daß daher in die Gedanken gerahten bin/ es koͤnte man-
che froͤmde Baden-Cur eingeſtellet/ und mit gleichem Nutzen durch unſere
gemeine Waſſer erſetzet werden.

Von diſem Bad gehen wir fort auf Nider Urnen/ bey welchem
Dorff vor Zeiten ein veſtes Schloß geſtanden/ Windegk genant/ ſo nun
zerſtoͤret. Es hat, diſes Dorff An. 1703. von einem den 2. 13. Augſtm. ur-
ploͤtzlichen

Wolkenbruch

und daher aufgeloffenen Bergwaſſeren/ groſſen Schaden/ und Gefahr voͤlli-
ger uͤberſchwemmung/ außgeſtanden. Abends zwiſchen 6. und 7. Uhren/
nachdeme vorher der ganze Tag hell geweſen/ hat ſich ein Wolkenbruch bey
ganzen Eimeren außgelaͤhret/ worvon ſonderlich der Dorff- und Fallende
Bach aufgeloffen/ auſſer dem Dorff ſich wunderbarer Weiſe vereiniget/
und hernach mit geſamter Macht dem Dorff zu getrungen/ daſelbſt alles
unter Waſſer geſetzet/ die Daͤmme/ und Hecken durchbrochen/ die Keller/ und
untere Boͤden in den Haͤuſeren angefuͤllet/ ſo das jedermann muͤſſen ſich auf
die oberen Boͤden/ oder in erhoͤchtere Haͤuſer fluͤchten/ alle Bruken/ und
Staͤge weggefuͤhrt/ die Mauren ſelbs hin und wider umgeworffen/ die Baͤu-
me theils von ihren Rinden durch antreibung allerhand Steinen/ Holz/
entbloͤſſet/ oder gar weggeſchwemmet. Eine Walche und Mülle/ welche den
erſten Anfall haben muͤſſen außhalten/ und alſo auch ein Stall mit einem
Heugaden ſind von Grund umgekehret worden/ und iſt in gleicher Gefahr
des Untergangs geſtanden eine andere Mülle/ ſo weiter unten gegen dem
Dorff ligt/ weilen auch da bereits einiche Haußecke weggeſtoſſen/ die Raͤder/
und andere Zugehoͤrd/ mit groſſen Steinen theils zerquetſchet/ theils ange-
fuͤllet worden. Ein anders Hauß in daſiger Gegne iſt unter Augen des Be-
ſitzers/ nach deme ſich die Bewohnere mit Noth ſalviren koͤnnen/ eingefallen.
Under demſelben ſtuhnde ein Stall/ in welchen ſich eine Tochter gefloͤchnet/
welche aber ſamt ihrem Fluchthauß zu Grund gangen. Vil ſein auf die
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[(7)[7]/0014] welche uͤber diſes Waſſer gemachet An. 1703. im Augſtmonat. Jch habe auch domahls in das Waſſer geſchüttet allerhand Geiſter und Saͤfte/ wor- mit man die Sauren/ oder Alcaliſchen Saltze zu erforſchen pflegt/ als die Tincturam Tornæſolis, den Salarmoniacgeiſt/ Viol Syrup, und aber keine merkliche Enderung geſpuͤrt/ allein von angieſſung des in Waſſer-aufgeloͤß- ten Sublimats hat ſich oben gezeiget ein Haͤutlein von vilen Regenbogen Farben/ und von dem Weinſtein Saltz iſt das Badwaſſer Milchweiß wor- den/ welches letſtere gemeinlich auch in unſeren Brunnenwaſſeren kan wahr- genommen werden/ daß daher in die Gedanken gerahten bin/ es koͤnte man- che froͤmde Baden-Cur eingeſtellet/ und mit gleichem Nutzen durch unſere gemeine Waſſer erſetzet werden. Von diſem Bad gehen wir fort auf Nider Urnen/ bey welchem Dorff vor Zeiten ein veſtes Schloß geſtanden/ Windegk genant/ ſo nun zerſtoͤret. Es hat, diſes Dorff An. 1703. von einem den 2. 13. Augſtm. ur- ploͤtzlichen Wolkenbruch und daher aufgeloffenen Bergwaſſeren/ groſſen Schaden/ und Gefahr voͤlli- ger uͤberſchwemmung/ außgeſtanden. Abends zwiſchen 6. und 7. Uhren/ nachdeme vorher der ganze Tag hell geweſen/ hat ſich ein Wolkenbruch bey ganzen Eimeren außgelaͤhret/ worvon ſonderlich der Dorff- und Fallende Bach aufgeloffen/ auſſer dem Dorff ſich wunderbarer Weiſe vereiniget/ und hernach mit geſamter Macht dem Dorff zu getrungen/ daſelbſt alles unter Waſſer geſetzet/ die Daͤmme/ und Hecken durchbrochen/ die Keller/ und untere Boͤden in den Haͤuſeren angefuͤllet/ ſo das jedermann muͤſſen ſich auf die oberen Boͤden/ oder in erhoͤchtere Haͤuſer fluͤchten/ alle Bruken/ und Staͤge weggefuͤhrt/ die Mauren ſelbs hin und wider umgeworffen/ die Baͤu- me theils von ihren Rinden durch antreibung allerhand Steinen/ Holz/ entbloͤſſet/ oder gar weggeſchwemmet. Eine Walche und Mülle/ welche den erſten Anfall haben muͤſſen außhalten/ und alſo auch ein Stall mit einem Heugaden ſind von Grund umgekehret worden/ und iſt in gleicher Gefahr des Untergangs geſtanden eine andere Mülle/ ſo weiter unten gegen dem Dorff ligt/ weilen auch da bereits einiche Haußecke weggeſtoſſen/ die Raͤder/ und andere Zugehoͤrd/ mit groſſen Steinen theils zerquetſchet/ theils ange- fuͤllet worden. Ein anders Hauß in daſiger Gegne iſt unter Augen des Be- ſitzers/ nach deme ſich die Bewohnere mit Noth ſalviren koͤnnen/ eingefallen. Under demſelben ſtuhnde ein Stall/ in welchen ſich eine Tochter gefloͤchnet/ welche aber ſamt ihrem Fluchthauß zu Grund gangen. Vil ſein auf die Baͤume geſtiegen/ um der Waſſersnoht zu entgehen; vil haben mit Weib und

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. (7)[7]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/14>, abgerufen am 29.03.2024.