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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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Stiftbriefs lauten/ und hiervon in mehrerem zu sehen in Hr. Hottinger Hel-
vetisch. Kirchen-Geschicht. Lib. IV. pag. 436. 438. Stumpf. Chron Lib. VI.
cap. 26. pag.
508. 509. Auf der Rechten seiten der Reüß ist gestanden das
alte Burgstall Syllenen/ da vor Zeiten gewohnet die Meyer von Syl-
linen/
ein Adelich Geschlecht/ welches hernach nacher Lucern kommen.

Jn der Pfarrey Silenen bricht ein

Schwarzer Marmor/

und ein anderer/ so auch schwarz/ mit weissen Aderen; und ohngefehr drey
viertheil Stund von dem Dorff ein

Vitriol-Ader.

Nebst dem Wirthshauß/ dessen jeziger Besitzer ist Hr. Johannes am
Port/
ein freundtlicher Mann/ der allezeit einen Vorraht [h]at von Crystal-
len/ fliesset ab der Kerstenen- oder Kerstelen Bach/ welcher Milch-
weisse Gletscherwasser mit sich führet/ die in grosser Sommerhitz denen
Reisenden zu grossem Labsal dienen; es entspringet aber diser Bach im
Ruppleten Thal/ in der Pfarr Sillenen.

Längst dises Bachs wähet fast den ganzen Tag im Sommer/ außge-
nommen um den Mittag/ ein beständig lieblicher

Sud-Ost Wind/

welcher denen frömden müden/ Gästen/ auch zu grosser Erquickung dienet.

Allhier/ wie oben gesagt/ fanget eigentlich an der Gotthards-Berg/
weilen man von hier bis auf die oberste Höhe immer obsich steiget/ also
zwaren/ daß hier und da/ sonderlich im Land Urseren/ zwischen den Bergen
ligen ebene Plätze/ als kleine Thäler.

Dise gemein übliche Bergstraß fiengen wir an zu steigen den 7. Aug.
Morgen frühe/ und sahen vorher des Queksilbers Höhe auf 24. Zollen/ wor-
auß wir geschlossen in gegenhaltung der gestrigen zu Altorff genommenen
Höhe/ daß diser Ohrt tieffer lige als Sillinen 120. Schuhe. Den 28. Jun-
dises Jahrs gabe gleiches Experiment eine Höhe von 160. Schuhen/ wel-
cher Unterscheid bey abmessung der Berghöhenen nicht merkbar ist. Nach
Mariotte ist der Stäg höher/ als das Meer 1454. nach Cassino 1573. Pa-
riser Schuhe.

An rechter oder linker seite diser Gotthardischen Straß hatten wir
allezeit die Reüß/ einen ungestümmen Fluß/ dessen Ränke bey disem An-
las durch Hülff der Magnet-Nadel/ mit allen einfliessenden Bächen fleissigst
gezeichnet/ um hiervon eine besondere Chart zu machen; welche hernach fol-
gen wird/ mit bemerkung allermeistens von Stein gewölbter/ Bruken/ wel-
che von denen Anwohneren mit vilen Unkösten/ und Fleiß in gutem Stand
gehalten werden/ zu fortwährendem Nutzen der Reisenden/ zur Sicherheit

der

Stiftbriefs lauten/ und hiervon in mehrerem zu ſehen in Hr. Hottinger Hel-
vetiſch. Kirchen-Geſchicht. Lib. IV. pag. 436. 438. Stumpf. Chron Lib. VI.
cap. 26. pag.
508. 509. Auf der Rechten ſeiten der Reüß iſt geſtanden das
alte Burgſtall Syllenen/ da vor Zeiten gewohnet die Meyer von Syl-
linen/
ein Adelich Geſchlecht/ welches hernach nacher Lucern kommen.

Jn der Pfarꝛey Silenen bricht ein

Schwarzer Marmor/

und ein anderer/ ſo auch ſchwarz/ mit weiſſen Aderen; und ohngefehr drey
viertheil Stund von dem Dorff ein

Vitriol-Ader.

Nebſt dem Wirthshauß/ deſſen jeziger Beſitzer iſt Hr. Johannes am
Port/
ein freundtlicher Mann/ der allezeit einen Vorꝛaht [h]at von Cryſtal-
len/ flieſſet ab der Kerſtenen- oder Kerſtelen Bach/ welcher Milch-
weiſſe Gletſcherwaſſer mit ſich fuͤhret/ die in groſſer Sommerhitz denen
Reiſenden zu groſſem Labſal dienen; es entſpringet aber diſer Bach im
Ruppleten Thal/ in der Pfarꝛ Sillenen.

Laͤngſt diſes Bachs waͤhet faſt den ganzen Tag im Sommer/ außge-
nommen um den Mittag/ ein beſtaͤndig lieblicher

Sud-Oſt Wind/

welcher denen froͤmden muͤden/ Gaͤſten/ auch zu groſſer Erquickung dienet.

Allhier/ wie oben geſagt/ fanget eigentlich an der Gotthards-Berg/
weilen man von hier bis auf die oberſte Hoͤhe immer obſich ſteiget/ alſo
zwaren/ daß hier und da/ ſonderlich im Land Urſeren/ zwiſchen den Bergen
ligen ebene Plaͤtze/ als kleine Thaͤler.

Diſe gemein uͤbliche Bergſtraß fiengen wir an zu ſteigen den 7. Aug.
Morgen fruͤhe/ und ſahen vorher des Quekſilbers Hoͤhe auf 24. Zollen/ wor-
auß wir geſchloſſen in gegenhaltung der geſtrigen zu Altorff genommenen
Hoͤhe/ daß diſer Ohrt tieffer lige als Sillinen 120. Schuhe. Den 28. Jun-
diſes Jahrs gabe gleiches Experiment eine Hoͤhe von 160. Schuhen/ wel-
cher Unterſcheid bey abmeſſung der Berghoͤhenen nicht merkbar iſt. Nach
Mariotte iſt der Staͤg hoͤher/ als das Meer 1454. nach Caſſino 1573. Pa-
riſer Schuhe.

An rechter oder linker ſeite diſer Gotthardiſchen Straß hatten wir
allezeit die Reüß/ einen ungeſtuͤmmen Fluß/ deſſen Raͤnke bey diſem An-
las durch Hülff der Magnet-Nadel/ mit allen einflieſſenden Baͤchen fleiſſigſt
gezeichnet/ um hiervon eine beſondere Chart zu machen; welche hernach fol-
gen wird/ mit bemerkung allermeiſtens von Stein gewoͤlbter/ Bruken/ wel-
che von denen Anwohneren mit vilen Unkoͤſten/ und Fleiß in gutem Stand
gehalten werden/ zu fortwaͤhrendem Nutzen der Reiſenden/ zur Sicherheit

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[(42)[42]/0052] Stiftbriefs lauten/ und hiervon in mehrerem zu ſehen in Hr. Hottinger Hel- vetiſch. Kirchen-Geſchicht. Lib. IV. pag. 436. 438. Stumpf. Chron Lib. VI. cap. 26. pag. 508. 509. Auf der Rechten ſeiten der Reüß iſt geſtanden das alte Burgſtall Syllenen/ da vor Zeiten gewohnet die Meyer von Syl- linen/ ein Adelich Geſchlecht/ welches hernach nacher Lucern kommen. Jn der Pfarꝛey Silenen bricht ein Schwarzer Marmor/ und ein anderer/ ſo auch ſchwarz/ mit weiſſen Aderen; und ohngefehr drey viertheil Stund von dem Dorff ein Vitriol-Ader. Nebſt dem Wirthshauß/ deſſen jeziger Beſitzer iſt Hr. Johannes am Port/ ein freundtlicher Mann/ der allezeit einen Vorꝛaht hat von Cryſtal- len/ flieſſet ab der Kerſtenen- oder Kerſtelen Bach/ welcher Milch- weiſſe Gletſcherwaſſer mit ſich fuͤhret/ die in groſſer Sommerhitz denen Reiſenden zu groſſem Labſal dienen; es entſpringet aber diſer Bach im Ruppleten Thal/ in der Pfarꝛ Sillenen. Laͤngſt diſes Bachs waͤhet faſt den ganzen Tag im Sommer/ außge- nommen um den Mittag/ ein beſtaͤndig lieblicher Sud-Oſt Wind/ welcher denen froͤmden muͤden/ Gaͤſten/ auch zu groſſer Erquickung dienet. Allhier/ wie oben geſagt/ fanget eigentlich an der Gotthards-Berg/ weilen man von hier bis auf die oberſte Hoͤhe immer obſich ſteiget/ alſo zwaren/ daß hier und da/ ſonderlich im Land Urſeren/ zwiſchen den Bergen ligen ebene Plaͤtze/ als kleine Thaͤler. Diſe gemein uͤbliche Bergſtraß fiengen wir an zu ſteigen den 7. Aug. Morgen fruͤhe/ und ſahen vorher des Quekſilbers Hoͤhe auf 24. Zollen/ wor- auß wir geſchloſſen in gegenhaltung der geſtrigen zu Altorff genommenen Hoͤhe/ daß diſer Ohrt tieffer lige als Sillinen 120. Schuhe. Den 28. Jun- diſes Jahrs gabe gleiches Experiment eine Hoͤhe von 160. Schuhen/ wel- cher Unterſcheid bey abmeſſung der Berghoͤhenen nicht merkbar iſt. Nach Mariotte iſt der Staͤg hoͤher/ als das Meer 1454. nach Caſſino 1573. Pa- riſer Schuhe. An rechter oder linker ſeite diſer Gotthardiſchen Straß hatten wir allezeit die Reüß/ einen ungeſtuͤmmen Fluß/ deſſen Raͤnke bey diſem An- las durch Hülff der Magnet-Nadel/ mit allen einflieſſenden Baͤchen fleiſſigſt gezeichnet/ um hiervon eine beſondere Chart zu machen; welche hernach fol- gen wird/ mit bemerkung allermeiſtens von Stein gewoͤlbter/ Bruken/ wel- che von denen Anwohneren mit vilen Unkoͤſten/ und Fleiß in gutem Stand gehalten werden/ zu fortwaͤhrendem Nutzen der Reiſenden/ zur Sicherheit der

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. (42)[42]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/52>, abgerufen am 19.04.2024.