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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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N. 20.)

Schweizerische
Berg-Reisen.


SOl das letstere die Oberhand gewinnen/ so folgen widerum hierauß
allerhand Unordenlichkeiten/ wo man die nicht weißt abzuheben:
auß vilen sechseckichten Cörperlein/ so die zusamen gesezt werden/
kan nicht leicht entstehen nur ein sechseckichter Crystall/ daß nicht zwischen
jenen sich einfinden vil lähre Räumlein/ welche mit einem unförmigen Cry-
stallfluß/ oder von anderer Materi müßten außgefüllet werden. Ohnange-
sehen diser Einwürffen beliebe mir selbs/ und anderen/ die jenige Meynung/
nach welcher alle die kleinste Theil der Crystallen sechseckicht sein/ gleich den
grossen; hierzu veranlaset mich theils die versicherte Gleichheit der kunstli-
chen Crystallisation, oder anschiessung des Salpeters/ oder anderer Salien
mit der natürlichen anschiessung unserer Berg Crystallen/ welche nach ihrer
Weitläuffigkeit könte außgeführet werden/ wann wir es an der Zeit hetten;
theils der kleinsten Salztheilchen gleiche Gestalt mit den grösseren Stücken/
welche durch Hilff seiner Vergrösserungs-Gläseren der Gelehrten Welt hin
und wider in seinen Schriften gezeiget der scharffsichtige Leeuvvenhoek,
und auch selbs in einer besonderen an Se. Exc. Herrn Petrum Valkenier/
Extraord. Abgesandten von denen Hochmögenden Herren Staaten ver-
einigter Niderlanden an die Lobl. Schweizerische Cantons, geschribenen Epi-
stel dargetahn daß der Crystallen kleinste unter der Gestalt flüchtiger Salien
kunstlich abgetribene Theil gleich sechseckicht seyen mit den grossen. Gleich
nun der Chymischen Crystallen anschiessung halb bekant/ daß die in denen
Löchlein eines flüssigen Wassers empor schwebende Salztheile/ nach etwel-
cher abrauchung des Wassers/ oder durch sonderliche Zusamentrukung des-
selben/ sich näher zusamen fügen/ mit gleichen glatt von der Natur abgeschlif-
fenen Flächen sich vereinigen/

Aliae atque aliae similes ex ordine partes
Agmine condenso Naturam corporis implent.
Lucret. Lib. I.

und also grössere Crystall-Zinken formiren: also bilde mir ein/ daß ein glei-
ches geschehen seye in denen Bergklüften und Felßhölinen/ zu der Zeit/ da das
Quartz/ als die Materi der Crystallen noch flüssig/ und mit anderen wässeri-
gen Feuchtigkeiten vermischt gewesen; deren äussere/ die Crystallinische Theil

umge-
N. 20.)

Schweizeriſche
Berg-Reiſen.


SOl das letſtere die Oberhand gewinnen/ ſo folgen widerum hierauß
allerhand Unordenlichkeiten/ wo man die nicht weißt abzuheben:
auß vilen ſechseckichten Coͤrperlein/ ſo die zuſamen geſezt werden/
kan nicht leicht entſtehen nur ein ſechseckichter Cryſtall/ daß nicht zwiſchen
jenen ſich einfinden vil laͤhre Raͤumlein/ welche mit einem unfoͤrmigen Cry-
ſtallfluß/ oder von anderer Materi muͤßten außgefuͤllet werden. Ohnange-
ſehen diſer Einwuͤrffen beliebe mir ſelbs/ und anderen/ die jenige Meynung/
nach welcher alle die kleinſte Theil der Cryſtallen ſechseckicht ſein/ gleich den
groſſen; hierzu veranlaſet mich theils die verſicherte Gleichheit der kunſtli-
chen Cryſtalliſation, oder anſchieſſung des Salpeters/ oder anderer Salien
mit der natuͤrlichen anſchieſſung unſerer Berg Cryſtallen/ welche nach ihrer
Weitlaͤuffigkeit koͤnte außgefuͤhret werden/ wann wir es an der Zeit hetten;
theils der kleinſten Salztheilchen gleiche Geſtalt mit den groͤſſeren Stuͤcken/
welche durch Hilff ſeiner Vergroͤſſerungs-Glaͤſeren der Gelehrten Welt hin
und wider in ſeinen Schriften gezeiget der ſcharffſichtige Leeuvvenhoek,
und auch ſelbs in einer beſonderen an Se. Exc. Herꝛn Petrum Valkenier/
Extraord. Abgeſandten von denen Hochmoͤgenden Herꝛen Staaten ver-
einigter Niderlanden an die Lobl. Schweizeriſche Cantons, geſchribenen Epi-
ſtel dargetahn daß der Cryſtallen kleinſte unter der Geſtalt fluͤchtiger Salien
kunſtlich abgetribene Theil gleich ſechseckicht ſeyen mit den groſſen. Gleich
nun der Chymiſchen Cryſtallen anſchieſſung halb bekant/ daß die in denen
Loͤchlein eines flüſſigen Waſſers empor ſchwebende Salztheile/ nach etwel-
cher abrauchung des Waſſers/ oder durch ſonderliche Zuſamentrukung deſ-
ſelben/ ſich naͤher zuſamen fuͤgen/ mit gleichen glatt von der Natur abgeſchlif-
fenen Flaͤchen ſich vereinigen/

Aliæ atque aliæ ſimiles ex ordine partes
Agmine condenſo Naturam corporis implent.
Lucret. Lib. I.

und alſo groͤſſere Cryſtall-Zinken formiren: alſo bilde mir ein/ daß ein glei-
ches geſchehen ſeye in denen Bergklüften und Felßhoͤlinen/ zu der Zeit/ da das
Quartz/ als die Materi der Cryſtallen noch flüſſig/ und mit anderen waͤſſeri-
gen Feuchtigkeiten vermiſcht geweſen; deren aͤuſſere/ die Cryſtalliniſche Theil

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[77/0097] N. 20.) (Den 18. Maj. 1707. Schweizeriſche Berg-Reiſen. SOl das letſtere die Oberhand gewinnen/ ſo folgen widerum hierauß allerhand Unordenlichkeiten/ wo man die nicht weißt abzuheben: auß vilen ſechseckichten Coͤrperlein/ ſo die zuſamen geſezt werden/ kan nicht leicht entſtehen nur ein ſechseckichter Cryſtall/ daß nicht zwiſchen jenen ſich einfinden vil laͤhre Raͤumlein/ welche mit einem unfoͤrmigen Cry- ſtallfluß/ oder von anderer Materi muͤßten außgefuͤllet werden. Ohnange- ſehen diſer Einwuͤrffen beliebe mir ſelbs/ und anderen/ die jenige Meynung/ nach welcher alle die kleinſte Theil der Cryſtallen ſechseckicht ſein/ gleich den groſſen; hierzu veranlaſet mich theils die verſicherte Gleichheit der kunſtli- chen Cryſtalliſation, oder anſchieſſung des Salpeters/ oder anderer Salien mit der natuͤrlichen anſchieſſung unſerer Berg Cryſtallen/ welche nach ihrer Weitlaͤuffigkeit koͤnte außgefuͤhret werden/ wann wir es an der Zeit hetten; theils der kleinſten Salztheilchen gleiche Geſtalt mit den groͤſſeren Stuͤcken/ welche durch Hilff ſeiner Vergroͤſſerungs-Glaͤſeren der Gelehrten Welt hin und wider in ſeinen Schriften gezeiget der ſcharffſichtige Leeuvvenhoek, und auch ſelbs in einer beſonderen an Se. Exc. Herꝛn Petrum Valkenier/ Extraord. Abgeſandten von denen Hochmoͤgenden Herꝛen Staaten ver- einigter Niderlanden an die Lobl. Schweizeriſche Cantons, geſchribenen Epi- ſtel dargetahn daß der Cryſtallen kleinſte unter der Geſtalt fluͤchtiger Salien kunſtlich abgetribene Theil gleich ſechseckicht ſeyen mit den groſſen. Gleich nun der Chymiſchen Cryſtallen anſchieſſung halb bekant/ daß die in denen Loͤchlein eines flüſſigen Waſſers empor ſchwebende Salztheile/ nach etwel- cher abrauchung des Waſſers/ oder durch ſonderliche Zuſamentrukung deſ- ſelben/ ſich naͤher zuſamen fuͤgen/ mit gleichen glatt von der Natur abgeſchlif- fenen Flaͤchen ſich vereinigen/ Aliæ atque aliæ ſimiles ex ordine partes Agmine condenſo Naturam corporis implent. Lucret. Lib. I. und alſo groͤſſere Cryſtall-Zinken formiren: alſo bilde mir ein/ daß ein glei- ches geſchehen ſeye in denen Bergklüften und Felßhoͤlinen/ zu der Zeit/ da das Quartz/ als die Materi der Cryſtallen noch flüſſig/ und mit anderen waͤſſeri- gen Feuchtigkeiten vermiſcht geweſen; deren aͤuſſere/ die Cryſtalliniſche Theil umge-

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/97>, abgerufen am 28.03.2024.