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Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773.

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ten giebt, die ihrer Natur nach keiner
Continuität, weder in die Länge noch in
die Breite (Vorstell. S. 50, 57, 58), fä-
hig sind; wenn er endlich begreift, daß selbst
bei in einander geflochtenen Begebenheiten,
wenn deren zu viele werden, die Menschen-
seele Ruhepuncte und Absätze fodert: wird
er noch fragen wollen, ob es nicht mnemo-
nischer, weit mnemonischer, sei, aus der
Geschichte
Ein Bild, Ein Continuum, ohne
alle Absätze, Ruhepunkte, und Perioden,
zu machen?

Wer einmal der allgemeinen Ueberschau-
ung der Weltgeschichte fähig ist, braucht
keine Perioden mer. Jst das Haus fertig,
so schafft man das Gerüste bei Seite. Aber
ich zweifle doch, ob je ein Sterblicher dieser
Ueberschauung so mächtig werde, ohne sich
mit unter immer noch an Perioden halten
zu müssen: ich sehe daher diese Perioden
nicht blos wie Gerüste, sondern auch wie
Treppen, an. Nun ohne Gerüste läßt sich
ein hohes Haus nicht fertig machen, und
ohne Treppen läßt sich auch ein fertiges Haus
nicht nutzen.

Abteilungen müssen überall seyn, wo
viele Einheiten sind, deren Vermischung

schädlich



ten giebt, die ihrer Natur nach keiner
Continuitaͤt, weder in die Laͤnge noch in
die Breite (Vorſtell. S. 50, 57, 58), faͤ-
hig ſind; wenn er endlich begreift, daß ſelbſt
bei in einander geflochtenen Begebenheiten,
wenn deren zu viele werden, die Menſchen-
ſeele Ruhepuncte und Abſaͤtze fodert: wird
er noch fragen wollen, ob es nicht mnemo-
niſcher, weit mnemoniſcher, ſei, aus der
Geſchichte
Ein Bild, Ein Continuum, ohne
alle Abſaͤtze, Ruhepunkte, und Perioden,
zu machen?

Wer einmal der allgemeinen Ueberſchau-
ung der Weltgeſchichte faͤhig iſt, braucht
keine Perioden mer. Jſt das Haus fertig,
ſo ſchafft man das Geruͤſte bei Seite. Aber
ich zweifle doch, ob je ein Sterblicher dieſer
Ueberſchauung ſo maͤchtig werde, ohne ſich
mit unter immer noch an Perioden halten
zu muͤſſen: ich ſehe daher dieſe Perioden
nicht blos wie Geruͤſte, ſondern auch wie
Treppen, an. Nun ohne Geruͤſte laͤßt ſich
ein hohes Haus nicht fertig machen, und
ohne Treppen laͤßt ſich auch ein fertiges Haus
nicht nutzen.

Abteilungen muͤſſen uͤberall ſeyn, wo
viele Einheiten ſind, deren Vermiſchung

ſchaͤdlich
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[301[77]/0097] ten giebt, die ihrer Natur nach keiner Continuitaͤt, weder in die Laͤnge noch in die Breite (Vorſtell. S. 50, 57, 58), faͤ- hig ſind; wenn er endlich begreift, daß ſelbſt bei in einander geflochtenen Begebenheiten, wenn deren zu viele werden, die Menſchen- ſeele Ruhepuncte und Abſaͤtze fodert: wird er noch fragen wollen, ob es nicht mnemo- niſcher, weit mnemoniſcher, ſei, aus der Geſchichte Ein Bild, Ein Continuum, ohne alle Abſaͤtze, Ruhepunkte, und Perioden, zu machen? Wer einmal der allgemeinen Ueberſchau- ung der Weltgeſchichte faͤhig iſt, braucht keine Perioden mer. Jſt das Haus fertig, ſo ſchafft man das Geruͤſte bei Seite. Aber ich zweifle doch, ob je ein Sterblicher dieſer Ueberſchauung ſo maͤchtig werde, ohne ſich mit unter immer noch an Perioden halten zu muͤſſen: ich ſehe daher dieſe Perioden nicht blos wie Geruͤſte, ſondern auch wie Treppen, an. Nun ohne Geruͤſte laͤßt ſich ein hohes Haus nicht fertig machen, und ohne Treppen laͤßt ſich auch ein fertiges Haus nicht nutzen. Abteilungen muͤſſen uͤberall ſeyn, wo viele Einheiten ſind, deren Vermiſchung ſchaͤdlich

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Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 301[77]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/97>, abgerufen am 18.04.2024.