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Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

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Wider-Rede mehr haben, und sich so wol, als uns selbst, in Confusion
setzen konnte.

§. 100.

Eine Frucht davon äusserte sich, da ich zu bethen aufhörete
und Abschied nahm, bat er mich hertzlich, den Fixel zu grüssen, und zu er-
mahnen, weil er von seiner ernstlichen Bekehrung hörete, er möchte doch
seiner, als eines grossen und verhärteten Sünders in seinem Gebethe mit
gedencken, er wolle nunmehro auch gerne mit ihm zu GOtt sich wenden,
und ihme dem Fixel seine Bekümmerniß, (wie er von uns gehöret hatte) sei-
nen Todes-Gang, mit bißher bezeigter Hertzens-Härte nicht schwerer machen.
Obs von Hertzen ihme gegangen, also zu sprechen, musten wir dem allwis-
senden Hertzens-Kündiger heimstellen. Jndessen schien ers weit nähern
Kauff dem lieben GOtt zu geben, als Fixels Weib: Denn da Fixel am
Schieffer-Decker nichts weniger, als an seinem Weibe und übrigen Con-
sort
en mit seiner Aussage, zum Todes-Urthel contribuiret hatte, war doch
dieser so erweichet, jene aber so bößlich erhärtet, daß sie noch immer in Flu-
chen und Toben auf den armen Menschen, seiner geschehenen und nunmehro
beständigen Bekänntniß wegen, beharrete.

§. 101.

Aber siehe, da diese immerhin leugnen und ihre Thaten
verschweigen, heben die Steine an zu schreyen. Des Sonntages Sexages.
frühe bekomme vom Herrn Geh. Rath Mylio ein Billet, darin Nachricht er-
hielt, wie die Execution am Dinstage noch müste verschoben werden, weil
Jhro Majestät hohe Order ergangen war, daß eine General-Visitation in
Dero Lande dazumahl angestellet worden, in Hoffnung, unter denen auf-
gesuchten verdächtigen Personen einige zufinden, die mit unsern zum Tode
condemnirten unter der grossen Räuber-Bande gestecket, wider welche diese
allhie am besten zeugen solten.

§. 102.

Zudem kam noch dieses, daß man der Fixelin Tochter,
ein Mägdchen von 10. Jahren, eine Tochter ihres verloffenen Vaters, Jo-
hann Friderich Bernhard Wolffs, Abends zuvor vorgefodert hatte, und
durch dieselbe vom Mitgange ihrer Mutter zur Mühlen noch mehr über-
zeuget worden, die ebenfals zu solchem Bekänntniß so schwer heran gezogen
werden konnte als ihre Mutter, so ferne nicht die bedrohete äusserliche Zucht dazu
kommen wäre. Man gedachte durch dieses Kindes beständiges Zeugniß der
Härte ihrer Mutter etwas abzugewinnen, allein auch solches machte unsre
Hoffnung zu nichte, die Mutter blieb wie sie gewesen war.

§. 103.
L 2

Wider-Rede mehr haben, und ſich ſo wol, als uns ſelbſt, in Confuſion
ſetzen konnte.

§. 100.

Eine Frucht davon aͤuſſerte ſich, da ich zu bethen aufhoͤrete
und Abſchied nahm, bat er mich hertzlich, den Fixel zu gruͤſſen, und zu er-
mahnen, weil er von ſeiner ernſtlichen Bekehrung hoͤrete, er moͤchte doch
ſeiner, als eines groſſen und verhaͤrteten Suͤnders in ſeinem Gebethe mit
gedencken, er wolle nunmehro auch gerne mit ihm zu GOtt ſich wenden,
und ihme dem Fixel ſeine Bekuͤmmerniß, (wie er von uns gehoͤret hatte) ſei-
nen Todes-Gang, mit bißher bezeigter Hertzens-Haͤrte nicht ſchwerer machen.
Obs von Hertzen ihme gegangen, alſo zu ſprechen, muſten wir dem allwiſ-
ſenden Hertzens-Kuͤndiger heimſtellen. Jndeſſen ſchien ers weit naͤhern
Kauff dem lieben GOtt zu geben, als Fixels Weib: Denn da Fixel am
Schieffer-Decker nichts weniger, als an ſeinem Weibe und uͤbrigen Con-
ſort
en mit ſeiner Ausſage, zum Todes-Urthel contribuiret hatte, war doch
dieſer ſo erweichet, jene aber ſo boͤßlich erhaͤrtet, daß ſie noch immer in Flu-
chen und Toben auf den armen Menſchen, ſeiner geſchehenen und nunmehro
beſtaͤndigen Bekaͤnntniß wegen, beharrete.

§. 101.

Aber ſiehe, da dieſe immerhin leugnen und ihre Thaten
verſchweigen, heben die Steine an zu ſchreyen. Des Sonntages Sexageſ.
fruͤhe bekomme vom Herrn Geh. Rath Mylio ein Billet, darin Nachricht er-
hielt, wie die Execution am Dinſtage noch muͤſte verſchoben werden, weil
Jhro Majeſtaͤt hohe Order ergangen war, daß eine General-Viſitation in
Dero Lande dazumahl angeſtellet worden, in Hoffnung, unter denen auf-
geſuchten verdaͤchtigen Perſonen einige zufinden, die mit unſern zum Tode
condemnirten unter der groſſen Raͤuber-Bande geſtecket, wider welche dieſe
allhie am beſten zeugen ſolten.

§. 102.

Zudem kam noch dieſes, daß man der Fixelin Tochter,
ein Maͤgdchen von 10. Jahren, eine Tochter ihres verloffenen Vaters, Jo-
hann Friderich Bernhard Wolffs, Abends zuvor vorgefodert hatte, und
durch dieſelbe vom Mitgange ihrer Mutter zur Muͤhlen noch mehr uͤber-
zeuget worden, die ebenfals zu ſolchem Bekaͤnntniß ſo ſchwer heran gezogen
werden konnte als ihre Mutter, ſo ferne nicht die bedrohete aͤuſſerliche Zucht dazu
kommen waͤre. Man gedachte durch dieſes Kindes beſtaͤndiges Zeugniß der
Haͤrte ihrer Mutter etwas abzugewinnen, allein auch ſolches machte unſre
Hoffnung zu nichte, die Mutter blieb wie ſie geweſen war.

§. 103.
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[83[81]/0089] Wider-Rede mehr haben, und ſich ſo wol, als uns ſelbſt, in Confuſion ſetzen konnte. §. 100. Eine Frucht davon aͤuſſerte ſich, da ich zu bethen aufhoͤrete und Abſchied nahm, bat er mich hertzlich, den Fixel zu gruͤſſen, und zu er- mahnen, weil er von ſeiner ernſtlichen Bekehrung hoͤrete, er moͤchte doch ſeiner, als eines groſſen und verhaͤrteten Suͤnders in ſeinem Gebethe mit gedencken, er wolle nunmehro auch gerne mit ihm zu GOtt ſich wenden, und ihme dem Fixel ſeine Bekuͤmmerniß, (wie er von uns gehoͤret hatte) ſei- nen Todes-Gang, mit bißher bezeigter Hertzens-Haͤrte nicht ſchwerer machen. Obs von Hertzen ihme gegangen, alſo zu ſprechen, muſten wir dem allwiſ- ſenden Hertzens-Kuͤndiger heimſtellen. Jndeſſen ſchien ers weit naͤhern Kauff dem lieben GOtt zu geben, als Fixels Weib: Denn da Fixel am Schieffer-Decker nichts weniger, als an ſeinem Weibe und uͤbrigen Con- ſorten mit ſeiner Ausſage, zum Todes-Urthel contribuiret hatte, war doch dieſer ſo erweichet, jene aber ſo boͤßlich erhaͤrtet, daß ſie noch immer in Flu- chen und Toben auf den armen Menſchen, ſeiner geſchehenen und nunmehro beſtaͤndigen Bekaͤnntniß wegen, beharrete. §. 101. Aber ſiehe, da dieſe immerhin leugnen und ihre Thaten verſchweigen, heben die Steine an zu ſchreyen. Des Sonntages Sexageſ. fruͤhe bekomme vom Herrn Geh. Rath Mylio ein Billet, darin Nachricht er- hielt, wie die Execution am Dinſtage noch muͤſte verſchoben werden, weil Jhro Majeſtaͤt hohe Order ergangen war, daß eine General-Viſitation in Dero Lande dazumahl angeſtellet worden, in Hoffnung, unter denen auf- geſuchten verdaͤchtigen Perſonen einige zufinden, die mit unſern zum Tode condemnirten unter der groſſen Raͤuber-Bande geſtecket, wider welche dieſe allhie am beſten zeugen ſolten. §. 102. Zudem kam noch dieſes, daß man der Fixelin Tochter, ein Maͤgdchen von 10. Jahren, eine Tochter ihres verloffenen Vaters, Jo- hann Friderich Bernhard Wolffs, Abends zuvor vorgefodert hatte, und durch dieſelbe vom Mitgange ihrer Mutter zur Muͤhlen noch mehr uͤber- zeuget worden, die ebenfals zu ſolchem Bekaͤnntniß ſo ſchwer heran gezogen werden konnte als ihre Mutter, ſo ferne nicht die bedrohete aͤuſſerliche Zucht dazu kommen waͤre. Man gedachte durch dieſes Kindes beſtaͤndiges Zeugniß der Haͤrte ihrer Mutter etwas abzugewinnen, allein auch ſolches machte unſre Hoffnung zu nichte, die Mutter blieb wie ſie geweſen war. §. 103. L 2

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Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 83[81]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/89>, abgerufen am 28.03.2024.