Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Untersuchung/ derer von super-klugen
sie theils selbst nicht verstehen/ und damit ieder-
mann mit Händen greiffen kan/ daß es mit dem
Beschreyen/ und allen darauff gemachten Pro-
ben/ Narredey sey; so ist zu wissen/ daß die gantze
Sache folgender massen beschaffen ist: Wenn
zuweilen Kinder/ oder auch grosse erwachsene
Leute hinfällig und matt sind/ und unter den ge-
meinen Volcke nicht stracks iemand so klug ist/
der aus ein und andern Umständen könte urthei-
len/ was dem Patienten fehle; sie dehnen sich
wie die faulen Schaf-Hunde/ sind verdrüßlich
einen Bissen Brod ins Maul zu stecken/ neh-
men dabey am Leibe ab/ und so fort; da kommen
denn Nase-weise Weiber/ welche sich nimmer-
mehr nachreden liessen/ ob wären sie der Sache
nicht klug genug/ diese sehen nicht aus dem (wie-
wohl ebenfalls betrüglichen) Urin-Glase/ son-
dern stracks im ersten Anblick aus dem Gesichte/
daß ein solcher Mensch beschrien sey. Und wenn
es etwas gefährlich zu seyn scheinet/ und sie ver-
muthen/ daß das Kind oder der Patiente gar ster-
ben dürffte/ sagen sie/ es sey gegen die Erde/ oder
auff den Tod beschrien/ und würde alle Noth ha-
ben/ daß es davon zu bringen sey. Hilff GOtt!
was Raths! Frau Maria/ Ursel oder Martha/
wie die alte Planeten-Leserin heist/ hat die
Kranckheit errathen/ so wird sie auch wohl Hülf-
fe davor wissen. Ach ja/ spricht sie bald/ was wä-

re sonst

Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
ſie theils ſelbſt nicht verſtehen/ und damit ieder-
mann mit Haͤnden greiffen kan/ daß es mit dem
Beſchreyen/ und allen darauff gemachten Pro-
ben/ Narredey ſey; ſo iſt zu wiſſen/ daß die gantze
Sache folgender maſſen beſchaffen iſt: Wenn
zuweilen Kinder/ oder auch groſſe erwachſene
Leute hinfaͤllig und matt ſind/ und unter den ge-
meinen Volcke nicht ſtracks iemand ſo klug iſt/
der aus ein und andern Umſtaͤnden koͤnte urthei-
len/ was dem Patienten fehle; ſie dehnen ſich
wie die faulen Schaf-Hunde/ ſind verdruͤßlich
einen Biſſen Brod ins Maul zu ſtecken/ neh-
men dabey am Leibe ab/ und ſo fort; da kommen
denn Naſe-weiſe Weiber/ welche ſich nimmer-
mehr nachreden lieſſen/ ob waͤren ſie der Sache
nicht klug genug/ dieſe ſehen nicht aus dem (wie-
wohl ebenfalls betruͤglichen) Urin-Glaſe/ ſon-
dern ſtracks im erſten Anblick aus dem Geſichte/
daß ein ſolcher Menſch beſchrien ſey. Und wenn
es etwas gefaͤhrlich zu ſeyn ſcheinet/ und ſie ver-
muthen/ daß das Kind oder der Patiente gar ſter-
ben duͤrffte/ ſagen ſie/ es ſey gegen die Erde/ oder
auff den Tod beſchrien/ und wuͤrde alle Noth ha-
ben/ daß es davon zu bringen ſey. Hilff GOtt!
was Raths! Frau Maria/ Urſel oder Martha/
wie die alte Planeten-Leſerin heiſt/ hat die
Kranckheit errathen/ ſo wird ſie auch wohl Huͤlf-
fe davor wiſſen. Ach ja/ ſpricht ſie bald/ was waͤ-

re ſonſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0030" n="8"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung/ derer von</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi></hi><hi rendition="#fr">klugen</hi></fw><lb/>
&#x017F;ie theils &#x017F;elb&#x017F;t nicht ver&#x017F;tehen/ und damit ieder-<lb/>
mann mit Ha&#x0364;nden greiffen kan/ daß es mit dem<lb/>
Be&#x017F;chreyen/ und allen darauff gemachten Pro-<lb/>
ben/ Narredey &#x017F;ey; &#x017F;o i&#x017F;t zu wi&#x017F;&#x017F;en/ daß die gantze<lb/>
Sache folgender ma&#x017F;&#x017F;en be&#x017F;chaffen i&#x017F;t: Wenn<lb/>
zuweilen Kinder/ oder auch gro&#x017F;&#x017F;e erwach&#x017F;ene<lb/>
Leute hinfa&#x0364;llig und matt &#x017F;ind/ und unter den ge-<lb/>
meinen Volcke nicht &#x017F;tracks iemand &#x017F;o klug i&#x017F;t/<lb/>
der aus ein und andern Um&#x017F;ta&#x0364;nden ko&#x0364;nte urthei-<lb/>
len/ was dem Patienten fehle; &#x017F;ie dehnen &#x017F;ich<lb/>
wie die faulen Schaf-Hunde/ &#x017F;ind verdru&#x0364;ßlich<lb/>
einen Bi&#x017F;&#x017F;en Brod ins Maul zu &#x017F;tecken/ neh-<lb/>
men dabey am Leibe ab/ und &#x017F;o fort; da kommen<lb/>
denn Na&#x017F;e-wei&#x017F;e Weiber/ welche &#x017F;ich nimmer-<lb/>
mehr nachreden lie&#x017F;&#x017F;en/ ob wa&#x0364;ren &#x017F;ie der Sache<lb/>
nicht klug genug/ die&#x017F;e &#x017F;ehen nicht aus dem (wie-<lb/>
wohl ebenfalls betru&#x0364;glichen) Urin-Gla&#x017F;e/ &#x017F;on-<lb/>
dern &#x017F;tracks im er&#x017F;ten Anblick aus dem Ge&#x017F;ichte/<lb/>
daß ein &#x017F;olcher Men&#x017F;ch be&#x017F;chrien &#x017F;ey. Und wenn<lb/>
es etwas gefa&#x0364;hrlich zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinet/ und &#x017F;ie ver-<lb/>
muthen/ daß das Kind oder der Patiente gar &#x017F;ter-<lb/>
ben du&#x0364;rffte/ &#x017F;agen &#x017F;ie/ es &#x017F;ey gegen die Erde/ oder<lb/>
auff den Tod be&#x017F;chrien/ und wu&#x0364;rde alle Noth ha-<lb/>
ben/ daß es davon zu bringen &#x017F;ey. Hilff GOtt!<lb/>
was Raths! Frau Maria/ Ur&#x017F;el oder Martha/<lb/>
wie die alte Planeten-Le&#x017F;erin hei&#x017F;t/ hat die<lb/>
Kranckheit errathen/ &#x017F;o wird &#x017F;ie auch wohl Hu&#x0364;lf-<lb/>
fe davor wi&#x017F;&#x017F;en. Ach ja/ &#x017F;pricht &#x017F;ie bald/ was wa&#x0364;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">re &#x017F;on&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0030] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen ſie theils ſelbſt nicht verſtehen/ und damit ieder- mann mit Haͤnden greiffen kan/ daß es mit dem Beſchreyen/ und allen darauff gemachten Pro- ben/ Narredey ſey; ſo iſt zu wiſſen/ daß die gantze Sache folgender maſſen beſchaffen iſt: Wenn zuweilen Kinder/ oder auch groſſe erwachſene Leute hinfaͤllig und matt ſind/ und unter den ge- meinen Volcke nicht ſtracks iemand ſo klug iſt/ der aus ein und andern Umſtaͤnden koͤnte urthei- len/ was dem Patienten fehle; ſie dehnen ſich wie die faulen Schaf-Hunde/ ſind verdruͤßlich einen Biſſen Brod ins Maul zu ſtecken/ neh- men dabey am Leibe ab/ und ſo fort; da kommen denn Naſe-weiſe Weiber/ welche ſich nimmer- mehr nachreden lieſſen/ ob waͤren ſie der Sache nicht klug genug/ dieſe ſehen nicht aus dem (wie- wohl ebenfalls betruͤglichen) Urin-Glaſe/ ſon- dern ſtracks im erſten Anblick aus dem Geſichte/ daß ein ſolcher Menſch beſchrien ſey. Und wenn es etwas gefaͤhrlich zu ſeyn ſcheinet/ und ſie ver- muthen/ daß das Kind oder der Patiente gar ſter- ben duͤrffte/ ſagen ſie/ es ſey gegen die Erde/ oder auff den Tod beſchrien/ und wuͤrde alle Noth ha- ben/ daß es davon zu bringen ſey. Hilff GOtt! was Raths! Frau Maria/ Urſel oder Martha/ wie die alte Planeten-Leſerin heiſt/ hat die Kranckheit errathen/ ſo wird ſie auch wohl Huͤlf- fe davor wiſſen. Ach ja/ ſpricht ſie bald/ was waͤ- re ſonſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/30
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/30>, abgerufen am 28.03.2024.