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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Kinde selbst/ so darinnen schlaffen soll/ denn gros-
se erwachsene Leute pflegen keine ledige Wiege zu
wiegen. Ist also das Wiegen einer ledigen
Wiegen weder böse noch gut/ und wolte ich eher
beweisen/ daß es gut wäre/ als böse; denn/ da die
ledige Wiege gemeiniglich nur von Kindern/
(auch wohl selbst von den/ daß darinnen schlaffen
soll) gewiegt wird/ so ist es ja ein gut Anzeichen/
daß das Kind gesund und starck ist/ daß es selbst
seine eigene Wiege erziehen kan. Ist es aber ein
anders und etwas grösser Kind/ so ists auch besser
daß die Wiege ledig ist/ denn es sich sonst leicht zu-
tragen könte/ daß wenn das kleine Kind darinnen
läge/ es von den grössern könte heraus geworf-
fen werden.

Das 23. Capitel.

Die Nägel an der kleinen Kinder
Händen müssen zum ersten mahl von der
Mutter abgebissen werden/ damit sie
nicht stehlen lernen.

DAs möget ihr lieben Müttergen wohl in
acht nehmen/ daß ihr nicht irgend eure
Kinder verwahrloset/ wenn ihr ihnen die
Nägelgen abschnittet/ und wenn ich meinen
Rath darff mit darzu geben/ so beisset denen Kin-
dern die Finger/ oder lieber die Hände gar mit ab;
und wenn ihr irgend nicht wohl das Blut sehen

könnet/
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Kinde ſelbſt/ ſo darinnen ſchlaffen ſoll/ denn groſ-
ſe erwachſene Leute pflegen keine ledige Wiege zu
wiegen. Iſt alſo das Wiegen einer ledigen
Wiegen weder boͤſe noch gut/ und wolte ich eher
beweiſen/ daß es gut waͤre/ als boͤſe; denn/ da die
ledige Wiege gemeiniglich nur von Kindern/
(auch wohl ſelbſt von den/ daß darinnen ſchlaffen
ſoll) gewiegt wird/ ſo iſt es ja ein gut Anzeichen/
daß das Kind geſund und ſtarck iſt/ daß es ſelbſt
ſeine eigene Wiege erziehen kan. Iſt es aber ein
anders und etwas groͤſſer Kind/ ſo iſts auch beſſer
daß die Wiege ledig iſt/ denn es ſich ſonſt leicht zu-
tragen koͤnte/ daß wenn das kleine Kind darinnen
laͤge/ es von den groͤſſern koͤnte heraus geworf-
fen werden.

Das 23. Capitel.

Die Naͤgel an der kleinen Kinder
Haͤnden muͤſſen zum erſten mahl von der
Mutter abgebiſſen werden/ damit ſie
nicht ſtehlen lernen.

DAs moͤget ihr lieben Muͤttergen wohl in
acht nehmen/ daß ihr nicht irgend eure
Kinder verwahrloſet/ wenn ihr ihnen die
Naͤgelgen abſchnittet/ und wenn ich meinen
Rath darff mit darzu geben/ ſo beiſſet denen Kin-
dern die Finger/ oder lieber die Haͤnde gar mit ab;
und wenn ihr irgend nicht wohl das Blut ſehen

koͤnnet/
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[41/0063] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Kinde ſelbſt/ ſo darinnen ſchlaffen ſoll/ denn groſ- ſe erwachſene Leute pflegen keine ledige Wiege zu wiegen. Iſt alſo das Wiegen einer ledigen Wiegen weder boͤſe noch gut/ und wolte ich eher beweiſen/ daß es gut waͤre/ als boͤſe; denn/ da die ledige Wiege gemeiniglich nur von Kindern/ (auch wohl ſelbſt von den/ daß darinnen ſchlaffen ſoll) gewiegt wird/ ſo iſt es ja ein gut Anzeichen/ daß das Kind geſund und ſtarck iſt/ daß es ſelbſt ſeine eigene Wiege erziehen kan. Iſt es aber ein anders und etwas groͤſſer Kind/ ſo iſts auch beſſer daß die Wiege ledig iſt/ denn es ſich ſonſt leicht zu- tragen koͤnte/ daß wenn das kleine Kind darinnen laͤge/ es von den groͤſſern koͤnte heraus geworf- fen werden. Das 23. Capitel. Die Naͤgel an der kleinen Kinder Haͤnden muͤſſen zum erſten mahl von der Mutter abgebiſſen werden/ damit ſie nicht ſtehlen lernen. DAs moͤget ihr lieben Muͤttergen wohl in acht nehmen/ daß ihr nicht irgend eure Kinder verwahrloſet/ wenn ihr ihnen die Naͤgelgen abſchnittet/ und wenn ich meinen Rath darff mit darzu geben/ ſo beiſſet denen Kin- dern die Finger/ oder lieber die Haͤnde gar mit ab; und wenn ihr irgend nicht wohl das Blut ſehen koͤnnet/ C 5

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/63>, abgerufen am 28.03.2024.